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2.2.1. Futtermittelunverträglichkeiten

Um eine einheitliche Terminologie für die verschiedenen Arten der Futtermittelunverträglichkeit zu schaffen, werden häufig die von der American Academy of Allergy and Immunology für den humanmedizinischen Bereich vorgeschlagenen Definitionen (ANDERSON 1984) herangezogen, die nach HALLIWELL (1992) und GUILFORD (1994) auch auf Haustiere übertragen werden können. Somit entspricht der allgemeine Begriff der

„Futtermittelunverträglichkeit“ dem der Futtermittelsensibilität und bezeichnet eine klinisch auffällige Reaktion auf Futter oder Futterzusatzstoffe, die entweder mit (Futtermittelallergie oder Futtermittelhypersensitivität) oder ohne Beteiligung des Immunsystems (Futtermittelintoleranz) ablaufen. Die Futtermittelintoleranz kann durch pharmakologische, metabolische oder toxische Wirkung des Futters bzw. durch idiosynkratische Vorgänge ausgelöst werden (Tab. 6) und im Gegensatz zur Allergie schon nach einer Erstexposition auftreten.

Für Katzen liegen keine konkreten Angaben vor, ob Allergien oder Intoleranzen häufiger vorkommen (ROUDEBUSH u. GUILFORD 1999). Dies begründen die Autoren damit, dass die Begriffe in der Literatur oft wahllos für jedwede Art der FM-Unverträglichkeit verwendet werden, zumal sich die beiden Komplexe klinisch kaum voneinander unterscheiden. HALL (2002) vermutet, dass bei der Katze, ähnlich wie beim Menschen, eine FM-Intoleranz häufiger als eine FM-Allergie vorkommt.

Einigkeit herrscht bei den Autoren zum einen darüber, dass Katzen keine Rasse- oder Geschlechtsdisposition zeigen und Symptome in jeder Altersgruppe auftreten können (WHITE u. SEQUOIA 1989, TOWELL 1992, BALLAUF 1993). Weiterhin stimmen sie überein, dass FM-Unverträglichkeiten bei Katzen relativ selten vorkommen (BURGER 1987, TOWELL 1992).

Reaktionen auf eiweißhaltige Futterkomponenten können sich in diversen Organs ystemen zeigen. Der Häufigkeit der Literaturangaben zufolge stellt die Haut das Hauptmanifestationsorgan für FM-Unverträglichkeiten dar. Seltener ist der Gastrointestinaltrakt in Mitleidenschaft gezogen und in ganz vereinzelten Fällen sind

respiratorische bzw. neurologische Symptome auf FM-Unverträglichkeiten zurückgeführt worden (TOWELL 1992, BALLAUF 1993, WILLS u. HARVEY 1994).

Tab. 6: Terminologie der Futtermittelunverträglichkeiten (GUILFORD 1996, S. 437)

Futtermittelunverträglichkeit Allgemeiner Begriff für eine klinisch auffällige (=FM-Sensibilität) Reaktion auf Futter oder Zusatzstoffe

Futtermittelallergie Adverse Reaktion auf Futter oder Zusatzstoffe mit (=FM-Hypersensibilität) nachweislich immunologischer Basis

Futtermittelintoleranz Allgemeiner Begriff zur Beschreibung einer adversen Reaktion auf Futter oder Zusatzstoffe ohne Beteiligung des Immunsystems

FM-Idiosynkrasie Quantitativ abnorme Reaktion auf Futter oder

Zusatzstoffe ähnlich einer Hypersensibilität, aber ohne Beteiligung des Immunsystems

Metabolische Reaktion Adverse Reaktion auf Futter aufgrund der Wirkung auf Futter einer Substanz auf den Stoffwechsel des Patienten oder

aber Ergebnis einer defekten Metabolisierung eines Nährstoffes

Pharmakologische Adverse Reaktion auf einen natürlichen oder Reaktion auf Futter synthetischen Zusatzstoff mit pharmakologischer

Wirkung

FM-Intoxikation Adverse Reaktion auf Futter durch direkte Toxinwirkung

2.2.1.1. Proteine als alimentäre Allergene

Daten über die spezifischen Eigenschaften von FM-Allergenen, die zu Problemen bei Katzen führen, sind in der Literatur äußerst spärlich dokumentiert und die gegenwärtigen Kenntnisse beruhen überwiegend auf dem humanmedizinischen Gedankengut. Hier werden hauptsächlich lösliche Proteine oder Glykoproteinmoleküle mit einem Molekulargewicht von 10-60 kD als Nahrungsmittelallergene beschrieben, die der Behandlung mit Hitze, Säure und Proteasen widerstehen. Andere physiochemische Eigenschaften, welche die Allergenität einiger Proteine

erklären, sind weniger gut verstanden (ROUDEBUSH u. GUILFORD 1999) und werden von einigen Autoren nur vermutet: nach PERLMAN (1977) beeinflusst auch der Herstellungsprozess die Allergenität eines Futters. Demnach könnte die Denaturierung der Proteine durch Hitze vorhandene Epitope zerstören und neue freisetzen, wodurch sich die Allergenität sowohl abschwächen als auch verstärken kann. ELEY (1992) nimmt an, dass auch während des Verdauungsvorganges weitere antigene Epitope entstehen. So haben nach ROUDEBUSH (1995) unvollständig verdaute Futterproteine aufgrund der vorhandenen antigenen Proteine und Polypeptide eine größere allergische Potenz als vollständig verdaute.

Tab. 7: Proteine in Futtermitteln, die in der Literatur als Verursacher von FM-Unverträglichkeite n bei der Katze angegeben sind

Proteine Autor

Kuhmilch WALTON et al. 1968

Kuhmilch, Rindfleisch, Fisch BURGER et al. 1987 Kuhmilch, Molke, Fisch, Eier, ACKERMANN 1988 Fleisch (Rind, Schwein, Huhn)

Soja, Mais

Kuhmilch, Fisch, Eier, WILLS u. HARVEY 1994 Fleisch (Rind, Hammel, Pferd

Schwein, Huhn, Kaninchen) Feucht- u. Trockenfutter

Fisch, Milchprodukte GUILFORD 1994 Feucht- u. Trockenfutter, GUILFORD et al. 2001 Fleisch (Rind, Huhn, Lamm),

Innereien, Sardinen

Tabelle 7 zeigt die Futtermittel, deren Proteine in der Literatur nach dem Einsatz von Eliminationsdiäten als Verursacher von FM-Unverträglichkeiten bei der Katze aufgedeckt werden konnten. Der Verzehr von Kuhmilch bzw. Kuhmilchprodukten führt bei Katzen

bekanntlich relativ häufig zu Intoleranzen. Bei den anderen aufgeführten Eiweißquellen wie Fisch, den diversen Fleischsorten oder Innereien handelt es sich gerade um diejenigen Komponenten, die, da besonders häufig in Mischfuttern verarbeitet, von Katzen regelmäßig aufgenommen werden und somit auch eher eine Unverträglichkeit hervorrufen können (GUILFORD 1996, S. 439).

2.2.2. Idiopathische chronische Darmentzündung

Die idiopathischen entzündlichen Darmerkrankungen (idiopathic inflammatory bowel disease

= idiopathische IBD) zeichnen sich durch die Infiltration des Gastrointestinaltraktes mit Entzündungszellen sowie durch ihre Chronizität aus. Sie werden klassifiziert nach der Art des Infiltrates in der Mukosa (Plasmazellen, Lymphozyten, Histiozyten, eosinophile bzw.

neutrophile Granulozyten) und nach der Lokalisation im GIT (Magen, Dünndarm und/oder Kolon). Bei der Katze dominiert die lymphoplasmazelluläre (Gastro-)Enteritis als Ursache für chronischen Brechdurchfall (WILLARD et al. 1985, DENNIS et al. 1992, GERHARDT 2000). Seltener findet man die chronische lymphoplasmazelluläre Colitis (NELSON et al.

1984, DENNIS et al. 1993) sowie die eosinophilen entzündlichen Darmerkrankungen (HENDRICK 1981, MOORE 1983). Vereinzelt werden granulomatöse (van KRUININGEN et al. 1983) sowie neutrophile Colitiden (LEIB et al. 1986) beobachtet.

Die Erkrankung betrifft Tiere jeglicher Rasse und Altersklasse sowie beiderlei Geschlechts (NELSON et al. 1984, JERGENS et al. 1992, BAEZ et al. 1999). Hinsichtlich einer Rassedisposition konnten lediglich DENNIS et al. (1992, 1993) in ihren Studien feststellen, dass von jeweils 14 Katzen signifikant häufiger reinrassige Tiere an lymphoplasmazellulärer Gastroenteritis bzw. Kolitis erkrankt waren.

Die Ätiopathogenese der idiopathischen IBD ist bis heute nicht vollständig geklärt. In der älteren Literatur finden sich einige Hinweise darauf, dass die FM-Allergie eine Rolle in der Pathogenese der IBD spielt. So hielten sowohl NELSON et al. (1984) als auch GILLESPIE und FOWLER (1984) eine FM-Allergie für die Ursache einer lymphoplasmazellulären Colitis bei sechs Katzen bzw. zwei Leoparden, da in beiden Fällen eine Futterumstellung zur

Genesung der Tiere führte. Anderen Studien zufolge reichte eine Futterumstellung alleine nicht aus, um die Symptome einer lymphoplasmazellulären Gastroenteritis zu kontrollieren (DENNIS et al. 1992, HART et al. 1994). JERGENS et al. (1992) beobachteten 26 an IBD erkrankte Katzen, die auf diätetische Maßnahmen nicht ansprachen. Somit sind FM-Unverträglichkeiten als alleinige Ursache für chronisch entzündliche Darmerkrankungen auszuschließen.

Heute nimmt man an, dass in der Pathogenese der entzündlichen Veränderungen vermutlich Hypersensitivitätsreaktionen auf luminale oder in der Mukosa befindliche Antigene eine Rolle spielen. So finden sich Hinweise darauf, dass Futterinhaltsstoffe und die zur physiologischen Flora gehörenden Mikroorganismen, weniger jedoch ihre pathogenen Vertreter, als Antigene ursächlich eine Rolle spielen können. Auch ist es denkbar, dass über eine Erhöhung der Mukosapermeabilität, z. B. verursacht durch transiente virale Infektionen, eine IBD initial ausgelöst werden könnte. Ebenso könnte eine gestörte Immunregulation innerhalb des GALT an der Entstehung der IBD beteiligt sein (GUILFORD 1996, S. 451-486).