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Ergänzende organisatorische und technologische Ansätze

5  Technologie-UseCase-Matrix

5.2   Ergänzende organisatorische und technologische Ansätze

Neben den Antriebs- und Fahrzeugtechnologien, deren Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen im Straßengüterverkehr den Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung bildet, gibt es weitere technologische, verkehrspolitische, ökonomische und organisatorische Ansätze, die zu Verän-derungen im Schadstoffausstoß führen. Nachfolgend werden die aus aktueller Sicht relevanten Themen und Trends aus dem Bereich Logistik vorgestellt.

5.2.1 City Logistik / Smart Urban Logistics

City Logistik bzw. Smart Urban Logistics umfasst die optimierte Versorgung städtischen Agglomerationen mit Waren, sowohl im ökonomischen als auch im ökologischen Sinn. Die Konsolidierung von Waren in Güterverkehrszentren am Stadtrand, ihre gebündelte Auslieferung, die Verwendung von aktiver Mobilität bei der städtischen Versorgung, der Einsatz alternativer Antriebe und/oder alternativer Kraftstoffe, die Feinverteilung mithilfe von innerstädtischen Umschlagspunkten wie Mikro Depots, neue Konzepte der Warenübergabe, digitale und intelligente Verkehrssteuerung, neue Flächennutzung u.a.m. sind Konzepte der City Logistik.

Je nach Ausgestaltung der City Logistik Konzepte können diese neben positiven Effekten wie Kosten- und Zeitersparnis, erhöhter Standortattraktivität oder flexibleren Anfahrtszeiten, zu

 einer Verringerung der Anzahl und/oder Länge der Lkw-Fahrten und somit einer Gesamtsenkung des Verkehrsaufkommens und der Umweltbelastung und somit zu

 einer Verbesserung des Verkehrsflusses und

 einer geringeren Flächennutzung im öffentlichen Raum beim ruhenden Verkehr,

 kürzeren Wartezeiten und Senkung der Lagerflächen bei Einzelhandel-/ Dienstleistungs-unternehmen durch effektive Abstimmung und Steuerung von Lieferungen,

 einer Vermeidung/Verringerung von Staubildung und in weiterer Folge zur Abnahme weiterer negativer externer Effekte führen (z.B. lokale Schadstoffe, Lärm, etc.). [21]

Gemeinsames Ziel von einzelnen City-Logistik-Maßnahmen, welche häufig auch in Kombination zum Einsatz kommen, ist die verbesserte Abwicklung des urbanen Güterverkehrs, eine effiziente Nutzung der verfügbaren Infrastrukturen und die Reduktion von Verkehrsaufkommen und Emissionen. Die wachsenden Anforderungen an die Versorgungsqualität gilt es dabei entsprechend zu berücksichtigen.

5.2.2 Neue Umschlagstechnologien

Bei der Nutzung der Verkehrsträger Schiene und Straße im Kombinierten Verkehr (KV) können die umweltschonende Transportweise der Eisenbahn mit der Flexibilität des Lkw-Transportes verknüpft werden.

Die im Straßengüterverkehr hauptsächlich eingesetzten Trailer sind nach Marktangaben jedoch zu 90 % nicht ohne Weiteres im KV einsetzbar. [22] Diese Aussage für Deutschland kann aufgrund der Ähnlichkeit der Märkte wahrscheinlich auch auf Österreich umgelegt werden.

Aus diesem Grund haben diverse Anbieter in den vergangenen Jahren Umschlagtechniken entwickelt, mit denen auch nicht-kranfähige Trailer von der Straße auf die Schiene umgesetzt werden können. Beispiele dafür sind u.a. die horizontalen Umschlagsysteme wie der Cargobeamer, ein System der gleichnamigen Gesellschaft aus Leipzig, bestehend aus Waggonaufsatz und Terminalmodul, der Container Mover des Anbieters Innovatrain aus der Schweiz oder der Mobiler, ein System bestehend aus einer hydraulischen Hubvorrichtung für beliebige Trägerfahrzeuge. Das Konzept „Mobiler-Behälter“ ist laut der Railcargo-Group (Österreich) mittlerweile knapp 1.000fach in Europa im Einsatz. [22]

5.2.3 Kombination Personen- (PV) und Güterverkehr (GV)

Die Fahrzeuge des privaten Personenverkehrs und die des gewerblichen Personen- und Güterverkehrs teilen sich die Straßeninfrastruktur, was zu gewissen Zeiten oder bei einge-schränktem Flächenangebot zu Engpässen und Nutzungskonflikten führen kann. Die Aufhebung dieser Trennung könnte zu einer besseren Auslastung des Transportvolumens und somit einer Senkung der Fahrten und/oder der Anzahl der Fahrzeuge beitragen.

Beispiele, bei denen im privaten Personenverkehr Güter transportiert werden, existieren in kleinem Ausmaß bereits. Dabei können Privatpersonen im Sinne der “Sharing Economy” Transporte für andere übernehmen, indem sie den leeren Stauraum ihrer Pkws nutzen. Transportiert werden kann alles, vom Schlüssel bis zum Sperrgut.

Auch im öffentlichen Verkehr wird die Idee aufgegriffen: In Zürich kommt seit Jahren eine Cargo-Tram für Sperrmülltransporte zum Einsatz. In Saint-Étienne in Frankreich nutzt man ausrangierte Trams als Güterbahnen. Moskau setzt die U-Bahn für die rasche Paketzustellung ein. In Österreich finden sich ähnliche Ansätze nur bei Testanwendungen: Ein Pilotprojekt mit Gütertransporten in Straßenbahnen in Wien wurde nach Projektende nicht weitergeführt, und immer wieder adressieren (Forschungs-)Projekte diese Thematik zur Verschneidung von Personen- und Güterverkehr, speziell in urbanen Gebieten.

Jedoch auch außerhalb des Stadtverkehrs werden Personen- und Güterverkehr verschränkt: die Mitnahme von Gütern im Personenverkehr von Bus- [23], Zug- oder Flugunternehmen sind Beispiele dafür.

Tragfähige und nachhaltige Konzepte, die eine relevante Auswirkung auf die Strukturen im Güterverkehr darstellen sind jedoch aus heutiger Sicht noch nicht bekannt oder absehbar.

Evaluierungen von Pilotprojekten (Güterbim in Frankfurt [24]) oder Plattformen, die ein Pkw-Raumsharing zur Mitnahme von Paketen unterstützen (z.B. checkrobin [25]) zeigen auf, wieviel im Pilotzeitraum oder während eines Jahres an CO2 eingespart werden konnte. Fundierte Analysen über die Potenziale solcher Systeme bei einem verbreiteten Einsatz gibt es jedoch nicht. Die meisten Möglichkeiten, Personenverkehrsmittel auch für den Güterverkehr einzusetzen sind jedoch in ihrer Anwendung räumlich und/oder bezüglich der Güterarten sowie hinsichtlich der Integration in die Transportlogistik eingeschränkt. Daher ist bei diesem ergänzenden Ansatz mit einem sehr geringen Potenzial zur Reduktion der Fahrleistung zu rechnen und wird daher nicht in die Berechnungen mit aufgenommen

5.2.4 Verkehrssteuerung und -leitung

Technologien der Verkehrssteuerung und -leitung werden zugunsten einer nachhaltigen Verkehrs-politik zu folgenden Zwecken angewandt:

1. Optimierte Nutzung vorhandener Verkehrskapazitäten und gleichzeitige Sicherstellung einer effizienten Verkehrsabwicklung

2. Erhöhung der Verkehrssicherheit

3. Förderung des intermodalen und multimodalen Verhaltens der Verkehrsteilnehmenden 4. Verminderung der Umweltbelastung und Komfortsteigerung [26].

Logistiker nutzen Verkehrstelematik, um Beladung und Tourenplanung transparenter, effizienter und flexibler zu gestalten. Jedoch ist sie auch für die Politik ein Instrument, um Verkehrszu sowie -abflüsse verkehrsabhängig und umweltverträglich zu regeln. Dabei kann mit ordnungs- und preis-politischen Parametern direkt Einfluss auf die Verkehrsnachfrage genommen und verkehrs-trägerübergreifenden Konzepten ein Vorrang eingeräumt werden [27].

5.2.5 Physical Internet

Physical Internet ist ein Konzept für ein optimiertes, standardisiertes weltweites Güter-Transportsystem nach der Idee des digitalen Internets. Entgegen der heutigen Vorgehensweise, bei der ein einzelner Transportdienstleister meist Waren über große Distanzen transportiert, setzt die Idee des Physical Internet auf fragmentierte, anbieterunabhängige Transporte in einem optimierten, weltweit standardisierten Güter-Transportsystem. [28]

Dementsprechend soll auch in der Logistik autonome Steuerungstechnologie zum Einsatz kommen, die Güter den insgesamt effizientesten Weg nehmen lässt, diese konsolidiert und mit den ge-eignetsten Verkehrsträgern transportiert. Die Optimierung des Gesamtsystems steht im Fokus, auch wenn einzelne individuelle Lieferungen dabei nicht den schnellsten oder kürzesten Weg nehmen.

Das Ziel ist eine deutlich effizientere Auslastung der Transportwege, die sowohl aus ökonomischen (kürzere Transportzeiten, weniger Personalkosten) als auch aus ökologischen Gesichtspunkten (weniger Verkehr, weniger CO2-Ausstoß) spürbare Vorteile bringen soll.[28]

Für das Physical Internet stellt die anbieter-, branchen- und grenzüberschreitende Standardisierung die größte Herausforderung dar. [28]

Aus diesem Grund wurde neben anderen Initiativen ein von der Industrie geleitetes Stakeholder-Forum, die europäische Technologieplattform ALICE, eingerichtet, in der eine umfassende Strategie für Forschung, Innovation und Markteinführung von Innovationen im Bereich Logistik und Liefer-kettenmanagement in Europa entwickelt wird. Das Physical Internet ist dabei das Konzept zur Erreichung der Umwelt-, Energie- und Klimaziele der EU im Logistikbereich bis 2050.

5.2.6 Platooning

Beim Platooning werden mehrere Lkw elektronisch miteinander verbunden, um in Echtzeit zu kommunizieren. Wenn die Fahrzeuge in einem Konvoi betrieben werden, kann das Führungs-fahrzeug sein Fahrverhalten auf die anderen übertragen. So ist der Konvoi im Stande, Manöver wie Beschleunigen und Bremsen für alle Fahrzeuge synchron zu vollziehen. Durch diese Technologie können Lkw ohne Gefahr in einem Abstand von wenigen Metern hintereinanderfahren und ihren Luftwiderstand wesentlich verringern. Außerdem ist es den Fahrzeugen möglich, durch auto-matisierte Systeme vorausschauender auf Verkehrssituationen und topographische Gegebenheiten zu reagieren und so weiter Kraftstoff einzusparen. [29]

Aktuell fehlt es noch an einem unabhängigen Protokoll, mit dem es möglich wird, Kolonnen von Lkw verschiedener Hersteller zu bilden - bislang entwickelt jeder Hersteller eigene Systeme zur digitalen Kopplung der Fahrzeuge. Die Gefahr von Hackerangriffen ist eine weitere Herausforderung. Die schwierigste Hürde ist jedoch im rechtlichen Bereich zu finden: Bei Haftung, Datenschutz, Arbeitsrecht und anderen Rechtsbereichen sind noch wesentliche Fragen offen.

Trotz des hohen Automatisierungsgrads werden die Lkw kurz- und mittelfristig weiterhin mit Fahrern besetzt sein, die das Steuer jederzeit wieder übernehmen können. Das langfristige Ziel besteht jedoch darin das Platooning weitgehend autonom zu gestalten. [29]

5.2.7 Autonomes Fahren

Hoch- und vollautomatisierte Fahrzeuge können frei navigieren, sie sind situations- und infra-strukturunabhängig. Vollautomatisierte Systeme kommen ohne Fahrer aus. Es werden nicht nur Aktivitäten auf der Navigationsebene vom Fahrroboter mit übernommen, sondern auch diejenigen Aktivitäten, die notwendig sind, um das System wieder in einen risikominimalen Zustand zu versetzen, wenn Komponenten ausfallen. [30]

Das autonome bzw. fahrerlose Fahren ist der Endpunkt einer Entwicklung, die aktuell im Gang ist.

Allerdings wird der Anteil von autonomen Neufahrzeugen im Pkw-Bereich im Jahr 2030 auf unter 10 % geschätzt. Erst bis 2040 wird er auf 10 bis zu 20 % ansteigen. [31] Im Lkw-Segment wird davon ausgegangen, dass rund 10 % der leichten Nutzfahrzeuge und 20 % der schweren Nutzfahrzeuge im Jahr 2030 autonom betrieben werden. [32]

Automatisiertes Fahren kann die vorhandenen Straßeninfrastrukturkapazität wesentlich erhöhen und durch geringeren Treibstoffverbrauch einen Beitrag zum Klimaziel leisten. Allerdings ist die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber vollautomatisierten Systemen begrenzt, auch rechtliche Frage sind noch zu klären.