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Entwicklungsziele für die Entwicklungsetappe 2000-2015

Im Dokument Evaluation Städtische Dimension (Seite 14-20)

2.   Entwicklung des Zielsystems und der Messgrößen

2.4   Entwicklungsziele für die Entwicklungsetappe 2000-2015

Im Rahmen der Evaluierung der Städtischen Dimension wurden von der Lutherstadt Wittenberg basierend auf den laufend fortgeschriebenen Stadtentwicklungskonzepten die übergeordneten Leitziele für die städtische Entwicklung definiert und durch Indikatoren und Planwerte messbar gemacht.

Für die Evaluierung der städtischen Dimension wurde von der Lutherstadt Wittenberg ein umfassen-der Ansatz gewählt, umfassen-der das gesamte Entwicklungsspektrum und sämtliche übergeordnete Entwick-lungsziele umfasst und nicht auf einzelne Entwicklungsstandorte (wie in den anderen Fallstudien) fokussiert.

Die Festlegung der Ziele durch das von der Stadt beauftragte Büro Wallraf & Partner ging von einer nüchternen Positionsbestimmung aus. Die Lutherstadt Wittenberg ist ein Mittelzentrum. Die Stadt verfügt zwar über einzelne Funktionen von oberzentraler Qualität, speziell im Bereich der Daseinsvor-sorge, weist jedoch keine herausragenden Merkmale eines Oberzentrums auf, wie etwa Wissensclus-ter von nationaler und inWissensclus-ternationaler Bedeutung (Universität, Großforschungseinrichtungen), privat-wirtschaftliche und öffentliche Steuerungsfunktionen (Konzernzentralen bzw. Landes- und Bundesbe-hörden) oder hochwertige bzw. gebündelte Kultur- und Freizeitangebote (Theater mit Ensemble, diffe-renzierte Formen der Alternativkultur).

Aus diesen Gründen wurden die Ziele für die Lutherstadt Wittenberg weniger am Aufbau von nationa-len bzw. internationanationa-len Kompetenzclustern der wissensbasierten Wirtschaft (wie etwa bei Magdeburg und Halle/Saale) ausgerichtet, sondern an der Umsetzung einer wissensbasierten Stadtentwicklung, welche alle Kapazitäten und Potenziale einer mittleren Stadt nach den Geboten der Nachhaltigkeit integriert (lt. Erläuterungsbericht Wallraf 2011 im Anhang).

Insgesamt wurden aufbauend auf das Stadtentwicklungskonzept fünf Handlungsschwerpunkte defi-niert: zwei davon sind räumlich abgegrenzt, das ist die Entwicklung der denkmalgeschützten Altstadt und des Industriegebietes Piesteritz.

Die anderen drei Schwerpunkte messen den Beitrag von Sektorpolitiken zur Stadtentwicklung und sind durch die Referenzthemen (1) Stabilisierung KMU (2) Leistungszentrum im ländlichen Raum und (3) nachhaltige Stadtstruktur erfasst:

1. Stärkung des Profils als Stadt der Reformation (gemessen an den Internetzugängen pro Jahr als Indikator für die Zunahme der überregionalen Bekanntheit der Lutherstadt Wittenberg als Stadt der Reformation und an der stärkeren Identifikation der Wittenberger mit ihrer Stadt als Stadt der Reformation lt. Ergebnissen der Einwohnerbefragung sowie an der Zahl der Veranstal-tungen, der sanierten Gebäude, der EinwohnerInnen, der BesucherInnen, der Übernachtungen etc., vgl. übergeordnete Entwicklungsziele und Teilzeile für das Sanierungsgebiet Altstadt) 2. Ausbau der herausragenden industriellen Kompetenz Chemie (gemessen an

Wachstumsin-dikatoren wie die Zahl der Beschäftigten in der Chemieindustrie, Umsätze der Unternehmen in der Chemieindustrie, Investitionen der Unternehmen in der Chemieindustrie);

3. Nachhaltige Stabilisierung der breit aufgestellten mittelständischen Industrie als Stützpfei-ler einer gemischten lokalen Wirtschaftsstruktur, die Vitalität und Krisenresistenz verbin-det (gemessen an der Zahl der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe und an den Umsätzen im verarbeitenden Gewerbe);

4. Profilierung als Leistungszentrum im ländlichen Raum mit einem breiten Angebot der Da-seinsvorsorge und speziellen Kompetenzfeldern in der Gesundheitsversorgung und Bil-dung (gemessen an der Zahl der Einrichtungen mit zentralörtlicher Bedeutung und an den Be-schäftigten im Gesundheitsbereich)

5. Nachhaltige Entwicklung der Stadtstruktur im Sinne der Anpassung an den demografischen und sozialen Wandel, an die Anforderung der Wissensgesellschaft und an die Gebote ökologischer Nachhaltigkeit und an den Klimawandel (gemessen an der Entwicklung der

Städtische Dimension

Fallstudie Lutherstadt Wittenberg – April 2015

Einwohnerzahl, Investitionen im Programm Soziale Stadt; Aufwertungsmittel im Stadtumbau, Rückbau von Wohnraum (WE-Zahl) und Reduktion der unerschlossenen Potenzialflächen für Wohnen umgerechnet auf Wohneinheiten2).

Für die zwei Referenzräume und drei Handlungsschwerpunkte, die mit den übergeordneten Zeilen korrespondieren, wurde ein detailliertes Zielsystem mit messbaren Indikatoren zur Erfolgskontrolle entwickelt, das in der folgenden Übersicht dargestellt ist.

2 Lt. Erläuterung von Dr. Wallraf wird im Rahmen der kontinuierlichen Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzepts ein Gewerbe- und Wohnbauflächenmanagement betrieben. Im Wohnbauflächenmanagement wird das Flächenangebot unter Be-rücksichtigung der demografischen und sozialen Entwicklungen gesteuert und somit auf den insgesamt sinkenden Flächen-bedarf bei qualitativ steigender Nachfrage angepasst.

Städtische Dimension

Fallstudie Lutherstadt Wittenberg – April 2015

Tabelle 1. Zielsystem, Schlüsselindikatoren zur Erfolgsmessung

der Serviceleistungen über die Website

2. Ausbau der

Zahl der Beschäftigten, Umsätze im Jahr, Investitio-nen im Jahr

Zahl der Beschäftigten in F&E, Investitionen in F&E im Jahr, Großforschungsprojekte Stickstoff Lu-therstadt Wittenberg / im verarbeitenden Gewerbe), Sicherung / Schaffung von Arbeitsplätze durch Ein-satz von EU-Fonds, Reduzierung der Arbeitslosigkeit 4. Profilierung

Zahl der Kindertagesstätten / Grundschulen / Sekun-därschulen / Gymnasien / Begegnungsstätten (al-tersübergreifend / für Senioren / für Jugendliche) 5.3 Entwicklung einer

leis-tungsfähigen technischen Infrastruktur

Anteil Straßen in gutem und mittleren Zustand (in-nerhalb / außerhalb Vorbehaltsnetz) Anteil

Quelle. Erfassungsraster Lutherstadt Wittenberg, eigene Bearbeitung

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Fallstudie Lutherstadt Wittenberg – April 2015

Insgesamt wurde bereits von Beginn an ein weitgehend ausgereiftes Ziel- und Messsystem konzipiert.

Die Indikatoren decken die Teilziele mit einer breiten Palette an Parametern ab. Lücken, die zur Er-stellung des Zwischenberichts zur Evaluierung der Städtischen Dimension3 im Bereich der Bildung, Qualifizierung (Teilbereich der Zieldimension 4) sowie im Bereich der Verknüpfung von städtischer und ländlicher Entwicklung (Teilbereich der Zieldimension 5) bestanden, wurden erfolgreich gefüllt und das Indikatorenset wurde zur Ermöglichung einer Erfolgskontrolle erweitert.

Im Folgenden werden die einzelnen Referenzgebiete und Referenzthemen kurz beschrieben. Eine detaillierte Beschreibung der Ziele und Maßnahmen ist im Anhang enthalten (Erläuterungsbericht Wallraf & Partner 2011).

Die Entwicklung des Referenzgebietes Altstadt steht in engem Zusammenhang mit dem übergeord-neten Ziel der Profilierung der Stadt der Reformation. Als Teilziele für die Altstadtentwicklung wurden bestimmt:

 Entwicklung des Wissenschafts- und Bildungsstandorts mit dem Anspruch als zentraler Ort der Reformationsforschung, als Ort des wissenschaftlichen Austauschs und der Fortbildung sowie als Kommunikationszentrum des interkulturellen gesellschaftlichen Dialogs.

 Aufwertung der historischen Altstadt in Funktion, Struktur und Gestalt. Ertüchtigung des bauli-chen Erbes für seine Funktionen als Träger des kulturellen Welterbes, als attraktives multifunk-tionales Zentrum mit weitreichender Ausstrahlung, als starken Tourismusmagneten sowie als Wohnort von hoher Lebensqualität.

 Touristische Erschließung des kulturellen Erbes und der Kulturlandschaft durch Verknüpfung von Bauhaus, Gartenreich und Reformation, von Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft, Elbtalaue und Naturpark Fläming, von Lutherstadt Wittenberg, Dessau-Roßlau, Bitterfeld-Wolfen und Köthen.

Die Stärkung der industriellen Kompetenz Chemie soll primär im Referenzgebiet Piesteritz vo-rangetrieben werden. Der Agrochemiepark in Piesteritz ist ein führender Standort für die Herstellung von Düngemitteln sowie Industrie- und Bauchemikalien. Er hat sich zu einem leistungsfähigen indust-riellen Kern mit beachtlichem Forschungs- und Innovationspotenzial entwickelt. Im Agro-Chemie Park sind inzwischen mehr als 30 Firmen ansässig. Kernunternehmen und Betreiber sind die SKW Stick-stoffwerke Piesteritz GmbH, eines der wenigen Unternehmen mit starker Forschung und Entwicklung sowie Konzernzentrale in Ostdeutschland.

Die Zukunft des Standortes liegt einerseits im Ausbau der Forschungskapazitäten. Darüber hinaus soll der Chemiestandort durch Erweiterung der Produktpalette, Produkt- und Prozessinnovation und sy-nergetische Vernetzung der Unternehmen vor Ort nachhaltig gestärkt werden. Die noch freien Flä-chenpotenziale (etwa 40,4 ha im Jahr 2008) sollen in Abstimmung zwischen Eigentümer und Stadt gezielt vermarktet werden, um durch neue Investitionen das Profil des Agrochemiepark zu schärfen und weitere Synergien aufzubauen. Teilziele für die Entwicklung des Agrochemiepark sind:

 Der Chemiestandort soll durch Investition, Innovation, Erweiterung und synergetische Vernet-zung der Unternehmen vor Ort nachhaltig gestärkt werden.

 Die noch freien GI-Flächenpotenziale sollen gezielt vermarktet werden, um durch neue Investi-tionen das Profil des AGRO Chemie Parks zu schärfen und weitere Synergien aufzubauen

 Durch Erweiterung der Produktpalette, Produkt- und Prozessinnovation sollen Wettbewerbsfä-higkeit und Marktanteile ausgebaut werden.

 Durch den Ausbau eigenständiger Kapazitäten in Forschung und Entwicklung sollen technolo-gische Spitzenpositionen und hohe Wertschöpfung dauerhaft gesichert werden.

3 Metis 2012 (im Konsortium mit Ramboll Management)

Städtische Dimension

Fallstudie Lutherstadt Wittenberg – April 2015

Ein weiterer Handlungsschwerpunkt ist die nachhaltige Stabilisierung der breit aufgestellten mit-telständischen Industrie. Im Jahr 2008 bestanden rund 80 Industriebetriebe in Lutherstadt Witten-berg. Neben der Chemieindustrie wird der Branchenmix geprägt vom Spezialfahrzeugbau, von der Nahrungsgüterherstellung, der Verpackungsindustrie sowie von Maschinenbau, Oberflächenveredlung und Metallverarbeitung. Die Pflege dieser Branchenvielfalt gehört zu den Prioritäten der Wirtschafts-förderung. Im Handlungsfeld werden folgende Teilziele definiert:

 Stärkung der KMU-Landschaft in ihrer Vielfalt, um dem kleinteilig strukturierten Wirtschafts-standort Lutherstadt Wittenberg dauerhaft mehr Stabilität, Vitalität und Krisenresistenz zu ver-leihen.

 Aktivierung von Existenzgründungen, um den Wirtschaftsstandort Lutherstadt Wittenberg vitaler und innovativer zu machen, kreativen (jungen) Menschen eine Lebensperspektive vor Ort zu geben. Initiierung und Unterstützung von Produkt- und Prozessinnovation, Technologietransfer, Marketing.

 Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen durch Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmen-bedingungen und Ausbau der Infrastruktur am Standort Lutherstadt Wittenberg, Förderung von Investitionen, Unterstützung bei der Personalentwicklung, Vergabe von Einstellungshilfen.

Hinsichtlich der Profilierung der Lutherstadt Wittenberg als Leistungszentrum im ländlichen Raum hat die Stadt eine Kompetenz als Anbieter regionaler Infrastrukturleistungen mit zum Teil oberzentra-len Qualitätsmerkmaoberzentra-len aufgebaut. Die Einrichtungen der Daseinsvorsorge im Sozial- und Gesund-heitswesen gehören zu den größten privaten Arbeitgebern der Stadt. Zukunftsfähig sind auch die re-gionalen Verwaltungs-, Bildungs- und Kulturfunktionen, die sich aufgrund der demographischen Ent-wicklungen im Umland noch mehr auf die Lutherstadt Wittenberg konzentrieren werden. Zudem ver-fügt Wittenberg über eine ausgeprägte Einzelhandelszentralität, die über das östliche Sachsen-Anhalt hinaus auch in die angrenzenden ländlichen Räume von Brandenburg und Sachsen hineinreicht. Im Handlungsfeld Profilierung als Leistungszentrum wurden folgende Teilziele formuliert:

 Auf der Grundlage der bestehenden Kapazitäten soll das Kompetenzfeld Gesundheitsversor-gung weiter ausgeprägt werden. Mit einem integrativen Ansatz sollen Medizinische Leistungen, Gesundheitsvorsorge, Pflege und Gemeinwesenarbeit besser miteinander verknüpft werden

 Die vorhandenen Bildungsangebote sollen zu einer lokalen Bildungslandschaft vernetzt werden.

Ziele sind es, dem Fachkräftemangel zu begegnen, soziale Benachteiligungen abzubauen, Ar-beitslose in das Erwerbsleben zu integrieren, Jugendlichen ohne Ausbildung einen Weg in die Arbeitswelt zu bahnen.

 Die zentralörtliche Versorgungsfunktion im Einzelhandel soll schwerpunktmäßig durch eine Aufwertung des Hauptzentrums Altstadt erfolgen.

Ein sehr umfassendes Referenzthema ist die nachhaltige Entwicklung der Stadtstrukturen (inklusi-ve der Dorfentwicklung in den ländlichen Ortschaften). Lutherstadt Wittenberg ist eine schrumpfende Stadt. Der rein quantitative Bedarf an Wohnraum, technischer und sozialer Infrastruktur, Gewerbeflä-chen und Bauland sinkt. Damit verbunden ist eine gravierende Unternutzung der Stadtstruktur. Zu-gleich steigen die qualitativen Anforderungen an Wohnen, Urbanität, Daseinsvorsorge und Gemeinwesenangeboten. Der Anteil älterer Mitbürger wächst. Die sozialen Diskrepanzen werden stärker. Lebensformen differenzieren sich weiter aus. Aufgabe des Stadtumbaus ist es, die Stadtstruk-tur auf den quantitativen und qualitativen Wandel der funktionalen Anforderungen in der schrumpfen-den Stadt einzustellen.

Ein bedeutsames Ziel ist die Sicherung der Teilhabe der Ortschaften an der Stadtentwicklung. Hier wird die Stärkung der lokalen Identitäten in den eingemeindeten Ortschaften angestrebt (historische Ortskerne, öffentliche Räume, Baudenkmäler, prägende Landschaftsmerkmale bzw. Landmarken).

Außerdem wird die Unterstützung alternativer / innovativer Projekte der Daseinsvorsorge, die auf Ei-geninitiative und Selbstorganisation basieren (kleine Kitas, Zwergschulen, Dorfläden) gefördert. In

Städtische Dimension

Fallstudie Lutherstadt Wittenberg – April 2015

diesem Zusammenhang ist eine stärkere Zusammenführung und Harmonisierung von städtischen und ländlichen Entwicklungskonzepten (ISEK und ILEK) bei klarer Prioritätensetzung und Verhinderung von Fehlallokationen öffentlicher Mittel wünschenswert.

Im Handlungsfeld nachhaltige Entwicklung der Stadtstruktur werden folgende Teilziele definiert:

 Anpassung an verminderten quantitativen Wohnbedarf und ausdifferenziertere Nachfragegrup-pen, energetische und altersgerechte Modernisierung, Projekte für soziale Integration;

 Einrichtung der sozialen Infrastruktur auf die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung, soziale Integration in den Stadtquartieren, qualitativer Ausbau der Kinder- und Bildungseinrichtungen;

 Erneuerung der leitungsgebundenen Versorgungssysteme, qualitativer Ausbau der Verkehrsinf-rastruktur unter Vermeidung extensiver Erweiterung;

 Anpassung des Bauflächenangebots an die Bedarfsentwicklung, Rücknahme unnötiger Flä-chenausweisungen, Verhinderung von Zersiedelung, Vermeidung von extensiver Ausdehnung der Infrastruktur.

Städtische Dimension

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