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ist.112 Nicht vom Einkommensbegriff umfasst sind lediglich bestimmte, taxativ aufgezählte Leistungen.113 Voraussetzung für den Bezug einer Ausgleichszulage ist daher, dass die finanzielle Existenz der pensionsberechtigten Person sowie deren unterhaltsberechtigten Angehörigen ohne Gewährung der Leistung bereits gefährdet ist. Auf diese gesetzlichen Voraussetzungen geht der Senat in seiner Begründung jedoch nicht ein, sondern folgert aus der Gewährung der Ausgleichszulage die Sicherung der finanziellen Existenz. Das Gericht lässt auch außer Acht, dass der zehnte Senat im Jahre 1999 und somit vor der jüngsten Entscheidung aus dem Themenbereich wrongful conception aus dem Jahr 2015 ausgesprochen hat, dass die Gewährung der Ausgleichszulage nicht dazu diene Personen, die nach zivilrechtlichen Bestimmungen gegenüber der ausgleichszulagenbeziehenden Person schadenersatzpflichtig sind, finanziell zu entlasten. Der erkennende Senat hielt fest, dass aus diesem Grund nicht die von dem privaten Haftpflichtversicherer geleistete Unfallrente um den Bezug der Ausgleichszulage, sondern diese um die Rente aus dem Versicherungsvertrag zu kürzen sei.114 Umgelegt auf den Sachverhalt der jüngsten Entscheidung müsste die Höhe des Schadenersatzanspruchs Auswirkungen auf die gewährte Ausgleichszulage haben, nicht jedoch diese auf die Zuerkennung des geltend gemachten Anspruchs. Weiters blieb in der jüngsten Entscheidung die Auffassung F. Bydlinskis, die die Basis der Rsp bildet, unbeachtet. Subsidiäre Unterhaltsverbindlichkeiten oder andere subsidiäre Auffanginstitute, wie etwa die Sozialhilfe, seien seines Erachtens nämlich gegenüber der Ersatzpflicht der schädigenden Person nachrangig. Derartige Institute hätten nicht den Zweck schadenersatzpflichtige Personen von ihrer Pflicht zu entlasten.115

Güter vor Schäden zu schützen nicht als Verschuldenshaftung im technischen Sinne zu, sondern als reine Obliegenheit der geschädigten Person zu verstehen. Als Sorgfaltsmaßstab sind die §§ 1297 und 1299 heranzuziehen.116

Hinsichtlich der Frage, ob jemand sorglos in eigenen Angelegenheiten handelt, ist auf jene Sorgfalt, die eine einsichtige und vernünftige dritte Person zur Abwendung des Schadens eingehalten hätte, abzustellen. Es muss ein allgemeines Wissen einer sozialen Norm bestehen, die die Ergreifung bzw Unterlassung einer Maßnahme fordert. Dass eine bestimmte Maßnahme zur Erhöhung des Selbstschutzes geeignet ist, genügt für sich alleine nicht.117

Die hM und sRsp setzen die Intention des § 1304 fort und sehen darin eine Schadenminderungsobliegenheit der geschädigten Person begründet. Im Gegensatz zum Mitverschulden kommt es nach überwiegender Rsp zu keiner Schadensteilung, die geschädigte Person hat den Folgeschaden grundsätzlich allein zu tragen.118

Im Rahmen ihrer Schadenminderungsobliegenheit hat die geschädigte Person ihr zumutbare Handlungen zu setzen, um eine Vergrößerung bzw Verlängerung des Schadens hinanzuhalten. Die geschädigte Person wird somit auch zu einem positiven Tun verpflichtet. Ob ein Verhalten zumutbar ist, bestimmt sich zunächst nach objektiven Kriterien. Steht die objektive Zumutbarkeit fest, so ist die subjektive Zumutbarkeit zu prüfen. Die sRsp zieht hierfür die Interessen der schädigenden und geschädigten Partei sowie die Grundsätze des redlichen Verkehrs heran.119

Wird jemand an seinem Körper verletzt, etwa im Rahmen eines medizinischen Behandlungsfehlers iwS, so hat die verletzte Person bei Auftreten von Komplikationen bspw ein Krankenhaus aufzusuchen, sich einer zumutbaren, entsprechenden Behandlung und gegebenenfalls auch einer zumutbaren Operation zu unterziehen, um so einer Vergrößerung oder Verlängerung des Schadens entgegenzuwirken.120

In der Folge stellt sich die Frage, ob und wenn ja wie sich § 1304 bzw die daraus abgeleitete Schadenminderungsobliegenheit im Problemkreis von wrongful conception und wrongful birth auswirkt.

116Vgl Schacherreiter in Kletečka/Schauer1.04 § 1304 Rz 1/1, 9 f (Stand 01.10.2016, rdb.at); Reischauer in Rummel II/2a³ § 1304 Rz 1 ff; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek VI4 § 1304 Rz 1 f; RIS-Justiz RS0022681.

117Vgl Schacherreiter in Kletečka/Schauer1.04 § 1304 Rz 10; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek VI4

§ 1304 Rz 9.

118Vgl Reischauer in Rummel II/2a³ § 1304 Rz 37; Wittwer in Schwimann³ § 1304 Rz 6; Schacherreiter in Kletečka/Schauer1.04 § 1304 Rz 105; RIS-Justiz RS0026851.

119Vgl Reischauer in Rummel II/2a³ § 1304 Rz 38; Schacherreiter in Kletečka/Schauer1.04 § 1304 Rz 97;

RIS-Justiz RS0023573.

120Vgl Kletečka in Aigner et al, Medizinrecht Kap. II.1 S 27 ; Reischauer in Rummel II/2a³ § 1304 Rz 39.

Rebhahn vertritt die Auffassung, dass Unterhaltspflichtigen in Fällen von wrongful conception eine Schadenminderungsobliegenheit nach § 1304 entgegengehalten werden könne, sofern eine Adoption rechtlich zulässig und faktisch wahrscheinlich sei.

Werde das Kind im Prozess nur als Verursacher eines Aufwandes gesehen, so müsste sich die klagende Person auch gefallen lassen, wenn das Kind im Verhältnis zu der beklagten Partei als Vermögensfrage behandelt werde. Durch Erhebung des Einwands des § 1304 komme es daher iaR nicht zu einem Ersatzanspruch.121 Man könne die Unterhaltspflicht zum Teil auch mit einer Risikohaftung vergleichen und die Haftung analog § 1304 begründen. Die so abgeleitete Haftungsminderung sei dadurch begründet, dass die Eltern ein Verhalten, das im Hinblick auf das allgemeine Lebensrisiko der Unterhaltspflicht die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung dieses Risikos erhöhe, gesetzt hätten.122

Kletečka lehnt die Annahme eines Mitverschuldens oder eines Verstoßes gegen die Schadenminderungsobliegenheit wegen Nichtvornahme eines Schwangerschaftsabbruchs bzw Nichtzustimmung zur Adoption aufgrund von Unzumutbarkeit ab. Aus der Vornahme einer Sterilisation folge, dass die Eltern eine derartige Entscheidung gerade vermeiden wollten.123 Auch Huber spricht sich gegen die Auffassung Rebhahns aus. Der Verweis auf das allgemeine Lebensrisiko sei nicht überzeugend. Auch einem von einem Autolenker verletzten Fußgänger werde nicht entgegengehalten, dass es zum allgemeinen Lebensrisiko eines Fußgängers zähle von einem Auto verletzt zu werden.124

Hirsch wendet gegen eine Obliegenheitsverletzung nach § 1304 ein, dass ein Schwangerschaftsabbruch mit gesundheitlichen Risiken für die Schwangere verbunden und deshalb nicht zumutbar sei. Eine Abtreibung im Rahmen der sg Fristenlösung gem

§ 97 Abs 1 Z 1 StGB sei zwar nicht strafbar, bleibe aber rechtswidrig. Inhalt einer Obliegenheitsverletzung könne aber iSd Grundsatzes „turpitudinem suam allegans nemo auditur“ nicht die Vornahme eines rechtswidrigen Verhaltens sein. Gegen eine Obliegenheit zur Zustimmung zu einer Adoption des Kindes führt Hirsch an, dass dies aufgrund der emotionalen Bindung nicht zumutbar sei, denn aus der Ablehnung der finanziellen Belastungen folge nicht zwingend eine emotionale Ablehnung des Kindes.

121Vgl Rebhahn, Schadenersatz wegen der Geburt eines nicht gewünschten Kindes? JBl 2000, 265 (267).

122Vgl Rebhahn, Ersatz des vollen Unterhalts bei „wrongful birth“! Zak 2006, 206 (208).

123Vgl Kletečka, Zak 2006, 345.

124Vgl Huber, Haftung bei misslungener Sterilisation? RdM 2007, 20 (27).

Auch die Fürsorgepflicht der Eltern, das Kindeswohl und das Grundrecht auf Privat- und Familienleben sprächen gegen eine Obliegenheit zur Adoptionsfreigabe.125

Leitner schließt sich dieser Auffassung an. Eine Obliegenheit zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs in Fällen von wrongful conception bestehe aufgrund von Unzumutbarkeit nicht, eine Obliegenheit zur Zustimmung zu einer Adoption bestehe aufgrund des Prinzips des Kindeswohls ebenfalls nicht.126

ME ist die Obliegenheit zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs und somit ein Mitverschulden iSd § 1304 aus folgendem Grund abzulehnen: Die Unterhaltsverbindlichkeit der Eltern gegenüber dem Kind entsteht mit dessen Lebendgeburt127, dh zur Verhinderung des Schadeneintritts müsste ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden. MAn besteht jedoch kein allgemeines Wissen einer sozialen Norm, die in Fällen von wrongful conception die Vornahme einer Abtreibung fordert. Gegen das Bestehen einer derartigen, für ein vorwerfbares Mitverschulden erforderlichen Norm spricht mE zum einen, dass selbst innerhalb der Rechtswissenschaft ein breites Meinungsspektrum zur straf- und zivilrechtlichen Zuordnung des § 97 Abs 1 Z 1 StGB besteht. Die wohl hM geht davon aus, dass § 97 Abs 1 Z 1 aus strafrechtlicher Sicht den Tatbestand einschränkt. Andere Stimmen sprechen sich für die Annahme eines Rechtfertigungs- oder Strafausschließungsgrundes aus.128 Folgt man nun der hM, so stellt sich die Frage, ob der – mangels Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestandes – straffreie Schwangerschaftsabbruch im zivilrechtlichen Sinne rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt. F. Bydlinski, Krejci und Hirsch sprechen sich dafür aus, eine Abtreibung im Rahmen der Fristenlösung wegen Verstoßes gegen den in § 22 normierten Schutz des Ungeborenen als rechtswidrig und einen entsprechenden Vertrag gem § 879 als nichtig einzustufen.129 Bernat zufolge seien die §§ 96 ff StGB leges speciales zu § 22.

Demnach ende der Schutz des Nasciturus dort, wo der Staat die Abtreibung nicht pönalisiert. Zudem folgert er aus § 97 Abs 3 StGB, wonach niemand aufgrund seiner Weigerung an der Mitwirkung oder Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs benachteiligt werden dürfe, dass der Vertrag zw dem Arzt und der Schwangeren zivilrechtlich nicht rechtswidrig sein könne.130 Auch Benke, Klausberger, Graf und

125Vgl Hirsch, Arzthaftung, 37 ff.

126Vgl Leitner, Wrongful conception, EF-Z 2006, 131 (133).

127Vgl § 231 ABGB.

128Vgl Nimmervoll in Leukauf/Steininger, StGB4 (2017) § 97 Rz 1 mwN; Kletečka, JBl 2011, 750.

129Vgl F. Bydlinski in Pammer/Weiler, Volle Menschenrechte für das ungeborene Kind 89 (94 f);

Krejci in Rummel/Lukas, ABGB Teilband §§ 859-9164 § 879 Rz 28; Hirsch, Arzthaftung, 39, 107 ff.

130Vgl Bernat in FS Krejci 1069 ff.

Kletečka sind der Ansicht jeden nach § 97 Abs 1 StGB straffreien Schwangerschaftsabbruch als zivilrechtlich rechtmäßig zu qualifizieren.131

Weiters lässt mAn ein Vergleich zur Rsp des OGH erhebliche Zweifel am Bestehen einer sozialen Norm, die eine Vornahme einer Abtreibung zur Verhinderung von Unterhaltsaufwendungen fordert, aufkommen. So hat der OGH im Jahr 2014 ausgesprochen, dass zwar allgemein bekannt sei, dass das Tragen von Fahrradhelmen Kopfverletzungen vorbeuge, sich eine soziale Norm, gem der ein solcher Helm von Erwachsenen im täglichen Radverkehr getragen werde, noch nicht herausgebildet habe. Das Nichttragen eines Helmes sei somit nicht als Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten zu qualifizieren und nicht zur Begründung eines Mitverschuldens tauglich.132 Wenn schon nicht sportliches Radfahren ohne Helm kein Mitverschulden darstellt, kann mE die Nichtvornahme eines Schwangerschaftsabbruchs, der zudem gesundheitliche Risiken für die Frau mit sich bringt133, kein Mitverschulden iSd § 1304 darstellen.

Gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung durch Zustimmung zur Adoption des Kindes kann mAn Unzumutbarkeit eingewendet werden.

VI. Alternative Lösungswege

Im Rahmen der Diskussion, wie Fälle von wrongful conception und wrongful birth aus schadenersatzrechtlicher Sicht zu beurteilen sind, wurden seitens der Lit mögliche neue Bewältigungsstrategien abseits des Haftungsrechts bzw auf anderem Weg als der unter IV. A. dargestellten Theorien aufgezeigt. Auch der Gesetzgeber reagierte auf den Diskurs und legte einen Entwurf zur Novellierung des § 1293 vor. Diese alternativen Lösungsvorschläge werden nun kurz dargestellt.