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Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes- Bundes-Klimaschutzgesetzes

- BR-Drucksache 411/21 -

Einspruchsgesetz

Inhalt der Vorlage

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung soll der Umsetzung des Beschlusses des Bundesver-fassungsgerichts (BVerfG) vom 24.03.2021 zum derzeit geltenden Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) dienen. Im Wesentlichen sollen im KSG folgende neue Ziele festgelegt bzw. Ziele geändert werden:

• Ziele:

o Erhöhung des Klimaschutzziels 2030 auf 65 Prozent (aktuell 55 Prozent), o Neues Klimaschutzziel 2040 von 88 Prozent,

o Treibhausgasneutralität bis 2045,

o Nach 2050 sollen negative Treibhausgas-Emissionen erreicht werden.

• Sektoren:

o Jahresemissionsmengen 2023 bis 2030 der verschiedenen Sektoren werden auf das neue Ziel 2030 von 65 Prozent neu zugeschnitten, Festlegung jährlicher Minderungsziele 2031 bis 2040,

o Festlegung von Beitragszielen für den Sektor Landnutzung, Landnutzungs-änderung und Forstwirtschaft (LULUCF) 2030, 2040 und 2045.

Durch die kurz- bis mittelfristigen Ziele und daraus folgenden Maßnahmen sollen eine unverhältnis-mäßige Verlagerung der Treibhausgas-Minderungslasten und damit einhergehende Freiheitsein-bußen in die Zukunft und auf folgende Generationen verhindert werden. Die frühzeitige Festlegung bietet auch mehr Orientierung und Planungssicherheit für die erforderlichen Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse.

Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Ergänzende Informationen / Auswirkungen für Sachsen-Anhalt

Mit seinem Beschluss vom 24.03.2021 (BvR 2656/18)27 hat das BVerfG entschieden, dass das KSG vom Dezember 2019 mit den Grundrechten nicht vereinbar sei, da hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab 2031 fehlten.28 Geklagt hatten u. a. junge Erwachsene und deren Familien, die in Deutschland ökologische Landwirtschaft betreiben und durch die Folgen des Klimawandels (Nordseeinsel Pellworm, im Alten Land und Brandenburg) in besonderer Weise betroffen wären.29 Das BVerfG konnte nicht feststellen, dass der Gesetzgeber gegen seine grund-rechtlichen Schutzpflichten oder gegen den Artikel 20a des Grundgesetzes (GG) verstoßen habe, aber es sah die teilweise sehr jungen Beschwerdeführenden in ihren Freiheitsrechten verletzt.

Artikel 20a GG verpflichte den Staat zum Klimaschutz. Dies ziele auch auf die Herstellung von

27 BVerfG-Leitsätze zum Beschluss des Ersten Senats vom 24.03.2021

28 Pressemitteilung des BVerfG Nr. 31/2021 vom 29.04.2021

29 Bericht in Tagesschau.de vom 29.04.2021

Klimaneutralität, so das BVerfG. Im aktuell geltenden KSG werden hohe Emissionsminderungs-lasten auf die Zeit nach 2030 verschoben. Das CO2-Budget wäre demnach bis 2030 zu einem Großteil erschöpft. Auf diese Weise würde das Risiko schwerwiegender Freiheitseinbußen nach 2030 deutlich verschärft werden. Die Pflicht zur Minderung von Treibhausgasemissionen ergibt sich demzufolge aus Artikel 20a GG und wird durch das „Paris-Ziel“, den Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, konkretisiert. Bei der derzeit geltenden Gesetzeslage müssten also die erforderlichen Minderungen nach 2030 wesentlich kurzfristiger und dringlicher erbracht werden, was die Freiheit der Betroffenen nach 2030 deutlich einschränken würde. Daher sei der Gesetz-geber verpflichtet, die Fortschreibung der Minderungsziele nach 2030 näher zu regeln. Die jetzigen Maßgaben reichten nicht aus, um den Übergang zur Klimaneutralität rechtzeitig zu erreichen.

Gemeinsam mit dem Gesetzentwurf hat die Bundesregierung am 12.05.2021 den „Klimapakt Deutschland“ beschlossen.30 Mit diesem Klimapakt werden die weiteren Maßnahmen genannt, die notwendig sind, um die im KSG benannten Minderungsziele zu erreichen. Dazu gehören u. a. die CO2-Bepreisung, der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Abbau klima-schädlicher Subventionen. Hierzu will die Bundesregierung noch in den nächsten Wochen ein Sofortprogramm vorlegen, um schnell wirksame und hoch effiziente Maßnahmen zu adressieren.

Im Deutschen Bundestag wurden am 07.05.2021 im Zusammenhang mit zwei Anträgen und einem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen31 die Auswirkungen des Beschlusses des BVerfG debattiert.

Bereits im März 2021 wies Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert, Ministerin für Umwelt, Landwirt-schaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt, anlässlich der Vorstellung des Monitoringberichts 2020 zum Klimawandel in Sachsen-Anhalt darauf hin, dass die Klimakrise nur aufzuhalten sei, wenn „wir jetzt handeln“, um „unseren Enkelkindern eine lebenswerte Erde zu hinterlassen.“. Die Klimakrise sei in Sachsen-Anhalt angekommen: So sei u. a. die Temperatur im Jahresmittel um 1,5 Grad Celsius angestiegen, die Anzahl der heißen Tage über 30° Grad Celsius habe deutlich zugenommen und es fehlten Niederschläge.32

Zum Verfahren im Bundesrat

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfiehlt dem Bundesrat, auch die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu verbessern und dies in die Ziele mit aufzunehmen. Nach Auffassung des Ausschusses bedürfe es allerdings einer Treibhausgas-minderung von 70 Prozent gegenüber 1990, um sicher auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen und sich am CO2-Budgetansatz des Weltklimarates zu orientieren. Er begrüßt die Festlegung der Steige-rung der Senkenleistungen (LULUCF) und spricht sich vor dem Hintergrund der praktischen und methodischen Schwierigkeiten der Ermittlung für einen gänzlichen Verzicht der Verrechnung von Minderungszielen aus. Zur Zielerreichung müssten aus Sicht des Ausschusses noch andere Handlungsmöglichkeiten rechtstechnisch umgesetzt werden, u. a. die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro ab 2023, einen Einstieg in den Abbau umweltschädlicher Subventionen, deutliche Anhebung der Ausbauziele für Erneuerbare Energien, ein Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030.

30 Klimapakt Deutschland (Stand: 12.05.2021)

31 Zusammenfassung der Debatte im Deutschen Bundestag vom 07.05.2021

32 Pressemitteilung des MULE vom 16.03.2021 „Monitoringbericht 2020 zum Klimawandel in Sachsen-Anhalt“

Schließlich betont er die Vorbildrolle der Bundesregierung und ihrer Einrichtungen. Die Pläne zur klimaneutralen Bundesverwaltung sollten daher auf 2021 vorgezogen werden.

Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt u. a., dass die Rechtsverordnung zur Anrechenbarkeit und Methodik der Senkenleistungen (LULUCF) der Zustimmung durch den Bundesrat bedürfen soll. Er spricht sich auch dafür aus klarzustellen, dass sich die in Zusammen-hang mit der Erfassung des Beitrages des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft vorgesehene Datenerhebung per Fernerkundung auf die Treibhausbericht-erstattung bezieht, um durch diese Präzisierung den Datenschutz für die betroffenen Eigentümer zu stärken. Er weist auf die besondere Betroffenheit der Wälder hin und schlägt vor, die Bundes-regierung aufzufordern, besondere Schwerpunkte auf die Honorierung von Ökosystemleistungen der Wälder und auf den Ausbau der Klimaschutzwirkungen durch nachhaltige Holzproduktion sowie intelligente und effiziente Holzverwendung zu legen. Aus seiner Sicht sollte bei der Ausge-staltung der Maßnahmen für den LULUCF-Sektor auch die nachhaltige Waldwirtschaft sowie die erforderliche Pflege der Waldbestände in die Betrachtungen einbezogen werden.

Der Finanzausschuss bittet, dass die finanziellen Auswirkungen zusätzlicher Klimaschutzmaßnah-men bei der gemeinsaKlimaschutzmaßnah-men Evaluation berücksichtigt werden, die im RahKlimaschutzmaßnah-men dieses Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht hinsichtlich einer möglichen weiteren Kompensation der Länder ab 2025 vorgesehen ist.

Der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung weist daraufhin, dass durch die Verschärfung der Klimaschutzziele erhebliche Investitionen in den Gebäudebestand nötig werden und spricht sich für entsprechende Förderprogramm des Bundes aus. In Hinblick auf die vorge-sehene hälftige Aufteilung der Kosten des nationalen CO2-Preises zwischen Mietern und Ver-mietern bittet er, die Auswirkungen auf die Anreizwirkung für Investitionen kritisch zu prüfen. Eine weitere Prüfbitte bezieht sich auf die Möglichkeit der Abfederung steigender Wohnkosten mit Hilfe des Wohngeldes und der sozialen Wohnraumförderung.

Der Finanzausschuss, der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung sowie der Verkehrsausschuss empfehlen dem Bundesrat zu fordern, dass die finanziellen Auswirkungen zusätzlicher Klimaschutzmaßnahmen fair und sachgerecht zwischen Bund, Ländern und Ge-meinden verteilt werden.

Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt die Bundesregierung aufzufordern, in einen kurzfristigen Dialog mit den Ländern und sämtlichen betroffenen Akteuren zu treten, um die vorgesehenen Zielverschärfungen mit klugen und konkreten Maßnahmen zu unterlegen. Im Hinblick auf den angestrebten Dialog mit der Bundesregierung formuliert er eine Reihe konkreter Vorschläge und Forderungen. Er sieht bei einer Vielzahl von Punkten Nachjustierungsbedarf und hält die Entwicklung neuer Maßnahmen sowie deren Hinterlegung mit entsprechender Finanzierung für geboten. Insbesondere müsse der zeitnahe Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur ermöglicht werden, der Netzausbau vorangetrieben sowie die Grundlagen für emissionsarme Mobilität sowie ein klimaneutraler Gebäudesektor geschaffen werden. Notwendig seien beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Infrastrukturausbau bei den erneuerbaren Energien, den Netzen und Speichern sowie gezielte Investitionen für Industrie und Mittelstand. Es müsse sichergestellt werden, dass die Förderung von Investitionen in klimafreundliche Technologien in der Industrie in ausreichendem Maße und beihilferechtskonform erfolgen kann und entsprechende Mittel bereitgestellt werden.

Darüber hinaus empfehlen der Wirtschaftsausschuss, der Ausschuss für Städtebau, Wohnungs-wesen und Raumordnung sowie der Verkehrsausschuss, dass die Rechtsverordnung zur

Festlegung der jährlichen Minderungsziele nach 2030 auch der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Der Verkehrsausschuss weist auf die Auswirkungen des Gesetzes auf den ÖPNV-Bereich hin, die einen höheren Zuschussbedarf erforderlich machen. Vonseiten der Länder werde eine deutliche Steigerung der Ausstattung mit Regionalisierungsmitteln erwartet. Zudem erfordere die mit der Angebotsausweitung verbundene Leistungssteigerung des Bahnnetzes eine Erhöhung der Investitionen im Bereich der Schieneninfrastruktur, die eine entsprechende personelle und finanzielle Ausstattung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit maßgeblicher Unterstützung durch den Bund voraussetze. Auch bei der Förderung alternativer Antriebe für eine Dekarbonisie-rung des Verkehrs und der damit verbundenen Flottenumrüstung bittet er den Bund, wegen der hohen Zusatzkosten einen Ausgleich der Mehrbelastungen bereitzustellen und insbesondere die Förderung der Anschaffung und Umrüstung von Bussen und Straßenbahnfahrzeugen dauerhaft zu etablieren.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat im ersten Durchgang darüber zu entscheiden, ob er zu dem Gesetzentwurf Stellung nimmt oder ggf. keine Einwendungen gegen ihn erhebt.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte unter der Telefonnummer (030) 243 458-51 an

Frau Dr. Hoge-Becker.

TOP 50: Fünfte Verordnung zur Änderung der