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5.2.3 Vergleich mit etablierten Kultivierungssystemen

Der Mini-Spinner ist bewußt nicht als spezialisiertes System für eine einzelne wissenschaftliche Fragestellung entwickelt, sondern als allgemein einsetzbares Werkzeug zur Untersuchung von Zellen in suspendierter Kultur unter kontrollierten Umgebungsbedingungen. Damit besetzt der Mini-Spinner eine Lückenposition zwischen etablierten statischen und kontrollierten, gerührten Kultivierungssystemen. Hier soll aufgrund der oben ermittelten Kenndaten ein verfahrenstechni-scher Vergleich mit diesen Systemen erfolgen.

Abbildung 5-4 zeigt den Vergleich des Mini-Spinners mit typischen Kultivierungssystemen für tierische Zellen in Bezug auf die möglichen Kulturvolumina und Sauerstoffeinträge. Der Sauerstoffeintrag der statischen Kultivierungssysteme wird einzig durch den Diffusionskoeffizien-ten des Sauerstoffs und das Füllvolumen bestimmt. Auf dieser Basis können die resultierenden kla-Werte berechnet werden. Sie liegen zwischen 10-3 und 10-2 h-1 und damit zwei bis drei Größenordnungen unterhalb von gerührten Systemen. Aktiv begaste (blasenfrei) und gerührte Bioreaktoren zeigen kla-Werte von 0,8 bis 3 h-1; einen ähnlichen Bereich deckt auch der Spinner mit wesentlich kleineren Arbeitsvolumina von 30 bis 50 mL ab. Das zeigt, daß der Mini-Spinner von seiner Charakteristik her durchaus mit größeren Kultivierungssystemen zu verglei-chen ist.

Abbildung 5-4: Verfahrenstechnischer Vergleich des Mini-Spinners mit etablierten, statischen und gerührten Kultivierungssystemen

P: Kulturplatte (folgende Zahl gibt die Anzahl der Vertiefungen an), T: Gewebekulturflasche (folgende Zahl gibt die Kulturfläche an)

In den initialen Experimenten mit Zellen wurde der Mini-Spinner ohne Rührblatt ausgerüstet.

Hybridomazellen, die als einzelne Zellen in Suspension wachsen, zeigten bei kleinen Rühr-erdrehzahlen (< 40 min-1) geringe zelluläre Ablagerungen unterhalb der Rührerwelle. Oberhalb von 40 min-1 konnten keine Ablagerungen von Zellen mehr identifiziert werden. CHO Zellen wachsen normalerweise als adhärente Zellen, lassen sich jedoch auf Wachstum in Suspension adaptieren. Die Zellen neigen jedoch dazu, in Aggregaten aus mehreren Zellen zu wachsen.

CHO Zellen bildeten auch Ablagerungen von Zellaggregaten unterhalb der Rührwelle. Darüber hinaus bilden sich jedoch auch Ablagerungen in den Seitenarmen unterhalb der Elektroden innerhalb von 48 bis 72 Stunden nach dem Inokulum. Diese Ablagerungen konnten durch Erhöhung der Rührerdrehzahl (bis 90 rpm) weder aufgelöst, noch verhindert werden. Erst unter Verwendung des Rührblattes konnten für Rührerdrehzahlen von >60 min-1 auch mit den aggregatbildenden CHO-Zellen keine Ablagerungen festgestellt werden.

5.3.2 Vergleichende Kultivierungen von Zellinien

Um zu überprüfen, inwieweit Ergebnisse, die im Mini-Spinner erzielt werden, auf größere Kultivierungssysteme übertragbar sind bzw. inwieweit der Mini-Spinner in der Prozeßentwicklung

größere Kultivierungssysteme ersetzen kann, wurden vergleichende Kultivierungen in satzweiser Verfahrensweise durchgeführt. In Abbildung 5-5 und Abbildung 5-6 ist die Wachstumscharakte-ristik von Hybridoma- und CHO Zellen gezeigt, die in Mini-Spinneren bzw. parallel dazu in 1L-Spinnern kultiviert wurden. Beide Kultursysteme wurden mit einer Startzelldichte von 2·105 Z·mL

-1 inokuliert. Die Gelöstsauerstoffkonzentration wurde auf 40%DO geregelt. Die Regelung des Medien pH-Wertes erfolgte über die CO2 Konzentration des Zugases auf pH 7,0.

Alle verglichenen Kulturen von Hybridoma bzw. von CHO zeigten im Mini-Spinner gleiches Wachstum und Vitalitätsverhalten wie im 1L-Spinner. Die Hybridomazellen wachsen über 132 h bis zu einer maximalen Zelldichte von 1,54 ± 0.6 ·106 mL-1 in den Mini-Spinnern bzw.

1,49·106 mL-1 in dem 1L-Spinner. In beiden Kultivierungssystemen sinkt nach 84 h Kulturdauer die Vitalität deutlich ab. Die im Mini-Spinner kultivierten Zellen erreichen eine maximale Wachstumsrate (µmax) von 0,039 ± 0,006 h-1 verglichen mit einem Wert von 0,042 ± 0,009 h-1 in den 1L-Spinnerkulturen. Auch die Produktivität der Zellen verhält sich im Mini-Spinner ähnlich wie im 1L-Mini-Spinner. Die produzierten Antikörper wurden mittels ELISA-Test im Medienüberstand quantifiziert. Innerhalb des Zeitraums vom Inokulum bis zu 84 Stunden der Kultivierung korrelieren die ermittelten Antikörpertiter von Mini-Spinner- und 1L-Spinner-Kultivierungen sehr gut. Mit zunehmendem Vitalitätsverlust, der in beiden Kultursystemen nach 84 Stunden einsetzt, wird in den Mini-Spinnern eine etwas höhere Produktkonzentration gemessen als in den 1L-Spinnern. Die bestimmte Raum-Zeit-Ausbeute der Hybridoma-Kultivierungen lag bei 5,42 ± 1,01 mg·L-1·d-1 in Mini-Spinnern und bei 5,02 ± 0,17 mg·L-1·d-1 in 1L-Spinnern.

CHO Zellen zeigen einheitliches Wachstum in beiden Kultivierungs-Systemen mit einer maximal erreichbaren Zelldichte 4,5 - 4,6·106 mL-1, die nach 143 h der Kultivierung erreicht wird.

Dementsprechend zeigen sich auch kaum Abweichungen bei der maximalen Wachstumsrate (µmax), die bei 0,041 ± 0,009 h-1 im Mini-Spinner und bei 0,039 ± 0,007 h-1 in 1L-Spinner Kultivierungen liegen. Auch die ermittelte Produktivität der Zellen zeigte hervorragende Korrela-tion zwischen dem Mini-Spinner und dem größeren 1L-Spinner-System. Mit beginnendem Vitalitätsabfall ergeben sich bei gleichzeitiger guter Korrelation der ermittelten numerischen Mittelwerte größere Variabilitäten der einzelnen Kulturgefäße. Die sich ergebenden Raum-Zeit-Ausbeuten für Mini-Spinner Kulturen ergeben sich zu 7,92 ± 1,42 mg·L-1·d-1 verglichen mit 7,49 ± 0,75 mg·L-1·d-1 für 1L-Spinner Kulturen.

Abbildung 5-5: Vergleichende Kultivieurngen: Hybridoma-Zellen

A: Verlauf von Zelldichte und Vitalität, B: Produkttiterkorrelation

Abbildung 5-6: Vergleichende Kultivierungen: CHO-Zellen

A: Verlauf von Zelldichte und Vitalität, B: Produkttiterkorrelation

5.3.3 Vergleichende Kultivierung von primären Zellen

Ein Einsatzgebiet des Mini-Spinners soll die Parameteroptimierung in der Bioprozeßentwicklung für klinisch relevante Kultivierungen sein. Die Skalierbarkeit der Kultivierungsergebnisse aus Mini-Spinner-Versuchen in größere Bioreaktoren wird im Folgenden anhand der ex vivo Expansion von humanen T-Lymphozyten gezeigt. Prinzipiell wurde die Skalierbarkeit von Prozessdaten, die in 1L-Klöppelspinnersystemen gewonnen wurden, bis in einen Maßstab von 20L hinein gezeigt [Hilbert U, 2001]. Kann gezeigt werden, daß die Kultivierung von primären Zellen im Mini-Spinner vergleichbar mit der von 1L-Klöppelspinnern verläuft, ist eine direkte Übertragung von Kultivierungsprotokollen aus dem Prozeßentwicklungsmaßstab in klinisch relevante Maßstäbe möglich.

Isolierte PBMC von gesunden Spendern wurden in statischer Kultur mit α-CD3 mAb und α-CD28 mAb für fünf Tage stimuliert. Nach dieser Stimulationsphase müssen die Zellen noch für weitere 4 Tage in ungeregelten, statischen Kultivierungssystemen kultiviert werden, um die notwendigen Zellzahlen für das Inokulum der 1L-Spinnergefäße zu erreichen. Während der vergleichenden Kultivierung in Mini-Spinnern und 1L-Spinnern wurde die Gelöstsauerstoffkon-zentration im Medium auf 50%DO eingestellt. Der pH-Wert des Mediums wurde einseitig über die CO2-Konzentration der Zuluft auf pH 7,0 geregelt.

Abbildung 5-7 zeigt den Zelldichteverlauf für den gesamten Kultivierungsprozeß von der Stimulationsphase bis zu den vergleichenden Kultivierungen in den beiden Spinnersystemen. In der viertägigen Vor-Expansionsphase, die in ungeregelter Kultur durchgeführt wurde, zeigen die Zellen exponentielles Wachstum. In diesem Zeitraum erfolgt diskontinuierlich in Intervallen von 24 Stunden eine Verdopplung des Kulturvolumens durch Zufütterung von Frischmedium. Die Zelldichte bleibt über diesen Zeitraum daher annähernd konstant (µmax = 0,036 h-1). Für die vergleichenden Satzkultivierungen wurden die Mini-Spinner mit 50 mL, die 1L-Spinner mit mit 300 mL Zellsuspension in Frischmedium inokuliert. Während der exponentiellen Wachstums-phase zeigen die erreichten Zelldichten und Vitalitäten der Kulturen in den beiden Spinnersyste-men sehr gute Korrelation. Die maximale vitale Zelldichte wird in den Mini-Spinnern zu 3,9 ± 0,9 ·106 Z·mL-1, in den 1L-Spinnern zu 4,2 ± 0,3·106 Z·mL-1 nach 96 Stunden Satzkultivierung (nach 312 h Gesamt-Kulturdauer) ermittelt. Mit abnehmender Vitalität der Kulturen wird auch, wie beiden Zellinien, die Korrelation zwischen Mini-Spinner und 1L-Spinner schlechter.

Abbildung 5-7: Vergleichende Kultivierungen: Expansion primärer T-Lymphozyten

Die Qualität der Kultivierung von Primärzellen drückt sich durch die Qualität der Zellen selbst (nicht wie bei Zellinien durch die Qualität des sezernierten Proteinproduktes) aus. Die kultivier-ten Zellen wurden auf die Expression der T-Zellantigene CD3, CD4 und CD8 sowie die Aktivierungsmarker CD25 (α-Kette des IL-2-Rezeptor) und CD71 (Transferrin-Rezeptor) auf ihrer Zelloberfläche immuncytometrisch untersucht (Abbildung 5-8). Die Analyse erfolgte zu verschie-denen Zeitpunkten des Kultivierungsprozesses. Die an Tag 0 der Kultivierung inokulierten PBMC bestanden zu 57% aus Lymphozyten. Nach der Stimulationsphase an Tag 5 machen die T-Lymphozyten 99% der Gesamtzellpopulation aus. Zu diesem Zeitpunkt koexprimieren die CD3+ T-Lymphozyten auch CD25 (93% der CD3+ Zellen) und CD71 (96% der CD3+ Zellen). Mit fortschreitender Expansion nimmt die Stimulation der Zellen ab. Der Anteil der Zellen, die CD25 und CD71 koexprimieren sinkt auf 9% (CD25) und 1,3% (CD71) in Mini-Spinner-Kultivierungen bzw. 12% (CD25) und 7% (CD71) in 1L-Kultivierungen (Werte: Tag 14). Das Verhältnis von der beiden Lymphozyten-Subpopulationen CD3+CD4+ zu CD3+CD8+ hat sich über den Kultivie-rungszeitraum nicht geändert und wurde auch durch die Wahl des Kultivierungssystems nicht beeinflußt (Daten nicht gezeigt).

Abbildung 5-8: Durchflußzytometrische Analyse von Markerantigenen auf primären T-Lymphozyten

Den typischen Verlauf von pH und pO2 im Medium während der Satzkultivierung im Mini-Spinner bzw. im 1L-Mini-Spinner ist in Abbildung 5-9 gezeigt. Während gesamten Kultivierung wurde in beiden Gefäßen die gewählte Gelöstsauerstoffkonzentration von 50%DO aufrecht erhalten.

Während der exponentiellen Wachstumsphase wurde dazu in den Mini-Spinnern der Sauer-stoffanteil in der Zuluft von 10,5 %(v/v) auf 17,5 %(v/v) erhöht (1L-Spinner: 10,5 %(v/v) auf 19,8%(v/v)). Die einseitig gewählte pH-Regelung über den CO2-Anteil in der Zuluft konnte in den beiden verglichenen Kultivierungssystemen den Medium-pH-Wert auf dem voreingestellten Soll-Wert von pH 7,0 halten. Durch Akkumulation von sauren Metaboliten (Laktat) im Medium mußte der CO2-Gehalt der Zuluft kontinuierlich gesenkt werden. Dieser Effekt setzt in den beiden verglichenen Spinner-Systemen übereinstimmend zum gleichen Zeitpunkt ein und führt ebenso ohne zeitliche Verschiebungen zu einer Depletion des CO2 im Zugas nach 65 h.

Danach fielen beide Spinner-Systeme von pH 7,0 auf pH 6,6 ab. Dieses Ergebnis zeigt deutlich die Wichtigkeit der Kontrolle und Korrektur des pH-Wertes während der Kultivierung primärer Zellen. Diese Option ist bereits bei der Konstruktion des Mini-Spinners berücksichtigt worden.

Ein Zulauf-Anschluß im Deckel kann sowohl für eine Frischmedium-Zufütterung als auch für den Zulauf eines pH-Korrekturmittels verwendet werden.

Abbildung 5-9: Verlauf von pH und Gelöstsauerstoff, Begasungsparameter während vergleichender Kultivierungen primärer T-Lymphozyten

5.4 Zusammenfassung und Diskussion