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Entschließung der 63. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der

Länder am 07./08. März 2002:

Biometrische Merkmale in Personalausweisen und Pässen

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat einge-hend über Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der beabsichtigten Einführung biometrischer Merkmale in Ausweisen und Pässen diskutiert. Sie hat ein Positionspapier des Arbeitskreises Technik, das detaillierte Prüfpunkte für die Erpro-bungsphase einer solcher Maßnahme nennt, zustimmend zur Kenntnis genommen.

Für den Fall, dass das Vorhaben trotz noch bestehender Bedenken realisiert werden sollte, hat sie übereinstimmend folgende Anforderungen formuliert:

1. Fälschliche Zurückweisungen berechtigter Personen durch automatisierte Perso-nenerkennungssysteme sind auch bei ständiger Verbesserung der Technik prin-zipiell nicht zu vermeiden. Es dürfen deshalb nur Verfahren in Betracht gezogen werden, bei denen die Fehlerquote zumutbar gering ist. In Fehlerfällen muss da-für Sorge getragen werden, dass eine die Betroffenen nicht diskriminierende ra-sche Aufklärung erfolgt.

2. Zu berücksichtigen ist, dass bei der Anwendung biometrischer Verfahren Zusatz-informationen anfallen können (z.B. Krankheits-, Unfall-, Beschäftigungsindikato-ren). Es muss sichergestellt werden, dass die gespeicherten und verarbeiteten Daten keine Rückschlüsse auf zusätzliche personenbezogene Merkmale erlau-ben.

3. Systeme, die biometrische Daten aus Ausweisen ohne Kenntnis der Betroffenen verarbeiten (sog. passive Systeme), sind abzulehnen.

4. Der Gesetzgeber hat die Verwendung biometrischer Daten in Ausweisen und Pässen grundsätzlich auf die Feststellung beschränkt, dass die dort gespeicher-ten Dagespeicher-ten mit den Merkmalen der jeweiligen Ausweisinhaber und -inhaberinnen übereinstimmen; dies muss erhalten bleiben. Die Verwendung der biometrischen Merkmale für andere öffentliche Zwecke (außer der gesetzlich zugelassenen Verwendung aus dem Fahndungsbestand) wie auch für privatrechtliche Zwecke (Versicherung, Gesundheitssystem) ist auszuschließen. Deshalb hat der Gesetz-geber zu Recht die Einrichtung zentraler Dateien ausgeschlossen. Diese gesetz-geberische Entscheidung darf nicht durch den Aufbau dezentraler Dateien um-gangen werden.

5. Die Entscheidung über das auszuwählende biometrische Erkennungssystem ver-langt ein abgestimmtes europäisches Vorgehen.

Anlage 13 Entschließung der 63. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 07./08. März 2002:

Neues Abrufverfahren bei den Kreditinstituten

Nach der Novelle des Gesetzes über das Kreditwesen soll die zuständige Bundes-anstalt die von den Kreditinstituten vorzuhaltenden Daten, wer welche Konten und Depots hat, ohne Kenntnis der Kundinnen und Kunden zur eigenen Aufgabenerfül-lung oder zu Gunsten anderer öffentlicher Stellen abrufen können. Dies ist ein neuer Eingriff in die Vertraulichkeit der Bankbeziehungen.

Dieser Eingriff in die Vertraulichkeit der Bankbeziehungen muss gegenüber den Kundinnen und Kunden zumindest durch eine aussagekräftige Information transpa-rent gemacht werden. Die Konferenz fordert daher, dass zugleich mit der Einführung dieses Abrufverfahrens eine Verpflichtung der Kreditinstitute zur generellen Informa-tion der Kundinnen und Kunden vorgesehen wird und diese die Kenntnisnahme schriftlich bestätigen. Dadurch soll zugleich eine effektive Wahrnehmung des Aus-kunftsrechts der Kundinnen und Kunden gewährleistet werden.

Die Erweiterung der Pflichten der Kreditinstitute, Kontenbewegungen auf die Einhal-tung gesetzlicher Bestimmungen mit Hilfe von EDV-Programmen zu überprüfen, ver-pflichtet die Kreditinstitute außerdem zu einer entsprechend intensiven Kontenüber-wachung (sog. "know your customer principle"). Die Konferenz der Datenschutzbe-auftragten des Bundes und der Länder fordert, dass die Überprüfung in einer Weise stattfindet, die ein datenschutzkonformes Vorgehen sicherstellt.

Anlage 14 Entschließung der 63. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 07./08. März 2002:

Zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internet-Diensten am Arbeitsplatz

1. Die Arbeitsplätze mit Internet-Zugang sind so zu gestalten, dass keine oder mög-lichst wenige personenbezogene Daten erhoben werden. Die Nutzung des Inter-net am Arbeitsplatz darf nicht zu einer vollständigen Kontrolle der Bediensteten führen. Präventive Maßnahmen gegen eine unbefugte Nutzung sind nachträgli-chen Kontrollen vorzuziehen.

2. Die Beschäftigten sind umfassend darüber zu informieren, für welche Zwecke sie einen Internet-Zugang am Arbeitsplatz nutzen dürfen und auf welche Weise der Arbeitgeber die Einhaltung der Nutzungsbedingungen kontrolliert.

3. Fragen der Protokollierung und einzelfallbezogenen Überprüfung bei Miss-brauchsverdacht sind durch Dienstvereinbarungen zu regeln. Die Kommunikati-on vKommunikati-on schweigepflichtigen PersKommunikati-onen und PersKommunikati-onalvertretungen muss vor einer Überwachung grundsätzlich geschützt bleiben.

4. Soweit die Protokollierung der Internet-Nutzung aus Gründen des Datenschut-zes, der Datensicherheit oder des ordnungsgemäßen Betriebs der Verfahren notwendig ist, dürfen die dabei anfallenden Daten nicht zur Leistungs- und Ver-haltenskontrolle verwendet werden.

5. Wird den Beschäftigten die private E-Mail-Nutzung gestattet, so ist diese elek-tronische Post vom Telekommunikationsgeheimnis geschützt. Der Arbeitgeber darf ihren Inhalt grundsätzlich nicht zur Kenntnis nehmen, und hat dazu die er-forderlichen technischen und organisatorischen Vorkehrungen zu treffen.

6. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die private Nutzung des Internet am Ar-beitsplatz zu gestatten. Wenn er dies gleichwohl tut, kann er die Gestattung un-ter Beachtung der hier genannten Grundsätze davon abhängig machen, dass die Beschäftigten einer Protokollierung zur Durchführung einer angemessenen Kon-trolle der Netzaktivitäten zustimmen.

7. Die gleichen Bedingungen wie bei der Nutzung des Internet müssen prinzipiell bei der Nutzung von Intranets gelten.

Die Datenschutzbeauftragten fordern den Bundesgesetzgeber auf, auch wegen des Überwachungspotentials moderner Informations- und Kommunikationstechnik am Arbeitsplatz die Verabschiedung eines umfassenden Arbeitnehmerdatenschutzge-setzes nicht länger aufzuschieben.

Anlage 15 Entschließung der 63. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 07./08. März 2002:

Umgang mit personenbezogenen Daten bei Anbietern von Tele-, Medien- und Telekommunikationsdiensten

Mit der rasch wachsenden Nutzung des Internet kommt dem datenschutzgerechten Umgang mit den dabei anfallenden Daten der Nutzerinnen und Nutzer immer größe-re Bedeutung zu. Die Datenschutzbeauftragten haben begröße-reits in der Vergangenheit (Entschließung der 59. Konferenz "Für eine freie Telekommunikation in einer freien Gesellschaft") darauf hingewiesen, dass das Telekommunikationsgeheimnis eine unabdingbare Voraussetzung für eine freiheitliche demokratische Kommunikations-gesellschaft ist. Seine Geltung erstreckt sich auch auf Multimedia- und E-Mail-Dienste.

Die Datenschutzbeauftragten betonen, dass das von ihnen geforderte in sich schlüs-sige System von Regelungen staatlicher Eingriffe in das Kommunikationsverhalten, das dem besonderen Gewicht des Grundrechts auf unbeobachtete Telekommunika-tion unter Beachtung der legitimen staatlichen Sicherheitsinteressen Rechnung trägt, nach wie vor fehlt. Die Strafprozessordnung (und seit dem 1.1.2002 das Recht der Nachrichtendienste) enthält ausreichende Befugnisse, um den Strafverfolgungsbe-hörden (und den Nachrichtendiensten) im Einzelfall den Zugriff auf bei den Anbietern vorhandene personenbezogene Daten zu ermöglichen. Für eine zusätzliche Erweite-rung dieser Regelungen z.B. hin zu einer Pflicht zur VorratsdatenspeicheErweite-rung be-steht nicht nur kein Bedarf, sondern eine solche Pflicht würde dem Grundrecht auf unbeobachtete Kommunikation nicht gerecht, weil damit jede Handlung (jeder Maus-klick) im Netz staatlicher Beobachtung unterworfen würde.

In keinem Fall sind Anbieter von Tele-, Medien- und Telekommunikationsdiensten berechtigt oder verpflichtet, generell Daten über ihre Nutzerinnen und Nutzer auf Vor-rat zu erheben, zu speichern oder herauszugeben, die sie zu keinem Zeitpunkt für eigene Zwecke (Herstellung der Verbindung, Abrechnung) benötigen. Sie können nur im Einzelfall berechtigt sein oder verpflichtet werden, bei Vorliegen ausdrücklicher gesetzlicher Voraussetzungen Nachrichteninhalte, Verbindungsdaten und bestimmte Daten (Nutzungsdaten), die sie ursprünglich für eigene Zwecke benötigt haben und nach den Bestimmungen des Multimedia-Datenschutzrechts löschen müssten, den Strafverfolgungsbehörden (oder Nachrichtendiensten) zu übermitteln.

Anlage 16 Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes

und der Länder vom 24. Mai 2002:

Geplanter Identifikationszwang in der Telekommunikation

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat einen Entwurf zur Ände-rung des Telekommunikationsgesetzes veröffentlicht. Der Entwurf hat das Ziel, jeden Anbieter, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt, dazu zu verpflich-ten, Namen, Anschrifverpflich-ten, Geburtsdaten und Rufnummern seiner Kundinnen und Kunden zu erheben. Die Kundinnen und Kunden werden verpflichtet, dafür ihren Personalausweis vorzulegen, dessen Nummer ebenfalls gespeichert werden soll. Die beabsichtigten Änderungen sollen in erster Linie dazu führen, auch Nutzerinnen und Nutzer von Prepaid-Karten (also die Erwerberinnen und Erwerber von SIM-Karten ohne Vertrag) im Mobilfunk erfassen zu können. Die erhobenen Daten sollen allein dem Zweck dienen, den Sicherheitsbehörden zum jederzeitigen Online-Abruf über die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post bereitzustehen. Im glei-chen Zuge sollen die Zugriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden auf diese Daten dadurch erheblich erweitert werden, indem auf die Kundendateien nach abstrakten Merkmalen zugegriffen werden kann.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder lehnen dieses Vorhaben ab. Unter der unscheinbaren Überschrift "Schließen von Regelungslücken" stehen grundlegende Prinzipien des Datenschutzes zur Disposition. Kritikwürdig an dem ge-planten Gesetz sind insbesondere die folgenden Punkte:

Der geplante Grundrechtseingriff ist nicht erforderlich, um die Ermittlungstätig-keit der Sicherheitsbehörden zu erleichtern. Seine Eignung ist zweifelhaft:

Auch die Gesetzesänderung wird nicht verhindern, dass Straftäterinnen und Straftäter bewusst und gezielt in kurzen Zeitabständen neue Prepaid-Karten erwerben, Strohleute zum Erwerb einsetzen, die Karten häufig - teilweise nach jedem Telefonat - wechseln oder die Karten untereinander tauschen. In der Begründung wird nicht plausibel dargelegt, dass mit dem geltenden Recht die Ermittlungstätigkeit tatsächlich behindert und durch die geplante Änderung er-leichtert wird. Derzeit laufende Forschungsvorhaben beziehen diese Frage nicht mit ein.

Der Entwurf widerspricht auch dem in den Datenschutzrichtlinien der Europäi-schen Union verankerten Grundsatz, dass Unternehmen nur solche perso-nenbezogenen Daten verarbeiten dürfen, die sie selbst zur Erbringung einer bestimmten Dienstleistung benötigen.

Die Anbieter würden eine Reihe von Daten auf Vorrat speichern müssen, die sie selbst für den Vertrag mit ihren Kunden nicht benötigen. Die ganz über-wiegende Zahl der Nutzerinnen und Nutzer von Prepaid-Karten, darunter eine große Zahl Minderjähriger, würde registriert, obwohl sie sich völlig rechtmäßig verhalten und ihre Daten demzufolge für die Ermittlungstätigkeit der

Strafver-• Die gesetzliche Verpflichtung, sich an dem Ziel von Datenvermeidung und Datensparsamkeit auszurichten, würde konterkariert. Gerade die Prepaid-Karten sind ein gutes praktisches Beispiel für den Einsatz datenschutzfreund-licher Technologien, da sie anonymes Kommunizieren auf unkomplizierte Weise ermöglichen. Die Nutzung dieser Angebote darf deshalb nicht von der Speicherung von Bestandsdaten abhängig gemacht werden.

Mit der Verpflichtung, den Personalausweis vorzulegen, würden die Anbieter zusätzliche Informationen über die Nutzerinnen und Nutzer erhalten, die sie nicht benötigen, z. B. die Nationalität, Größe oder Augenfarbe. Die vorgese-hene Pflicht, auch die Personalausweisnummern zu registrieren, darf auch künftig keinesfalls dazu führen, dass die Ausweisnummern den Sicherheits-behörden direkt zum Abruf bereit gestellt werden und sie damit diese Daten auch für die Verknüpfung mit anderen Datenbeständen verwenden können.

Auch Krankenhäuser, Hotels, Schulen und Hochschulen sowie Unternehmen und Behörden, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das private Telefo-nieren gestatten, sollen verpflichtet werden, die Personalausweisnummern der Nutzerinnen und Nutzer zu registrieren.

Die Befugnis, Kundendateien mit unvollständigen oder ähnlichen Suchbegrif-fen abzufragen, würde den Sicherheitsbehörden eine Vielzahl personenbezo-gener Daten unbeteiligter Dritter zugänglich machen, ohne dass diese Daten für ihre Aufgaben erforderlich sind. Die notwendige strikte Beschränkung die-ser weitreichenden Abfragebefugnis durch Rechtsverordnung setzt voraus, dass ein entsprechender Verordnungsentwurf bei der Beratung des Gesetzes vorliegt.

Der Formulierungsvorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums lässt eine Ausei-nandersetzung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kundinnen und Kunden der Telekommunikationsunternehmen weitgehend vermissen.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern die Bundesregie-rung und den Gesetzgeber auf, auf die geplante ÄndeBundesregie-rung des Telekommunikations-gesetzes zu verzichten und vor weiteren Änderungen die bestehenden Befugnisse der Sicherheitsbehörden durch unabhängige Stellen evaluieren zu lassen.

Anlage 17