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4.5 Charakterisierung von marA-Punktmutanten

4.5.3 Entwicklung der Überexpressionsvektoren pPHB338 und pPHB1838 . 171

Umkehrschluss die Frage, ob die marA-Punktmutation zu einem MarA-Funktionsverlust führt und damit für die gezeigte erniedrigte Expression von acrAB in MIII300S16 bzw. MIVa300S32 im Vergleich zu MIII bzw. MIVa verantwortlich ist.

Darüber sollte eine Komplementation mit dem funktionsfähigen marA-Gen aus WT Auf-schluss geben. Deshalb mussten zunächst entsprechende Überexpressionsplasmide konstruiert werden (Abschnitt 3.7).

Durch die transkriptionale Fusion des marA-Gens aus WT mit dem Arabinose-Promotor (araC-paraB) exakt anschlieÿend an das Startcodon (ATG) und damit an der Position des ursprünglichen Gens araB kann gewährleistet werden, dass die Expression von marA genau der gleichen Regulation unterliegt wie das araBAD-Operon. Der Promotor des Arabinose-Operons araBAD bietet den Vorteil die Expression des nachfolgenden Gens (hier: marA) gezielt durch die Zugabe von L-Arabinose zu induzieren und durch Zugabe von D-Glukose zu reprimieren. Für diese positive und negative Kontrolle des Promotors durch die beiden Zucker ist das Protein AraC verantwortlich, dessen Gen araC divergent zu araBAD transkribiert wird und entsprechend mit kloniert wurde [110].

Die Klonierung erfolgte ungerichtet über NheI-Schnittstellen, wodurch zwei unterschiedliche Orientierungen des Fusionsgens innerhalb des Vektors pBR322 möglich waren. Die Entschei-dung mit welcher Orientierung weitergearbeitet werden sollte, geschah willkürlich (pPHB338, Abschnitt 3.8).

Zur Messungen der Aktivität des pacrAB-Promotors in pPHB335 bei gleichzeitiger Über-expression von MarA musste das araC-paraB-marA-Fusionsgen in das Plasmid pACYC184

umkloniert werden, da zwei Plasmide mit dem gleichen ori nicht in der gleichen Zelle ohne Selektionsdruck coexistieren können (Abschnitt 3.9).

Die Umklonierung von pPHB338 zu pPHB1838 erfolgte ungerichtet über glatte (blunt) En-den. So waren zwei unterschiedliche Orientierungen des Inserts relativ zum Vektor pACYC184 möglich (Abschnitt 3.10). Für die durchzuführenden Experimente wurde die Orientierung ausgewählt, die der in pPHB338 entsprach. Hierdurch sollte die Vergleichbarkeit der mit den beiden Überexpressionsplasmiden erhaltenen Ergebnisse gewährleistet sein.

4.5.4 Auswirkungen der MarA-Komplementation auf die MHK-Werte und die acrAB-Expression

Die Stämme WT, MIII, MIII300S16, MIVa und MIVa300S32 wurden mit pPHB338 trans-formiert und durch MHK-Bestimmung charakterisiert (Abschnitt 3.15). Dabei wurde ein zusätzlicher Versuch beispielhaft für Chloramphenicol in LB-Medium durchgeführt, um einen Einuss von D-Glukose durch die Stärke-haltige Müller Hinton Bouillon auszuschlieÿen.

Die Überexpression von marA führte in den ∆marR-Mutanten MIII und MIVa zu keiner Ver-änderung in den MHK-Werten von Chloramphenicol und Novobiocin (Tab. 3.27, Tab. 3.29, Tab. 3.28). Dies Ergebnis war zu erwarten, da marA in diesen Stämmen schon überexpri-miert wird. Diese Werte dienten zur Ermittlung des MHK-Wertes, der bei einer vollständigen MarA-Komplementation erreicht werden kann.

Für den Ausgangsstamm WT konnte gezeigt werden, dass es ohne Induktion des Arabinose-Promotors sowie bei Repression durch D-Glukose zu keinem Eekt auf die Empndlichkeit kommt, jedoch nach Induktion mit L-Arabinose (1 MHK-Stufe reproduzierbar, Tab. 3.27, Tab. 3.29, Tab. 3.28). Auch dieses Ergebnis entspricht den Erwartungen, da die Überexpres-sion von marA zu einer Resistenzerhöhung führt. Dabei ist in WT die Regulation des mar-Operons durch ein intaktes MarR-Protein (Repressor) noch vorhanden (Abschnitt 1.5.3.1).

Im Falle der marA-Punktmutanten MIII300S16 und MIVa300S32 kam es sowohl ohne Zusatz, als auch in Anwesenheit von L-Arabinose oder D-Glukose zu einer deutliche Erhöhung der Resistenz um 2-3 MHK-Stufen, jedoch nicht bis auf das Niveau der marR-Deletionsmutanten MIII und MIVa (Tab. 3.27, Tab. 3.29, Tab. 3.28). Wie schon bei der MarR-Komplementation, liegen die MHK-Werte von MIII300S16 und MIVa300S32 knapp unterhalb derer des Aus-gangsstammes WT. Dies lässt auf einen vollständigen Funktionsverlust von MarA schlieÿen oder auf die Beteilung weiterer unbekannter Mutationen. Die Erhöhung der MHK-Werte in Abwesenheit von L-Arabinose und in Anwesenheit von D-Glukose liegt möglicherweise daran, dass der Arabinose-Promotor auch ohne Induktion einen Basallevel an Genprodukt erzeugt und die Zugabe von D-Glukose nicht zur vollständigen Repression, sondern zu einer stu-fenweisen Absenkung führt. Ob dadurch der gleiche Eekt wie für die Arabinose-Induktion ausgelöst werden kann, bleibt fraglich [67, 91, 202].

Im Umkehrschluss war daraufhin zu überprüfen, ob die beobachteten MHK-Wertveränderungen,

4.5 Charakterisierung von marA-Punktmutanten verursacht durch die Überexpression von MarA, auf eine Erhöhung der Expression von acrAB zurückzuführen sind. Dabei sollten auch die verschiedenen Inkubationsbedingungen (An-bzw. Abwesenheit der beiden Zucker) genauer untersucht werden.

Deshalb wurden Messungen der Aktivität des Promotors von acrAB in Anwesenheit des Überexpressionsvektors pPHB1838 in den Stämmen WT, MIII300S32, MIVa300S32 und MIII in An- bzw. Abwesenheit von L-Arabinose oder D-Glukose durchgeführt (Abschnitt 3.12.8).

Den Ergebnissen ist zu entnehmen, dass es in Anwesenheit von L-Arabinose zu einer Erhö-hung der Aktivität von pacrAB in WT, MIII300S16 und MIVa300S32 auf ca. 185-200 % kommt (Abb. 3.28, Tab. 3.20). Dabei scheinen diese drei Stämme ein vergleichbares Ausmaÿ der Expression von acrAB zu erreichen, was die gleichen MHK-Werte erklären würde. Es kommt jedoch insgesamt nicht zu einer Erhöhung (ca. 420 %) auf das Niveau der marR-Deletionsmutante MIII (Abb. 3.28, Tab. 3.21).

Das bestätigt die durch die Ergebnisse der MHK-Bestimmung entstandene Vermutung, dass es nicht zu einer vollständigen Komplementation von MarA gekommen ist. Gründe dafür könnten zum Einen eine Konkurrenzsituation zwischen dem defekten und dem intakten MarA-Protein während des sogenannten prerecruitments sein (Abschnitt 1.5.3.1). Hierbei könnten theoretisch beide Proteine an die RNA-Polymerase binden. Während jedoch der binäre Kom-plex mit dem intakten MarA an die DNA binden kann, ist vielleicht der binäre KomKom-plex mit dem veränderten MarA dazu nicht mehr fähig. Zum Anderen könnte eine vollständige Komplementation durch weitere unbekannte Mutationen verhindert sein.

Die Untersuchung der D-Glukose-Zugabe ergab bei MIVa300S32 keinen signikanten Unter-schied in der Aktivität von pacrAB, bei WT und MIII300S16 kam es zu einer sehr geringen Erniedrigung von ca. 10 % (Abb. 3.29, Tab. 3.22). Im Gegensatz zu den Ergebnissen der MHK-Bestimmungen konnte hier die Repression des Arabinose-Promotors durch D-Glukose gezeigt werden.

4.5.5 3D-Strukturmodelle von MarA aus den marA-Punktmutanten

Für die Betrachtung der 3D-Strukturmodelle von MarA müssen zunächst bekannte Daten bezüglich der Struktur und der Zuordnung von Aminosäure-Bereichen zu bestimmten Funk-tionen dieses globalen Aktivators beschrieben werden. Hierzu dienen auch die Abbildungen 4.2 und 4.3, welche die Erläuterungen im Text verständlicher machen sollen.

MarA besteht aus 7 α-Helices mit einem langen C-terminalen loop und kann in zwei struk-turell ähnliche Domänen aufgeteilt werden. Die N-Domäne umfasst den Bereich 8-59 und die C-Domäne 60-108. Dadurch, dass jede Domäne ein HTH-DNA-Bindemotiv besitzt, kann MarA als Monomer agieren. Die beiden recognition helices α3 undα6, werden durch die Ami-nosäuren 29-50 und 77-100 gebildet, und sind über die Helixα4 miteinander verbunden. Im Gegensatz zu vielen anderen Regulatoren (z.B. auch MarR) binden die beiden HTH-Motive die DNA von der gleichen Seite aus.

Abbildung 4.2: (A) Alignment der MarA-Sequenz mit SoxS, Rob und AraC. Für alle im Text angegeben Positionen ist zu beachten, dass Met2 als Startposition 1 gezählt wurde. Die Sekundärstruktur-Elemente sind als nummerierte Bal-ken unter die entsprechenden Bereiche gelegt, wobei die HTH-Bindemotive schwarz gekennzeichnet sind. Weiÿe Boxen kennzeichnen Aminosäuren des hydrophoben Kerns, schwarze Boxen die Aminosäuren, die für die Sequenz-spezität verantwortlich sind. Sterne markieren Aminosäuren, die mit den Phosphatgruppen des DNA-Rückgrats wechselwirken. (B) Doppelsträngige DNA, die für die Kristallisation verwendet wurde. [181]

Abbildung 4.3: Die Struktur von MarA (A) im Komplex mit der DNA (B). Die Numme-rierung der einzelnen Helices wird im Text für Erläuterungen verwendet.

[181]

4.5 Charakterisierung von marA-Punktmutanten Über den loop zwischen den Helices α1 und α2 (Aminosäure Glu23 und Ser24) und über die Helix α5 (Aminosäure Arg83 und Tyr84) treten die beiden Domänen mittels Wasser-stobrückenbindungen und van der Waals-Kräfte in Kontakt. Für den Kontakt der beiden HTH-Bindemotive mit der DNA ist ein passender Winkel der Motive zueinander erforderlich.

Spezische Interaktionen mit der DNA über direkte oder über Wassermoleküle vermittelte Wasserstobrückenbindungen der beiden Helices α3 und α6 bestehen über die Aminosäu-ren Arg40, Gln43 und Arg44 sowie Glu89, Thr93 und Arg94. Es treten aber nicht nur die recognition helices in Kontakt mit der DNA, über die Aminosäuren Gly55 und Gln56 in Helix α4 und His105 und Lys106 in Helixα7 bestehen Wechselwirkungen zu den Phosphatgruppen des DNA backbones [181].

Für den Stamm MIII300S16 wurde die marA-Punktmutation I58N von Schulte 2001 identi-ziert [194]. Diese Mutation liegt in der Helixα4 in direkter Nähe der für Wechselwirkungen mit der DNA bekannten Positionen Gly55 und Gln56 (Abb. 3.48). Daher könnte einerseits vermutet werden, dass entweder der Abstand über die α4-Helix oder der Winkel der beiden HTH-Bindemotive zueinander verändert wird. Andererseits könnten auch die DNA-Bindungen über Position Gly55 und Gln56 beeinusst werden.

Die Ergebnisse der Energieminimierung zeigen nur geringe Dierenzen zwischen dem Aus-gangsstamm WT und der Mutante MIII300S16, mit Ausnahme verschiedener loop-Bereiche (Abschnitt 3.17, Abb. 3.49 und 3.50). So kann bezüglich der vermuteten sterischen Beein-ussung der HTH-Bindemotive keine Aussage getroen werden. Ob die beiden Position 55 oder 56 durch den Austausch des groÿen hydrophoben Restes (Ile58) mit einer basischen Gruppe (Asn58) sowie einer deutlich veränderten relativen Ausrichtung dieser Gruppe eine Rolle spielen, könnte noch weiter mit Hilfe der 3D-Strukturmodelle untersucht werden. Da bisher noch keine Daten zur Bindungsstelle an die RNA-Polymerase existieren, kommt auch eine Beeinussung dieser Wechselwirkung in Frage.

Für den Stamm MIVa300S32 wurde die marA-Punktmutation N21Y von Schulte 2001 iden-tiziert [194]. Diese Mutation liegt innerhalb des loop zwischen den Helices α1 und α2.

In unmittelbarer Nähe benden sich die an der Interaktion der beiden Domänen beteiligten Aminosäuren Glu23 und Ser24 (Abb. 3.51). Daher kann vermutet werden, dass diese Punkt-mutation die Wechselwirkungen zwischen den beiden Domänen so beeinträchtigt, dass dies zur Veränderung der relativen Ausrichtung der HTH-Bindemotive zueinander führt.

Auch bei dieser Punktmutante sind die Änderungen in der Struktur im Vergleich zum Aus-gangsstamm WT relativ gering, mit Ausnahmen einiger loops (Abb. 3.52), weshalb die Hy-pothese nicht direkt untermauert werden kann. Was bei den Ergebnissen der Energieminimie-rung jedoch sofort auällt ist, welchen Raum das Tyrosin im Vergleich zum ausgetauschten Arginin einnimmt (Abb. 3.53). Bei möglichen Interaktionen mit benachbarten Aminosäuren spielt womöglich auch die fehlende Basizität eine Rolle. Eventuell müssten alle Aminosäuren innerhalb eines bestimmten Umkreises der ausgetauschten Aminosäure relativ zu dieser und im Vergleich zum Ausgangsstamm betrachtet werden. Auch bei Lage dieser Mutation kann eine Beeinussung der RNA-Polymerase-Bindung nicht ausgeschlossen werden.

Für beide marA-Punktmutanten bietet sich zur weiteren in silico-Untersuchung der funktio-nellen Veränderung des Proteins eine Molekül-Dynamik-Simulation (MDS), wie in Abschnitt 4.4.2 beschrieben, an. Da MarA zusammen mit der DNA-Bindestelle als Co-Kristallisat ana-lysiert wurde und jetzt die entsprechenden Energieminimierungen vorliegen, könnten diese Daten direkt für die MDS eingesetzt werden. Dadurch könnte ein potentieller Wegfall der Interaktion zwischen Aktivator und Sequenz bei Bewegung der Moleküle visuell dargestellt werden.

Für solche in silico-Untersuchungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ergeb-nisse den in vivo-Zuständen entsprechen. Daher müsste zur Überprüfung einer möglichen DNA-Protein-Interaktion in vivo z.B. noch ein sogenannter Electrophoretic mobility shift assay (EMSA) durchgeführt werden.