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7.1.2 „Matching“ und Variablenkontrolle über ein hedonisches Modell

7.4 Deskriptive Auswertung des Datenmaterials

7.5.3 Erhaltungszustand unter Mietregulierung

Hypothese 7: Je geringer der Lagezuschlag ist, desto schlechter ist auch der Er-haltungszustand der angebotenen Wohnungen.

Diese Hypothese leitet sich einerseits aus der Polarisationstheorie nach Gunnar Myrdal ab. Sanierungen lohnen sich in schönen Gegenden eher als in

herabge-kommenen. Andererseits ist der Zusammenhang zwischen der Stärke der Miet-regulierung und dem Erhaltungszustand der Häuser ein in der Theorie viel dis-kutierter. Auch in Wien konnte über die Nachkriegszeit, als ein strenger Mieter-schutz herrschte, bis zur großen Mietrechtsreform in den 90er Jahren beobachtet werden, wie sehr die Instandhaltung der Häuser vernachlässigt wurde oder ver-nachlässigt werden musste.

Je schlechter die Lage ist – oder im Sinne der Mietregulierung, je geringer der Lagezuschlag ist – desto schlechter muss auch der Ausstattungszustand der angebotenen Wohnungen sein.

Dasselbe müsste nach dieser Hypothese auch für die Anwendbarkeit des Mietrechts gelten: Wohnungen, deren Miete gesetzlich begrenzt ist, werden ei-nen geringeren Ausstattungsstandard aufweisen als Wohnungen, die der freien Mietvereinbarung unterliegen.

Als Indikator für den Erhaltungs- und Ausstattungszustand der jeweiligen Mietwohnung dient die von den Maklern angegebene Variable „Condition“, als Zustand der Wohnung. Die Ausprägungen dafür sind „sehr gut“, „gut“, „befrie-digend“, „schlecht“ und „unbenutzbar“, sie wurden in Schulnoten (von 1 bis 5) unterteilt und als „Notenschnitt“ numerisch betrachtet. Dabei wurde eine Ordinalskalierung unterstellt und gemittelt.

Abbildung 44: Besserer Zustand von besseren Lagen und bei frei vermietbaren Wohnungen Error-Bars zeigen die Standardabweichung

Tatsächlich hängt der durchschnittliche Erhaltungszustand der Wohnungen einerseits von der Lage ab: je höher die Lagezuschlagsmöglichkeit, desto besser ist auch der Zustand der Wohnungen. Auffallend ist auch hier, dass die Grün-derzeitviertel (GZV) zwar leicht unterdurchschnittlich abschneiden (1,33 im Altbau, 1,21 im Neubau), dass aber der Erhaltungszustand in Lagezuschlagszone 2 und 3 schlechter ist als in Zone 1 (GZV), vergleiche Abbildung 44 (längere

Freie Miete Richtwert

Hypothesenprüfung 169 Balken bedeuten schlechtere Erhaltungszustände). Der Durchschnitt liegt für alle Bereiche bei 1,20.

Andererseits hängt der durchschnittliche Erhaltungszustand klar von der Anwendbarkeit des Mietrechts ab. Neubauten (nach 1945) weisen einen besse-ren Zustand auf (im Schnitt 1,16) als Altbauten (1,25). Nun könnte eingewandt werden, dass dies in der Natur des Baualters liege, dass natürlich die Abnutzung bei Altbauten größer ist als bei Neubauten. Dem kann entgegengehalten werden, dass die Erhaltungsunterschiede zwischen Altbau und Neubau abnehmen, je besser die Lage ist. Im Ersten Bezirk erreicht der durchschnittliche Wohnungs-zustand eine Schulnote von 1,08; Altbau und Neubau liegen nahezu gleichauf.

Die Nullhypothese muss verworfen werden – der Zustand hängt von der Lage ab (Varianzanalyse ist signifikant, vgl. Tabelle 23).

Tabelle 23: Signifikante Zusammenhänge zwischen Ausstattungsnote und Lage

ANOVA Zustand_Schulnote

Sum of Squares df Mean Square F Sig.

Between Groups 62,098 6 10,350 54,796 ,000

Within Groups 2442,182 12930 ,189

Total 2504,280 12936

Das Ergebnis lässt folgenden Schluss zu: Vermieter von Wohnungen in gu-ten Lagen investieren mehr in die Erhaltung der jeweiligen Wohnung, weil sie diese Investitionen besser in der Miete abbilden können. Der Betrag an höherer Miete, die nach einer Verbesserung des Ausstattungszustands nötig ist, um des-sen Kosten zu refinanzieren, ist in guten und in schlechten Lagen gleich. In gu-ten Lagen, wo die Miegu-ten (ganz gesetzeskonform) höher sind, ist der Mietanteil für die Finanzierung der Verbesserungsmaßnahme relativ gesehen geringer als in schlechten Lagen, wo die Verbesserungsmaßnahme den Anteil an (legal verrechenbarer) Miete über einen längeren Zeitraum völlig abschöpfen müsste.

Der Mangel an der Möglichkeit, die Lage ihrem Wert entsprechend einzu-preisen einerseits, und die Beobachtung von überhöhten Mieten in GZV ande-rerseits, legen der Verdacht nahe, dass Vermieter eine andere Rechtfertigung für Ihre Miethöhe schaffen. Es könnte etwa vermutet werden, dass Vermieter in GZV einen optisch und technisch hochwertigeren Wohnraum zur Verfügung stellen, damit dies ohne Zweifel zu einem Zuschlag für die Ausstattung zu be-rechtigen vermag. Auf Basis dieser Annahme ist die folgende Hypothese aufge-stellt worden:

Hypothese 6: Eine fehlende Lagezuschlagsmöglichkeit wird bei Mietverhält-nissen durch andere Zuschläge substituiert.

Dass Gründerzeitviertel einen besseren Erhaltungszustand aufweisen als tat-sächlich schlechtere Wiener Lagen (Lagezuschlagszone 2 und 3), ist bereits oben gezeigt worden (vgl. Abbildung 44). Dies widerspricht im Grunde ge-nommen der Annahme, dass bessere Lagezuschlagszonen auch Wohnungen mit besseren Erhaltungszuständen beherbergen. Im Sinne der obengenannten Argu-mentation ist es allerdings schlüssig, dass Vermieter in den prekären Gründer-zeitvierteln mehr in die Ausstattungskategorie und die Zuschlagsmöglichkeit für Ausstattung investieren müssen. Nachdem der jeweilige Zuschlag für die Aus-stattung nicht leicht festgestellt werden kann (sondern lediglich über ein Gutach-ten), produziert ein rechtskundiger und in gewissem Maße listiger Vermieter dadurch eine Möglichkeit, seine Zuschlagspolitik zu verschleiern und den An-reiz eines Mieters, die Miethöhe zu beanstanden, durch die ungewisse Höhe der rechtswirksamen Zuschläge zu reduzieren.

Ein Vergleich des durchschnittlichen Ausstattungszustands innerhalb des Grenzgürtels (259 Zählsprengel) zwischen Zuschlagszonen und Gründerzeit-vierteln ergibt jedoch, dass die Durchschnittsnote für Ausstattung sehr wohl in Zuschlagszonen besser ist (1,22) als in den angrenzenden Gründerzeitvierteln (1,31), dieser Zusammenhang ist auch signifikant. Der Verdacht, dass Vermieter in GZV sozusagen auf der anderen Straßenseite der Zuschlagszonen mehr in die Ausstattung investieren, um eine „vernünftigere“ Miete zu legalisieren, ist wi-derlegt.

Allerdings wirkt die Nähe zur Zuschlagszone innerhalb der Gründerzeitvier-tel. Jene Gründerzeitgebiete, die an Zählsprengel grenzen, die zu einem Lagezu-schlag berechtigen, weisen bessere Ausstattungszustände auf, als Gründerzeit-viertel in Binnenlage, die nur an Ihresgleichen angrenzen (vgl. Abbildung 45).

Der Einfluss der Nähe zur Zuschlagszone auf den Ausstattungszustand der Wohnung (von „sehr gut“ bis „unbenutzbar“) ist allerdings nicht signifikant.

Hypothesenprüfung 171

Abbildung 45: Besserer Wohnungszustand in GZV an der Grenze zu Zuschlagszonen Ein wissenschaftlich fundierter Beleg für die o.g. Hypothese, dass Vermieter in Zuschlagsfreien Zonen andere Zuschläge einpreisen, um eine etwaige zu hohe Miete zu rechtfertigen, kann nur durch eine empirische Felduntersuchung mit Erhebungen an konkreten, vermieteten Wohnungen erbracht werden. Auch frü-here Studien (Moser et al. 2002) belegen, dass aufgrund der überhöhten Mieten etwaige Zuschläge inhärent verrechnet werden müssten. Erwähnt wird dieser

„Zuschlag“ im Mietvertrag mit keiner Silbe.

7.5.3.1 Hedonisches Modell unter Berücksichtigung des mietrechtlichen Einflusses

Bisher hatte die Fragestellung stets gelautet, ob die im Altbau verlangte Miete den mietrechtlichen Beschränkungen entspricht. In diesem Kapitel soll jedoch der Einfluss des mietrechtlichen Regulativs und anderer preisbestimmender Strukturfaktoren auf die gesamte Miethöhe im Altbaubereich berechnet werden.

Dazu ist ein hedonisches Modell nötig, das im Stande ist, diese Faktoren „ceteris paribus“ zu interpretieren.

Der vorliegende Datensatz weist eine Reihe von Preis bestimmenden Fakto-ren auf, die der Literatur nach auch in andeFakto-ren hedonischen Mietpreismodellen (vgl. Brunauer et al., 2008; Feilmayr 2007) einen signifikanten Einfluss auf die Miete haben: Wohnungsgröße, Balkon/Terrasse/Loggia, Bezirk, Lift (in Zu-sammenhang mit Stockwerkszahl), Anwendbarkeit des Mietrechts, Lage im Gründerzeitviertel. Diese Faktoren wurden mit dem Logarithmus der Quadrat-metermiete (lg_miete_net_m) in Verhältnis gesetzt.

GZV im „Binnenland“ GZV Grenze Zuschlagszone

Tabelle 24: Mietrecht im hedonischen Modell, lineare Regression der Mietangebote

Zustand_Schulnote -,153 ,008 -,185 -18,640 ,000

Stockwerk ,015 ,001 ,121 10,928 ,000

Hypothesenprüfung 173

Model Summaryb

Model R R Square Adjusted R Square

Std. Error of the Estimate

1 ,647a ,419 ,416 ,27323

a. Predictors: (Constant), balc_logg_terr, plz1-22, year_veraend, Zu-stand_Schulnote, Stockwerk, MRG anwendbar (AB_NB), GZ_Viertel, b. Dependent Variable: ln_miete_net_m

Die Ergebnisse der linearen Regression sind in Tabelle 24 dargestellt. Die unabhängigen Variablen erklären 64,7 Prozent der Mietpreis-Varianzen. Signi-fikant sind insbesondere der Umstand, ob es sich um ein mietengeschütztes Ob-jekt handelt, was die erwartete Miethöhe um 10,3 Prozent reduziert. Das Faktum

„Gründerzeitviertel“ reduziert die erwartete Miete um 10,0 Prozent. Die Fakto-ren Lift (plus 4,7) und ein höheres Stockwerk (plus 12,1 Prozent) haben ebenso signifikanten Einfluss wie der angegebene Ausstattungszustand. Ist dieser um einen Grad schlechter, so reduziert das die erwartete Miete um 18,5 Prozent.

Die einzelnen Wiener Bezirke (mit dem 23. Bezirk als Basis) wurden be-wusst als Dummy Variablen geführt. Insbesondere die bereits mehrmals erwähn-ten beliebteserwähn-ten Bezirke, 1.-9. Bezirk, sowie 13., 18. Und 19. Bezirk wirken be-sonders stark auf die Miethöhe, und genau diese Dummys sind erwartungsge-mäß hoch signifikant.

7.5.4 Mieterselektion und soziodemographische