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Ableitung relativer SOC und N t -Verluste - Literaturreview

5. Bodendegradation

5.1 Bodendegradation im ostbolivianischen Tiefland

5.1.1 Regionalisierung von Bodeneigenschaften

5.1.2.1 Ableitung relativer SOC und N t -Verluste - Literaturreview

Wegen der geringen Stichprobenzahl und der daraus folgenden geringen Repräsentativität der im Untersuchungsgebiet durchgeführten Studien zur Abnahme der organischen Boden-substanz mit Dauer der ackerbaulichen Nutzung, werden die Werte nachfolgend mit den Ergebnissen anderer in tropischen und subtropischen Breiten durchgeführten Studien verglichen und in einer gemeinsamen Datenbank angeordnet. Die Tabelle mit den daraus abgeleiteten prozentualen Abnahmebeträgen für SOC und Nt im Oberboden befindet sich im Anhang (Tab.A5, Anhang). Die Werte dienen als Größenordnung für die flächenhafte Abschätzung der durch den Ackerbau ausgelösten Abnahme organischer Substanz im Unter-suchungsgebiet.

Tab. 27: Mittlere prozentuale Rückgänge der SOC- und Nt-Gehalte unter moderner und traditioneller Bewirtschaftung nach mehr als 10 Jahren (10-70 a) kontinuierlicher Nutzung (Oberboden)

modern traditionell Δ [%] Δ [%]

gesamt pro Jahr gesamt pro Jahr gesamt pro Jahr

SOC MW 49,6 2,5 49,3 2,5 0,5 -0,1

Stabw 13,4 1,1 17,7 1,3

n 45 45 25 25

Nt MW 43,8 2,1 48,9 2,5 -5,0 -0,4

Stabw 10,1 0,8 18,1 1,3

n 29 29 19 19

Aus der Literatur wurden inklusive der in Bolivien durchgeführten Untersuchungen 40 Studien ausgewählt, von denen insgesamt 117 Stichproben in die Auswertung einbezogen wurden. Die meisten beziehen sich auf den organischen Kohlenstoff (n = 112) und weniger auf den Gesamtstickstoff (n = 69). Die Studien wurden entweder als paarweiser Vergleich, bei dem kultivierte Flächen mit benachbarten Flächen natürlicher Vegetation verglichen werden, oder als Chronosequenz (falsche Zeitreihe) durchgeführt. Letztere untersuchen Flächen unterschiedlich langer Nutzungsperioden und vergleichen diese mit einer in der Nähe befindlichen Fläche natürlicher Vegetation (MANN 1986). Die Daten decken einen Nutzungs-zeitraum von 2 bis 70 Jahren ab und repräsentieren ein Spektrum sandig bis toniger Böden.

Die Probentiefen reichen bis maximal 30 cm. Eine Unterteilung in traditionelle und moderne Landnutzungssysteme wurde nicht vorgenommen, da bei allen analysierten Studien kon-ventionelle, d.h. nicht bodenschonende Bewirtschaftungstechniken zur Anwendung kommen (Pflugsysteme). Ein Vergleich beider Anbauverfahren nach kontinuierlicher Nutzung von 10

und mehr Jahren belegt, dass in Bezug auf mittlere SOC- und Nt-Verluste keine nennens-werten Unterschiede zwischen der Kultivierung mit Ochsen oder Pferden bzw. Traktoren bestehen (Tab.27). Die geringeren Nt-Verluste der modernen Systeme resultieren aus Dünger-applikationen.

Nach DAVIDSON & ACKERMAN (1993) ist die Angabe der Konzentration (SOC- und Nt -Gehalt) kein genauer Indikator bei der Berechnung von Änderungen gegenüber dem Ausgangsniveau, da bei der Berechnung die Lagerungsdichte (db) unberücksichtigt bleibt und tatsächliche C- und N-Verluste folglich oft überschätzt werden. Zuverlässigere Ergebnisse lassen sich über den Vergleich der jeweiligen Bodenvorräte erzielen, da diesen bei der Berechnung über den Einbezug der Bodenmasse ein einheitlicher Bezug zugrunde liegt.

Sofern die Daten der analysierten Studien nicht bereits in Masse pro Fläche vorlagen, wurden die prozentualen Gehaltsangaben über die Lagerungsdichte und Horizontmächtigkeit nach folgender Formel errechnet:

Die Nt-Vorräte berechnen sich äquivalent zu denen des organischen Kohlenstoffs. Lagen keine Angaben zur Lagerungsdichte vor (n = 15), wurde die Werte nach ADAMS (1973)25 näherungsweise wie folgt bestimmt:

wobei der Faktor 0,224 die angenommene Dichte der organischen Substanz in [g cm-3] und der Faktor 1,64 die für die Berechnung verwendete Dichte des Mineralbodens in [g cm-3] darstellen. Der organische Kohlenstoffgehalt im Boden wurde mit dem Faktor 1,72 auf Prozent organische Substanz umgerechnet (LANDON 1984). Der Vergleich prozentualer Abnahmebeträge von Konzentrationen und Vorräten der zugrunde liegenden Studien bestätigt die Ergebnisse von DAVIDSON & ACKERMAN (1993), dass allein auf Basis von C- und N-Gehalten ermittelte Verluste höher ausfallen, als wenn Vorratsangaben die Grundlage der

25 zitiert in(GUO & GIFFORD 2002), MANN (1986), POST & KWON (2000)

Berechnungen bilden. Im Mittel errechnen sich aus den Bodenvorräten etwa 5 % geringere Verluste (Tab.29).

Tab. 28: Korrelationsmatrix von Gesamtverlusten und jährlicher Raten für SOC und Nt aller analysierten Studien (Oberboden)

Eine signifikante Abhängigkeit der Verluste von der beprobten Horizontmächtigkeit im Oberboden ist über die Daten nicht festzustellen (α > 0,05). Die relativen Abnahmebeträge scheinen, unabhängig davon, ob die obersten zehn oder dreißig Zentimeter des Bodens beprobt wurden, mehr oder weniger gleich zu sein. Beim SOC-Gehalt sind sogar höhere Verluste mit zunehmender Horizontmächtigkeit zu verzeichnen. Einzig bei den Nt-Vorräten zeigt sich eine Verringerung der relativen Verluste mit zunehmender Mächtigkeit des be-probten Horizontes (Tab.28). Offenbar reduzieren sich die mittleren Verluste organischer Substanz erst unterhalb des Pflughorizontes. MURTY et al. (2002) ermittelten nach lang-jähriger Nutzung für die obersten 15 Bodenzentimeter im Mittel 26 % höhere SOC-Verluste im Vergleich mit einer beprobten Horizontmächtigkeit von über 45 cm. Zu gleichen Resultat-en kommResultat-en DAVIDSON & ACKERMAN (1993), die bei alleiniger Betrachtung des A-Horizontes eine mittlere Reduktion der Kohlenstoffvorräte von 43 % konstatieren, während die Verluste unter Einbezug des B-Horizontes lediglich bei 31 % liegen. Auch GUO & GIFFORD (2002) sehen signifikante Verringerungen der C-Verluste erst ab Bodentiefen unter 30 cm. Bei den drei zuletzt zitierten Studien handelt es sich um Reviews.

Einfluss der Bodenart

Die Ergebnisse der untersuchten Studien zeigen einen signifikanten Zusammenhang mit dem Tongehalt. Sowohl beim organischen Kohlenstoff als auch beim Gesamtstickstoff sind die Gesamtverluste negativ mit dem Tongehalt korreliert (Tab.28). Dies deutet an, dass Mineralisierungsprozesse im Boden mit steigendem Tongehalt langsamer ablaufen.

Feinkörnige Böden haben bei gleichem Ausgangsmaterial aufgrund ihres größeren Sorp-tionsvermögens einen höheren Gehalt an organischer Substanz als Sand- oder Grobschluff-böden (CERRI et al. 2004b, DESJARDINS et al. 2004). Dies begründet sich durch den höheren Anteil an Tonmineralen (auch Fe- und Al-Oxiden) die mit der organischen Substanz Ver-bindungen eingehen und stabile Aggregate im Boden erzeugen (DOMINY et al. 2002). BONDE

et al. (1992) beziffern den an die Tonfraktion gebundenen SOC-Anteil in einem Oxisol in Südost-Brasilien auf mehr als 50 %, während auf die Sandfraktion lediglich 17 % entfallen.

Durch die Bindung an Tonminerale ist die organische Substanz in fein-körnigen Böden besser vor mikrobieller Zersetzung geschützt (HASSINK 1997, MCGRATH et al. 2001, SIX et al.

2002). Gleiches gilt bei Konversion in eine landwirtschaftliche Nutzung. Die höhere Aggre-gatstabilität feinkörniger Böden macht diese generell resistenter gegenüber mechanischer Beanspruchung (THOMAS & AYARZA 1999), demnach ein neues Gleichgewicht zwischen An-lieferung und Abbau organischer Substanz in grobkörnigen Böden früher als in feinkörnigen erreicht wird. Bei letztgenannten verzögert sich der mikrobielle Abbau zusätzlich durch die mit zunehmenden Tongehalt häufiger auftretenden anaeroben Bedingungen (KATYAL et al.

2001).

NEUFELD et al. (2002) sehen eine langjährige konventionelle Bewirtschaftung insbesondere von Böden geringer Tongehalte wegen der schnellen und starken Reduktion des Gehaltes an organischer Substanz als hochgradig degradierende Form der Bodenbearbeitung in tropischen und subtropischen Breiten. Auch BRONICK & LAL (2005) bescheinigen speziell Alfisolen eine höhere Gefährdung, da in diesen die organische Substanz den wesentlichen Anteil an der Bildung von Aggregaten im Boden hat. BONDE et al. (1992) ermittelten, dass über 80 % des an die Sandfraktion gebundenen SOC-Gehaltes bereits nach 12 Jahren konventionellen Anbaus mineralisiert ist, indes der Anteil in der Tonfraktion im gleichen Zeitraum lediglich 40 % beträgt. Auch SHANG & THIESSEN (2000) kommen für den gleichen Nutzungszeitraum auf einem sandigen Lehm in Nordostbrasilen auf eine relative Größenordnung von 54 % in der Sandfraktion und 23 % in der Tonfraktion.

Beim Gesamtstickstoff liegen die relativen Mineralisationsraten in den Korngrößen-fraktionen in der gleichen Größenordnung wie die des organischen Kohlenstoffs (DALAL &

MEYER 1986b, LOBE et al. 2001).

Tab. 29: Relative SOC- und Nt-Verluste in Abhängigkeit von Nutzungsdauer und Tongehalt (Oberboden)

SOC Nt

Gehalt [%] Vorrat [%] Gehalt [%] Vorrat [%]

gesamt pro Jahr gesamt pro Jahr gesamt pro Jahr gesamt pro Jahr a. Tongehalt: < 27 [Gew.-%] Anm.: Zur Gewährleistung einer ausreichenden statistischen Datenbasis für die 3 Nutzungsperioden musste eine pragmatische Unterteilung der Bodenarten vorgenommen werden. Für die Unterteilung tonarmer und tonreicher Böden wurde eine eine feste Grenze bei 27 Gew.-% Ton gesetzt. Dieser Wert bildet nach der US Soil Taxonomy (SOIL SURVEY STAFF 2003) die Untergrenze toniger (CL) und schluffig-toniger Lehme (SICL) und korrespondiert in etwa mit der Untergrenze sandig-toniger und schwach toniger Lehme (25 Gew.-%) der Bodenkundlichen Kartieranleitung (AG BODEN 1994). Dieser Einteilung liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der SOM-Gehalt bei gleichen Ausgangsbedingungen in tonreichen Böden generell höher ist als in tonarmen (z.B. NEUFELDTet al.

2002). Natürlich können auch feinschluffreiche Böden hohe SOM-Gehalte aufweisen, da diese aber z.T. über die gewählte Grenze abgedeckt sind und zudem in kaum einer Studie Angaben der Korngrößenunterfraktionen vorlagen, wird bei dem angewendeten Verfahren von einer plausiblen Unterteilung ausgegangen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass unter mechanischer Bodenbearbeitung in allen Korngrößenfraktionen eine Abnahme des SOM-Gehaltes zu verzeichnen ist, die zu einem großen Teil auf dem Aufbruch von Bodenaggregaten und der gleichzeitigen Freisetzung und Mineralisierung organischer Substanz beruht. Unter sandigen Bodenarten mit geringem Ton-anteil verläuft der Prozess aufgrund des schwachen inneren Zusammenhaltes der Aggregate vergleichsweise schneller als unter tonreicheren Bodenarten, weshalb insbesondere diese Böden in tropischen und subtropischen Breiten unter konventioneller Bewirtschaftung relativ schnell ihren Gehalt an organischer Substanz und somit auch einen wesentlichen Nährstoff-pool verlieren. In den ersten 10 Anbaujahren können die relativen Verluste der SOC- bzw. Nt -Vorräte tonarmer Böden im Mittel 16 % bzw. 12 % höher ausfallen als auf tonreichen Böden (Tab.29). Mit zunehmender Kultivierungsdauer verringern sich die Unterschiede. Nach mehr

als 20-jähriger kontinuierlicher Nutzung liegt die mittlere Abweichung der SOC- und Nt -Verluste im Vergleich tonarmer und tonreicher Böden bei etwa 5 %.

Abb. 21: relative SOC- und Nt-Verluste (Vorräte) in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer (Oberboden)

Zeitliche Änderung

Sowohl die Gesamtverluste als auch die jährlichen Raten sind signifikant mit der Nutzungsdauer korreliert (Tab.28). Während die Gesamtverluste von SOC und Nt in Ab-hängigkeit von der Zeit unterschiedlich hoch ausfallen (Abb.21), zeigt sich bei den jährlichen Abnahmeraten ein eindeutiger Trend mit hohen initialen Verlusten und einem in der Folge langsameren Rückgang (Abb.21). Nach 20 Jahren kontinuierlicher Nutzung reduzieren sich die SOC- und Nt-Vorräte im Oberboden im Mittel um 35-40 %, wovon der weitaus größte Anteil auf die ersten 10 Anbaujahre entfällt. In diesem Zeitraum liegt die jährliche Verlustrate sowohl für SOC als auch für Nt im Mittel zwischen 5-8 %. Die Rate verringert sich konstant auf 2,5 % nach mehr als 10 Jahren und auf 1,5 % nach mehr als 20 Jahren ackerbaulicher Nutzung. Die Gesamtverluste der SOC- und Nt-Vorräte in Oberböden tropischer und

sub-tropischer Breiten liegen bei einer kontinuierlichen konventionellen Nutzung von mehr als 20 Jahren im Mittel zwischen 46-52 % (SOC) bzw. 43-48 % (Nt).

Die in Tabelle 29 dargestellten Verluste fließen als Größenordnung in die weitere Auswertung ein. Die abgeleiteten SOC-Verluste bewegen sich in einer ähnlichen Größen-ordnung mit denen in den Reviews von MURTY et al. (2002), DAVIDSON & ACKERMANN

(1993) und GUO & GIFFORD (2002) ermittelten Werten, die nach langjähriger Anbaunutzung mittlere Verluste der SOC-Vorräte im Oberboden von 45 %, 43 % bzw. 50 % ermittelten. Im Unterschied zu vorliegender Arbeit wurden bei deren Analysen z.T. auch Studien außer-tropischer Länder einbezogen. Die abgeleiteten Verluste stellen aufgrund der räumlichen Variabilität der Bodeneigenschaften relative Größenordnungen dar. Die an den Kontroll-flächen (natürliche Vegetation) erhobenen Ausgangsgehalte stellen nicht zwangsläufig den realen Zustand einer Ackerfläche vor deren Inkulturnahme dar. Der Fehler erhöht sich mit zunehmendem Abstand zur Kontrollfläche, bzw. je mehr Nutzflächen sich auf eine Kontroll-fläche beziehen. Über Unsicherheiten des Vergleichs von Daten verschiedener Studien, siehe z.B. BERNOUX et al. (2002) und MURTY et al. (2002).