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Ein Grund für die Länge dieser Bachelorarbeit ist, dass im Vorfeld nicht abzuschätzen war, dass sich das Ästhetische sowie das bildnerische Gestalten, auch für die Fachwelt, in einem sehr breiten, verwirrenden Spektrum bewegen (vgl. Aissen-Crewett, 2000; vgl. Mattenklott, 2004). Für eine Positionierung innerhalb der vorliegenden Arbeit war es deshalb nötig, sich ausführlich mit diesen Begriffen zu befassen und die wichtigsten Positionen aufzuzeigen.

Bezogen auf die Ästhetik schließt sich die Autorin dem Pragmatismus an, denn demnach sind Kinder, anders als im Idealismus, zu ästhetischen Erfahrungen fähig. In Bezug auf das bildnerische Gestalten bedeutet dies, dass Kindern durch eine zwanglose, beiläufige und selbstverständliche Präsenz von Kunst ein subjektiv bedeutsamer Zugang ermöglicht werden sollte (s.a. Punkt 1).

Besonders aufschlussreich ist Aissen-Crewetts (2000) Theorie zur ästhetisch-aisthetischen Erziehung. In diesem Konzept gelingt es, das ästhetische Verhalten von Kindern und die Elemente des bildnerischen Gestaltens miteinander zu vereinen. Das sinnliche Wahrnehmen ist hier das Streben nach Selbstentfaltung, aktive und kritische Auseinandersetzung mit der wahrgenommenen Welt und die Erweiterung der Subjektivität, auch im Hinblick auf gesellschaftliche Bezüge. Verdeutlicht wird ferner, dass es sich bei der Herausbildung ästhetischer Erfahrungen nur um eine Steigerung des ästhetischen Verhaltens handeln kann.

Denn ästhetische Erfahrungen sind nicht planbare persönliche Vorgänge, die sich der Erziehung entziehen. Angebote zum bildnerischen Gestalten können ästhetische Erfahrungsprozesse deshalb auch immer nur initiieren (s.a. Punkt 1.3; 1.4; 2; 2.3) (vgl.

Aissen-Crewett, 2000).

Kapitel 1.6 verdeutlicht, dass sich das ästhetische Verhalten nicht nur auf das bildnerische Gestalten beschränkt, sondern viele Tätigkeiten und Felder umfasst. Gerade im Spiel, im Umgang mit der Umwelt und in der Natur finden Kinder unendlich viele Möglichkeiten, ästhetisch aktiv zu werden. Auch das bildnerische Gestalten hält viele Möglichkeiten zur

ästhetischen Auseinandersetzung bereit, wenn die Gestaltungsvorhaben das Potential in sich tragen, ästhetische Erfahrungen der Subjektivität hervorzubringen. Damit wird deutlich, dass das bildnerische Gestalten eine Möglichkeit ist, das ästhetische Verhalten von Kindern fördern, bewahren und wecken zu können. Denn generell ist unter beiden Begriffen ein sinnliches Wahrnehmen und Handeln zu verstehen, das einen emotionalen wie auch kognitiven Umgang mit der gegenständlichen und personellen Umwelt beinhaltet (s.a. Punkt 1, 5; 2; 2.1; 3.5.2).

Für die Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben und die Erweiterung ihrer Kompetenzen brauchen Kinder die Möglichkeit, sich in der Welt positionieren zu können. Durch ihr ästhetisches Verhalten befinden sich Kinder bereits von Geburt an in einem Prozess der Selbstbildung, sie konkretisieren und erweitern selbsttätig ihr Umfeld und ihre Fähigkeiten durch ästhetische Erfahrungen. Ästhetische Erfahrungen, ob durch das bildnerische Gestalten oder im Spiel usw. gewonnen, führen zu einem eigenen Weltverhältnis und dienen der Aneignung, Verarbeitung und Darstellung von Lebensgeschehen. Dieser Vorgang ist als ein fortwährender Bildungsprozess zu verstehen, den es zu unterstützen gilt (s.a. Punkt 1.2; 1.5).

Kinder verfügen über eine ursprüngliche Lust am praktischen Arbeiten und Gestalten. Die Ausbildung handwerklicher Fähigkeiten und Fertigkeiten ist für Kinder eine entwicklungspsychologisch begründete Methode, sich aktiv und selbstbestimmt mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen (vgl. Sievert, 2005). Das bildnerische Gestalten steht somit in engem Bezug zur kindlichen Neugierde, ihrem Wissensdurst und inneren Erleben.

Auf welche Weise Kinder sich ästhetisch verhalten, ist abhängig vom Lebensumfeld, den individuellen Voraussetzungen, den Umwelterfahrungen und den entwicklungsspezifischen Möglichkeiten. Altersgemäße Lernangebote zum bildnerischen Gestalten sollten sich deshalb immer an den Interessen der Lernenden orientieren. Denn erst das interessengeleitete Lernen ermöglicht einen motivierten Umgang mit ästhetischen Objekten (s.a. Punkt 2.1.1). Ferner bedarf es eines breiten Materialangebots, denn auch die Materialauswahl beeinflusst die Entwicklung des ästhetischen Verhaltens. Material in diesem Sinne ist mehr als eine stoffliche Substanz, denn es gibt Handlungsstrukturen vor, die wiederum mit Erfahrungspotenzialen und Bedeutungszuweisungen verbunden sind. Außerdem wird es Kindern erst durch eine große Auswahl an bildnerischen Mitteln möglich sein, Vorlieben bzw. Interessen für bestimmte Materialien entwickeln zu können (s.a. Punkt 2.1.3; 3.4.2).

Eine gelingende individuelle Förderung in Gestaltungsprozessen erfordert neben den bereits genannten Punkten, unterstützenden Arbeitsweisen und angemessenen Räumen auch eine fördernde professionelle Begleitung. Denn das intrinsisch-motivierte bildnerisch-ästhetische Verhalten kann leicht gestört werden. Buschkühle (2005) fordert in diesem Zusammenhang, dass Fachkräfte, die die Kinder dabei begleiten, über die Fähigkeit verfügen müssen, künstlerisch denken zu können. Auf Grundlage der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wird diese Forderung unterstützt. Denn für die Umsetzung der Ziele einer ästhetisch-aisthetischen Erziehung ist es erforderlich, dass auch die Begleiter über Fähigkeiten wie Wahrnehmungs-sensibilität, Kontextreflexion und das imaginative Denken verfügen. Begleitende Fachkräfte müssen Möglichkeiten und Erfordernisse erkennen können, die Kinder zu eigenen Werkprozessen führen (s.a. Punkt 2.3.4; 3.4.2). Ferner sind Gestaltungen die Transformation von sensibler Wahrnehmung, dem Denken in Zusammenhängen und der Fähigkeit zur Vorstellungsbildung (s.a. Punkt 2.1.2), denen mit Verständnis, Achtung und Wertschätzung begegnet werden muss. Folglich ist das bildnerische Gestalten ein besonderes Lernprinzip, das zum einen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Persönlichkeitsbildung verbindet und zum anderen demokratische Fähigkeiten wie die Selbstbestimmung und Freiheit zum Ziel erklärt (vgl. Buschkühle 2005).

Im Kapitel 3 wird das breite Spektrum deutlich, in dem sich das bildnerische Gestalten im institutionellen Kontext bewegen kann. Nicht nur dass sich Kita und Schule in der Vermittlung von Lerninhalten unterscheiden, auch in der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher zeigen die einzelnen Bundesländer starke Unterschiede in ihren Schwerpunktsetzungen. Kapitel 3.3-3.5 stellt drei Auffassungen zur Umsetzung der Inhalte des bildnerischen Gestaltens dar, die den Vorschulbereich in der Kita und in der Schule repräsentieren können. Trotz der Unterschiede beschreiben alle drei als zentralen Kern die Förderung und Entwicklung der Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksfähigkeiten von Kindern.

Die Hamburger Bildungsempfehlungen verdeutlichen zu diesem Bildungsbereich, dass eine genaue Beobachtung des Kindes im Gestaltungsprozess für eine Förderung durch die pädagogischen Fachkräfte sehr bedeutsam ist. Die Zieldefinierung für das bildnerische Gestalten steht hier mit dem Erwerb bestimmter Kompetenzen in Verbindung. Welche Kompetenzen durch bestimmte Aktivitäten gefördert und unterstützt werden können, ist gut

dargestellt. Die Ausführungen zur Umsetzung der Inhalte wirken jedoch wie eine Aufzählung möglicher Praxisideen. Es bleibt fraglich, ob ein solcher „Ideenkatalog“ für die Umsetzung einer ästhetisch-aisthetischen Erziehung hilfreich und ausreichend sein kann. Die Reggio-Pädagogik hingegen stellt das bildnerische Gestalten als ein individuell ausgeprägtes Bedürfnis von Kindern dar, dem mit einer entsprechenden Vielfalt begegnet werden sollte.

Um die Interessen und Vorlieben herausfinden zu können, stehen den Kindern neben einer breiten Materialauswahl auch Ateliers mit professioneller Atelierbegleitung zur Verfügung.

Außerdem wird in den Überlegungen zur praktischen Umsetzung deutlich, dass sich gestalterische Aktivitäten nicht in jeder Institution auf gleiche Weise entwickeln können, sondern immer in Bezug zum jeweiligen System. Dem Lehrplan der Schweizer Volksschule gelingt es, die Lerninhalte des bildnerischen Gestaltens unmissverständlich und klar zu beschreiben. Zu den wichtigsten Unterrichtszielen zählt der Erwerb der Bildsprache und damit die bedeutsame Fähigkeit, Informationen gezielt und sinnvoll auswählen zu können, auch um sich einer Manipulation oder Reizüberflutung entziehen zu können. Damit wird ein Zusammenhang von Kunst, Alltag und späterem Leben hergestellt. Diesem Lehrplan gelingt es m.E. zudem, individuelle Vorlieben und Interessen von Kindern mit dem Fach Kunst zu vereinen.