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§ 1 Einführung I. Begriffsklärungen

Das öffentliche Verantwortlichkeitsrecht1hält einerseits die Haftung der

«Amtspersonen» oder «öffentlichen Organe» (Beamtenhaftung)2 und der Staatshaftung in der Ausgestaltung der Amtshaftung auseinander und geht andererseits von der Rechtsnatur der Haftung mit der Drei tei lung straf, disziplinar und zivil oder vermögensrechtlicher Verant wort -lichkeit aus. Diese Unterteilung entspricht der herkömmlichen Dok trin und auch der Gesetzgebung, wie sie beispielsweise in Art. 19 LVG in sei-ner Urfassung3oder auch in Art. 141 SRV zum Ausdruck kommt.

Wenn Dritte durch den Staat bzw. dessen Organe oder Beamte ge -schädigt werden, stellt sich die Frage, wer für die Wiedergutmachung ver antwortlich ist. Dies kann der Staat oder die für ihn handelnden Or -ga ne (Beamte) sein. Ist der Staat das Haftungssubjekt, so spricht man von Staatshaftung, andernfalls von Organ-4oder Beamtenhaftung. Beide

1 So die Terminologie im Gutachten von Schindler «Rechtliche Meinungsäusserung zu Fragen der Delegation von Verwaltungsaufgaben und der Verantwortlichkeit der Behörden, Beamten und des Staates», S. 7 ff. und im Bericht und Antrag der Regie rung vom 8. November 1963 an den Landtag über die Erlassung eines Verfassungs -ge setzes betreffend die Abänderung der Verfassung vom 5. Oktober 1921, LLA RF 292/72/10, S. 3 ff.

2 StGH-Gutachten vom 18. April 1931, ELG 1931, S. 15 (18 f.).

3 In der Zwischenzeit ist durch Art. 15 Abs. 6 Bst. b AHG der Wortlaut in der Weise geändert worden, dass an die Stelle der Worte «straf, disziplinar und zivil recht -lich» die Formulierung «nach der Verfassung und den einschlägigen Gesetzen» ge-treten ist. Die Absätze 2 bis 4 sind durch Art. 15 Abs. 6 Bst. c AHG aufgehoben worden.

4 Hier nicht verstanden als Haftung der Organe bei unmittelbarem Schaden im Sinn von Art. 7 AHG. Siehe dazu hinten S. 299 ff.

werden unter dem Begriff der Amtshaftung zusammengefasst. Unter der Amtshaftung versteht man demnach den Teil des Haftungsrechts, der sich mit dem Ausgleich des Schadens befasst, den Dritte durch Hand lun -gen staatlicher Organe erleiden.5Sie hat als eigenständiges Rechtsgebiet erst im Gesetz vom 22. September 1966 über die Amtshaftung6eine ent -spre chend umfassende Kodifikation gefunden.

II. Arten der Amtshaftung

1. Beamtenhaftung

Die Amtshaftung ist aus der Beamtenhaftung herausgewachsen. Danach können die Organe oder Beamten auf der Grundlage des Privatrechts belangt werden. Diese Art der Haftung birgt aber die Gefahr der Zah -lungs unfähigkeit des Beamten in sich und ist heute in der Gesetzgebung kaum mehr anzutreffen. Sie ist zudem nur dann denkbar, wenn die Haf -tung ein Verschulden voraussetzt.

2. Subsidiäre oder Ausfallhaftung des Staates

Die Beamtenhaftung kann durch eine subsidiäre Haftung des Staates, falls das staatliche Organ den Schaden nicht ersetzen kann, oder eine Aus fallhaftung des Staates ergänzt sein, wonach er für den ungedeckten Teil der Schadenersatzforderungen aufkommt. Es kann neben den Orga -nen auch eine alternative Verantwortlichkeit des Staates bestehen, die dem Geschädigten die Wahl des Haftpflichtsubjektes offen lässt.

5 Zur Typologie der staatlichen Entschädigungssysteme siehe Gross, Staatshaftungs -recht, S. 1 ff.

6 Mit dem Gesetz vom 22. September 1966 über die Amtshaftung hat sich der Gesetz -ge ber für eine Rezeption des österreichischen Amtshaftungs-gesetzes entschieden.

Nach seiner Auffassung spricht für den Gesetzestitel «Amtshaftung» der Umstand, dass die Haftung aus amtlicher Tätigkeit erfliesse. Dieser Ausdruck sei im Übrigen kürzer und sachlich genauer als «Verantwortlichkeit». Er finde sich auch in Art. 10 Abs. 2 schweizerischösterreichisches Grenzabfertigungsabkommen, dem Liech -ten stein beigetre-ten sei. So Bericht und Antrag der Regierung vom 13. April 1966 an den Landtag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Amtshaftung, LLA RF 296/72/24, S. 3.

3. Primäre Haftung des Staates

Bei der primären Haftung7tritt der Staat selber als Haftpflichtsubjekt an die Stelle seiner Organe und kann vom Geschädigten ausschliesslich und direkt belangt werden. Das heisst, dass die Schadenersatzpflicht des Staa tes von derjenigen der für ihn handelnden Organe abhängig bleibt.

Sie kann dabei auch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sein, wie dies beim Amtshaftungsgesetz der Fall ist, das noch am Verschulden der für den Staat handelnden Organe festhält. Die Besonderheit liegt darin, dass der Staat an ihrer Stelle haftet, so dass der Geschädigte auf sie kei-nen haftungsrechtlichen Zugriff hat. Er kann seine Ersatzansprüche nur gegenüber dem Staat geltend machen.

4. Originäre Haftung des Staates

Von originärer Haftung des Staates spricht man, wenn der Staat selber Haf tungssubjekt ist, d. h. der Staat aus ihn selbst treffender Handlungs -zu rechnung haftet. Bei dieser Haftungsform handelt es sich nicht mehr um eine auf ihn übergeleitete Haftung des für ihn handelnden Organs, für das er die vermögensrechtliche Verantwortung übernimmt und die man Amtshaftung nennt.8

III. Verschuldens- und Kausalhaftung

Im klassischen Amts oder Staatshaftungsrecht werden auch ver schie dene Haftungssysteme unterschieden. Als Entschädigungssys te me kom -men vorzugsweise die Verschuldens- und Kausalhaftung in Be tracht.

1. Verschuldenshaftung

Bedarf es auf Seiten des Schädigers zusätzlich eines Verschuldens, so spricht man von der Verschuldenshaftung. In der Regel obliegt dem Ge

-7 Die Terminologie ist im schweizerischen Staatshaftungsrecht uneinheitlich.

8 Vgl. für Deutschland Ossenbühl, S. 7; für die Schweiz Salzgeber, S. 95.

schädigten der Nachweis, dass das staatliche Organ ein Verschulden trifft. Davon gibt es allerdings auch Ausnahmen. So weicht in diesem Punkt Art. 3 Abs. 5 AHG in dem Sinn ab, dass eine Haftung des Staates dann besteht, wenn er nicht nachweisen kann, dass seine Organe kein Ver schulden trifft. Es ist in diesem Zusammenhang auch die Rede von einer «milden Kausalhaftung mit Verschuldenpräsumption»9, da bei die-ser Verschuldenshaftung die Beweislast umgekehrt wird.

2. Kausalhaftung

Ist das Verschulden ohne Belang, so spricht man von der Kausalhaftung.

Der Staat haftet in diesem Fall für jeden Schaden, der aus einem wider -rechtlichen Verhalten seiner Organe entstanden ist.

IV. Amtshaftungsrecht

Das Amtshaftungsrecht regelt die Haftung «öffentlicher Rechtsträger», wenn in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit einem Dritten wider recht -lich ein Schaden zugefügt wurde. So schreibt das Amtshaftungsgesetz vor, wie Schaden aus «amtlicher Tätigkeit» ersetzt werden soll. Danach ist neben dem Schadenseintritt, ein schuldhaftes Handeln oder Unterlas -sen in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit, die Widerrechtlichkeit sowie der adäquate Kausalzusammenhang Voraussetzung der Haftung.

V. Entwicklung des Amts- oder Staatshaftungsrechts

Die Entwicklung des Amts- oder Staatshaftungsrechts verläuft unter dem Blickwinkel der Verfassung 1921 in zwei Etappen, nämlich in einer vor und einer nach der Verfassungsänderung von 1963. Dement spre -chend verschieden ist auch die Rechtslage, da die Verfassung jeweils die Grundlage für die gesetzliche Ausgestaltung ist. Die notwendige Kodi -fi kation des Amts- oder Staatshaftungsrechts erfolgte im Anschluss an

9 Gross, Staatshaftungsrecht, S. 79.

die Verfassungsänderung 1963 im Gesetz vom 22. September 1966 über die Amtshaftung. Es wurde ein neuer Art. 109bis(neu: Art. 109 LV) in die Verfassung eingefügt, der den gesetzlichen Rahmen absteckt. Er ist so abgefasst worden, dass auch eine verschuldensunabhängige Haftung Platz greifen kann und sollte.10

Die nachfolgende Entwicklung und Darstellung des Amts- oder Staats haftungsrechts orientiert sich am Rechtszustand, wie er sich in die -sen zwei Verfassungsperioden prä-sentiert.

§ 2 Entstehungsgeschichte I. Vormaliger Rechtszustand

1. Allgemeines

Die Verfassung kennt in ihrer ursprünglichen Fassung von 1921 für Amts pflichtverletzungen sowohl im Bereich der Gerichtsbarkeit als auch im Bereich der Verwaltung eine (vermögensrechtliche) Haftung des Staates. Soweit die Verfassung darauf Bezug nimmt, sind es die Be stim -mungen der Art. 103 Abs. 3 und 4 und 104 Abs. 2. Nach Art. 103 LV ist das Obergericht Syndikatsgericht erster Instanz (Abs. 2). Der Oberste Gerichtshof fungiert als letzte Instanz (Abs. 3). In Art. 104 Abs. 2 2. Satz LV ist vorgesehen, dass der Staatsgerichtshof als Verwaltungsgerichts hof unter anderem über Klagen des Landtages auf Schadensersatzpflicht der Mit glieder und Beamten der Regierung wegen behaupteter Pflichtver let -zungen entscheidet.

2. Amtshaftung für Akte der Rechtsprechung

Die entsprechenden gesetzlichen Ausführungsvorschriften sind nicht er -las sen worden. Das Gerichtsorganisations-Gesetz vom 7. April 1922 wiederholt in § 6 lediglich den Verfassungstext, so dass ausser einer Zu -stän digkeitsvorschrift eine gesetzliche Regelung der Syndikatssachen

10 Vgl. Schindler, S. 16; ausführlicher hinten S. 191 f.

fehlt. Demnach bestand in diesem Bereich keine Amtshaftung. Das heisst, dass ein Gesetz, das die Haftpflicht für die staatliche Ge richts -barkeit festgelegt hätte, nicht vorhanden war. In der Praxis ist denn auch eine solche Amtshaftung nicht anzutreffen. Man kann annehmen, dass die liechtensteinische Verfassung von der Regelung des österreichischen Syndikatsgesetzes von 1872 ausgegangen ist. Die Syndikatsklage war eine Schadenersatzklage gegen einen Beamten, besonders einen Richter, der eine Partei pflichtwidrig geschädigt hatte.11 Der Wortlaut von § 6 Abs. 2, 3 und 4 GOG12dürfte zumindest darauf hindeuten, dass ähnlich wie im österreichischen Syndikatsgesetz die Mitglieder des Obergerichts und des Obersten Gerichtshofs von der Syndikatshaftung ausgenommen sein sollten.13

3. Amtshaftung für Akte der Verwaltung a) Verwaltungsverfahren

aa) Gesetzesgrundlagen

Für den Verwaltungsbereich traf das Landesverwaltungspflegegesetz vom 21. April 1922 in Art. 19 Abs. 3 eine Regelung. Danach haften das Land und die Mitglieder der Regierung und der Verwaltungs beschwerde instanz (neu: Verwaltungsgerichtshof) oder andere nach die -sem Gesetz entscheidende oder verfügende Amtspersonen zivil recht lich soli da risch für die in Ausübung der Amtswirksamkeit schuld barer weise be gangene Überschreitung der Amtspflicht, wenn einer Partei durch eine Rechtsverletzung ein Schaden zugefügt worden ist und wenn gegen die se Schädigung die im ordentlichen Verwaltungsverfahren festgesetz ten Mittel eine Abhilfe nicht gewährt haben. Dem Staat bleibt das Rück

-11 Schindler, S. 11; vgl. auch StGH 1960/2, Entscheidung vom 11. August 1960, ELG 1955 bis 1961, S. 135 (136), wo von einer «Syndikatsklage» die Rede ist, bei der eine Amtspflichtverletzung eines Landrichters geltend gemacht und das Begehren ge stellt wird, «das Land auch für die Handlungen des Landrichters schadens ersatz -pflichtig zu erklären».

12 Abs. 3 und der letzte Satz von Abs. 4 sind durch Art. 15 Abs. 4 AHG aufgehoben worden.

13 Zum österreichischen Syndikatsgesetz vom 12. Juli 1872, RGBl Nr. 112; siehe Spanner, S. 507.

griffs recht auf die schuldtragende Amtsperson vorbehalten. Das be deu tet, dass primär der Staat belangt werden kann. Dafür stand das ordent -liche Verwaltungsverfahren zur Verfügung, wonach gemäss Art. 104 Abs. 2 LV der Staatsgerichtshof als Verwaltungsgerichtshof entschei -dungs zuständig war. In Ausführung dieser Verfassungs be stim mung ord-nete Art. 14 altStGHG14an, dass der Staatsgerichtshof als erste und einzige Instanz zur Beurteilung über Klagen des Landtages gegen Mit glieder und Beamte der Regierung auf Schadenersatz wegen Pflicht ver -letzung zuständig sei. Art. 54 Abs. 1 altStGHG15hielt fest, dass, soweit nach den bestehenden Vorschriften die Verwaltungsbeamten des Staates wegen der in Ausübung ihres Amtes begangenen Handlungen zu Scha den ersatz verpflichtet seien, dessen Geltendmachung vor dem Staats -gerichtshof als einziger Instanz erfolge, soweit Verfassung und Gesetz nicht Ausnahmen vorsehen.16

ab) Widersprüchliche Haftungsregelung

Diese Haftungsregelung erwies sich als widersprüchlich und mit der Verfassung nicht vereinbar. Art. 19 Abs. 3 LVG und 54 Abs. 1 altStGHG erweckten nämlich vom Wortlaut her ganz allgemein den Anschein bzw.

gaben vor, es könnten geschädigte Privatpersonen ihre Schadenersatz an sprü che unmittelbar beim Staatsgerichtshof geltend machen, während -dem ihnen dieser direkte Zugang zum Staatsgerichtshof durch Art. 104 Abs. 2 LV verwehrt war. Diese Verfassungsbestimmung liess nur Klagen des Landtages auf Schadenersatzpflicht der Mitglieder und Beamten der Regierung wegen behaupteter Pflichtverletzungen zu. In diesem Sinn äusserte sich auch der Staatsgerichtshof, der in mehreren Entschei dun

-14 Geändert durch Art. 15 Abs. 9 Bst. b AHG. Das Gesetz vom 5. November 1925 über den Staatsgerichtshof (altStGHG), LGBl 1925 Nr. 8, ist durch Art. 59 Bst. a StGHG aufgehoben worden.

15 Aufgehoben durch Art. 15 Abs. 9 Bst. e AHG.

16 StGH-Urteil vom 15. Dezember 1945, nicht veröffentlicht, S. 3; StGH 1963/4, Entscheidung vom 30. Juli 1964, ELG 1962 bis 1966, S. 213 ff. und StGH 1964/4, Entscheidung vom 22. Oktober 1964, ELG 1962 bis 1966, S. 215 (216 f.). Noch nicht so klar ist der Staatsgerichtshof in seinem Gutachten vom 18. April 1931, ELG 1931, S. 15 (19), wenn er dort seine Zuständigkeit in zweifacher Hinsicht festlegt und ausführt: «Der Staatsgerichtshof ist nur zuständig zur Entscheidung über Scha dens -ersatzklagen des Landtages gegen Mitglieder und Beamte der Regierung (Art. 104 der Verfassung) und zur Entscheidung über Schadensersatzklagen gegen Hoheits -beamte im Sinne des Art. 19 LVG».

gen17einer gesetzlichen Ausweitung der verfassungsmässig festgelegten Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes in dieser Angelegenheit ent ge gen -trat und die Aktivlegitimation der Kläger verneinte.

b) Charakterisierung des Entschädigungssystems ba) Wahlmöglichkeit

Sieht man vorerst davon ab, dass die gesetzliche mit der verfassungs recht lichen Haftungsregelung nicht übereinstimmte, kann man fest hal -ten, dass auf gesetzlicher Ebene eine «alternative Verantwortlichkeit»

des Staates neben dem Beamten galt, die auch als «solidarische» oder

«solidare» Amts- oder Staatshaftung bezeichnet wird.18Der Geschädigte hatte die Wahl, welches von beiden Haftungssubjekten oder ob er beide – Staat und Staatsorgan – belangen wollte. Das bedeutet, dass in der Re -gel der Staat für haftbar erklärt wird.19Auf diesen Aspekt der «Soli dar -haf tung» des Landes machte damals auch der Staatsgerichtshof aufmerk-sam.20 Ein solcher Haftungstyp ist der primären Organ- oder Beamtenhaftung vorzuziehen, der das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des belangten Beamten und damit der Zufälligkeit effektiver Entschä di -gung des Bürgers entgegensteht.21Er kommt damit insbesondere auch den kleinstaatlichen engen Verhältnissen, wie sie im Fürstentum Liech -ten stein vorherrschen, entgegen.

bb) Klage des Landtages

Zieht man die damalige Verfassungslage in Betracht, so stellt man fest, dass zwar im Verwaltungsbereich ein Haftungssystem zur Verfügung stand, nach dem primär der Staat belangt werden konnte, dies aber nur indirekt im Weg einer Klage des Landtages an den Staatsgerichtshof möglich war. Ein «direktes Klagerecht» der geschädigten Partei blieb aus geschlossen. Die Haftungssubjekte – in erster Linie der Staat – konn

-17 StGH 1960/2, Entscheidung vom 11. August 1960, ELG 1955 bis 1961, S. 135 (137);

StGH 1960/13, Entscheidung vom 9. Februar 1961, ELG 1955 bis 1961, S. 183 (185);

StGH 1963/4, Entscheidung vom 30. Juli 1964, ELG 1962 bis 1966, S. 213 f.; vgl.

auch Schindler, S. 12 f.

18 Vgl. Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 473, Rdnr. 2228; Jaag, Staats-und Beamtenhaftung, S. 2; Schwarzenbach-Hanhart, S. 23.

19 Schwarzenbach-Hanhart, S. 25.

20 StGH 1960/13, Entscheidung vom 9. Februar 1961, ELG 1955 bis 1961, S. 183 (186).

21 Vgl. Gross, Staatshaftungsrecht, S. 3.

ten lediglich über Klage des Landtages beim Staatsgerichtshof zur Re -chen schaft gezogen werden. Es versteht sich, dass dieser Weg auch dann einzuhalten war, wenn der Geschädigte zuerst die «Amtsperson» be -langte und erst dann den Ersatz des Schadens vom Staat forderte, wenn sie den Schaden nicht decken konnte.

bc) Hoheitliche Stellung des Gemeinwesens

Diesem Haftungsprinzip lag bis zu einem gewissen Grad die Vorstellung zugrunde, dass sich das Gemeinwesen auf Grund seiner hoheitlichen Stel lung dem gemeinen Recht der Bürger entziehe und seinem Handeln schon begriffsnotwendig nicht der Makel der Widerrechtlichkeit an -haften könne.22In diese Richtung zielt auch die Äusserung des Staats ge -richtshofes, wenn er zu bedenken gibt, dass die Bestimmung, wonach Klagen auf Schadenersatz gegen Mitglieder der Regierung und gegen Beamte nur durch den Landtag eingebracht werden können, auch ihre

«Berechtigung» habe, «damit die Mitglieder der Regierung und die Be -am ten nicht einfach von jedem vermeintlich Geschädigten eingeklagt werden können».23Es scheint damals noch vertretbar gewesen zu sein, dass eine Klage an den Staatsgerichtshof nur über ein staatliches Organ, den Landtag als Volksvertretung, erfolgen konnte. Überzeugende Gründe, die dieses System hätten rechtfertigen können, gab es aber nicht.

c) Notwendigkeit einer Reform

Neben der Zwiespältigkeit fällt auch die Ineffizienz dieses Amts- oder Staats haftungssystems auf, die im Wesentlichen eine Folge der verfas -sungs rechtlichen Einschränkung der Klage war. Es überrascht daher nicht, dass es «rechtspolitisch als unzeitgemäss und den Rechten des Staatsbürgers als abträglich»24kritisiert wurde. Hinzu kam, dass sich die Rechtslage unübersichtlich präsentierte. Ein gravierender Mangel war auch, dass die richterlichen Behörden ausgeklammert blieben, wie dies

22 Gross, Staatshaftungsrecht, S. 3; vgl. auch Fleiner-Gerster, S. 342.

23 StGH 1960/13, Entscheidung vom 9. Februar 1961, ELG 1955 bis 1961, S. 183 (186).

24 StGH 1980/13, Entscheidung vom 9. Februar 1961, ELG 1955 bis 1961, S. 183 (185).

verschiedentlich an Beschwerdefällen offenkundig wurde.25Von den Be -stim mungen über die zivilrechtliche Haftung nicht erfasst wurden auch Gemeindebehörden und Mitglieder von Kommissionen, denen Behör -den charakter zukommt, Mitglieder der leiten-den und kontrollieren-den Organe, und teilweise auch der Beamten der selbständigen Körper schaf -ten, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.26 Ein solcher Rechts zustand lässt den Schluss zu, dass in Klagefällen keine Entschä di -gung gewährt werden konnte, obwohl Überle-gungen der Gerechtigkeit und Billigkeit dies erfordert hätten. Der Gesetzgeber sah sich jedenfalls zu einer Korrektur veranlasst und hat in der Folge eine umfassende Re -ge lung der Amtshaftung in An griff -genommen.

4. Sonderregelungen a) Allgemeines

Neben dem Landesverwaltungspflegegesetz finden sich für einzelne Ver waltungszweige auch in anderen Gesetzen besondere Haf tungs be -stimmungen. Dabei handelt es sich insbesondere um Gesetze, die unter dem Einflussbereich schweizerischen Rechts standen, das rezipiert wur-de owur-der auf Grund wur-des Zollvertrages mit wur-der Schweiz im Fürstentum Liech tenstein anwendbar waren. Neben der Verschuldenshaftung sind ver einzelt auch andere Entschädigungssysteme, wie die Kausal und Ge -fähr dungshaftung anzutreffen. Aus diesem Grund behält denn auch Art. 244 Abs. 5 PGR die besonderen Vorschriften über die Haftung der (öffentlichrechtlichen) Verbandspersonen für öffentlichrechtliche Ent -schä digung wegen unrechtmässiger Ausübung der ihren Organen, Beam ten und Angestellten anvertrauten öffentlichen Gewalt vor.

Sondernormen der Amts- oder Staatshaftung können beispielhaft in den folgenden Sachgebieten ausgemacht werden. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass auch dort, wo ein direktes Klagerecht der geschä dig ten Partei vorgesehen war, ein solches aus verfassungsrechtlichen Grün -den nicht in Frage kam.

25 StGH 1960/2, Entscheidung vom 11. August 1960, ELG 1955 bis 1961, S. 135 (137) und StGH 1960/13, Entscheidung vom 9. Februar 1961, ELG 1955 bis 1961, S. 183 (185).

26 Vgl. Schindler, S. 14.

b) Personen- und Gesellschaftsrecht ba) Zivilstandsregister

Das Personen und Gesellschaftsrecht statuierte für das Zivilstands we sen in Anlehnung an das schweizerische Recht eine primäre Beamten -haf tung. Darunter ist die vermögensrechtliche Verantwortlichkeit des Beamten für eine in Ausübung seines Amtes schuldhaft verursachte wi-derrechtliche Schädigung zu verstehen. Nach Art. 63 Abs. 1 PGR sind die Registerführer27und die ihnen unmittelbar vorgesetzten Aufsichts -organe persönlich für allen Schaden verantwortlich, den sie oder die von ihnen benützten Personen durch ihr Verschulden in Ausführung ihres Amtes verursachen.28Der Beamte konnte auf der Grundlage des Privat -rechts belangt werden. Wurde der Schaden durch den verantwortlichen Registerführer nicht gedeckt, so hatte das Land den Ausfall zu tragen (Art. 63 Abs. 3 PGR).29Die primäre Verschuldenshaftung ist hier kom -bi niert mit einer subsidiären Ausfallhaftung des Staates.30

bb) Öffentlichkeitsregister

Eine Verschuldenshaftung war auch für den Registerführer des Öffent -lich keitsregisters vorgesehen. Er war nach Art. 957 Abs. 5 PGR31für seine Amtsverrichtungen «gleichwie die Zivilstandsregisterführer» zivil recht lich unter der Voraussetzung verantwortlich, dass eine strafgericht -liche Verurteilung vorausgegangen oder der Schaden von ihm absichtlich hervorgerufen worden war. Da die Haftungsform derjenigen der Zivil stands registerführer entsprach, musste sich der Geschädigte auch in die -sem Fall primär an den fehlbaren Registerführer halten, der für den Scha den einzustehen hatte. Der Staat haftete nur für den Ausfall, d. h.

so weit der Schaden durch ihn nicht gedeckt wurde.

27 Nach § 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 1917 betreffend die staatliche Matriken -führung (aufgehoben durch Ziff. VI des Gesetzes vom 9. Mai 1972 betreffend die Ab änderung des Personen-und Gesellschaftsrechtes vom 20. Jänner 1926, LGBl 1972 Nr. 36) hatten die Inhaber der Pfarrpfründen (Pfarrer) das Zivilstandswesen zu besorgen.

28 Art. 63 Abs. 1 PGR ist durch Art. 15 Abs. 10 Bst. a AHG aufgehoben worden.

29 Art. 63 Abs. 3 PGR ist durch Art. 15 Abs. 10 Bst. a AHG aufgehoben worden.

30 Vgl. für die Schweiz Art. 42 ZGB und dazu Gross, Staatshaftungsrecht, S. 26.

31 Aufgehoben durch das AHG, wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt.

c) Sachenrecht

Im Grundbuchwesen galt die Kausalhaftung. Nach Art. 552 Abs. 1 SR32 war nämlich der Staat für allen Schaden verantwortlich, der aus der

Im Grundbuchwesen galt die Kausalhaftung. Nach Art. 552 Abs. 1 SR32 war nämlich der Staat für allen Schaden verantwortlich, der aus der