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2.6 Endogene Synthese von Steroidhormonen und IGF-1

2.6.2 Endokrines IGF-I während des Zyklus

Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren sind Polypeptide, die dem Insulin ähneln. Die Wirkung des IGF-I entspricht weitgehend der des Insulins. Durch Insulin wird in erster Linie die Zellhypertrophie durch vermehrte Nährstoffeinlagerung induziert.

Gleichzeitig beeinflusst IGF-I die Proliferation, Differenzierung und Hypertrophie von verschieden Zellarten. Durch eine Verknüpfung mit diversen Bindungsproteinen und Anheftung an entsprechende Rezeptoren kann es seine biologische Aktivität entfalten (MCCUSKER 1998). Reproduktion, Laktation und Wachstum von Rindern werden von Somatropin und insulinähnlichen Wachstumsfaktoren beeinflusst. Die IGF-I-Synthese findet hauptsächlich in der Leber, aber auch im Ovar, in der Plazenta und in anderen Körperzellen statt (LUCY 2000). Das sich im Ovar befindende IGF-I wirkt sowohl endokrin als auch auto- und parakrin (DAUGHADAY u. ROTWEIN 1989). Es aktiviert die ovarielle Funktion in Zusammenarbeit mit den Gonadotropinen, indem es Wachstum, Differenzierung und Steroidsynthese der ovariellen Zellen unterstützt. IGF-I arbeitet mit verschiedenen Bindungsproteinen, die entweder dem Blut entstammen oder lokal im Follikel hergestellt werden (BAXTER u.

MARTIN 1989). Einen Überblick zum besseren Verständnis bietet Abbildung 3.

Abbildung 3: Effekt von Somatotropin auf die IGF – Konzentrationen im Blut und im Ovar (nach LUCY 2000)

Die Konzentration von IGF-I im Blutplasma hängt primär mit der metabolischem Situation des Rindes zusammen (CHIESA et al. 1991; RICHARDS et al. 1991;

RICHARDS 1995; BOSSIS 1999). Dabei kommt es zur Stimulation der Steroidsynthese durch IGF-I in den bovinen Lutein- und Granulosazellen. In einer Studie wurde der IGF-I-Gehalt im Plasma von Rindern 12 Wochen post partum ermittelt. Dabei wiesen Tiere mit einer negativen Energiebilanz während der Lutealphase niedrigere IGF-I- und Progesteronwerte im Serum gegenüber den Kühen, die sich in einer positiven Energiebilanz befanden, auf (SPICER et al. 1990).

Bei einer anderen Untersuchung erfolgte die Messung des IGF-I-Wertes in der Leber und im Corpus luteum (VANDEHAAR et al. 1995). Hierbei galt es zunächst zwei Rindergruppen unterschiedlich energetisch zu füttern, damit einige eine positive und andere eine negative Energiebilanz aufwiesen. Gleichzeitig fand eine ultrasonographische Vermessung des Gelbkörpers statt.

Die Kühe, die eine negative Energiebilanz aufzeigten, präsentierten geringe IGF-I-Messwerte in der Leber, wobei die Konzentration des Wachstumsfaktors im C.l. sich nicht veränderte. Dafür waren die Corpora lutea, sowie der Progesteronwert dieser Gruppe kleiner als bei den Kühe mit einer positiven Energiebilanz. Die Autoren vermuteten daraufhin einen Zusammenhang zwischen dem IGF-I-Wert in der Leber und dem geringen Gelbkörperwachstum, was nach ihrer Ansicht auf eine mögliche endokrine Regulationsfunktion von IGF-I hinweist. Die These konnte durch eine andere Studie bestätigt werden, indem eine Applikation von IGF-I mit einem Mikrodialysesystem durchführt wurde und damit die Progesteronproduktion in vitro stimulierte (SCHAMS et al. 1999).

Diesem Thema widmete sich auch eine andere Autorengruppe, wobei in diesem Fall die Ovarfunktion von fütterungsbedingten azyklischen Kühen nach GnRH-Behandlung untersucht wurde (HAMILTON et al. 1999). Der Einsatz von Gonadoliberin bewirkte eine Konzentrationssteigerung von IGF-I und Östrogenen in der Follikelflüssigkeit. Dabei wurde bei den azyklischen Tieren ein geringerer IGF-I-Wert in der Follikelflüssigkeit gemessen als bei den zyklischen Tieren. Daraufhin untersuchten HAMILTON et al. (1999) in einem anderen Experiment die Wirkung von IGF-I und Insulin auf Granulosazellen in vitro. Hierbei zeigte sich eine

Reaktivitätssteigerung der Epithelzellen auf FSH, die zu einer Zellproliferation und zu Progesteronproduktion führte (HAMILTON et al. 1999).

In wie weit ein hormoneller Einfluss zu einer IGF-I-Konzentrationsveränderung in den Granulosazellen führt, wurde in einer anderen Studie überprüft (SPICER u.

CHAMBERLAIN 2000). Die bei dieser Untersuchung ermittelten Resultate signalisierten, dass die physiologische Erhöhung der Östrogenwerte im Ovar von zyklischen Rindern eine IGF-I-Senkung bewirkt. Dadurch wurde eine frühzeitige Zellteilung im ovulierendem Follikel verhindert. Somit deutete sich an, dass es durch eine hormonell induzierte Veränderung an den Granulosazellen, jedoch nicht an den Thekazellen, während der follikulären Reifung zu einem Wandel in der intrafollikulären IGF-I-Konzentration kommt.

SPICER et al. (2008) verglichen den Effekt des Plasmas von zyklischen und fütterungsbedingt anovulatorischen Färsen auf das Wachstumsverhalten von Granulosazellen (siehe Tabelle 4). Dabei wurden Granulosazellen aus bovinen Follikeln gewonnen und entweder dem Plasma von zyklischen oder anovulatorischen Rindern ausgesetzt. Bei der nachfolgenden Zellzahlbestimmung stellte sich heraus, dass die besten Proliferationsraten von Granulosazellen mit dem Plasma der zyklischen Tiere erzielt wurden (SPICER et al. 2008).

Nach Ansicht der Autoren enthält das Plasma von Färsen, die sich in einem normalen Zyklus befinden, eine höhere Konzentration des Wachstumsfaktors IGF-I, der das Granulosazellwachstum stimuliert, als das anovulatorischer Tiere (SPICER et al. 2008).

Jene Vermutung äußerte bereits eine andere Autorengruppe, nachdem in einem Versuch durch Futterreduktion das Ausbleiben der Ovulation induziert wurde, und dabei eine schrittweise Reduzierung des IGF-I-Wertes in der Follikelflüssigkeit festgestellt werden konnte (PRADO et al. 2002).

Diese Studien belegen, dass eine entsprechende zirkulierende IGF-I-Konzentration im Blut vorhanden sein muss, um die Ovulation auszulösen.

Ob IGF-I im Plasma einen Einfluss auf den Follikeldurchmesser hat, wurde bereits in einer andere Studie untersucht, in der Färsen mit einem Diätfuttermittel über einen längeren Zeitraum behandelt wurden (SPICER et al. 1991). Dabei konnte beobachtet

werden, dass es zu einer Reduzierung der Follikelgrößen kam, jedoch ohne die IGF-I-Konzentration im Plasma zu beeinflussen. Ebenfalls hängt die Serum-IGF-I-Konzentration nicht mit den Schwankungen der Follikelanzahl während der Follikelwellen bei laktierenden Tieren zusammen (BURNS et al. 2005).

Weiterhin stellte sich die Frage, inwiefern der peripher gemessene IGF-I-Wert der IGF-I-Konzentration in der Follikelflüssigkeit und in den Ovarien ähnelt. Hierbei waren die Werte in der Follikelflüssigkeit sowohl geringer (ECHTERNKAMP et al.

1990; SPICER u. ENRIGHT 1991) oder gleich (SPICER u. GEISERT 1992 ), aber auch höher (SPICER et al. 1992 ; ORTEGA et al. 2008) als das peripher gemessene IGF-I. Das der Leber entstammende IGF-I kann in einer Kurz-Hunger-Phase signifikant abfallen ohne dabei die intrafollikuläre IGF-I-Konzentration zu beeinflussen (SPICER et al. 1992 ). Unter pathologischen Bedingungen, wie z.B. der Zystischen-Ovar-Degeneration, besteht die Möglichkeit, dass der IGF-I-Wert im Follikel geringer ist als im Serum. Begründet wurde diese These damit, dass es eine Veränderung in der Diffusionsrate zwischen dem Blut und der Follikelflüssigkeit gab (ORTEGA et al. 2008).

Ebenfalls wurden Sekretionsmuster von IGF-I während des Zyklus bei Rindern gemessen, die nicht unter Nahrungsmangel litten. Dabei ergaben sich jedoch widersprüchliche Daten. Einige Autoren berichteten, dass es während der präovulatorischen Phase zu einen Anstieg des zirkulierenden IGF-I bei Fleisch- und Milchrindern kam (KAWASHIMA et al. 2007). Gleichermaßen erläuterten sie, dass die Plasma-IGF-I-Konzentration, die zweimal wöchentlich gemessen wurde, vorrübergehend während der Follikelphase anstieg und zu Beginn der Lutealphase wieder abnahm.

Diese zyklusabhängigen Veränderungen der IGF-I-Konzentrationen wurden sowohl bei Schafen (SPICER et al. 1993) als auch bei Ziegen (STEVENSON et al. 1994) beschrieben. Auf der anderen Seite konnten bei einem Versuch konstante IGF-I-Werte während des Zyklus gemessen werden, wobei in diesem Fall ein kürzeres Probennahmeintervall verwendet wurde als in den oben genannten Studien (ALVAREZ et al. 2000). Bei einem anderen Experiment behandelten die Autoren Kühe mit LH und entnahmen nach 24 Stunden alle 2 Tage eine Blutprobe, um den

IGF-I-Wert zu bestimmen. Auch hier zeigten sich keine Veränderungen bei der Konzentration des Wachstumsfaktors (ROBINSON et al. 2002). Die wahren Gründe für diese Messdiskrepanzen waren nicht eindeutig zuzuordnen. Es wurde jedoch postuliert, dass die Probensammelmethodik sowie die unterschiedlichen Zeitabstände bei der Probenentnahme die Erklärung für dieses Phänomen sein könnten (VELAZQUEZ et al. 2008).

Tabelle 4: Zusammenhang zwischen IGF-I-Wert und Reproduktionsleistung (↑=Anstieg;

↓=Abfall)