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8 Methodisches Konzept

8.1 Erste Analyseebene – Bildung

Auf der Ebene Bildung wurden für die Untersuchung der Dimension Hochschulpolitik die oben beschriebenen hochschulpolitischen Dokumente von HRK, KMK, BerlHG bis hin zu den konkreten Studien- und Prüfungsordnungen der Philosophischen Fakultäten der Humboldt-Universität untersucht. Dabei fiel die Entscheidung auf diese Institutionen, da sie für die Umsetzung der Bologna-Reform maßgeblich verantwortlich sind. Ich habe mich für die Humboldt-Universität entschieden, weil ich im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an dieser Universität den Forschungsauftrag erhielt, die Umsetzung der Bologna-Reform zu untersuchen.

Die Dokumente der genannten Institutionen wurden mit einer interpretativen Inhaltsanalyse, angelehnt an die Valenzanalyse (Schnell/Hill/Esser, 2008, S. 408), untersucht. Die Valenzanalyse geht nicht nur der Frage nach, wie oft eine Kategorie auftritt, sondern untersucht auch, wie die Verwendung der Kategorie bewertet wird.

(Schnell/Hill/Esser, 2008) Die sozialwissenschaftliche Inhaltsanalyse ist eine

„Methode der Datenerhebung zur Aufdeckung sozialer Sachverhalte, bei der durch die Analyse des vorgegebenen Inhalts (z. B. Text, Bild, Film) Aussagen über den Zusammenhang seiner Entstehung, über die Absicht seines Senders, über die Wirkung auf den Empfänger und/oder auf die soziale Situation gemacht werden“

(Atteslander, 2010, S. 203). Die Valenzanalyse ist eine interpretative Inhaltsanalyse und somit eine qualitative Analyseform, da die erhobenen Daten zur Gewinnung von Hypothesen basierend auf dem untersuchten Material dienen (Atteslander, 2010, S.

212).

Im ersten Schritt meiner Untersuchung analysierte ich eine Auswahl hochschulpoli-tischer Dokumente deutscher Institutionen hinsichtlich der Umsetzung des Bologna-Ziels, Beschäftigungsfähigkeit/Employability zu vermitteln. Bildungspolitik und somit

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Hochschulpolitik liegt laut Grundgesetz in der Entscheidungshoheit der Bundesländer.

Daher wurden für diese Arbeit Veröffentlichungen in Form von Gesetzestexten, Arbeits- und Diskussionspapieren der Berliner Landesregierung untersucht. Wie in dem Kapitel 9 dargestellt, gibt es auch länderübergreifende Regelungen im Hoch-schulbereich, die von der KMK verabschiedet werden.

Im zweiten Schritt habe ich landesspezifische Regelungen in Berlin betrachtet.

Der Schwerpunkt dieses Abschnittes liegt jedoch in der interpretativen Analyse der Dokumente der Hochschule selbst. Mit folgenden Fragen wurden die Dokumente untersucht:

1. Spiegelt sich die Hochschulreform in den Leitsätzen der Hochschule sowie in den Studien- und Prüfungsordnungen der Fächer wider?

2. Wie wollen die geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer gewährleisten, dass die Studierenden nach dem dreijährigen Bachelorstudium einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss erhalten?

Die Studien- und Prüfungsordnungen sowie die Rahmenordnungen an der Humboldt-Universität zu Berlin wurden hinsichtlich der Begriffe „Praktikum“, „berufsquali-fizierend“ und „praxisorientierend“ analysiert. Diese Begriffe wurden in den untersuchten Dokumenten verwendet, um die Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit mit Inhalten zu füllen und Umsetzungsstrategien zu entwickeln. Die Auswertung konkreter Studien- und Prüfungsordnungen wird zeigen, welche Wege schließlich die Humboldt-Universität geht, um Studierende geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer im Bereich Beschäftigungsfähigkeit zu stärken und so an der Umsetzung der Bologna-Ziele zu arbeiten.

Bei der Analyse der Studien- und Prüfungsordnungen an der Humboldt-Universität zu Berlin wurden Studienfächer aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften ausgewählt, anhand derer verallgemeinernde Aussagen getroffen werden können. Es sind klassische geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer – Fächer, die von Studieninteressierten stark nachgefragt werden und die auf durchaus unterschiedliche Berufsfelder vorbereiten. Eine detaillierte Untersuchung aller Studiengänge, die an den Philosophischen Fakultäten der HU Berlin angeboten wurden und werden, wäre hier überflüssig, da es, wie bereits beschrieben, Rahmenordnungen gibt, die die Grundstruktur festlegen. Gravierende Unterschiede sind somit nicht zu erwarten. Für das akademische Jahr 2014/2015 gab es an der HU Berlin an den Philosophischen Fakultäten laut Amtlichem Mitteilungsblatt (AMB) der Humboldt-Universität zu Berlin Nr. 25/2014 insgesamt 75 Bachelor- und Masterstudiengänge ohne Lehramtsoption (gezählt wurden lediglich Kern- und Monofächer). Die Untersuchung wurde für die Fächer Philosophie, Geschichte, Deutsch und Sozialwissenschaften durchgeführt, wobei sowohl die Studienordnungen der traditionellen als auch verschiedener Generationen Bachelorordnungen und die aktuellste Masterordnung betrachtet wurden.

121 8.2 Zweite Analyseebene – Arbeitsmarkt

Die zweite Analyseebene umfasste die Untersuchung des Arbeitsmarktes. Zu diesem Zweck fand eine Untersuchung der Diskussions- und Strategiepapiere seitens der Interessens- und Unternehmensverbände statt. Besonders fokussiert wurden Erwartungen der Arbeitgeber/innen, die sie an Absolvent/innen speziell aus dem geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich herantragen.

Neben der Dokumentenanalyse wurden im Rahmen dieser empirischen Untersuchung 17 problemzentrierte Experteninterviews mit Unternehmen und InstitutionenP96F97P geführt, die relevante Berufsfelder für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen abbilden.

Hier sollte mit einer inhaltsanalytischen Auswertung von problemzentrierten Inter-views überprüft werden, wie sich Arbeitgeber/innen zum Thema Beschäftigungs-fähigkeit von Bachelorabsolvent/innen positionieren. Die Arbeitgeber/innen wurden insbesondere nach dem Begriffsverständnis von Beschäftigungsfähigkeit gefragt. Des Weiteren wurden intensiv die Erwartungshaltungen der Interviewpartner/innen gegenüber den Absolvent/innen abgefragt und den Erfahrungen aus dem konkreten Arbeitskontext gegenübergestellt. Schließlich war es mir mit dem Gespräch auch wichtig zu erfahren, welche Anstrengungen Arbeitgeber/innen unternehmen, um die Mitarbeiter/innen im Sinne des lebenslangen Lernens im Bereich Beschäftigungs-fähigkeit weiter zu stärken.

Für die Interviews mit den Arbeitgeber/innen habe ich mich für das problemzentrierte Interview entschieden, da es die Möglichkeit bietet, das Erzählprinzip des narrativen Interviews mit leitfadengestützten Frageteilen des Interviewers zu kombinieren. So konnten die Interviewergebnisse aus verschiedenen Gesprächen miteinander verglichen werden. Die Interviewpartner/innen hatten die Gelegenheit, aus ihren Erfahrungen im Umgang mit Berufseinsteiger/innen zu berichten und auf struktu-rierte, weitgehend offen gehaltene Fragen zu antworten, wobei mir die Möglichkeit gegeben war, anhand des theoretisch erarbeiteten Konzepts zielorientiert zu fragen (Atteslander, 2010, S. 141). Die Unternehmen wurden für die Interviews ausgewählt, wenn sie ihr Personal aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften rekru-tieren und es relevante Berufsfelder für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen bietet.

Die Interviews wurden, bis auf eine Ausnahme, als persönliches Gespräch in den Unternehmen durchgeführt. Insgesamt wurden im Interview 20 bis 21 Fragen gestellt, wobei es sich – bis auf eine Ausnahme – ausschließlich um offene Fragen oder Aufforderungen zu Erklärungen handelt. Ein Gespräch musste telefonisch durch-geführt werden, da der Gesprächspartner nicht in Berlin tätig ist. Die Gesprächs-partner/innen wurden vor dem Interview per E-Mail über die ungefähre Dauer und den Inhalt des Gesprächs informiert. Die Interviews dauerten zwischen 45 Minuten und zwei Stunden und wurden mit Hilfe eines Aufnahmegeräts aufgezeichnet.

97 Im Folgenden wird zur besseren Lesbarkeit nur noch der Begriff Unternehmen verwendet. Dabei sind Institutionen wie Forschungseinrichtungen, Stiftungen und Kulturinstitutionen inbegriffen.

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Anschließend habe ich alle Interviews transkribiert und mit der qualitativen Daten-software MAXQDA strukturiert und nach inhaltlichen Schwerpunkten kodifiziert. Mit den Kodifizierungen konnte ich eine vergleichende Systematisierung durchführen, um

„kollektive Handlungsmuster“ – also Gemeinsamkeiten und Differenzen bei den Arbeitgeber/innen – herauszufiltern (Lamnek, 2010, S. 336).

Die Auswahl der Gesprächspartner/innen fand nach inhaltlichen Gesichtspunkten statt. Es sollten Unternehmen interviewt werden, die bildungsadäquate Erwerbsmög-lichkeiten für Absolvent/innen der Geistes- und Sozialwissenschaften bieten und so den Arbeitsmarkt dieser Absolvent/innen repräsentieren.

Insgesamt wurden 28 Unternehmen angefragt, wovon 17 letztlich interviewt wurden.

Das Interview wurde von einigen Firmen mit der Begründung abgelehnt:

• Es werden zu wenige Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen im Jahr einge-stellt.

• Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen sind nur Quereinsteiger im Haus.

• Es war keine Zeit für ein Interview vorhanden.

• Angefragte Person fühlt sich nicht kompetent, Fragen zum Personaleinsatz von Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen zu beantworten.

Die Unternehmen, die für ein Interview nicht zur Verfügung standen, sind den Berei-chen Journalismus, Film und Fernsehen, Musikindustrie, Unternehmensberatung, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Kultureinrichtungen und Werbung zuzu-ordnen.

Mit den Gesprächen sollte untersucht werden, was Arbeitgeber/innen unter Beschäf-tigungsfähigkeit und insbesondere BeschäfBeschäf-tigungsfähigkeit von Absolvent/innen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften verstehen. Mit dieser Frage habe ich das Gespräch nach einer kurzen Vorstellung direkt begonnen. Der nächste Frageblock widmete sich vor allem der Abfrage des konkreten Arbeitsbereiches in dem ent-sprechenden Haus. Im nächsten Interviewabschnitt wurden von mir detailliert die Anforderungen, die das jeweilige Unternehmen an die Absolvent/innen und die Hoch-schulen stellt, abgefragt. Hierbei habe ich mich auf die im Kapitel 6 vorgestellte Über-sicht der Handlungskompetenz/Beschäftigungsfähigkeit gestützt. Zur Beantwortung der Frage, welche Erwartungen die beteiligten Akteure in der Bologna-Reform aneinander richten und welche Konsequenzen sie für sich ziehen, wurden die Arbeit-geber/innen aufgefordert zu beschreiben, wie sie aus ihren Erfahrungen heraus die Absolvent/innen aus den strukturierten Studiengängen wahrnehmen und welchen Handlungsbedarf sie bei sich selbst und den Universitäten sehen. Von Interesse war für mich des Weiteren, welche Kenntnisse über die neuen HSA vorliegen und welche Erwartungen die Arbeitgeber/innen mit den berufsqualifizierenden HSA verbinden.

Abgeschlossen wurde das Interview mit der Frage, welche Empfehlung die Arbeit-geber/innen ihren Kindern geben würden, wenn diese sich jetzt für ein Studium entscheiden müssten. Ziel war hier, die Arbeitgeber/innen nicht als Expert/innen anzusprechen, sondern die individuelle Perspektive abzufragen und so noch einen weiteren Blick auf die Bologna-Reform zu erlangen.

Aus den von den Arbeitgeber/innen aufgezählten Fähigkeiten, die sie von den Absol-vent/innen erwarten, habe ich 13 Kategorien gebildet, die im Abschnitt 10.5.3 beschrieben werden. Der Fragebogenleitfaden befindet sich im Anhang, Abschnitt

123 14.2. Das untersuchte Sample der Arbeitgeber/innen wird im Abschnitt 8.1 ab Seite 119 beschrieben.