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5. DISKUSSION

5.1. Etablierung der Methoden

5. Diskussion

134 Fibroblasten von einer Insert-Membran durch Inkubation mit Trypsin/EDTA (232) oder Cell Dissociation Solution (253) abzulösen, verblieben viele Zellen der humanen endometrialen Stromazelllinie St-T1b auch deutlich nach Ablauf einer nicht zellschädigenden Inkubationsperiode mit einer Protease an der Membran haften. Diese unzureichende Ablösung der Zellen von der Insert-Membran machte die Vybrant Farbstoffe für diese Methode der Auswertung zusätzlich unbrauchbar.

Der Lumineszenzfarbstoff CellTiter-Glo erwies sich in einer seriellen Verdünnung als sehr sensitiv und linear. Aber auch für die Lumineszenz-basierte Auswertung wäre eine vollständige Ablösung der Zellen von der Insert-Membran notwendig gewesen. Die Arbeitsschritte für die Überführung der abgelösten Zellen in ein 96-Well Format führten zusätzlich zu einem Zellverlust. Somit erwies sich auch der Lumineszenzfarbstoff CellTiter-GIo als ungeeignet.

Ein weiterer Ansatz für die Vereinfachung der Auswertung des Transwell-Migrationsassays wurde mit dem Farbstoff Kristallviolett unternommen. Cohen et al. werteten mit Kristallviolett im Transwell-Invasionsassay die Invasion von Deziduazellen in Rattenschwanz-Kollagen erfolgreich aus (233). Auch Saito et al. konnten in einem ähnlichen Versuchsaufbau die chemotaktische Invasion von HAT-1080 Fibrosarkomzellen und B16-BL6 Melanomzellen in Matrigel bestimmen (234). In der vorliegenden Arbeit wurden die migrierten Zellen an der Membran fixiert, die Zellen auf jeweils einer Membranseite entfernt und die Zellen auf der gegenüberliegenden Membranseite mit dem Farbstoff Kristallviolett gefärbt. Nach mehreren Waschschritten erfolgte eine Entfärbung der Zellen mittels Essigsäure. Die Essigsäure-Suspension mit dem aus den Zellen diffundierten Farbstoff wurde nach Überführung in ein 96-Well Format kolorimetrisch gemessen. Es ergab sich jedoch, dass sich die kolorimetrische Messung nicht proportional zur eingesetzten Zellzahl verhielt.

Als Alternative zum Transwell-Migrationsassay wurde der FluoroBlok-Migrationsassay getestet. In diesem 96-Well Format, zur Analyse der Chemotaxis, muss für die Auswertung ein Fluoreszenzfarbstoff, mit einem definierten Bereich (490 nm bis 700 nm) für die Absorptions- und Emissionswellenlänge, verwendet werden. Der Farbstoff Vision Blue, bzw.

das metabolische Produkt Resorufin, war sensitiv und das detektierte Signal proportional zur eingesetzten Zellzahl. Allerdings diffundierte dieser Farbstoff aus den gefärbten Zellen wieder heraus, und eine Vermischung der Flüssigkeiten zwischen dem oberen und dem unteren Kompartiment machte das Ergebnis unbrauchbar. Ein Entfernen der Zellen von der oberen Membranseite mit einem Wattestab war in diesem Format aufgrund des geringen Insert-Durchmessers nicht möglich. Schließlich verblieb für die Auswertung des FluoroBlok-Migrationsassays einzig der Farbstoff Calcein AM, welcher hinsichtlich seiner Sensitivität und Proportionalität hinnehmbar war.

5. Diskussion

135 Das 96-Well Format des FluoroBlok-Migrationsassays bringt Vorteile, wie ein geringes Füllvolumen und somit niedriger Verbrauch an Medien und Zellen sowie ein potentiell hoher Probendurchsatz. Auch ein enzymatisches Ablösen der Zellen von der porösen Membran und eine verlustreiche Überführung der Zellsuspension von einem Format in ein anderes ist überflüssig. Im Vergleich zum Transwell-Migrationsassay war es im FluoroBlok-Migrationsassay jedoch nicht möglich, visuell die Adhäsion der Zellen auf der Membran zu überprüfen oder die Zahl der nicht migrierten Zellen auf der Oberseite der Membran zu ermitteln. Dieser Aspekt war jedoch besonders wichtig, da z.B. undifferenzierte mit dezidualisierten Stromazellpopulationen vergleichen werden sollten, die ein unterschiedliches Proliferationspotential aufweisen. Dieser Effekt wird berücksichtigt, wenn man den Anteil der migrierten Zellen in Relation zu der am Ende der Migrationsperiode vorliegenden Gesamtzellzahl (migrierte plus nicht-migrierte Zellen) setzen kann.

Der direkte Vergleich der bewährten klassischen, Diff-Quik-basierten Auswertung eines Transwell-Migrationsassays mit der gemessenen Calcein-Fluoreszenz eines FluoroBlok-Migrationsassays zeigte, dass Letzterer eine deutlich höhere Standardabweichung und abweichende Ergebnisse erzielte. Eine Verfälschung der Ergebnisse beruhte möglicherweise auch darauf, dass die Fluoreszenz nicht migrierter Zellen, die zufällig über einer Pore lagen, vom Mikroplattenlesegerät ebenfalls erfasst wurden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Versuch, die Analyse der Chemotaxis mittels Transwell-Migrationsassay zu vereinfachen, nicht erfolgreich war. Die klassische Auswertung des Transwell-Migrationsassay, bei welcher die Diff-Quik gefärbten Zellen auf der Ober- oder Unterseite der Membran entfernt und die verbliebenen Zellen gezählt werden, ist eine zwar zeitaufwändige, aber zuverlässige Methode, welche in dieser Arbeit beibehalten wurde.

5.1.2. Etablierung des Oris-Migrationsassays zur Analyse von Chemokinese

Der Oris-Migrationsassay hat im Vergleich zum Wundheilungsassay, einer verbreiteten Methode zur Untersuchung von ungerichteter Bewegung, den Vorteil, dass die zellfreie Detektionszone exakt definiert ist. Durch Verdeckung der Zellen in der peripheren Anhaftungsfläche mittels einer Maske sollte nur die Fluoreszenz der nicht abgedeckten zentralen und somit migrierten Zellen detektiert werden. Es erwies sich jedoch, dass diese zentrale Detektionszone nicht mit der kreisförmigen Maskenaussparung übereinstimmte.

Somit verblieb eine halbmondförmige Fläche der ursprünglichen peripheren Anhaftungszone sichtbar, deren Calcein-Fluoreszenz im Mikroplattenlesegerät zusätzlich zu den migrierten Zellen in der Detektionszone erfasst wurde. Aufgrund der nahezu konfluent plattierten Zellen (eine Bedingung, die sich in Vorversuchen zur Optimierung der Zellzahl als notwendig

5. Diskussion

136 erwiesen hatte), war die Fluoreszenz dieses halbmondförmigen Zellrasens sehr hoch und überschattete somit das Signal der migrierten Zellen.

In dieser Arbeit wurde daher eine alternative, jedoch zeitaufwändige Methode der Auswertung des Oris-Migrationsassay entwickelt. Die Zellen in den einzelnen Wells wurden mittels Diff-Quik gefärbt und die Detektionszone sowie ein Teil der peripheren Anhaftungszone fotografiert. In einem Bildbearbeitungsprogramm wurde die periphere Anhaftungsfläche mittels einer virtuellen Maske verdeckt. Hierbei konnte eine genaue Anpassung an die Detektionszone vorgenommen werden, so dass der „Halbmond“-Effekt ausblieb. Mit dem Programm Fiji konnten die gefärbten Zellkerne innerhalb der Detektionszone automatisch erfasst und somit die Zahl der migrierten Zellen exakt ermittelt werden. Im Vergleich zur Fluoreszenz-basierten Auswertung unterliegt das Ergebnis keinen Schwankungen der Fluoreszenz-Intensitäten. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass im Gegensatz zum Wundheilungsassay die gesamte Migrationszone ausgewertet wird. Da bei der hier entwickelten Diff-Quik/Fiji-basierten Methode jede einzelne Zelle erfasst wird und es so zu einer absoluten Zellzahlbestimmung kommt, führt dies zu einem differenzierteren Ergebnis bezüglich der stimulierenden Eigenschaften unterschiedlicher Faktoren.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die vom Hersteller empfohlene Auswertung des kommerziellen Oris-Migrationsassays leicht zu fehlerhaften Interpretationen der Fluoreszenz-Messungen führen kann. Eine Auswertung, wie sie in dieser Arbeit entwickelt wurde, ist jedoch geeignet, um chemokinetische Effekte von Behandlungsfaktoren zu quantifizieren.

5.1.3. Analyse der Dezidualisierung

Die in unserer Arbeitsgruppe bereits zuvor charakterisierte Dezidualisierungsantwort der St-T1b Zellen wurde mit der von primären hESC nach dem Auftauen aus flüssigem Stickstoff verglichen. Die Transkription der Dezidualisierungsmarker dPRL, FOXO1 und IGFBP-1 sowie die Sekretion von PRL war bei den dezidualisierten Populationen sowohl bei den St-T1b Zellen als auch bei den primären hESC erhöht. Eine erhöhte Expression des Transkriptionsfaktors Nur77 nach Zugabe von 8-Br-cAMP/MPA ist von anderen in humanen endometrialen Stromazellen berichtet worden (236). Dies konnte für die primären hESC Populationen bestätigt werden. Bei der St-T1b Zelllinie war die Transkription in Gegenwart von 8-Br-cAMP/MPA dagegen schwächer als bei der undezidualisierten Population. Auf Proteinebene hingegen wurde eine Erhöhung von Nur77 nach Dezidualisierungsbehandlung sowohl bei den primären hESC als auch bei der Zelllinie St-T1b beobachtet. Ebenso konnte bei allen dezidualisierten Zellpopulationen eine charakteristisch erhöhte Expression von Integrin-β3 beobachtet werden, die auch von anderen in Antwort auf 8-Br-cAMP beschrieben worden ist (90).

5. Diskussion

137 Der Proteinspiegel von αSMA und MLC2/p-MLC2 wurde durch die Dezidualisierung mit 8-Br-cAMP/MPA in St-T1b Zellen sowie in primären hESC reduziert. Auch diese deziduale Regulation wurde von anderen Arbeitsgruppen beobachtet und steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der, für den dezidualisierten Phänotyp, notwendigen Remodellierung des Aktin-Zytoskeletts (47, 48).

Zusammenfassend lässt sich schließen, dass nach Einfrieren und Wiederauftauen von Primärzellen in Passage 2, zumindest in den hier verwendeten frühen Passagen (bis Passage 7 nach dem Auftauen), die Dezidualisierungsantwort intakt bleibt. Der Dezidualisierungsstatus der Zellen wurde nach Behandlung mit einer Protease, erneuter Aussaat und nachfolgendem Entzug von 8-Br-cAMP/MPA über den für diese Arbeit relevanten Zeitraum, der für Migrationsassays veranschlagt wurde, aufrechterhalten.