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3 Der Wahlkampf zwischen Joe Biden und Donald Trump

3.4 Das Endergebnis

Joe Biden konnte die Wahl mit 306 zu 232 Stimmen der Wahlmänner und Wahlfrauen für sich entscheiden.

Nachdem lange unklar war, welcher der beiden Kandidaten die erforderlichen 270 Stimmen erreichen würde, stellt diese Differenz dennoch ein eindeutiges Ergebnis dar. Biden erhielt insgesamt 81.283.766 (51,3 Prozent) und Trump 74.222.552 (46,8 Prozent) Stimmen der Wählenden.80 Beide stellten damit einen Rekord auf, da sie mehr Stimmen denn je ein anderer (Gegen-)Kandidat oder eine andere (Gegen-)Kandidatin erhalten haben.

Grund dafür war die außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung von 66,7 Prozent.81

77 vgl. ebd.

78 vgl. ebd.

79 vgl. ebd.

80 vgl. CNN 2021

81 vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (f) 2020

In einer Karte der Vereinigten Staaten dargestellt, sah die Verteilung der Stimmen nach Bundesstaaten wie folgt aus:

Abb. 1. Stimmenverteilung nach Bundesstaaten (Quelle: CNN 2021)

3.4.1 Die besondere Bedeutung der Swing-States

Bei den Präsidentschaftswahlen in den USA haben die sogenannten Swing States eine wichtige Bedeutung. In diesen Bundesstaaten konnte in den letzten Jahren keine stabile Mehrheit für eine bestimmte Partei festgestellt werden, sodass der Ausgang in diesen eher ungewiss ist. Die nördlichen Ostküstenstaaten sowie die Staaten der Westküste gelten beispielsweise als sichere Bundesstaaten für die demokratische Partei und die Staaten des Mitt-leren Westens oder des Südens als republikanische Hochburgen. In den Bundesstaaten Texas, Florida, Penn-sylvania, Ohio, Georgia, Michigan, North Carolina, Arizona, Minnesota und Wisconsin lassen sich diese hohen Wahrscheinlichkeiten jedoch nicht feststellen. Darum sind deren Ergebnisse wahlentscheidend und diese Bun-desstaaten besonders stark umkämpft.82

Das Endergebnis der Wahl fiel am Ende knapper aus als Meinungsforscher*innen im Vorfeld vorhergesagt hat-ten. Die Swing-States Texas und Ohio gingen überaschenderweise sehr deutlich an Donald Trump.83 Ebenso konnte er Florida für sich entscheiden, das bis zum Schluss sehr hart umkämpft war. Weiters sicherte er sich die Stimmen aus Texas, für die sich die Demokrat*innen bei dieser Wahl größere Chancen ausgerechnet hatten. Die Wahlleute aus Arizona, Georgia, Pennsylvania und Wisconsin konnte sich Biden nur sehr knapp sichern, wäh-rend die Stimmen aus North Carolina knapp an Trump gingen.84

82 vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (g) 2020

83 vgl. ebd.

84 vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (f) 2020

3.4.2 Die besondere Bedeutung der Briefwahl

Besondere Aufmerksamkeit bekam bei dieser Wahl die Briefwahl. Aufgrund der COVID-19-Pandemie konnte bereits früh davon ausgegangen werden, dass überdurchschnittlich viele Wahlzettel per Briefwahl eingereicht werden würden, was für die Wahllokale eine neue Herausforderung in Bezug auf die Stimmenauszählung brach-te. Die Menschen versuchten auf diese Weise lange Warteschlangen und Menschenansammlungen zu vermei-den. Somit ist es nicht verwunderlich, dass überwiegend Bidens Anhänger*innen, die die Gesundheitskrise wohl eher ernst nehmen, sogenannte „Early Voter“ waren: Fast 45 Prozent waren demokratische Wählende, während nur knapp 31 Prozent republikanische Wähler*innen ihre Stimme frühzeitig einreichten. Am 19. Oktober 2020 waren bereits 27 Millionen Stimmen abgegeben. Da Trump sich zu diesem Zeitpunkt akut dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit ausgesetzt sah, ging die Tendenz laut Expert*innen in Richtung des Herausforderers. Am 25.

Oktober 2020 hatten bereits mehr als 58 Millionen Bürger*innen ihre Stimme abgegeben, am 29. Oktober 2020 über 80 Millionen und schließlich nahmen über 100 Millionen Wähler*innen ihr Wahlrecht frühzeitig in An-spruch, was einen neuen Rekord darstellt.85

3.5 „The stolen election“ – Trumps Vorwurf des Wahlbetrugs

Nach der Analyse von Jobst Paul haben Trump und sein Team bereits weit im Vorfeld der Wahl versucht, die Briefwahl, die generell vor allem von demokratischen Wähler*innen genutzt wird, zu diskreditieren und zu be-hindern. Am 23. September 2020 hat Trump demnach bereits angekündigt, keine (friedliche) Übergabe zu ge-währleisten, sollte die Briefwahl nicht ausgesetzt werden. Er konnte erreichen, dass das Oberste Gericht zu-nächst entschied, dass nur Stimmen gezählt werden dürfen, die am Wahltag bei den Zählstellen eintreffen. Da-raufhin versuchte er, Einfluss auf die Post zu nehmen und Verzögerungen zu provozieren. Dieses Manöver be-zeichnet Paul als „Post-Komplott“. Er spricht weiter von Propaganda, die Trump gegen die Briefwahl geführt habe: Dieser veröffentlichte Videos, in denen er davon sprach, dass ihm die Wahl gestohlen und gefälschte Wahlzettel eingereicht werden sollten.86 Trump betonte im Vorfeld mehrfach, dass er vor allem eine Verzöge-rung bei der Bekanntgabe des Wahlsiegers über die Nacht des 3. November 2020 hinaus als Beweis dafür sehen würde, dass Wahlbetrug vorliegt. Jobst Paul fasst das Ziel dahinter wie folgt zusammen: „Dabei war Trumps Taktik, die er sich zusammen mit Vertrauten wohl schon über Monate zurechtgelegt hatte, ebenso durchsichtig wie simpel: Ihm war es darum gegangen, die erste große Welle von Stimmen, die ihm einen hohen Vorsprung bescherten und die aus den Wahlurnen am Wahltag stammten, festzuschreiben und als Siegesfanal zu benutzen.

Danach sollte wohl ein rechter Aufruhr zum Stop [sic!] der weiteren Auszählung führen, in denen vor allem Early-Voting- und Briefwahl-Stimmen ausgezählt wurden.“87

Je unwahrscheinlicher sein Sieg wurde, desto intensiver stachelte er seine Anhänger*innen auf und behauptete, dass er eine faire Wahl niemals verlieren könne.88 Er griff dabei vor allem die Medien an, denen er vorwarf, Fake News zu verbreiten und so zum Diebstahl von Wähler*innenstimmen beizutragen. Mitt Romney war einer der wenigen lauten Stimmen innerhalb der Republikanischen Partei, die sich öffentlich gegen diese Taktik stellten und eine Fortführung des demokratischen Prozesses forderten.89 Nach weiteren Eskapaden Trumps in den Tagen nach der Wahl distanzierten sich mehr und mehr Vertraute von seinen Behauptungen und erkannten Bidens Sieg an. Zudem machte die oberste Wahlaufsichtsbehörde der USA deutlich, dass es keine Hinweise oder Beweise, dafür gibt, dass Stimmen gelöscht, verändert oder auf sonstige Weise manipuliert worden waren.90

85 vgl. ebd., S. 18 ff.

3.6 Fazit

Im Kampf um die Präsidentschaft 2021 traten mit Donald Trump und Joe Biden zwei weiße Männer an, die beide über siebzig Jahre alt sind. Bereits dies ist ein Zeichen dafür, dass weder die Republikanische noch die Demokratische Partei den Mut aufbringen konnte, Innovation zu zeigen und neue Wege nach vier turbulenten Jahren der Trump-Präsidentschaft einzuschlagen.

Joe Biden trat in diesem Szenario vor allem als „Anti-Trump“ auf, der in erster Linie dafür sorgen möchte, dass das Land wieder zu Ruhe und Einigkeit finden sollte. Mit der Nominierung von Kamala Harris, als vergleichs-weise junge und schwarze Frau mit asiatischen Wurzeln, versuchte Biden wiederum einen Gegenpol zu sich selbst ins Team zu holen und bewies damit Mut. Harris im zweithöchsten Amt der USA ist eine bemerkenswerte Besonderheit der Präsidentschaftswahl 2020.

Besonders geprägt war der Wahlkampf sowohl inhaltlich als auch in seinem Ablauf von der COVID-19-Pandemie. Die traditionellen und wichtigen Wahlkampfauftritte, Empfänge oder andere Veranstaltungen konn-ten nicht stattfinden. Statt Nähe zu ihren Anhänger*innen und pokonn-tentiellen Wähler*innen zu suchen, musskonn-ten die Kandidaten auf Distanz und Abstand gehen. Trump versuchte sich diesem Gebot zwar zu widersetzen, doch auch für ihn war der Wahlkampf 2020 ein anderer als jener 2016. Trumps Umgang mit der Gesundheitskrise und seiner eigenen Infektion brachte ihm weltweit viel Kritik ein und bestimmte zu einem Großteil die inhaltliche Debatte. Jobst Paul beschreibt es als „gespenstische Vorstellung“, dass möglicherweise die Pandemie und die daraus resultierende Gesundheitskrise stark dazu beigetragen haben, dass Trump nicht wieder gewählt wurde.91 Weiters sticht bei der Analyse des Wahlkampfes 2020 Donald Trumps hartnäckiger Vorwurf des Wahlbetrugs heraus, für den er zu keinem Zeitpunkt stichhaltige Beweise vorlegen konnte. Bereits weit im Vorfeld des Wahl-tages war Biden und Trump bewusst, dass viele Menschen aufgrund des Corona-Virus ihre Stimme per Brief-wahl einreichen würden. Trump begann darum früh, diesen Vorgang zu diskreditieren und stellte potentiellen Wahlbetrug in den Raum. Indem er versuchte, Einfluss auf die Post zu nehmen, sich am 4. November 2020 selbst zum Sieger erklärte, diverse Klagen einreichte und so den Auszählungsprozess behinderte stellte jedoch nicht Biden, sondern er selbst die Demokratie in Frage. Dies äußerte sich anschließend auch in seiner Nicht-Anerkennung von Bidens Sieg, der Blockade des Übergangsprozesses sowie seinem Fernbleiben bei der Verei-digungsfeier. Mit dem Sturm auf das Kapitol und Trumps Ansprache, die zu ebendiesem führte, fand der Angriff auf die Demokratie durch Trump und seine Anhänger*innen schließlich ihren Höhepunkt. Donald Trump ist nun der erste Präsident in der Geschichte der USA, der sich einem zweiten (am Ende erfolgslosen) Amtsenthebungs-verfahren stellen musste und dies auch noch nach seiner demokratischen Abwahl.

Vor dem neuen Präsidenten Joe Biden liegt nun eine schwierige Aufgabe: Während die einen in Amerika er-leichtert und glücklich den Abgang von Donald Trump feiern, sind andere bereit, für ihr Idol alles zu geben und für seine Macht gewaltvoll zu kämpfen. Auf Biden liegt weltweit die Hoffnung, dass er die Menschen im Land wieder vereint, versöhnlich agiert und demokratische Werte wieder als den Grundstein des Zusammenlebens der amerikanischen Bevölkerung etabliert.

91 vgl. ebd., S. 33

4 Trumpismus – Was steckt hinter der Politik Donald