• Keine Ergebnisse gefunden

Existenz zusätzlicher Relaxationen bei Niederdruckproben

4.10 Kalorimetrische Untersuchungen mittels DSC

4.11.2 Existenz zusätzlicher Relaxationen bei Niederdruckproben

Die Ergebnisse der DSC-Analysen legen nahe, dass Proben, die im Bereich der Phasengrenze synthetisiert wurden, zusätzliche Relaxation zeigen. Diese werden im Temperaturbereich unterhalb des Glasübergangs erwartet (siehe Kapitel 4.5.1.2). Um später eine bessere Zuordnung der Relaxationsprozesse treffen zu können, wurden zuerst Homopolymere der beiden verwendeten Monomere vermessen. Für die PE-Messung konnte ein Teil des Probenmaterials in einem kleinen Schnappdeckelglas vorsichtig aufgeschmolzen werden und anschließend ein zylinderartiger Körper ausgestanzt werden.

Die Grundfläche wurde für eine optimale Auflage mittels eines Skalpells begradigt. Die vermessene Probe zeigt im Verlauf des tanδ ein ausgeprägtes Maximum bei –118 °C.

Darüber hinaus ist der Abbildung 4.36 ein sehr scharfes Maximum bei –45 °C zu entnehmen. Dieses Maximum beruht auf dem Platzen eines Kühlschlauches aus Silikon und ist keine Relaxation des Materials sondern eine Erschütterung der Apparatur. Bei darauffolgenden Messungen wurden die Kühlschläuche durch Metallgewebeschläuche ersetzt. Ansonsten zeigen sich bei der logarithmischen Auftragung des Phasenwinkels gegen die Temperatur keine signifikanten Relaxationen.

Bei der Probenpräparation von PMAA ergaben sich erhebliche Probleme. Ein Aufschmelzen des Polymers war ohne Zersetzung des Materials nicht möglich (siehe Kapitel 4.10.1). Bei dem Säurehomopolymer handelt es sich um ein wasserlösliches Polymer und nach Wasserzugabe konnte aus einer gelartigen Flüssigkeit ein Probenkörper geformt werden. Mittels einer Vakuumpumpe wurde ein Großteil des Wassers aus dem Probenkörper entfernt und es ergab sich ein verwendbarer Probenkörper, der allerdings aufgrund seiner Kristallinität eine hohe Zerbrechlichkeit aufwies. Der gemessene Phasenwinkel zeigt, im Gegensatz zu PE, keine eindeutigen Übergänge auf. Es kann lediglich eine breite Schulter im Temperaturbereich von –45 °C beobachtet werden.

Die verwendeten Kräfte werden im Folgenden mit s für die statische und mit d für die dynamische Kraft gekennzeichnet.

10-2 10-1 100

tanδ

-150 -100 -50 0 50 100

T/ °C

PMAA, 5 Hz, 5 °C·min , s=350 mN, d=300 mN–1 PE, 5 Hz, 5 °C·min , s=400 mN, d=300 mN–1

Abbildung 4.36: Verlauf des tanδ der mechanischen Spektroskopie an den Homopolymeren PE und mit Wasser versetztem PMAA.[1]

Hachenberg[1] zeigt auf, dass in vielen Fällen Niederdruckproben besser zu messen sind.

Einige Hochdruckproben weisen keinen zur Detektion ausreichenden Verlustmodul auf.

Für die Hochdruckprobe EMAA 12.11 in Abbildung 4.37 ist bei Temperaturen unterhalb von –45 °C kein Phasenwinkel messbar. Für die Niederdruckprobe EMAA 12.4 zeigen sich aufgrund des geringen Säuredosierstroms von lediglich 5.3 g·h–1 nur geringfügige Unterschiede zur Hochdruckprobe. So kann zum Beispiel eine Schulter für EMAA 12.4 bei –12 °C beobachtet werden, wo hingegen EMAA 12.11 nur eine Änderung in der Steigung des Phasenwinkels zeigt.

10-2

Abbildung 4.37: Verlauf des tanδ der mechanischen Spektroskopie von EMAA-Copolymeren mit einem niedrigem MAA-Gehalt bei 5 Hz, 5 °C·min–1, s=350 mN, d=300 mN.[1]

Bei Messungen an der Probenreihe EMAA 2 (mittlerer MAA-Dosierstrom) ist die Aufzeichnung des Phasenwinkels für Hoch- und Niederdruckproben jeweils über den gesamten gemessenen Temperaturbereich möglich, was Abbildung 4.38 belegt. Es zeigt sich bei beiden Proben eine Relaxation im Bereich von –80 bis –150 °C, die Maxima bei –123 °C (EMAA 2.2) und –115 °C (EMAA 2.10) besitzen. Die Niederdruckprobe weist darüber hinaus einen zusätzlichen Übergang mit einem Maximum bei –54 °C auf.

10-2

Abbildung 4.38: Verlauf des tanδ der mechanischen Spektroskopie von EMAA-Copoly-meren mit einem mittleren MAA-Gehalt bei 5 Hz, 5 °C·min–1, EMAA 2.2:

s=400 mN, d=300 mN, EMAA 2.10: s=200 mN, d=100 mN.[1]

Hier kann gefolgert werden, dass sich der Übergang, der bei tiefen Temperaturen beobachtet wird (–150 bis –80 °C) auf Effekte durch die PE-Hauptkette zurückführen lässt.

In diesem Bereich wurde auch ein Übergang für das Homopolymer PE beobachtet, wo hingegen das Homopolymer von PMAA dort keinen Übergang zeigt. Diese Bewegung kann auf die in Kapitel 4.9.1 beschriebene Kurbelwellenbewegung von mehreren Methyleneinheiten zurückgeführt werden. Diese Übergänge lassen sich bei vielen Messungen sowohl an der Hoch- als auch an der Niederdruckprobe beobachten. In einigen Fällen ist das Material allerdings zu hart, so dass dieser Übergang nur ansatzweise oder überhaupt nicht beobachtet werden kann. Die Relaxation bei ca. 30 bis 40 °C wird durch den Glasübergang (α-Übergang) verursacht. In diesem Temperaturbereich wurde der Glasübergang auch bei den DSC-Analysen beobachtet. Je nach Säuregehalt der Copolymere ist hier eine Lageveränderung des Maximums festzustellen. Für Proben, die einen hohen Anteil an Methacrylsäure im Copolymer eingebaut haben, liegt die Glastemperatur bei höheren Temperaturen als für Proben, die nur einen geringen Anteil an Methacrylsäureeinheiten aufweisen. EMAA 12.4 mit einem MAA-Gehalt von FMAA=0.006 zeigt zum Beispiel das Maximum für die α-Relaxation bei Temperaturen im Bereich von 0 °C. Der bei höheren Temperaturen folgende Übergang, der ab ca. 80 °C zu beobachten ist, ist der Übergang in das viskose Fließen. Mit diesem Aufbau der DMA lässt sich das Verhalten bei höheren Temperaturen nicht analysieren. Der Probenkörper wird zusammengequetscht. Eine erneute Messung des Probenkörpers ist nur möglich, wenn der Heizvorgang ausreichend früh beendet wird, bevor es zu einer völligen Deformation der Probe kommt.

Nach anfänglichen Erfolgen mit einer Probenreihe, die einen mittleren Gehalt an MAA-Einheiten aufweist (EMAA 2) wurden für Copolymere, die einen höheren Säureanteil aufweisen, deutlichere Effekte erwartet. Die in der DSC-Analyse die deutlichsten Unterschiede zwischen Hoch- und Niederdruckproben aufweisende Reihe EMAA 3 sollte auch in der DMA deutliche Unterschiede zwischen den bei verschiedenen Drücken hergestellten Proben zeigen. Das Resultat dieser Messungen ist in Abbildung 4.39 angegeben. Die Hochdruckprobe weist wiederum eine hohe Härte auf und ist nicht über den gesamten gezeigten Temperaturverlauf messbar. Lediglich bei –100 °C zeigt sich hier ein Maximum, das durch die Hauptkette des Polymers verursacht wird. Ansonsten ist erst wieder ab einer Temperatur von –10 °C ein Signal für den Phasenwinkel detektierbar. Die Niederdruckprobe zeigt ebenfalls die Kurbelbewegung der Hauptkette. Im Bereich um –70 °C herum ist eine Schulter ausgeprägt. Diese Schulter kann mit dem bereits bei

EMAA 2.10 beobachtetem zusätzlichem Maximum für Niederdruckproben in Verbindung gebracht werden. Eine Erklärung, warum es trotz hohem Säuregehalt des Copolymers nicht zur klaren Ausbildung eines Maximums kommt und warum die Lage dieses durch die Schulter angedeuteten Maximums im Vergleich zur Probe EMAA 2.10 zu tieferen Temperaturen verschoben ist, wird weiter unten gegeben (Kapitel 4.11.3).

10-2 10-1 100

tanδ

-100 -50 0 50

T/ °C

EMAA 3.4, 2300 bar, FMAA=0.069

EMAA 3.12, 1300 bar, FMAA=0.066

Abbildung 4.39: Verlauf des tanδ der mechanischen Spektroskopie von EMAA-Copolymeren mit einem hohem MAA-Gehalt bei 5 Hz, 5 °C·min–1, s=350 mN, d=300 mN.[1]

Um Umsatzeffekte für die Entstehung des zusätzlichen Maximums ausschließen zu können, wurden Experimente unter adiabatischen Bedingungen durchgeführt. Hier wird der Monomerumsatz nur durch die Reaktionstemperatur bestimmt. Durch die Übereinstimmung von Mantel und Reaktionstemperatur werden Temperaturgradienten innerhalb der Probe weitestgehend vermieden. Die Problematik dieser Reaktionsführung besteht im Auffinden von stabilen Betriebspunkten. Abbildung 4.40 zeigt die erhaltenen Ergebnisse der DMA-Messung für unter adiabatischen Bedingungen bei 260 °C hergestellte Polymerproben. Hier zeigt die Niederdruckprobe ebenfalls einen deutlich ausgeprägten zusätzlichen Peak im Bereich von –50 °C im Vergleich zur Hochdruckprobe, der in Anlehnung an die DSC-Messungen ebenfalls als β-Peak bezeichnet wird. Hier weist das β-Maximum eine ähnliche hohe Intensität auf, wie der γ-Peak für die Hauptkettenbewegung. Aufgrund der adiabatischen Reaktionsführung können nun Umsatzeffekte oder Einflüsse durch starke Unterschiede zwischen Mantel- und Reaktionstemperatur weitestgehend ausgeschlossen werden.

0.07 0.08 0.09 tanδ 0.1

-100 -50 0

T/ °C

EMAA 22.14, 1300 bar, FMAA=0.061

EMAA 22.9, 2300 bar, FMAA=0.070

γ-Relaxation β-Relaxation

Abbildung 4.40: Verlauf des tanδ der mechanischen Spektroskopie von unter adiabatischen Bedingungen hergestellten EMAA-Copolymeren mit einem hohem MAA-Gehalt bei 5 Hz, 5 °C·min–1, s=500 mN, d=400 mN.

Ein signifikanter Unterschied zwischen den gemessenen Probenreihen EMAA 3 und 22 besteht in der Höhe der verwendeten Kräfte. Für höhere Kräfte (EMAA 22) konnte eine deutliche Ausprägung des β-Maximums beobachtet werden. Aus diesem Grund wurde an der Probe EMAA 22.14 eine Variation der Kräfte vorgenommen.

4.11.3 Variation von statischen und dynamischen Kräften an