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Das enzephalitogene Potenzial der migratorischen T MBP- MBP-GFP Zellen ist erhöht

2 Material und Methoden

3.3.7 Das enzephalitogene Potenzial der migratorischen T MBP- MBP-GFP Zellen ist erhöht

Ein Merkmal der tEAE in der Lewis Ratte ist die drei bis vier Tage dauernde Prodromalphase vor Einsetzen klinischer Symptome, un-abhängig von der Anzahl der transferierten Blasten (Abb. 2). Beim Transfer migratorischer TMBP-GFP Zellen hingegen zeigte sich eine deutliche Verkürzung dieser Latenzphase (Abb. 22). Bereits ab 24 Stunden nach der Injektion migratorischer TMBP-GFP Zellen kam es zu einem deutlichen Gewichtsverlust der Tiere und nach weiteren 24 Stunden traten charakteristische Lähmungserscheinungen auf. Dage-gen entwickelten die Tiere der Kontrollgruppe, welche migratorische TOVA-GFP Zellen erhalten hatten, keine klinische Symptomatik. Da die hier gezeigte Grafik einen klinischen Verlauf p.t. von 11x106 migratorischen MBP spezifischen T-Zellen zeigt, ist zu erläutern, dass migratorische TMBP-GFP Zellen in einer Dosierung von 0,4x106 bis 12x106 eine gleichartige Kinetik und Symptomatik auslösten. Der vorzeitige Krankheitseintritt ist nicht durch die erhöhte Zellzahl be-dingt. Eine Vervielfachung der infundierten TMBP-GFP Zellblasten kann die präklinische Phase nicht unter drei Tage verringern, son-dern wirkt sich lediglich auf die Schwere der Erkrankung aus. Diese Daten belegen, dass migratorische TMBP-GFP Zellen in der Lage sind, das obligatorische präklinische Intervall um 1 bis 2 Tage zu verkür-zen.

Beim Transfer der migratorischen T-Zellen wurde neben den spezifi-schen TGFP Zellen ein Teil der Splenozyten mitinjiziert (siehe 2.2.1.4). Um einen möglichen Effekt auf den Verlauf der EAE aus-zuschließen wurde ein Transfer von TMBP-GFP Blasten mit einem Transfer migratorischer TOVA-GFP Zellen kombiniert. Die Kontroll-gruppe erhielt dagegen ausschließlich TMBP-GFP Blasten. Beide Grup-pen wiesen einen identischen Krankheitsbeginn auf, was darauf hin-weist, dass Milzzellen alleine nicht die Länge des präklinischen In-tervalls beeinflussen können (Abb. 23).

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Diese Ergebnisse wurden durch echtzeitmikroskopische Untersu-chungen gestützt. Dazu wurden Ko-transfers von TMBP-GFP Blasten und Splenozyten, die rote migratorische TOVA-RFP Zellen enthielten, durchgeführt. Die T-Zellinfiltration in das RM wurde hierzu wäh-rend der Injektion, sowie ein und zwei Tage später untersucht. Wie erwartet blieben der Zeitpunkt der ZNS-Infiltration und die Menge der einwandernden TMBP-GFP Zellen durch die parallel transferierten TOVA und Milz-Zellen unbeeinflusst (Abb.17B).

Abbildung 22: EAE Klinik nach Transfer migratorischer TMBP-GFP Zellen im Vergleich zu migratorischen TOVA-GFP Zellen. Der klinische EAE Verlauf zeigt ein verkürztes präklinisches Intervall nach Transfer migratorischer TMBP-GFP

Zellen. Gewichtsverlauf (schwarze Diamanten) und Krankheitsgrad (schwarze Balken) p.t. von 11x106 migratorischen MBP spezifischen T-Zellen. Die Tiere p.t. von 11x106 migratorischen OVA spezifischen T-Zellen zeigten eine stetige Gewichtszunahme (offene Quadrate) und keine klinischen Symptome. Jeder Wert zeigt den Durchschnitt von drei Tieren. Statistische Signifikanz im Mann-Whitney U-Test: *p<0,05 (alle Zeitpunkte).

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Abbildung 23: Klinischer Verlauf nach einem Ko-transfer von Blasten mit Splenozyten. Der klinische EAE Verlauf ist identisch, wenn TMBP-GFP

Zellblasten mit oder ohne Splenozyten in naive Empfängertiere infundiert werden. Gewichtsverlauf (graue Diamaten) und Krankheitsgrad (graue Bal-ken) p.t von 5x106 TMBP-GFP Zellblasten. Gewichtsverlauf (schwarze Dreiecke) und Krankheitsgrad (schwarze Balken) p.t von TMBP-GFP Zellblasten zusammen mit 5x106 migratorischen TOVA-GFP Zellen. Gewichtsverlauf (offene Quadrate) p.t von 5x106 migratorischen TOVA-GFP Zellen ohne TMBP-GFP Zellblasten. Jeder Wert zeigt den Durchschnitt von drei Tieren.

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4 Diskussion

Bei der Multiplen Sklerose des Menschen handelt es sich um eine chronische neuroinflammatorische Erkrankung des ZNS, deren zu-grunde liegenden Pathomechanismen noch unvollständig geklärt sind. Eine wesentliche Rolle wird autoaggressiven, Hirnantigen-erkennenden Zellen zugesprochen. Solche enzephalitogenen T-Zellen stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Anhand eines Tiermo-dells der MS, der adoptiven Transfer-EAE der Lewis Ratte, sollten die Wanderung und funktionellen Eigenschaften dieser Zellen wäh-rend der präklinischen EAE untersucht werden. Obwohl sich Schwe-regrad und Verlauf verschiedener EAE Modelle stark voneinander unterscheiden, ist allen ein symptomloses präklinisches Intervall gemein. Die durch einen Transfer enzephalitogener TMBP-GFP-Zellen induzierte EAE in der Lewis Ratte zeichnet sich durch einen beson-ders gut vorhersehbaren, zuverlässigen Krankheitsverlauf mit einer Prodromalphase von drei bis vier Tagen aus (Abb. 2). Der Fokus der vorliegenden Arbeit lag auf zellulären und strukturellen Eigenschaf-ten, welche beim Zustandekommen des präklinischen Intervalls eine Rolle spielen könnten. An frühere Forschungsergebnisse anknüpfend sollte insbesondere abgewogen werden, inwieweit zellintrinsische Eigenschaften im Gegensatz zu Milieufaktoren des ZNS zur Länge der Latenzzeit beitragen. Wir konnten zeigen, dass sich die funktio-nellen Eigenschaften autoaggressiver Effektor-T-Zellen im Verlauf der präklinischen EAE dahingehend ändern, dass sie in das ZNS eindringen und eine Erkrankung auslösen können. Das ZNS Milieu hingegen blieb von deutlich messbaren Regulationen ausgespart, d.h.

mittels Real Time PCR des Gesamtgewebes wurden keine molekula-ren Veränderungen gefunden, welche den T-Zellen den Weg in ihr Zielorgan gebahnt hätten. Mit den hier eingesetzten Methoden kann ein sogenanntes ZNS „Priming“, also eine grundlegende Umgestal-tung des Milieus, nicht nachempfunden werden, wobei aber nicht abschließend ausgeschlossen werden kann, dass es zu einer lokalen bzw. zeitlich begrenzten Vorbereitung des ZNS-Milieus für die Inva-sion Hirnantigen-spezifischer T-Zellen kommt.

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Zunächst wurde das Wanderungsverhalten aktivierter TMBP-GFP Zellen nach Transfer in gesunde Empfängertiere in der Peripherie und im ZNS untersucht. Voruntersuchungen der Arbeitsgruppe konnten eine festgelegte Wanderungsroute der TMBP-GFP Zellen nach dem Transfer feststellen. Diese führte zunächst in die parathymischen Lymphkno-ten. Danach wurden die Zellen in der Milz gefunden, bevor sie mit Einsetzen der klinischen Erkrankung in das ZNS eindrangen. Wäh-rend der Wanderung veränderten die Zellen grundlegend ihre Eigen-schaften. So wurde eine Herunterregulierung von Aktivierungsmar-kern und einer Hochregulierung von Chemokinrezeptoren gefunden, was als „migratorischer Phänotyp“ bezeichnet wurde. Nach Eindrin-gen in das ZNS veränderten die T-Zellen erneut ihr Genexpressions-profil. Sie entwickelten einen „Effektorphänotyp“", d.h. nach Erken-nung des spezifischen Antigens kam es zu einer Reaktivierung der T-Zellen (Flügel et al. 2001). In der hier vorliegenden Arbeit sollten diese Untersuchungen vertieft werden, indem die Zellmigration in verschiedene lymphatische und parenchymatöse Organe während des gesamten EAE-Verlaufs zeitlich enggestaffelt beobachtet wurde (Abb. 6 und 7). Hierbei zeigte sich eine sehr koordinierte Wanderung der enzepahlitogenen T-Zellen auf ihrem Weg in das ZNS. Die An-zahl der wiedergefundenen T-Zellen innerhalb der ersten 24 Stunden war, abgesehen von der Lunge, in allen untersuchten Organen sehr niedrig. 36-48 Stunden p.t. kam es jedoch zu einem dramatischen Anstieg der Zellen in allen Organen und die Zahlen erreichten nach ca. 48-60 Stunden p.t. ihr Maximum. Anschließend wurde eine deut-liche Einwanderung der T-Zellen durch die BHS in das ZNS beo-bachtet (Abb. 3).

In der Initialphase lag die Gesamtzahl der Zellen in den untersuchten Organen deutlich unter der Menge injizierter Blasten. Die niedrigen Zellzahlen können nicht durch einen Verlust der Zellfluoreszenz erklärt werden. Je nach Aktivierungszustand der T-Zellen variiert zwar deren GFP Expression (Flügel et al. 1999), bleibt aber in le-benden Zellen durchflusszytometrisch immer messbar. Käme es

al-87

lerdings zu einem massiven Absterben der transferierten Zellen wäre dies in der FACS-Messung nicht sichtbar. Alternativ könnte die Mehrheit der Zellen in Gewebestrukturen verbleiben, die in den Un-tersuchungen nicht systematisch erfasst wurden. Ausgeschlossen wurde dies für den Magen-Darm- sowie den Urogenital-trakt (Daten nicht gezeigt). Möglich wäre ein Haften der Zellen am Gefäßendo-thel oder im Kapillarbett. Aufgrund anatomischer Gegebenheiten ist eine Ansammlung der Zellen in der Lunge wahrscheinlich, denn nach der intravenösen Injektion werden die Zellen über den Lungen-kreislauf in das Alveolarbett gespült, wo sie aufgrund der Größen-verhältnisse der Kapillaren zu Zellen stecken bleiben könnten. Schon bei früheren in vivo Migrationsversuchen wurde die Lunge als Ort starker Zellakkumulation identifiziert (Klinkert 1987). Nach dem Transfer von OVA spezifischen T-Zellen einer permanenten Zellli-nie konnte dort eine Ansammlung radioaktiv markierter Zellen drei Stunden nach der Injektion beobachtet werden.

Eine derartige Ansammlung in der Lunge konnte durchflusszytometrisch in unseren Untersuchungen nicht ermittelt werden (Abb. 7), aber die morphologischen Daten weisen auf eine Akkumulation der TMBP-GFP Zellen in der Lunge innerhalb der ersten 24 Stunden hin (Abb. 8). Weil die hohen elastischen Gewebeanteile der Lunge eine Isolierung der Zellen durch Homogenisierung er-schweren, wurde durch einen enzymatischen Verdau des Gewebes versucht, eine akkuratere Bestimmung der Zellzahl zu erhalten. Ob-wohl hierbei höhere Zahlen ermittelt wurden (Daten nicht gezeigt), konnte keine zuverlässige Quantifizierung über den gesamten Krankheitsverlaufes durchgeführt werden. Abhängig vom Zeitpunkt der Gewebeentnahme zeigten sich starke Schwankungen der Mess-ergebnisse. Diese könnten durch eine unterschiedliche Lokalisation der T-Zellen im Lungengewebe bedingt sein. Alternativ könnte die Isolierung der Zellen aus dem Gewebe auch durch eine variable An-fälligkeit der Zellen gegenüber dem enzymatischen Verdau bedingt gewesen sein. Zukünftige Untersuchungen müssen klären, welche

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Rolle die Lunge für das Schicksal der T-Zellen in der präklinischen EAE spielt.

In früheren mikroskopischen Untersuchungen über die Infiltration enzephalitogener T-Zellen in das ZNS wurde eine biphasische Ein-wanderung beschrieben. Innerhalb der ersten neun bis zwölf Stunden kam es zu einem ersten Maximum mit 0,3 Zellen pro mm2, anschlie-ßend nahmen die Zellzahlen wieder ab und ca. 72 Stunden nach Transfer folgte die Hauptakkumulation mit Krankheitsfolge (Hickey et al. 1991). Diese klare biphasische Infiltrationskinetik autoaggres-siver T-Zellen in das ZNS konnte in der vorliegenden Arbeit nicht bestätigt werden. Die hier eingesetzte durchflusszytometrische Be-stimmung GFP positiver Zellen hat den Vorteil, dass das gesamte RM verarbeitet werden konnte. Damit sollten sämtliche vorhandene T-Zellen direkt erfasst werden. Um eine Verdünnung des retroviral kodierten Markerproteins auszuschließen, wurde eine Zellbestimmung mit Carboxyfluoreszein succinimidyl Ester (CFSE) -markierten Zellen vorgenommen (siehe 2.2.3.9). Die Ergebnisse be-stätigten die Vorbefunde (Daten nicht gezeigt).

Entgegen der bis dahin gängigen Auffassung, dass die BHS eine absolute Barriere darstellt, ergaben Untersuchungen von Wekerle et al. (Meyermann et al. 1987), dass aktivierte T-Zellen die BHS pas-sieren können. Es gelang, bereits wenige Stunden nach Transfer eine Anhäufung spezifischer T-Zellblasten im ZNS nachzuweisen (Meyermann et al. 1987; Hickey et al. 1991). Daraus schlussfolger-ten die Autoren, dass die früh infiltrierenden Zellen eine Schlüssel-rolle bei der Entwicklung der EAE einnehmen, indem sie zu einer erhöhten Durchlässigkeit der BHS durch ein proinflammatorisches ZNS Milieu führen. Die hier ermittelten niedrigen Zellzahlen im ZNS während der präklinischen Phase (<100 TMBP-GFP Zellen/RM;

Abb. 3) und die Migrationskinetik in der Peripherie (Abb. 6 und 7) scheinen eher darauf hinzuweisen, dass nach dem Transfer eine ungerichtete Zellwanderung in alle Organe, einschließlich des ZNS, stattfindet. Dass diese Einwanderung ohne wesentliche

Konsequen-89

zen für das ZNS-Milieu blieb, haben auch die mittels quantitativer PCR erhobenen Daten gezeigt (Abb. 11 und 12). Expressionsverän-derungen von Aktivierungsmarkern und Chemokinen im ZNS er-folgten hauptsächlich parallel zur späteren Einwanderung der T-Zellen in das Zielgewebe. Während also das präklinische ZNS-Milieu nicht nachweislich auf die T-Zelleinwanderung vorbereitet wird, scheint die Umprogrammierung der autoaggressiven Zellen unerlässlich, um eine Infiltration in das ZNS zu ermöglichen. Die hier eingesetzte Methodik schließt allerdings keine lokal begrenzte Vorbereitung des ZNS-Milieus auf die Einwanderung der enzephalitogenen T-Zellen aus.

Um zu überprüfen, ob diese Umprogrammierung ausschlaggebend dafür ist, dass autoaggressive T-Zellen im Rahmen einer EAE in das ZNS eindringen können wurden funktionelle Studien mit migratorischen T-Zellen durchgeführt. Wurden diese Zellen, welche in vivo einen nahezu vollständigen Wanderungszyklus absolviert hatten, in ein naives Tier verbracht, waren sie bereits nach wenigen Stunden in dessen RM nachweisbar (Abb. 14, 16 und 17). Diese Zel-len waren also offensichtlich in der Lage eine intakte BHS zu über-winden. Hier führen sie zu messbaren Veränderungen im ZNS Mili-eu und lösen innerhalb von 24 bis 48 Stunden klinische EAE Symp-tome aus (Abb. 21 und 22). Das Eindringen der enzephalitogenen T-Zellen in ihr Zielorgan ist demnach wohl vornehmlich durch zellin-trinsische Faktoren gesteuert, unabhängig von einem mehrtägigen Priming des ZNS-Milieus.

Allerdings stellt sich die Frage, warum auch migratorische T-Zellen keine sofortige Erkrankung auslösen können, obwohl sie innerhalb von wenigen Stunden in ein naives ZNS einwandern und gegenüber den Blasten eine erhöhte Mobilität aufweisen (Abb. 16, 17 und 18, sowie Tabelle 1). Möglicherweise sind die mechanische Beanspru-chung und die Dauer der Aufbereitung der migratorischen Zellen dafür verantwortlich, dass die Zellintegrität negativ beeinflusst wird.

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In einer Untersuchung mit transgenen Mäusen wurden CD11c+ DZs als Grund für die präklinische Phase identifiziert (Greter et al. 2005).

Demzufolge wird der Krankheitsbeginn durch die restriktive Anzahl dieser Zellen, welche sich an den Meningen und Gefäßen befinden, verzögert. In unserer Arbeit wurde keine maßgebliche Beteiligung der CD11c+ DZs beobachtet (Daten nicht gezeigt). Vielmehr weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass die Wanderung der T-Zellen in der Peripherie und deren Umprogrammierung ausschlaggebend für die Länge des präklinischen Intervalls ist. Durch den direkten Blut-transfer (Abb. 13 und 14) konnte gezeigt werden, dass enzephalitogene migratorische T-Zellen innerhalb von wenigen Stunden in das naive ZNS einwandern können, ohne dass dieses ein mehrtägiges Priming durchlaufen konnte. Werden T-Zellen mit ei-nem migratorischen Phänotyp in ein naives Tier infundiert, sind sie zudem deutlich schneller in der Lage eine EAE auszulösen als T-Zellblasten dies können, nämlich innerhalb von 24 Stunden (Abb.

22).

Die häufigste Form der Multiplen Sklerose, mit schubförmigem Ver-lauf, ist maßgeblich durch eine Entzündungsreaktion gekennzeich-net, in dessen Folge dauerhafte Schäden an den Myelinscheiden ent-stehen können. Wäre es möglich, die massive Einwanderung autoag-gressiver T-Zellen in das ZNS zu verhindern, könnte diese Entzün-dungsreaktion und ein erneuter Schub möglicherweise abgemildert werden. Sollten für die Latenzphase der EAE und die schubfreien Intervalle der MS vergleichbare Mechanismen verantwortlich sein, wäre es eventuell möglich den Krankheitsverlauf positiv zu beein-flussen, indem die Umprogrammierung autoaggressiver T-Zellen gestoppt wird. Zukünftige Untersuchungen sollten die verantwortli-chen intrazellulären Signalkaskaden identifizieren und klären ob z.B.

Rezeptoren oder andere Oberflächenmoleküle beteiligt sind, welche im Rahmen einer Therapie angesteuert werden könnten. Offen bleibt auch die Frage, ob die Umprogrammierung der T-Zellen in einem bestimmten Organ stattfindet.

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5 Zusammenfassung

Kristina Streyl: Migration und Funktion autoaggressiver T-Zellen während der Prodromalphase der Experimentellen Autoimmunenzephalomyelitis.

Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Frühphase der T-Zell vermittel-ten Experimentellen Autoimmun-Enzephalomyelitis (EAE) der Lewisratte, ein Modell für die Multiple Sklerose des Menschen. Im Mittelpunkt des Projekts standen autoaggressive, das Hirnantigen MBP (Myelinbasisches Protein) erkennende T-Zellen, deren Wande-rung und funktionelle Eigenschaften untersucht wurden. Die Mecha-nismen und Faktoren, die das gezielte Eindringen der enzephalitogenen T-Zellen in das Zentrale Nevervensystem (ZNS) ermöglichen, sind nur unzureichend bekannt. MBP reaktive T-Zellen sind entscheidend an der Auslösung der EAE beteiligt, die durch einen zeitlich strikt vorhersehbaren Verlauf und ein monophasisches Krankheitsbild mit einer Prodromalphase von drei bis vier Tagen gekennzeichnet ist.

Vorarbeiten hatten gezeigt, dass das Gros der autoaggressi-ven MBP spezifischen T-Zellen während der präklinischen Phase in der Peripherie zirkuliert und dort eine grundlegende Veränderung des Genexpressionsprofils erfährt. Erst diese Veränderungen, welche auch die Wanderungseigenschaften der T-Zellen beeinflussen, schei-nen sie zu befähigen in ihr Zielgewebe einzudringen.

Andererseits gelang es in früheren Studien, bereits wenige Stunden nach Transfer, bei noch intakter Blut-Hirn-Schranke (BHS), spezifische T-Zellblasten im ZNS nachzuweisen. Diesen früh infilt-rierenden „Pionierzellen“ wurde eine Schlüsselrolle bei der Entwick-lung der EAE zugesprochen, weil sie ein proinflammatorisches ZNS Milieu und somit eine erhöhte Durchlässigkeit der BHS induzieren könnten. Durch das nachfolgende Eindringen unspezifischer Immun-zellen würde schließlich eine Erkrankung ausgelöst.

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Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, welche Prozesse die Zeitverzögerung der Zelleinwanderung in das ZNS nach T-Zelltransfer steuern.

Die hier vorgelegten Untersuchungen sind ein Beitrag zur Abklärung der zellulären und strukturellen Eigenschaften, welche beim Zustan-dekommen des präklinischen Intervalls ausschlaggebend sind. Dazu wurde das Migrationsmuster von MBP spezifischen Grünfluoreszie-rendes-Protein (GFP) exprimierenden T-Zellen (TMBP-GFP) unter-sucht. Mittels Durchflusszytometrie und Intravitalmikroskopie wur-den die Zellen in unterschiedlichen Organen und Aktivierungszu-ständen geprüft. Es zeigte sich eine zeitlich koordinierte Wanderung aktivierter T-Zellen auf ihrem Weg in das ZNS. Mit Ausnahme der Lunge, deren morphologische Untersuchung auf eine Akkumulation der enzephalitogenen Zellen hinwies, blieb ihre Anzahl am ersten Tag in allen untersuchten Organen sehr niedrig, um dann sukzessive anzusteigen. Anschließend wurde eine deutliche Einwanderung der TMBP-GFP Zellen durch die BHS in das ZNS beobachtet. Vor dieser Masseneinwanderung konnten mittels quantitativer PCR keine we-sentlichen Expressionsveränderungen von Aktivierungsmarkern und Chemokinen im ZNS-Milieu nachgewiesen werden.

Anschließend folgten funktionelle Studien mit migratorischen T-Zellen, welche in vivo einen nahezu vollständigen Wanderungszyklus absolviert hatten. Diese sollten klären, ob die mit der Wanderung einhergehenden zellulären Veränderungen für das enzephalitogene Potential der TMBP-GFP Zellen ausreichend sind. In ein naives Tier verbracht, waren die migratorischen T-Zellen bereits nach wenigen Stunden in dessen Rückenmark nachweisbar. Wurden sie in ausreichender Anzahl infundiert, waren sie zudem deutlich schneller, nämlich innerhalb von 24 Stunden, in der Lage, eine EAE auszulösen. T-Zellblasten benötigen hierzu ca. 72 Stunden. Ein mehrtägiges Priming des ZNS Parenchyms scheint also nicht not-wendig zu sein, wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies innerhalb weniger Stunden stattfindet.

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Das Eindringen der enzephalitogenen T-Zellen in ihr Ziel-organ ist demnach vornehmlich durch zellintrinsische Faktoren ge-steuert. Die Länge der präklinischen EAE Phase scheint, weitestge-hend unabhängig von einem Priming des ZNS-Milieus, durch not-wendige zelluläre Veränderungen und die Spezifität der T-Zellen bedingt zu sein. Ovalbumin (OVA) spezifische T-Zellen in ver-gleichbarem Aktivierungszustand wanderten mit ähnlicher Kinetik ins ZNS ein, jedoch ohne klinische Symptome auszulösen.

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6 Summary

Kristina Streyl: Migration and Function of Auto-aggressive T-cells during the Preclinical Phase of Experimental Autoimmune Encephalomyelitis.

In focus of this work was the early phase of T-cell induced Experi-mental Autoimmune Encephalomyelitis (EAE) in the Lewis rat, an animal model for multiple sclerosis in humans. We were mainly in-terested in auto-aggressive T-cells, specific for the brain-antigen MBP (myelin basic protein) and their migratory and functional prop-erties. It is not exactly known which mechanisms and factors enable the encephalitogenic cells to enter the central nervous system (CNS).

MBP reactive T-cells are essential for the induction of EAE which is characterized by a highly predictable monophasic clinical course following upon an obligatory preclinical period of three to four days.

Previous work has shown that during the preclinical phase the majority of MBP reactive auto-aggressive T-cells migrate in the periphery and undergo essential changes of the gene expression pro-file. Such changes seem to be influential on the migratory behaviour of these cells and may be necessary for activated T-cells to infiltrate their target locations in the CNS.

Other studies have documented the presence of specific T-cell blasts in the CNS already few hours after T-T-cell transfer, a time at which the blood-brain-barrier (BBB) is still intact. These early infiltrating “pioneers cells” have been accorded a key function in developing EAE, by possibly causing a proinflammatory CNS status and thereby a permeable BBB. Disease would be induced by subse-quently infiltrating unspecific immune cells.

The aim of this study was to evaluate which processes are responsible for the time delay in T-cell infiltration into the CNS after cell transfer.

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Investigations here documented are intended to evaluate cellular and structural properties possibly responsible for the duration of the pre-clinical phase. To this end we studied MBP specific green

Investigations here documented are intended to evaluate cellular and structural properties possibly responsible for the duration of the pre-clinical phase. To this end we studied MBP specific green