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4.2 Einuss verschiedener Topoisomerase-Mutationen und -Inhibitoren auf die Expression

Welchen Einuss Gyrase-Mutationen auf die Expression von acrAB haben, auch in Hinblick auf Folgemutationen und Mutationsfrequenz, ist daher von Interesse.

Veränderungen in den Enzymaktivitäten von Topoisomerase I und Gyrase aufgrund bestimm-ter Mutationen in den dafür codierenden Genen oder durch Inhibition führen zu Veränderun-gen der Superspiralisierung der bakteriellen DNA und können dadurch zu einem veränderten Expressionsmuster führen [205, 16]. Daher ergab sich als weitere Frage, ob oder inwieweit diese Superspiralisierungsgrad-Veränderung einen regulatorischen Einuss auf die Expression von acrAB nimmt.

4.2.1 Haben gyrA-Mutationen oder GyrA-Inhibitoren einen Einuss auf die Expression?

Um den Einuss von gyrA-Mutationen auf die Aktivität des Promotors von acrAB betrach-ten zu können, wurden E. coli-Stämme mit verschiedenen Kombinationen der bevorzugt auftretenden Mutationen an den Positionen Ser-83 und Asp-87 ausgewählt. Hierbei han-delt es sich um die zu dem E. coli-Ausgangsstamm WT isogenen Gyrase-Mutanten WT3-1 (gyrAS83L, D87G), WT3-2 (gyrAD87G) und MI (gyrAS83L) (Tab. 2.10) [16, 75].

Die Ergebnisse (Abb. 3.17, Tab. 3.4 und Tab. 3.5) zeigten für die gyrA-Doppelmutante WT3-1 keinen signikanten Unterschied in der Aktivität von pacrAB zum Ausgangsstamm WT. Für die gyrA-Mutante WT3-2 mit der Einzelmutation an Position 87 trat hingegen ein deutlicher Unterschied auf (ca. 210 %). Auch für die gyrA-Mutante MI mit der Einzelmutation an Position 83 konnte mittels des U-Testes und bei Betrachtung der einzelnen Messungen ein signikanter Unterschied (ca. 150 %) festgestellt werden, der jedoch nicht so ausgeprägt ist wie bei WT3-2.

Eine Bestätigung für das Ergebnis mit MI liefern Daten zur Akkumulation von Ciprooxacin in MI im Vergleich zu WT [75, 83]. Hier konnte gezeigt werden, dass je nach Zeitpunkt der Probennahme in MI nur noch zwischen 65 - 85 % der Ciprooxacinkonzentration anfallen (WT = 100 %). Dies könnte auf die in dieser Arbeit gezeigte leichte Erhöhung der Expression von acrAB zurückgeführt werden.

Da in den Einzelmutanten eine Erhöhung in der Expression von acrAB vorliegt, könnte ange-nommen werden, dass durch den gesteigerten Eux des Fluorchinolons die Möglichkeit eine weitere Resistenzmutation auszubilden erhöht ist. Diese Idee wird noch durch den Umstand bestärkt, dass solche Folgemutationen in anschlieÿenden Selektionsschritten tatsächlich ge-funden werden [220, 75]. Zumal das Ausmaÿ der Erhöhung der Aktivität von pacrAB in der Mutante WT3-2 (gyrAD87G) ausgeprägter ist, könnte man weiter annehmen, dass diese Mutation im ersten Selektionsschritt bevorzugt vorkommt.

Zur Diskussion dieser Hypothesen können bekannte Daten von Bagel et al. (1999) und Schulte (2001) mit herangezogen werden (Tab. 4.1).

Zunächst einmal sprechen Daten über die tatsächliche Häugkeit des Auftretens der Mutation

4.2 Einuss verschiedener Topoisomerase-Mutationen und -Inhibitoren auf die Expression von acrAB Stamm MHK CIP Qsc* Generationszeit

[µg/mL] [16] [16] [min] [194] ([16])

WT 0,015 1,6 17 (25)

WT3-1 1 1,49 20

WT3-2 0,25 1,17 16 (27)

MI 0,5 1,37 19 (26)

Tabelle 4.1: Charakteristika der untersuchten gyrA-Mutanten und ihrem Ausgangsstamm WT nach [16, 194].

* Qsc, Quotient ptopA-bla/pgyrA-bla, gibt den relativen Superspiralisierungsgrad an.

an Position 87 im Vergleich zur Position 83 gegen die Vermutung, dass erstere aufgrund der höheren acrAB-Expression bevorzugt wird. Denn bei der Entwicklung der Resistenz gegenüber Fluorchinolonen in E. coli kommt es zunächst meist zu Mutationen an Position 83, oftmals kombiniert mit der Mutation an Position 87 [220, 187, 118]. Dabei treten Mutationen an Position 87 alleine in E. coli relativ selten auf [118].

Eine mögliche Ursache mag dabei sein, dass eine Einzelmutation an Position 83 im Vergleich zu 87 zu einer höheren MHK führt (Tab. 4.1) [118] und somit der Zelle einen deutlichen Vorteil hinsichtlich des Überlebens bzw. der Ausbildung weiterer Mutationen bietet. Solche zusätzlichen Mutationen, meist an Position 87, gelten als notwendig für die Ausbildung einer klinisch relevanten Resistenz.

Einen weiteren interessanten Ansatzpunkt liefern die Daten zum relativen Superspiralisie-rungsgrad (Qsc). Für alle drei Stämme (WT3-1, WT3-2 und MI) konnte relativ zum Aus-gangsstamm WT eine durch die Gyrase-Mutation(en) verursachte verringerte negative Super-spiralisierung gezeigt werden (Tab. 4.1). Hierbei fällt auf, dass WT3-2 die stärkste Abnahme aufweist. Der Eekt ist bei MI weniger stark ausgeprägt und erfährt in WT3-1 mit der Dop-pelmutation wieder eine Erhöhung in Richtung WT-Niveau.

Durch diese Daten könnte die Annahme entstehen, dass eine Verringerung des Superspirali-sierungsgrads eventuell ungünstiger für die Zelle ist und damit ein Bestreben hin zum WT-Niveau bevorzugt wird. Dies wäre auch eine weitere Erklärung für die Tendenz zur Mutation an Position 83, ein normaler Superspiralisierunggrad (WT-Niveau) ist dem potentiellen Vorteil acrAB-Expressionserhöhung übergeordnet.

Ein Einuss der Aktivität von pacrAB auf die Wachstumsgeschwindigkeit kann nicht disku-tiert werden, da im Vergleich mehrerer Daten kein Unterschied zwischen den Stämmen zu erkennen ist (Tab. 4.1).

Die Ergebnisse zum Einuss von Ciprooxacin und Ooxcin in subinhibitorischen Konzentra-tionen (0,5x MHK) auf die Expression von acrAB ergaben eine geringe Abnahme der Aktivität von pacrAB um ca. 15-20 % für beide Fluorchinolone (Abb. 3.19). Dies zeigte sich sowohl für den Ausgangsstamm WT als auch für die ∆marR-Mutante MII (Tab. 3.6 und Tab 3.9).

Dabei wurden in beiden Experimenten (WT und MII) zur Ermittlung der spezischen Akti-vität sowohl RLU/OD %-Werte, als auch die RLU/Proteinmenge %-Werte bestimmt (Tab.

3.8 und Tab. 3.9). Die Bezugsgröÿe KBE erwies sich aufgrund der groÿen Schwankungen der Messwerte und der daraus resultierenden hohen Standardabweichung als unbrauchbar, so dass damit keine reproduzierbaren Daten gewonnen werden konnten (Tab. 3.7).

Die gezeigte Verringerung der Expression von acrAB konnte inzwischen (2006) teilweise von Bailey et al. mittels RT(real time)-PCR bestätigt werden [17]. In dieser Studie wurde der E. coli-Stamm MG1655 nach Zugabe von drei verschiedenen Konzentrationen Ciprooxacin (0,5x, 1x und 2x MHK) in unterschiedlichen Wachstumsphasen, sowie im Vergleich von Minimal- und reichhaltigem Medium, untersucht. Die Ergebnisse zum Einuss von 0,5x MHK in Minimal-Medium stimmen mit den in dieser Arbeit gemachten Beobachtungen überein, während in reichhaltigem Medium kein Eekt aufgezeigt werden konnte.

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Behandlung mit Fluorchinolonen (Ciprooxacin, Moxioxacin) zu einem erniedrigten negativen Superspiralisierungsgrad (Qsc) führt [16, 146], wie das auch schon für gyrA-Mutationen gezeigt werden konnte. Denn während ein Teil der in der Zelle vorhandenen Gyrase durch Zugabe subinhibitorischer Fluorchinolon-Konzentrationen im ternären Komplex gebunden ist, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eine re-plikative Helicase blockiert, kann ein ungebundener Teil die lebensnotwendige Funktion in eingeschränktem Ausmaÿ aufrecht erhalten. Doch während es bei gyrA-Punktmutationen zu einer Erhöhung der Aktivität von pacrAB kommt, tritt bei Zugabe von GyrA-Inhibitoren (Fluorchinolone) das Gegenteil auf.

Aufgrund dieser Ergebnisse kann eine Induktion der Expression von acrAB durch Fluorchino-lone ausgeschlossen werden.

4.2.2 Welchen Einuss hat der Superspiralisierungsgrad auf die Expression?

Weitere Untersuchungen zum Einuss des Superspiralisierungsgrads auf die Expression von acrAB sollten zunächst Aufschluss über eine mögliche Korrelation zwischen Qsc und RLU/OD % Quotient geben. Dazu wurden der Ausgangsstamm JTT1 und die isogenen Topoisomerase-Mutanten KD112 (gyrB226) und RS2 (topA10) untersucht (Tab. 2.10).

KD112 weist einen verringerten und RS2 einen erhöhten negativen Superspiralisierungsgrad im Vergleich zu JTT1 auf (Tab. 4.2). Diese Stämme wurden zusätzlich in An- und Abwe-senheit des GyrB-Inhibitors Novobiocin vermessen. Der Wirkmechanismus von Novobiocin beruht auf der Inhibition der Gyrase-Funktion durch Bindung an GyrB, genauer Inhibition der ATP-abhängigen Strangpassage durch das GyrB-Dimer mittels allosterischer Hemmung [37, 66]. Dadurch verursacht Novobiocin ebenso wie die gyrB-Mutation eine Verringerung des negativen Superspiralisierungsgrads (Tab. 4.2) [16].

Unter Zugrundelegung aller ermittelten Werte ergibt sich für RS2 kein signikanter Unter-schied in der Aktivität von pacrAB zum Ausgangsstamm JTT1 (Abschnitt 3.12.3, Abb.

3.21, Tab. 3.10 und Tab. 3.11). Für KD112 konnte hingegen eine deutliche Reduktion in der Expression von acrAB auf ca. 50 % gezeigt werden (Abb. 3.21, Tab. 3.10).

4.2 Einuss verschiedener Topoisomerase-Mutationen und -Inhibitoren auf die Expression von acrAB Stamm Novobiocin [µg/mL] Qsc *

JTT1 / 1,87

RS2 / 5,54

KD112 / 1,44

WT / 1,61

WT 25 1,01

WT 50 0,75

WT 75 0,45

Tabelle 4.2: Bekannte Daten bezüglich des Superspiralisierungsgrads (Qsc) verschiedener Stämme.

* Qsc, Quotient ptopA-bla/pgyrA-bla, gibt den relativen Superspiralisierungsgrad an [16].

Bei Zugabe des GyrB-Inhibitors Novobiocin in subinhibitorischer Konzentration (50µg/mL) kam es bei allen drei Stämmen, ähnlich wie durch die gyrB-Mutation in KD112, zu einer deutlichen Reduktion der Expression von acrAB um ca. 40 % (Abb. 3.21, Tab. 3.10).

Die Ergebnisse deuten auf keine systematische Korrelation zwischen einem höheren bzw.

niedrigeren globalen Superspiralisierungsgrad (Qsc-Wert) und der Veränderung der Expression von acrAB (RLU/OD %-Wert) hin. Gezeigt werden konnte jedoch ein reduzierender Einuss der gyrB-Mutation und des GyrB-Inhibitors Novobiocin auf die Expression von acrAB.

4.2.3 Zusammenfassung: Einuss verschiedener Topoisomerase-Mutationen und -Inhibitoren auf die Expression

Bei Punktmutationen in gyrA (S83L oder D87G) kommt es zu einer Erhöhung von ca. 150 % (MI) bzw. 210 % (WT3-2) der Expression von acrAB. Diese Ergebnisse könnten einen Einuss der AcrAB/TolC-Euxpumpe auf die Entstehung von Folgemutationen vermuten lassen und möglicherweise im Zusammenhang mit der von Lindgren et al. beschriebenen Erhöhung der Mutationsrate im Laufe der Entwicklung von Fluorchinolonresistenz in E. coli [118] stehen.

Zur weiteren Untersuchung könnten zunächst Ciprooxacin-Akkummulations-Experimente durchgeführt werden. Aufgrund der bestehenden Ergebnisse für MI (reduzierte Akkumula-tion) könnten in der Reihenfolge WT - WT3-1 - MI - WT3-2 absteigende Ciprooxacin-Konzentrationen erwartet werden, bedingt durch die in dieser Reihenfolge steigende acrAB-Expression.

Für den Einuss von Fluorchinolonen (Ciprooxacin, Ooxacin) selbst auf die Aktivität von pacrAB konnte eine Verringerung um 15-20 % gezeigt werden, weshalb eine Induktion der Expression von acrAB durch Fluorchinolone ausgeschlossen werden kann.

Ebenfalls ein reduzierender Einuss konnte für die gyrB-Mutation (gyrB226) und den GyrB-Inhibitor Novobiocin in Form einer Verringerung der Aktivität von pacrAB um ca. 40-50 % gezeigt werden.

Es scheint zwar keine systematische Korrelation zwischen einem höheren bzw. niedrigeren glo-balen Superspiralisierungsgrad (Qsc-Wert) und der Veränderung der Expression von acrAB (RLU/OD %-Wert) zu bestehen, jedoch deuten die Ergebnisse auf einen Einuss durch eine lokale Veränderung der Superspiralisierung hin. Da ein verringerter Superspiralisierungs-grad angegeben als erniedrigter Qsc-Wert (global) in einem Fall zu einer Erhöhung (gyrA-Mutation, Abschnitt 4.2.1), im anderen Fall zu einer Reduktion der Expression von acrAB (Fluorchinolone, gyrB-Mutation bzw. Novobiocin Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2) führt, könnte dafür eine für die RNA-Polymerase veränderte Zugänglichkeit des Promotors pacrAB (lokal) vermutet werden.

Bei dieser letzten Vermutung ist zu bedenken, dass dabei die Veränderungen der lokalen Superspiralisierung für den Promotor im Reportergenplasmid im Vergleich zum chromosomal codierten pacrAB unterschiedlich sein kann (Abschnitt 4.1.1).

Um die gewonnenen Daten zu unterstützen, müssten zusätzlich noch z.B. RT(real time)-PCRs, DNA-Microarrays oder Bestimmungen zur Proteinmenge (AcrA oder AcrB) durchge-führt werden.