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5. Bodendegradation

5.1 Bodendegradation im ostbolivianischen Tiefland

5.1.4 Bodenerosionsgefährdung durch Wind

5.1.4.3 Erodibilität des Bodens

Die relative Erodibilität des Bodens gegenüber Winderosion wird nachfolgend über die Ableitung eines Bodenerodierbarkeitsfaktors (K-Faktors) nach NEEMANN (1991) bestimmt.

Da die Funktion in Bezug auf die Bodenart neben dem Ton- und Schluffgehalt auch den An-teil an Fein- und Feinstsand integriert, mussten aus der KorngrößenverAn-teilung die jeweiligen Unterfraktionen rechnerisch ermittelt werden. Detaillierte Laboranalysen aller Korngrößen-fraktionen des Feinbodens wurden bei den Studien des Untersuchungsgebiets, mit wenigen Ausnahmen, nicht vorgenommen.

Ableitung der Korngrößenfraktionen

Mit dem Problem, die vollständige Korngrößenverteilung über Interpolationsansätze durch einen Kurvenfit an gegebene Datenpunkte (z.B. Messdaten) zu approximieren, haben sich diverse Autoren beschäftigt (BITTELLI et al 1999, DA SILVA et al. 2004, POSADAS et al. 2001, SKAGGS et al 2001). In diesem Zusammenhang häufig angewandte Verfahren sind An-passungen von log-Normal Funktionen an die Korngrößensummenkurve (BUCHAN 1989).

Diese allerdings setzen eine annähernde Gleichverteilung der Korngrößen im Boden voraus, wie es in der Natur nicht generell gegeben ist. NEMES et al. (1999) kommen in ihrer Betracht-ung zu dem Schluss, dass die AnpassBetracht-ung der log-Normal Funktion an Messdaten, die geringste Genauigkeit der vier von ihnen getesteten Funktionen lieferte. HWANG et al. (2002) ermittelten unter sieben verschiedenen Methoden, dass bei allen von ihnen untersuchten Bodenarten die beste Anpassungen über den von FREDLUND et al. (2000) entwickelten Algorithmus erzielt wird. Der auch in vorliegender Studie verwendete Algorithmus arbeitet nach dem Prinzip der kleinsten Quadrate [9]. Dabei wird über stückweise Interpolation der quadrierte vertikale Abstand zwischen Kurve und Datenpunkt minimiert.

Der Algorithmus wurde auf die Messdaten mit Angaben der Unterfraktionen eingestellt und die Anpassungen bei guter Übereinstimmung für Profile gleicher Bodenarten über-nommen, bei denen nur Daten der Hauptfraktionen Ton, Schluff und Sand vorlagen. Im Mittel konnte die Funktion mit einer Bestimmtheit von r2 = 0,91 (Median 0,97, n = 54) an die Messwerte angepasst werden. Die gleiche Anpassungsgüte ergab sich bei den sandigen Lehmen (n = 24), den Böden des Untersuchungsgebiets, die hauptsächlich von Winderosion betroffen sind. Die Qualität der Anpassung am Beispiel sandiger Lehme demonstriert Abbildung 34. Anhand der generierten Korngrößensummenkurve konnten die prozentualen Verteilungen der Korngrößenfraktionen für alle Profile abgetragen werden.

Abb. 34: Kurvenfit nach dem Algorithmus von FREDLUND et al. (2000) für sandige Lehme

⎥⎥

Pp(d) : Prozent (kumulativ) einer Korngrößenfraktion

agr : Fit-Parameter (bezieht sich auf den ersten Wendepunkt der Kurve) ngr : Fit-Parameter (bezieht sich auf maximale Steigung der Kurve) mgr : Fit-Parameter (bezieht sich auf die Krümmung der Kurve) d : Partikeldurchmesser [mm]

hrgr : residualer Partikeldurchmesser [mm]

dm : kleinster Partikeldurchmesser [0,0001 mm]

Bestimmung der K-Faktoren

Der K-Faktor [dimensionslos], als Maß der Bodenerodierbarkeit sandiger Böden, wurde von NEEMANN (1991) in Windtunnelexperimenten empirisch ermittelt. Ausgedrückt wird die relative Empfindlichkeit eines Bodens gegenüber Winderosion, wenn dieser sich im trockenen, frisch bearbeiteten Zustand befindet und nicht durch Bodenbedeckung geschützt ist. Einfluss auf den K-Faktor haben die Textur, der SOM-Gehalt und die Aggregierung.

Mittels einer Regressionsgleichung [10] werden die K-Faktoren als Funktion des gewogenen mittleren Durchmessers der Textur [12] und dem Anteil der Aggregate mit einem Durch-messer von > 0,63 mm berechnet. Letzterer lässt sich ebenfalls über eine Regressions-gleichung [11] auf Basis des SOM-Gehalts und dem Anteil der Ton-, Schluff- und Feinsand-fraktionen ermitteln.

log K = 1,24 – 4 ,21 [GMDt] – 0,04 [Aggregate > 0,63 mm] [10]

GMDt : gewogener mittlerer Durchmesser der Textur [mm]

Aggregate > 0,63 mm : Anteil in [Gew.-%]

di : Klassenmitte der Aggregatfraktionen [mm]

n : Anteil der Aggregatfraktion [Gew.-%]

Je höher der berechnete K-Faktor, desto leichter sind Böden vom Wind erodierbar. Eine Einteilung wird nach den in Tabelle 39 aufgeführten Erodibilitätsklassen vorgenommen. Für

die Bestimmung der Erosionsneigung der Böden des Untersuchungsgebiets wurden K-Faktoren sowohl für die Profile unter ackerbaulicher Nutzung, als auch für die unter natürlicher Vegetation berechnet. Bei letztgenannten wurde eine hypothetische, kultivierungs-bedingte Abnahme des SOM-Gehalts, wie unter Kapitel 5.1.2.1 beschrieben, angenommen und auf dieser Grundlage K-Faktoren abgeleitet.

Tab. 39: Erodibilitätsklassen (K-Faktor) Klasse Erodibilität K-Faktor

K1 sehr gering < 0,1

K2 gering 0,1-0,3 K3 mäßig 0,3-0,5 K4 stark 0,5-1,0 K5 sehr stark > 1,0

Tab. 40: Korrelationskoeffizienten des K-Faktors mit SOM-Gehalt, Aggregierung und Textur Pearson Korrelation - Sandböden (LS, SL, SCL)

SOM A > 0,63 mm gS mS fS + ffS gU fU T gemessener SOM-Gehalt

r -0,29** -0,71*** -0,33** -0,32** 0,75*** n.s -0,30** -0,38***

n 67 67 67 67 67 67 67 67

hypothetischer SOM-Gehalt

r -0,26* -0,65*** -0,47*** -0,61*** 0,83*** 0,42*** n.s. -0,40**

n 59 59 59 59 59 59 59 59

α > 0,05 n.s., α < 0,05 *, α < 0,01 **, α < 0,001 ***

Abb. 35: Einfluss von Textur, SOM-Gehalt und Aggregierung sandiger Lehme auf die Erodibilität

Erwartungsgemäß wird die Erodibilität am stärksten von Textur und Aggregierung der Böden beeinflusst. Mit steigendem Anteil der Feinsandfraktionen nimmt die Erodibilität zu, während mit zunehmender Aggregierung bzw. zunehmendem Kornumfang die Tendenz

gegenläufig ist, worauf signifikant negative Korrelationen mit dem K-Faktor hindeuten (Tab.40, Abb.35). Weniger eindeutig zeigt sich der Einfluss der organischen Substanz auf die Erodibilität. Zwar sind die Abhängigkeiten signifikant, allerdings auf geringerem Niveau.

NEEMANN (1991) nimmt an, dass der direkte Einfluss der organischen Substanz auf die Erodibilität von anderen Bodeneigenschaften überlagert wird und diese eher sekundär über die Aggregatbildung im Boden wirkt.

Abb. 36: Einfluss von Textur, SOM-Gehalt und Aggregierung sandiger Lehme auf die Erodibilität

Die höchste Erodibilität der Böden des Untersuchungsgebiets weisen sandige Lehme (SL) und lehmige Sande (LS) mit einem mittlerem Gewichtsanteil der Feinsandfraktionen von 66 ± 6 %, der Aggregate > 0,63 mm von 15 ± 4 % und des SOM-Gehalts von 0,8 ± 0,3 % auf (Abb.36). Böden dieser Eigenschaften finden sich v.a. in der zentralen Zone, sind aber auch im Chaco und auf dem brasilianischen Schild ausgebildet. Mit steigendem Gewichtsanteil der Aggregate und abnehmenden Gewichtsanteil der Feinsandfraktionen reduziert sich das Erosionsrisiko, ist aber im Bereich von 59 ± 0,3 % (fS + ffS) und 21 ± 4 % (A > 0,63 mm) noch sehr hoch. Der mittlere Humusgehalt variiert zwischen den Erodibilitätsklassen K1-K4 kaum. Bei Gewichtsanteilen von 50 ± 4 % (fS + ffS) bzw. 28 ± 5 % (A > 0,63 mm) sind die Böden noch mäßig und bei etwa 43 ± 6 % (fS + ffS) bzw. 36 ± 7 % (A > 0,63 mm) nur noch gering erodierbar. Übersteigt der Gewichtsanteil der Aggregate > 0,63 mm 50 % und sinkt der Gewichtsanteil der Feinsandfraktionen auf unter 30 %, sind die Böden von ihren natürlichen Eigenschaften her kaum noch winderosionsgefährdet (Abb.36).

In regionaler Hinsicht wurde eine allgemeine Abschätzung des potenziellen Winderosions-risikos auf Grundlage der Textur und der Topographie vorgenommen. Grundsätzlich besteht die höchste potenzielle Gefährdung bei sandigen Texturen und im flachen Gelände. Auf Grundlage der Ergebnisse der Bodenartenregionalisierung und über den Reliefparameter Höhe über Tiefenlinie [AD] (Kap.3.3, Abb.10) wurden potenziell gefährdete Bereiche aus-gewiesen. Auf Basis von [AD] wurden die Bereiche innerhalb der Alluvialebene selektiert, die dem Wind die günstigsten Anströmbedingungen bieten. Dies sind z.B. flache Kuppen, die aufgrund ihrer exponierten Position einer hohen potenziellen Erosisongefahr unterliegen. Aus

der Kombination beider Parameter leitet sich die potenziell höchste Gefährdung für Böden mit hohen Sandanteilen und einer leicht exponierten Lage innerhalb der Alluvialebene ab (Abb.37). Deutlich wird, dass innerhalb der ackerbaulich genutzten Regionen die zentrale Zone, insbesondere im Bereich der südwestlichen Alluvialebene, die höchste potenzielle Gefährdung besitzt. In der Expansionszone nimmt die potenzielle Gefährdung aufgrund der Dominanz feinkörniger Bodenarten ab. Insgesamt ist die Chacoregion am stärksten von möglicher Winderosion betroffen, diese Bereiche spielen aber in ackerbaulicher Hinsicht keine Rolle.