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4 Die Problematik freiliegender pn-Übergänge

4.6 Ergänzende Simulationen zur bifacialen POWER-Zelle

Aufgrund ihrer räumlichen Geometrie können POWER-Zellen quantitativ nur durch dreidi-mensionale Modelle simuliert werden. Dies ist mit der zur Zeit zur Verfügung stehenden Computerleistung nicht durchführbar (vgl. Fußnote 62, S. 100).

Es wurde ein zweidimensionales Modell entwickelt, daß die beiden wichtigsten Eigenschaften der bifacialen POWER-Zelle, die makroskopische Texturierung und den beidseitigen Emitter, berücksichtigt. Durch den Vergleich mit einer flachen Referenzzelle kann das Verständnis des qualitativen Verhaltens der bifacialen POWER-Zelle verbessert werden.

Nach Vorstellung der Modellannahmen und einer Betrachtung zur Aussagekraft der erhalte-nen Ergebnisse, werden die durch Variation einzelner Parameter erhalteerhalte-nen IV-Kennlinien dargestellt und die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen kurz erläutert.

4.6.1 Das zweidimensionale Modell der bifacialen POWER-Zelle

Das in Abbildung 4.23 dargestellte Modell der bifacialen POWER-Zelle besitzt sowohl auf der Front wie auf der Rückseite einen Emitter. Da Löcher in zwei Dimensionen nicht darstell-bar sind, wurden die beiden Emitter durch externe Kabel64 zwischen den front- und rückseiti-gen Gräben elektrisch leitend verbunden.

Allgemeine Modellannahmen:

Geometrie: Breite: 2mm (= Abstand zwische Kontaktfingern; dar-gestellt ist nur die halbe Einheitszelle mit Spiegelungs-achse rechts)

Zelldicke: 300µm

Gräbenbreite und –tiefe: 150µm x 150µm Emitter: 30Ω/sqr, 0,7µm tief, ND,peak = 1‚1020cm-3 Basisdotierung: 1,6‚1016cm-3 (ρ = 1Ωcm)

ORG: 1000cm/s

Bulkrekombination: Auger- und SRH-Rekombination, τ = 10µs Kontakte: Frontkontakt 100µm breit

Rückkontakt 300µm breit

schwaches BSF (0,5µm tief, NA = 5‚1018cm-3) Beleuchtung: AM 1.5g Spektrum, 1000W/m²

physikalische Modelle: wie in Kap. 4.4; vgl. Appendix 7.2

zusätzlich auch Augerrekombination berücksichtigt

64 Anmerkung für Simulationsinteressierte: Es genügt nicht, die beiden Emitter auf das gleiche elektrische Po-tential zu setzen, da das Simulationsprogramm DESSIS dadurch nur die Randbedingungen anpaßt, nicht jedoch von einem effektiven Stromfluß zwischen den beiden Emittern ausgeht.

4.6 ERGÄNZENDE SIMULATIONEN ZUR BIFACIALEN POWER-ZELLE 105 Was kann das Modell ?

Es berücksichtigt die erhöhte Einsammelwahrscheinlichkeit der POWER-Geometrie durch die makroskopische Texturierung und den beidseitigen Emitter. Es bezieht erhöhte Serienwider-stände aufgrund des verlängerten Emitters und des verringerten Basisvolumens ein. Es bein-haltet einen freiliegenden pn-Übergang und eine realistische Oberflächenrekombinationsge-schwindigkeit65.

Was kann das Modell nicht ?

Es berücksichtigt keine dreidimensionalen Effekte wie die senkrecht zueinander verlaufenden Gräben und Kontakte oder die Löcher. Der Verlust an Photonen aufgrund der Semitranspa-renz geht nicht in die Berechnungen ein. Auch Serienwiderstandsverluste im Kontaktgrid wurden nicht mit einbezogen. Daher ist es nicht in der Lage, absolute, quantitative Aussagen zu liefern. Die angegebenen Zellparameter sollen daher vor allem qualitative Tendenzen ver-deutlichen.

Abbildung 4.23: Zweidimen-sionales Modell der bifacialen POWER-Zelle. Es beinhaltet den beidseitigen , elektrisch verbundenen Emitter und die makroskopische Texturierung.

optische Generation 4‚1021cm-3

3‚1015cm-3

Abbildung 4.24:

Modell der fla-chen Referenz-zelle

4.6.2 Variation der Minoritätsladungsträger-Lebensdauer

Als erster Parameter wurde die Lebensdauer τ der Minoritätsladungsträger variiert.

Wie die aus den Kennlinien (Abbildung 4.25) resultierenden Kenndaten zeigen, erreicht die POWER-Zelle bei mittleren Lebensdauern τ = 1 – 10µs leicht höhere Wirkungsgrade als die monofaciale, flache Referenzzelle. Sie kann dabei von einer hohen Stromdichte durch die

65 Die in [Fath98] und [Zechner96] vorgestellten Simulationen zu POWER-Zellen berücksichtigen weder den Einfluß der freiliegenden pn-Übergänge noch den einer Rekombination an der Oberfläche. Da dieser, wie die experimentellen Ergebnisse zeigen, einen erheblichen Einfluß auf die Charakteristik von POWER-Zellen besitzt, werden z.T. abweichende Schlüsse gezogen. So wird beispielsweise die Stromsteigerung aufgrund der erhöhten Einsammelwahrscheinlichkeit berücksichtigt, der negative Einfluß der freiliegenden pn-Übergänge auf den Füllfaktor und die offene Klemmspannung hingegen ignoriert, wodurch sich zu hohe Wirkungsgrade ergeben.

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

Abbildung 4.25: Simulierte IV-Kennlinie von POWER- und Referenzzelle bei Variation der Lebensdauer der Minoritätsladungsträger.

verbesserte Einsammelwahrscheinlichkeit profitieren. Bei sehr langen oder kurzen Lebens-dauern fällt dieser Stromgewinn geringer aus, da bei langen LebensLebens-dauern auch die flache Zelle quasi alle generierten Ladungsträger einsammeln kann und bei kurzen Lebensdauern die Gräben der POWER-Zelle zu weit auseinander liegen, d.h. die Textur im Vergleich zur Diffu-sionslänge viel größer ist. Die offene Klemmspannung und der Füllfaktor der POWER-Zelle fällt aufgrund der erhöhten Rekombination an der vergrößerten Oberfläche und wor allem am freiliegenden pn-Übergang geringer aus als bei der flachen Referenz.

0.1 1 10 100

Abbildung 4.26: Vergleich der Zellparameter von bifacialen POWER-Zellen und fla-chen Referenzzellen in Abhängigkeit von der Lebensdauer der Minoritätsladungsträger.

4.6 ERGÄNZENDE SIMULATIONEN ZUR BIFACIALEN POWER-ZELLE 107 4.6.3 Variation der Basisdotierung

Die Variation der Basisdotierung (und damit des spezifischen Widerstandes ρ) führt bei PO-WER- und bei Referenzzellen zu ähnlichen Änderungen. Mit steigender Dotierung steigt die offene Klemmspannung aufgrund der höheren eingebauten Spannung („built-in“-Spannung, vgl. Fußnote 58, S. 89) an. Gleichzeitig sinkt die Kurzschlußstromdichte, was jedoch bei der POWER-Zelle aufgrund der hohen Einsammelwahrscheinlichkeit weniger ins Gewicht fällt.

Daher steigt mit sinkendem spezifischem Widerstand der Wirkungsgrad bei POWER-Zellen stärker als bei flachen Zellen an. Dabei wurde allerdings eine gleichbleibend gute Oberflä-chenpassivierung mit ORG = 1000cm/s angenommen. In der Realität gestaltet sich jedoch die Passivierung von stärker dotiertem Silizium schwieriger.

0.1 1

560 580 600 620 640

VOC [mV]

ρ [Ωcm]

0.1 1

30 32 34

JSC [mA/cm²]

ρ [Ωcm]

bifaciale POWER-Zelle monofaciale Referenz

0.1 1

77 78 79 80 81 82 83 84

FF [%]

ρ [Ωcm] 0.1 1

14 15 16 17

η [%]

ρ [Ωcm]

Abbildung 4.27: Vergleich der Zellparameter von bifacialen POWER-Zellen und flachen Referenzzellen in Abhängigkeit vom spezifischen Widerstand des Basismaterials.

4.6.4 Variation der Beleuchtung

Der Bifacialität Rechnung tragend, wurde das Verhalten bei verschiedenen Arten der Be-leuchtung simuliert. Die Zellen wurden jeweils von der Frontseite, der Rückseite oder von beiden Seiten mit einem AM 1.5g Spektrum beleuchtet.

Bei mittleren und hohen Lebensdauern der Minoritätsladungsträger (τ≳ 10µs, LD≳ 169µm) kann auch die flache Referenzzelle von rückseitig eingestrahltem Licht profitieren. Unter der

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

Abbildung 4.28: Simulierte IV-Kennlinie von POWER- und Referenzzelle bei Variation der Beleuchtung. Es wurde von vorne, von hinten oder von beiden Seiten ein AM 1,5g Spektrum eingestrahlt. Bei kurzen Lebensdauern τ kann die konventionelle Referenzzelle generierte La-dungsträger nicht mehr einsammeln.

Annahme einer guten Oberflächenpassivierung (ORG = 1000cm/s) können viele, nahe der Rückseite generierte Ladungsträger bis zum frontseitigen Emitter diffundieren. Bei kurzen Lebensdauern (τ = 1µs, LD =53µm) ist dies kaum noch möglich und die flache Zelle wird unsensibel für rückseitig eingestrahltes Licht. Die bifaciale POWER-Zelle kann hingegen durch ihren rückseitigen Emitter auch in diesem Fall die erzeugten Ladungsträger noch effizi-ent einsammeln.

bifaciale POWER-Zelle Abbildung 4.29: Vergleich der rückseiti-gen Wirkungsgrade der Referenzzelle und der bifacialen POWER-Zelle. Bei kurzen Lebensdauern der Minoritätsla-dungsträger kann nur die POWER-Zelle von rückseitig eingestrahltem Licht pro-fitieren.

4.6.5 Variation der ORG

Abschließend wurde der Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit-Parameter S0 variiert.

Bei der flachen Referenzzelle wirkt sich die Oberflächenrekombination hauptsächlich auf die Kurzschlußstromdichte aus und reduziert diese um bis zu 2,7mA/cm². Bei der POWER-Zelle kommt zusätzlich ein Spannungsabfall um bis zu 29mV und ein Füllfaktorverlust von bis zu 4,4% hinzu, so daß sich der Wirkungsgrad von 15,8% (bei S0 = 0cm/s) auf 13,0% (bei S0 = 107cm/s) reduziert (flache Zelle: 15,4% ⇒ 14,0%).

4.6 ERGÄNZENDE SIMULATIONEN ZUR BIFACIALEN POWER-ZELLE 109 Daß dieser zusätzliche Verlust vom freiliegenden pn-Übergang herrührt, zeigt eine Zusatzsi-mulation. Es wurde ausschließlich im 5µm großen Bereich des freiliegenden pn-Übergangs S0 = 0 gesetzt, wodurch der VOC- und FF-Verlust völlig verschwindet.

100 101 102 103 104 105 106 107 560

570 580 590

VOC [mV]

S0 [cm/s]

100 101 102 103 104 105 106 107 28

30 32 34

JSC [mA/cm²]

S0 [cm/s]

Referenzzelle

POW ER-Zelle, passivierter pn-Übergang POW ER-Zelle, unpassivierte pn-Übergang

100 101 102 103 104 105 106 107 76

77 78 79 80 81 82

FF [%]

S0 [cm/s]

100 101 102 103 104 105 106 107 13

14 15 16

η [%]

S0 [cm/s]

Abbildung 4.30: Vergleich der Zellparameter von bifacialen POWER-Zellen und flachen Referenzzellen in Abhängigkeit vom ORG-Parameter S0.

4.6.6 Zusammenfassung

Berücksichtigt man den Einfluß des freiliegenden pn-Übergangs, so können POWER-Zellen nur dann höhere Wirkungsgrade als konventionelle Zellen erreichen, sofern dieser sehr gut passiviert wird. Ansonsten wirkt der durch die erhöhte Einsammelwahrscheinlichkeit gestei-gerten Kurzschlußstromdichte eine reduzierte offene Klemmspannung und ein verringerter Füllfaktor entgegen.

Neben der Semitransparenz bietet das Konzept der POWER-Zelle die Möglichkeit, auch aus Silizium minderer Qualität, d.h. kurzer Lebensdauer der Minoritätsladungsträger, bifaciale Solarzellen herzustellen, die rückseitig einfallendes Licht effizient in Elektrizität umwandeln.

KAPITEL 5 HERSTELLUNG SPERRENDER, LOKAL DEFINIERTER PN-STRUKTUREN

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Kapitel 5