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4 Die Problematik freiliegender pn-Übergänge

4.4 Simulationen: freiliegende pn-Übergänge und IV-Charakteristiken

4.4.3 Einfluß der Grunddotierung N A und der Emitterdotierung N D

Nach einem kurzen Überblick über den generellen Einfluß der Grunddotierung NA und der Emitterdotierung ND auf die Zellcharakteristik, wird deren Wirkung speziell auf die Rekom-bination in der Raumladungszone an der Zelloberfläche analysiert. Dabei steht die Frage im Hintergrund, ob durch die gezielte Wahl eines Substrates geeigneter Grunddotierung oder Anwendung angepaßter Emitterdiffusionen die schädliche Steigerung in J02 verringert werden kann.

Die Grunddotierung NA der Basis und die Emitterdotierung ND einer Diode hat einen starken Einfluß auf deren IV-Charakteristik. Da bei Raumtemperatur quasi alle Dotanden ionisiert sind, gibt die Dotierung direkt die Dichte der freien Ladungsträger im Gleichgewichtszustand und damit die energetische Lage der Bänder innerhalb der Diode vor. So ist zum Beispiel die sogenannte built-in-Spannung Vbi des pn-Überganges, die ein oberes Limit für die erreichbare offene Klemmspannung einer Solarzelle darstellt, stark von NA und ND abhängig58 .

Desweiteren ist die Sättigungsstromdichte J01 direkt von der Dotierung abhängig (vgl.

Gleichung 3.1, S. 39). Anschaulich rührt dies daher, daß beispielsweise bei einer geringen Dotierung die Bandverbiegung am pn-Übergang geringer ist und daher bei der selben, äuße-ren Vorspannung in Durchlaßrichtung in eine schwach dotierte Region mehr Ladungsträger injiziert werden als in eine stark dotierte. Gleichung 4.1 folgend ist daher bei gleicher Le-bensdauer τ0 die Rekombinationsrate im schwach dotierten Bereich höher als im stark dotier-ten.

Einen entgegengesetzten Effekt erzeugt die Augerrekombination. Sie nimmt mit steigender Dotierung zu.

Speziell bei POWER-Zellen haben Untersuchungen von A.Boueke [Boueke00] ergeben, daß sich eine höhere Grunddotierung (spezifischer Widerstand des Substrates von ρ = 0,5Ωcm statt wie bei konventionellen Zellen ρ = 1,0Ωcm) positiv auf den Zellwirkungsgrad auswirkt.

Zu der oben beschriebenen Steigerung der built-in-Spannung und damit auch von VOC kommt noch die Verringerung des Serienwiderstandes in der Basis hinzu. Während dieser bei flachen Zellen kaum eine Rolle spielt, kann er bei POWER-Zellen aufgrund des stark ausgedünnten Bulks limitierend auf den Füllfaktor wirken.

58 built-in Spannung





= ln 2

i D A

bi n

N N q V kT

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

90

Im Rahmen dieser Untersuchung soll nun der Einfluß verschiedener Dotierungen auf die Re-kombination in der Raumladungszone an der Zelloberfläche analysiert werden. Dazu werden, wie in Kapitel 4.4.2 beschrieben, bis auf die Oberflächenrekombination alle sonstigen Re-kombinationsmechanismen abgeschaltet.

a) Variation der Grunddotierung NA

Abbildung 4.13 zeigt die Rekombinationsrate entlang der untersuchten Oberfläche für ver-schiedene NA bei einer äusseren, angelegten Spannung Ua = 0,3V. Mit sinkender Dotierung wird die RLZ breiter und verschiebt sich hin zur Seite der Basis. Die maximale Rekombinati-on im sweet spot ändert sich nicht. Die gesamte OberflächenrekombinatiRekombinati-on in der RLZ steigt und erhöht somit J02. Gleichzeitig nimmt auch die Oberflächenrekombination im quasineu-tralen Gebiet zu, was zu einer Erhöhung von J01 führt.

Abbildung 4.13: Scan der Ober-flächenrekombinationsrate Usurf entlang der untersuchten Ober-fläche für verschiedene Basis-dotierungen. Mit sinkender Dotierung wird die RLZ breiter und verschiebt sich hin zur Basis.

Abbildung 4.14 stellt den Beitrag des freiliegenden pn-Überganges zum Sättigungsstrom J02

in Abhängigkeit von der Basisdotierung dar. Er wurde mit der gleichen Methode wie in Ka-pitel 4.4.2 ermittelt, stellt aber im Grunde nicht anderes dar, als die Aufintegration der Ober-flächenrekombination aus Abbildung 4.13 über den Bereich der Raumladungszone.

Durch die mit sinkender Dotierung NA breiter werdende RLZ steigt dort die Gesamtrekombi-nation. Eine Reduzierung der Basisdotierung um eine Größenordnung hat eine Steigerung des Sättigungsstromes J02,pn-linie um den Faktor 3 zur Folge.

Im Gegensatz dazu verhält sich J01 umgekehrt proportional zu NA (vgl. Gleichung 3.1, S. 39 mit NA >> ND in der p-Basis). Eine Reduzierung von NA um eine Größenordnung führt zu einer Steigerung von J01 um den Faktor 10.

4.4 SIMULATIONEN: FREILIEGENDE PNBERGÄNGE UND IV-CHARAKTERISTIKEN 91

30/sqr Emitter mit Erfc-Profil und 1‚1020cm-3 Peak-doping, S0 = 1000cm/s

Die Basisdotierung besitzt also einen Einfluß auf J02, wenngleich einen geringeren als auf J01. Sie spielt nur dann eine Rolle, wenn J02 die IV-Charakteristik dominiert, d.h. im Falle eines sehr langen und vollkommen unpassivierten, freiliegenden pn-Überganges. Durch die Wahl eines niederohmigen Substrates kann J02 kaum mehr als halbiert werden.

b) Variation der Emitterdotierung ND

Während die Basisdotierung durchaus einen, wenngleich geringen Einfluß auf die Rekombi-nation in der Raumladungszone besitzt, ist der Einfluß der Emitterdotierung vernachlässigbar Abbildung 4.15 stellt die Oberflächenrekombinationsraten für zwei sehr unterschiedliche Emitter dar. Beide Emitter weisen ein Erfc-Dotierprofil und eine Tiefe der metallurgischen Junction von 0,7µm auf, unterscheiden sich jedoch in der Maximaldotierung ND,max von 1018 bzw. 1021cm-3 (700 bzw. 7Ω/sqr). Mit steigender Emitterdotierung verschiebt sich die Raum-ladungszone selbst bei diesen extrem verschiedenen Emittern nur minimal in Richtung der Basis. Die Breite der RLZ sowie die maximale Rekombination ändern sich kaum. Sie sind fast ausschließlich von der Basis- , nicht von der Emitterdotierung abhängig.

. Oberflächen-rekombinationsrate Usurf entlang der untersuchten Oberfläche für zwei verschiedene Emitterdotierungen.

Mit steigender Dotierung ND,max wird die RLZ minimal schmaler und verschiebt sich hin zur Basis.

Der Einfluß auf J02 ist vernachlä-ßigbar.

Annahmen: Emittertiefe = 0,7µm, Erfc-Dotierprofil, NA=1,5‚1016cm-3 S0 = 1000cm/s, Ua= 0,3V

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

92

4.4.4 Einfluß der festen Oberflächenladung Qf

Auf der Oberfläche von Solarzellen werden häufig Dielektrika wie Siliziumdioxid oder Sili-ziumnitrid abgeschieden, um die Oberflächenrekombination zu reduzieren. Aufgrund von freien Bindungen („dangling bonds“) sind diese Dielektrika meist positiv geladen. Die Ober-flächenladungsdichten liegen im Bereich von 1010 – 1012cm-2. Diese Oberflächenladungen üben eine Kraft auf die Ladungsträger im Halbleiter aus, führen zu einer Ladungsverschie-bung und bewirken so eine Bandverbiegung. In Abhängigkeit von der Ladungsdichte und der Basisdotierung wird unterhalb der p-Typ-Oberfläche eine Verarmungsschicht bzw. bei hoher Ladungsdichte eine Inversionsschicht erzeugt59.

Dieser Effekt ist seit langem bekannt und wird beispielsweise in der MIS60-Solarzelle (z.B.[Cheek81]) oder zur Passivierung von p-Typ-Oberflächen mittels sogenannter „induced floating junctions“ [Wenham94], elektrisch isolierter Inversionsschichten, angewendet.

Insbesondere im Falle der Rückseitenpassivierung von Hocheffizienz-Solarzellen wurde der Effekt von Oberflächenladungen intensiv untersucht [Robinson95].

In diesem Kapitel wird nun die Wirkung eines geladenen Dielektrikums für den Fall unter-sucht, daß sowohl p- wie auch n-Typ-Regionen an die selbe Oberfläche grenzen und sich so-mit ein freiliegender pn-Übergang ergibt.

Im Gegensatz zur rückseitigen p-Typ-Oberfläche, die die Zellcharakteristik vor allem unter der Voraussetzung hochwertigen Siliziums mit langen Minoritätsladungsträgerlebensdauern beeinflußt, reagiert die p-Typ-Oberfläche direkt neben einem freiliegenden pn-Übergang auch bei kürzeren Lebensdauern sehr empfindlich auf die Oberflächenpassivierung. Ladungsträger, die in die Basis injiziert wurden, müssen bei Zellen mit verschachtelten p- und n-Typ-Regionen nicht durch die gesamte Zelle hindurch bis zur rückseitigen Oberfläche diffundie-ren. Sie erreichen schon nach Distanzen, die kürzer als die in industrietypischem Material üblichen Diffusionlängen (LD <300µm) sind, eine neben einem freiliegenden pn-Übergang liegende p-Oberfläche und reagieren dementsprechend sensibel auf deren Passivierung.

Daher kommt der adäquaten Passivierung von p-Oberflächen bei Solarzellen mit verschach-telten p- und n-Typ-Bereichen eine besonders wichtige Rolle zu.

Bei den im folgenden vorzustellenden Simulationen wurde die Oberflächenladungsdichte Qf

variiert, während für die sonstigen Parameter die in Appendix 7.2 vorgestellten Standardwerte verwendet wurden. Die Oberflächenladung wurde als fix angenommen, eine injektionsabhän-gige Ladungsänderung der Störstellen wurde nicht betrachtet.

Mit steigender Oberflächenladungsdichte Qf tritt in der p-Typ-Schicht unterhalb des Dielek-trikums eine zunehmende Verarmung auf, d.h. die Dichte der Löcher nimmt ab, das Fermini-veau verschiebt sich in Richtung Bandmitte. Übersteigt Qf einen Grenzwert Qf,limit, der vor allem von der Basisdotierung abhängt, tritt die Inversion ein, d.h. innerhalb einer dünnen oberflächennahen Schicht wird die Bandverbiegung so stark, daß das Ferminiveau über die Bandmitte hinauswandert und dort die Elektronen zu Majoritätsladungsträgern werden. In dieser Studie wurde eine Basisdotierung von 1,6‚1016cm-3 angenommen (ρ = 1Ωcm), wodurch sich ein Qf,limit≈ 2‚1011cm-2 ergibt.

59 Eine Übersicht über den Einfluß von Oberflächenladungen auf die Bandstruktur findet sich beispielsweise bei [Sze85], S. 188ff.

60 MIS : Metal-Insulator-Semiconductor

4.4 SIMULATIONEN: FREILIEGENDE PNBERGÄNGE UND IV-CHARAKTERISTIKEN 93 Es werden im folgenden drei Effekte im Detail erklärt:

a) Risiko einer Kurzschlußbildung durch den Inversionskanal

Es ist bei der Herstellung monofacialer POWER-Zellen mehrfach aufgetreten, daß auf fertig-gestellte Zellen ein PECVD-Siliziumnitrid auf die Rückseite abgeschieden wurde, um diese zu passivieren und damit den Zellwirkungsgrad zu steigern. Überraschenderweise wiesen die Zellen daraufhin Spannungs- und Füllfaktorverluste auf, verbunden mit starken Shunts [Bou-eke99]. Ein ähnliches Verhalten zeigten EWT-Solarzellen, auf die nachträglich, rückseitig ein Nitrid abgeschieden wurde [Kress99].

Dieser Effekt läßt sich mit der oben erläuterten Bildung eines Inversionskanals erklären. Das verwendete PECVD-Siliziumnitrid besitzt eine sehr hohe Oberflächenladungsdichte [Bit-nar98], die zur Bildung des Inversionskanals (siehe Abbildung 4.16) ausreicht. Die Inversion bricht im Bereich des BSF aufgrund der dort erhöhten Ladungsträgerdichte zusammen. Das in diesem Fall verwendete siebgedruckte Aluminium bildet jedoch kein homogenes BSF. Der gleiche Effekt, der in Kapitel 5.1 beschrieben wird und dafür verantwortlich ist, daß mit ei-nem konventionellen BSF kein sperrender p+n+-Übergang erzeugt werden kann, führt in die-sem Fall dazu, daß es zu Kurzschlüssen vom Rückkontakt über das BSF hin zum Inversions-kanal kommt. Dadurch entsteht eine leitende Verbindung vom Rück- zum Frontkontakt; die Zelle ist kurzgeschlossen.

Mit der in Kapitel 5.3 beschriebenen Herstellung sperrender p+n+-Übergänge durch Al-P-Kodiffusion sollten diese Probleme nicht mehr auftreten61.

Der für monofaciale POWER-Zellen erwähnte Spannungsverlust kommt dadurch zustande, daß bei bestimmten Herstellungsverfahren dieses Zelltyps der Sägeschaden in den Gräben auf der Zellrückseite nicht entfernt wird. Verläuft nun der Inversions- oder Verarmungskanal durch eine solche, geschädigte Region, kommt es aufgrund der dort sehr kurzen Ladungsträ-gerlebensdauern zu einer stark erhöhten Rekombination in dem verlängerten pn-Übergang.

Dies hat eine Erhöhung des Sättigungsstromes J0 und letztendlich eine Verringerung der offe-nen Klemmspannung zur Folge.

geladenes D ielektrikum

induzierter pn-Übergang Inversionsschicht B

S F

R isiko eines Kurzschlusses

Rückkontakt

Frontkontakt

metallurgischer pn-Übergang

Abbildung 4.16: Schema der simulierten Diode. Eine hohe Oberflächenladungs-dichte Qf > Qf,limit führt zur Bildung eines Inversionskanals, der den pn-Übergang verlängert. Dargestellt ist die SRH-Rekombinationsrate, die im Bereich des er-weiterten (= metallurgischern + induzierten) pn-Übergangs maximal (=rot) ist. . Die Rückmetallisierung sollte nur das BSF kontaktieren, ein Kontakt zum Inversions-kanal führt zur Kurzschlußbildung.

61 Diesbezügliche Untersuchungen werden zur Zeit von K. Faika an der Universität Konstanz durchgeführt.

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

94

Beim Einsatz eines stark geladenen Dielektrikums zur Oberflächenpassivierung muß sowohl eine elektrische Isolation zwischen dem induzierten Inversionskanal und dem Rückkontakt sichergestellt sein, wie auch eine Schädigung (z.B. Säge-, Plasma- oder Laserschaden) der Bereiche unterhalb der geladenen Oberfläche vermieden werden.

b) Verlängerung des effektiven pn-Überganges durch einen Inversionskanal

Abbildung 4.16 zeigt ein Schema der simulierten Diode für den Fall Qf > Qf,limit. Der Inver-sionskanal grenzt an den metallurgischen pn-Übergang und verlängert damit den effektiven pn-Übergang.

In der realen Solarzelle hängt der Betrag dieser Verlängerung von der Geometrie, d.h. vom Abstand zwischen dem metallurgischen pn-Übergang und dem BSF ab. Beispielsweise kann in monofacialen POWER-Zellen der beschriebene Effekt zu einer Verdoppelung der pn-Übergangsfläche führen. Der Inversionskanal kann den frontseitigen Emitter hin zum, auf der Rückseite verlaufenden BSF verlängern. Die Zelle würde also in der Tat bifacial werden, al-lerdings hat der Inversionskanal eine zu geringe Leitfähigkeit, wodurch es zu Serienwider-standsproblemen kommen würde. Es erklärt sich hieraus aber schon direkt, daß der beschrie-bene Effekt bei bifacialen Zellen eine geringere Rolle spielt, da in diesem Falle der diffun-dierte Emitter sehr nahe an das BSF heranreicht.

Abbildung 4.17 zeigt die simulierte Dunkel-IV-Charakteristik der untersuchten Diode für den Fall unterschiedlicher Oberflächenladungsdichten. Bei verschwindender Oberflächenrekom-bination S0 = 0cm/s (offene Symbole in Abbildung 4.17) läßt sich bei einer hohen Ladungs-dichte Qf eine leichte Erhöhung der Stromdichte im Bereich niedriger Spannungen feststellen.

Sie erklärt sich aufgrund der zuvor beschriebenen Verlängerung des pn-Übergangs durch die Inversionsschicht. Bei der gewählten Geometrie ist die Inversionsschicht etwa gleich lang wie der metallurgische pn-Übergang. In Abbildung 4.17 läßt sich gut die Verdoppelung der Stromdichte bei kleinen Spannungen erkennen. Bei höheren Spannungen überwiegt die Re-kombination im Bulk außerhalb der RLZ, die durch die Oberflächenladung nicht beeinflußt wird.

Der Effekt der effektiven Verlängerung des pn-Überganges tritt nur bei sehr hohen Oberflä-chenladungsdichten Qf > Qf,limitauf. Er führt maximal zu einer Verdopplung des Bulk-Anteils von J02. Eine hohe Diffusionslänge im Bereich des Inversionskanals vorausgesetzt (d.h. kein Sägeschaden oder ähnliches), spielt er für die Zellcharakteristik eine untergeordnete Rolle.

c) Bildung von „Humps“ in der IV-Kennlinie

Im folgenden soll der realistische Fall nicht-verschwindender Oberflächenrekombination mit S0 = 1000cm/s betrachtet werden, in dem die Oberflächenladungen stark an Einfluß auf die Zellcharakteristik gewinnen.

Zunächst erkennt man in Abbildung 4.17, daß die Stromdichte im Vergleich zu S0=0 stark ansteigt, wodurch erneut bestätigt wird, daß die simulierte Diode von der Oberflächenrekom-bination dominiert wird.

Bei 0 < Qf < Qf,limit ist die Region unterhalb der geladenen Oberfläche verarmt. Die IV-Kennlinie weist für diese Ladungsdichten markante Buckel, sogenannte Humps, auf, die sich

4.4 SIMULATIONEN: FREILIEGENDE PNBERGÄNGE UND IV-CHARAKTERISTIKEN 95 mit steigender Ladungsdichte zu kleineren Spannungen verschieben. Durch die Abflachung der IV-Kurve an der rechten Flanke dieser Humps entstehen beim Idealitätsfaktor n(U) Peaks mit n >> 2 (vgl. Abbildung 4.18).

Für höhere Oberflächenladungsdichten Qf > Qf,limit verschwinden diese Humps und die Stromdichte liegt sogar deutlich unterhalb der für den ungeladenen Fall.

0.0 0.2 0.4 0.6

Abbildung 4.17: Simulierte Dunkel-IV-Kurve für den Fall unterschiedlicher Oberflächenla-dungsdichten Qf. Die Humps entstehen aufgrund eines Übergangs von p- zu n-Typ-Verhalten in der verarmten Zone unterhalb der geladenen Oberlfläche (siehe Text).

0.2 0.4 0.6

Abbildung 4.18: spannungsabhängige Idealitätsfaktoren n für verschiedene Oberflächenla-dungsdichten Qf. Durch den Übergang von p- zu n-Typ-Verhalten flacht sich die IV-Kurve ab (vgl. Abbildung 4.17), was zu Peaks mit n >> 2 in der n(U)-Kurve führt.

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

96

Es sollen nun die physikalischen Vorgänge, die zu diesen Humps führen im Detail erklärt werden. Dazu werden zuerst die Oberflächenrekombinationsraten Usurf in Abhängigkeit von der angelegten Spannung und damit in Abhängigkeit von der Ladungsträgerinjektion für den Fall unterschiedlicher Oberflächenladungsdichten Qf (⇒ Flachband-, Verarmungs- und Inver-sionsfall) betrachtet. Da die Simulationszelle von der Oberfläche dominiert ist, kann mit Hilfe dieser Oberflächenrekombinationsraten das Auftreten der Humps erklärt werden. Um sie bes-ser interpretieren zu können werden zusätzlich die Bandschemata für unterschiedliche ange-legte Spannungen und die daraus resultierenden Ladungsträgerdichten ns, ps an der zu unter-suchenden Oberfläche dargestellt.

i) Flachbandfall, Qf = 0cm-2

Im Flachbandfall unterscheidet sich das qualitative Verhalten an der Oberfläche nicht von dem im Bulk. Bei geringen Spannungen dominiert die Rekombination in der Raumladungs-zone des metallurgischen pn-Übergangs, da dort gleiche Ladungsträgerdichten herrschen, ns ≈ ps, und in der quasineutralen Basisregion ps >> ns gilt (vgl.Gleichung 4.8).

Mit steigender angelegter Spannung vermindert sich der Potentialsprung am (metallurgi-schen) pn-Übergang. Das Quasiferminiveau Φe der Elektronen verschiebt sich in Richtung des Leitungsbandes. Es erhöht sich die Ladungsträgerinjektion in die quasineutralen Regio-nen außerhalb der RLZ und die dortige Rekombination nimmt zu. Damit vermindert sich der Einfluß der Rekombination in der RLZ, ausgedrückt durch den mit steigender Spannung klei-ner werdenden Peak der Oberflächenrekombinationsrate in der RLZ.

Im Flachbandfall liegt die Ladungsträgerdichte der Elektronen an der Oberfläche der Basis immer unterhalb der der Löcher (p-Typ-Verhalten der Basis).

Bei sehr hohen Spannungen herrscht überall in der Basis die gleiche Rekombinationrate („Hochinjektionsfall“).

Oberflächenrekombinationsrate [cm-2s-1]

Bandschemata an der Oberfläche

Ladungsträgerdichten ns, ps an der Oberfläche [cm-2]

Spannung U fällt am metal-lurgischen pn-Übergang ab

Abbildung 4.19: Simulierte Oberflächenrekombinationsrate Usurf , Bandschemata (mit Quasifermini-veaus Φe und Φh) und Ladungsträgerdichten entlang der untersuchten Oberfläche im Flachbandfall (Qf = 0cm-2) für verschiedene angelegte Spannungen U.

Der sweet spot (ns = ps) befindet sich am metallurgischen pn-Übergang. Dort weist die Oberflächen-rekombinationsrate ein Maximum auf, welches mit steigender Spannung jedoch nur halb so schnell wächst (⇒ Idealität n = 2) wie die Rekombinationsrate im quasi-neutralen Gebiet (n = 1).

4.4 SIMULATIONEN: FREILIEGENDE PNBERGÄNGE UND IV-CHARAKTERISTIKEN 97 ii) Inversionsfall, Qf > Qf,limit

Durch eine hohe, positive Oberflächenladungsdichte Qf > Qf,limit = 2‚1011cm-2 werden so viele Elektronen in eine dünne Schicht unterhalb der Oberfläche gezogen, daß diese dort zu Majo-ritätsladungsträgern werden. Die sogenannte Inversionsschicht bildet sich (vgl. Abbildung 4.16).

Im entsprechenden Bandschema erkennt man, daß sich das Quasiferminiveau der Elektronen an der Oberfläche in die Nähe des Leitungsbandes verschoben hat (⇒ n-Typ-Verhalten der invertierten Basis). Die angelegte Spannung fällt nun nicht mehr am metallurgischen pn-Übergang sondern am pn-Übergang vom Inversionskanal hin zum BSF (wo die Inversion auf-grund der höheren Majoritätsladungsträgerdichte zusammenbricht) ab. Folglich findet sich dort auch die oberflächennahe RLZ („induzierter pn-Übergang“) mit der, die Zelle bei gerin-gen Spannungerin-gen dominierenden, Rekombination.

Aufgrund der passivierenden Eigenschaft der Inversionsschicht ist die Gesamtrekombination an der Oberfläche bei einer gegebenen Spannung kleiner als im Flachbandfall. Dies erklärt den verminderten Dunkelstrom in Abbildung 4.17.

Oberflächenrekombinationsrate [cm-2s-1]

Bandschemata an der Oberfläche

Ladungsträgerdichten ns, ps an der Oberfläche [cm-2]

Spannung U fällt am indu-zierten pn-Übergang ab

Abbildung 4.20: Simulierte Oberflächenrekombinationsrate, Bandschemata und Ladungsträgerdich-ten entlang der untersuchLadungsträgerdich-ten Oberfläche im Inversionsfall (Qf = 5‚1011cm-2) für verschiedene ange-legte Spannungen.

Der sweet spot (ns = ps) befindet sich am induzierten pn-Übergang (Übergang vom Inversionskanal zum BSF). Dort weist die Oberflächenrekombinationsrate ein Maximum auf.

iii) Verarmungsfall, 0 < Qf < Qf,limit

Der interessanteste und gleichzeitig komplizierteste Sachverhalt stellt sich im Verarmungsfall bei mittleren Oberflächenladungsdichten 0 < Qf < Qf,limit ein. Elektronen werden an die Ober-fläche gezogen, allerdings nicht genügend, um zu einer Inversionsschicht zu führen.

Im Bandschema (Abbildung 4.21) erkennt man, daß im Kurzschlußfall (U = 0V) das Fermini-veau (bei U = 0V gilt: Φh = Φe = EF) nur noch knapp unterhalb der Bandmitte liegt. Die ver-armte, oberflächennahe Region weist noch p-Typ-Verhalten auf (ps > ns). Der Potentialsprung

KAPITEL 4 DIE PROBLEMATIK FREILIEGENDER PNBERGÄNGE

98

am metallurgischen pn-Übergang ist nur geringfügig größer als der am pp+-Übergang zwi-schen Basis und BSF.

Mit steigender, angelegter Spannung U wandert nun das Quasiferminiveau Φe der Elektronen in Richtung des Leitungsbandes, U fällt hauptsächlich am metallurgischen pn-Übergang ab.

Bei einer bestimmten, vom Grad der Verarmung (und damit von Qf) abhängigen Spannung (in unserem Beispiel bei U = 580mV) hat sich Φe soweit verschoben, daß der energetische Ab-stand von Φe zum Leitungsband gleich groß, wie der Abstand von Φp zum Valenzband ist (d.h. EC - Φe = Φp - EV). Entsprechend ist die Rekombination wegen der nun gleich großen Ladungsträgerdichten ns = ps (für ein durch die Spannung vorgegebenes Produkt ns‚ps) ma-ximal (da in Gleichung 4.8 der Nenner minimal wird) und entlang der gesamten p-Typ-Oberfläche gleich groß.

Bei weiter steigender Spannung rückt Φe weiter Richtung Leitungsband. Die Dichte der Elektronen nimmt weiter zu und überwiegt nun die Dichte der Löcher, ns > ps. Innerhalb der ursprünglichen Verarmungsschicht werden Elektronen zu Majoritätsladungsträgern.

Obwohl das Produkt ns‚ps weiterhin mit der Spannung exponentiell ansteigt, erhöht sich die Rekombinationsrate nicht ebenfalls exponentiell, da der Nenner in Gleichung 4.8 (der im we-sentlichen von der Summe ns + ps abhängt) wieder anwächst. Hierdurch läßt sich der Hump in der Dunkelkennlinie (Abbildung 4.17) verstehen. Außerdem fällt die angelegte Spannung nun auch am ursprünglichen pp+-Übergang ab. Auffällig ist, daß der Peak der Rekombination in der RLZ zunächst am metallurgischen pn-Übergang liegt und dann bei steigender Spannung

Obwohl das Produkt ns‚ps weiterhin mit der Spannung exponentiell ansteigt, erhöht sich die Rekombinationsrate nicht ebenfalls exponentiell, da der Nenner in Gleichung 4.8 (der im we-sentlichen von der Summe ns + ps abhängt) wieder anwächst. Hierdurch läßt sich der Hump in der Dunkelkennlinie (Abbildung 4.17) verstehen. Außerdem fällt die angelegte Spannung nun auch am ursprünglichen pp+-Übergang ab. Auffällig ist, daß der Peak der Rekombination in der RLZ zunächst am metallurgischen pn-Übergang liegt und dann bei steigender Spannung