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Einstellungen gegenüber der Markt

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3 Einstellungen zum Ökonom und politischen System ur

3.1 Einstellungen gegenüber der Markt

D

as marktwirtschaftliche System derBundesrepublikste1,' individuellen und kollektiven Versorgungsstrategien fü Individuell wird Leistung belohnt, eine materielle Mindestsic i.

wie die Absicherung besonderer Risiken wie Krankheit oder i bzw. durch eine Solidargemeinschaft gewährleistet. Gesellst' jedoch der Grad der Absicherung, der sich zwischen zwei Ex* - alleinigen individuellen Fürsorge und der Vollversorgung r anders ausgedrückt, individuelle versus kollektive Versorger genden wird die Frage, welche Einstellungen in Ost- und Wes' sehen, anhand von sechs Gegensatzpaaren erfragt, von denen individuelle und eine für kollektive Orientierungen steht.

Das erste Gegensatzpaar bezieht sich auf die Höhe des Einki

• Die Einkommen sollten allgemein mehr aneinander ang oder

die Höhe des Einkommens sollte von der persönlichen L

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Zwei Drittel der Westdeutschen und somit ein etwas höherer Anteil als bei den Ostdeutschen, entschied sich für die individuelle Komponente der Lohngestaltung (Tabelle 7). Deutliche Unterschiede bestehen in Ost- und Westdeutschland nach dem Bildungsgrad: Personen mit höheren Bildungsabschlüssen plädieren am häu­

figsten für die individuelle Komponente und am seltensten Personen mit Haupt­

schulabschluß. Nach der Stellung imBeruf zeigt sich jeweils ein linearer Anstieg von den un- und angelernten Arbeitern mit den niedrigsten Anteilen bis zu den Selbstän­

digen mit den höchsten. Von den Arbeitslosen sind jeweils etwas weniger als die Hälfte für die Bezahlung leistungsgerechter Löhne. Der Leistungsgedanke ist in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen bei Männern stärker vertreten als bei Frauen.

Auch nach der wirtschaftlichen Situation der Haushalte im Vergleich zu vor fünf Jahren ergeben sich signifikante Unterschiede. Diejenigen, die eine verschlechterte individuelle Situation wahrnehmen, sind auch im geringsten Umfang für eine individuelle Lohngestaltung.

Das zweite Gegensatzpaar geht über die Einkommensgestaltung hinaus und zielt auf die Existenzsicherung allgemein:

• Die Menschen sollen für sich und ihr Fortkommen selbst verantwortlich sein,

oder

• Der Staat sollte für die Existenzsicherung seiner Bürger verantwortlich sein.

In dieser Frage zeigen sich deutliche Einstellungsunterschiede bei Ost- und West­

deutschen: Nur 39% der Ostdeutschen plädieren für eine eigenverantwortliche soziale Sicherung gegenüber 68% der Westdeutschen. In beiden Landesteilen sind wesentlich mehr Erwerbstätige für die Eigenverantwortlichkeit als Nichterwerbstä­

tige. Unter den Erwerbstätigen sind insbesondere Angestellte und Selbständige für Eigenveranwortlichkeit. Rentner und vor allem Arbeitslose sind in viel geringerem Umfang für individuelle Verantwortung bei der sozialen Sicherung. Dennoch ist es erstaunlich, daß sich 42% der westdeutschen Arbeitslosen, also eine betroffene Gruppe, fürdie individuelle Lösung der sozialen Sicherung ausspricht. Unterschiede nach dem Geschlecht bestehen nur in Ostdeutschland. Hier plädieren mehr Männer für den individuellen Weg. Starke Unterschiede sind, wiederum für Ost- und Westdeutschland gleichermaßen, nach der wirtschaftlichen Situation des Haushalts im Vergleich zu vor fünf Jahren auszumachen. Diejenigen, die sich verschlechtert haben, plädieren in geringerem Umfang füreigenverantwortliche soziale Sicherung.

Insgesamt präferieren vor allem diejenigen Gruppen für eine kollektive soziale Sicherung die keine Möglichkeit zur individuellen Vorsorge haben.

Tabelle 7: Individuelle Präferenzen im wirtschaftlichen und sozialen Bereich nach sozio-demographischen Gruppen (in Prozent)

Einkommen Individuelle Privatwirt-nach Leistung Subsistenz- Schaft

Sicherung

Ost West Ost West Ost West

Insgesamt 58 66 39 68 86 90

Schulabschluß* 1

Abitur 69 74 42 68 90 92

Mittlere Reife 61 72 42 78 88 94

Hauptschule 46 62 32 65 83 88

Erwerbstätige 64 72 44 71 90 91

• Un-, Angelernte 42 53 27 53 76 78

• Facharbeiter/Meister 60 65 48 66 92 90

• Einfache/mittlere Angestellte 67 71 39 75 90 90

• Gehobene Angestellte 71 77 45 70 88 94

• Beamte * 77 * 66 * 94

• Selbständige 76 86 63 87 93 98

Nichterwerbstätige2 64 61 32 64 82 89

• Rentner 50 62 34 63 83 91

Schlechter 47 54 21 55 77 86

* Fallzahlen unter N=30.

1 In Ostdeutschland entspricht Mittlere Reife dem Abschluß der 10. Klasse und der Hauptschulabschluß dem Abschluß der 8. Klasse

2 Sonstige Nichterwerbstätige wie Schüler, Studenten und Hausfrauen sind hier enthalten.

Datenbasis: Westdeutschland N=1.966, Ostdeutschland N=1.117 Befragte.

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Das dritte Gegensatzpaar zielt auf das bevorzugte wirtschaftliche System:

• Der Staat ist am besten geeignet Betriebe zu führen, oder

• Private Unternehmer sind am besten geeignet, Betriebe zu führen und die Güter zu produzieren, die die Leute wirklich kaufen wollen.

Diese Frage wird durchweg von fast allen Gruppen in Ost- und Westdeutschland mit großer Zustimmung zur Marktwirtschaft beantwortet. Etwas geringer ist die Zustim­

mung zur Marktwirtschaft lediglich bei Arbeitslosen und vor allem bei un- und angelernten Arbeitern. Unterschiede sind auch je nach Einkommenssituation des Haushalts im Vergleich zu vor fünf Jahren zu erkennen. Die Gruppe derer, die eine Verschlechterung ihrer individuellen Situation wahrnehmen, bekennen sich auch in etwas geringerem Umfang zur Privatwirtschaft.

Das vierte Gegensatzpaar zielt auf die Dimensionen Arbeitsplatzsicherheit versus Verdienst:

• Ein guter Arbeitsplatz muß eine hohe Sicherheit vor Entlassung bieten, auch wenn man nicht soviel verdient,

oder

• Der Verdienst ist wichtiger als die Sicherheit des Arbeitsplatzes.

Allgemein bevorzugen Ost- wie Westdeutsche Arbeitsplätze, die eine hohe Sicher­

heit vor Entlassung bieten, in Ostdeutschland jedoch etwas ausgeprägter als in Westdeutschland (Tabelle 8). Angesichts des ostdeutschen Arbeitsmarktes ist dies wenig verwunderlich. Ein höherer Verdienst ist vor allem Westdeutschen mit Abitur wichtig. Sehr stark verdienstorientiert sind auch Selbständige, die ostdeutschen sogar stärker als die westdeutschen.Vor allem unter ostdeutschen Arbeitslosen ist nur sehr wenigen der Verdienst wichtiger als ein sicherer Arbeitsplatz, während der entsprechende Anteil im Westen nur wenig unterhalb des Durchschnitts liegt.

Deutliche Unterschiede bestehen auch nach dem Geschlecht. Der Anteil derer, denen der Verdienst wichtiger ist, liegt bei ostdeutschen Männern doppelt so hoch wie bei Frauen; in Westdeutschland sind die Unterschiede weniger stark ausgeprägt.

Die Wichtigkeit des Verdienstes wird vor allem von jüngeren und somit flexibleren Personen betont. Wiederum sind die Unterschiede in Ostdeutschland stärker ausge­

prägt. Auch nach der wirtschaftlichen Situation des Haushalts sind Unterschiede zu erkennen; diejenigen, die Verbesserungen wahmehmen, betonen die Wichtigkeit des Verdienstes stärker.

Tabelle 8: Individuelle Präferenzen im wirtschaftlichen und sozialen Be­

reich nach sozio-demographischen Gruppen (in Prozent)

Einkommen Individuelle Privatwirt-nach Leistung Subsistenz- schaff

Sicherung

Ost West Ost West Ost West

Insgesamt 58 66 39 68 86 90

Schulabschluß* 1

Abitur 69 74 42 68 90 92

Mittlere Reife 61 72 42 76 88 94

Hauptschule 46 62 32 65 83 88

Erwerbstätige 64 72 44 71 90 91

• Un-, Angelernte 42 53 27 53 76 78

• Facharbeiter/Meister 60 65 48 66 92 90

• Einfache/mittlere Angestellte 67 71 39 75 90 90

• Gehobene Angestellte 71 77 45 70 88 94

• Beamte * 77 * 66 * 94

• Selbständige 76 86 63 87 93 98

Nichterwerbstätige2 64 61 32 64 82 89

• Rentner 50 62 34 63 83 91

Schlechter 47 54 21 55 77 86

* Fallzahlen unter N=30.

1 In Ostdeutschland entspricht Mittlere Reife dem Abschluß der 10. Klasse und der Hauptschulabschluß dem Abschluß der 8. Klasse

2 Sonstige Nichterwerbstätige wie Schüler, Studenten und Hausfrauen sind hier enthalten.

Datenbasis: Westdeutschland N=1.966, Ostdeutschland N=1.117 Befragte.

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Das fünfte Gegensatzpaar bezieht sich auf die Höhe der Steuern und Staatsausgaben:

• Die Regierung sollte die Steuern senken, auch wenn deshalb die Mittel für das Bildungswesen, die gesundheitliche Versorgung und die Renten gekürzt werden müßten,

oder

• Es sollte mehr Geld für das Bildungswesen, die gesundheitliche Versorgung und für die Renten ausgegeben werden, auch wenn deshalb höhere Steuern gezahlt werden müßten.

Bei dieser Frage bestehen große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen.

40% der Westdeutschen, aber nur 20% der Ostdeutschen, plädieren für eine Steuersenkung. Besonders ausgeprägt ist der Wunsch nach Steuersenkungen bei Selbständigen, also einer Gruppe mit hoher Steuerlast. Aber auch unter den un- und angelernten Arbeitern finden sich überdurchschnittlich viele, die für Steuersenkun­

gen plädieren. Möglicherweise versprechen sie sich davon Impulse für die Wirt­

schaft. Rentner, eine Gruppe, die von Steuersenkungen konkret betroffen wäre, sprechen sich seltener dafür aus. Anders Arbeitslose: in Westdeutschland liegt der Anteil der Arbeitslosen, die für Steuersenkungen sind, sogar über dem Durchschnitt.

Je nach Verbesserung bzw. Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Haushalts im Vergleich zu vor fünf Jahren zeigt sich in Ost- und Westdeutschland eine gegensätzliche Bewertung. Während sich in Ostdeutschland diejenigen für Steuersenkungen aussprechen, die eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation wahrnehmen, plädieren in Westdeutschland diejenigen für Steuersenkun­

gen, die ihre individuelle wirtschaftliche Situation im Vergleich zu vor fünf Jahren besser beurteilen. Allgemein bleibt jedoch festzuhalten daß die Mehrheit der Deutschen und insbesondere der Ostdeutschen einen Ausbau des Bildungs- und Sozialwesens wünscht, auch wenn dies zu individuellen finanziellen Einbußen führt.

Das sechste Gegensatzpaar bezieht sich auf das Gefühl der Bedrohung durch das individuelle Ereignis der Arbeitslosigkeit, im Gegensatz zur extern verursachten und individuell nicht beeinflußbaren Preisentwicklung:

• Steigende Preise sind die größte Bedrohung für meinen Haushalt, oder

• Arbeitslosigkeit ist die größte Bedrohung für meinen Haushalt.

Im Ost-West-Vergleich offenbart sich wiederum die jeweils unterschiedliche Arbeitsmarktlage. Für Ostdeutsche ist Arbeitslosigkeit zu 62% die größte

Bedro-hung, obwohl gerade Ostdeutschland in den letzten Jahren wesentlich höhere Preissteigerungsraten zu verzeichnen hatte als Westdeutschland, wo nur 29%

Arbeitslosigkeit als größere Bedrohung nennen. Der Umstand, daß Personen mit Hauptschulabschluß Arbeitslosigkeit in geringerem Maße als Bedrohung empfin­

den, dürfte insbesondere darauf zurückzuführen sein, daß der Rentneranteil in dieser Gruppe sehr hoch liegt und Rentner sich - ensprechend ihrer Stellung außerhalb des Erwerbslebens - kaum durch Arbeitslosigkeit bedroht fühlen. Werden nur die Erwerbstätigen betrachtet, so nennen sogar 81% der Ostdeutschen Arbeitslosigkeit als größte Bedrohung und 37% der Westdeutschen. Über dem Durchschnitt der Erwerbstätigen liegen jeweils un- und angelernte Arbeiter und Facharbeiter/Meister.

In Ostdeutschland fühlen sich aber auch einfache Angestellte überdurchschnittlich oft von Arbeitslosigkeit bedroht. Diese Zahlen dürften verdeutlichen, daß Arbeits­

losigkeit das zentrale Problem in Ostdeutschland darstellt. Vier von fünf ostdeut­

schen Erwerbstätigen sehen darin eine Bedrohung. Es bleibt festzuhalten, daß insbesondere Ostdeutsche in entscheidenden Versorgungsfragen für ein staatliches Engagement eintreten, auch wenn dies zu individuellen Belastungen führt. West­

deutsche treten dagegen etwas häufiger für individuelle Versorgungsstrategien ein.

Tabelle 9: Index individueller und kollektiver Orientierungen (in Prozent)

Individuell orientierte

ohne bestimmte Orientierung

Kollektiv orientierte

Ostdeutsche 19 62 19

Westdeutsche 53 42 5

Datenbasis: Westdeutschland N=1.9S6, Ostdeutschland N=1.117 Befragte.

Aus den genannten sechs Gegensatzpaaren wird ein Index der individuellen und kollektiven Orientierungen gebildet. Als Items die individuelle Orientierungen widerspiegeln, werden Einkommen nach Leistung, Eigenverantwortlichkeit für soziale Sicherung, Privatwirtschaft, Wichtigkeit des Verdienstes vor Arbeitsplatz­

sicherheit, Steuersenkung und Begrenzung der Sozialausgaben sowie

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keit als Bedrohung für den Haushalt angenommen. Die jeweiligen konträren Antwortmöglichkeiten stehen für kollektive Orientierungen. Personen, die keines oder nur eines der individuellen Items nennen, gelten dann als kollektiv orientiert.

Die Gruppe derer, die zwei oder drei individuelle Items nennen, gilt als „Misch“- oder „Zwischengruppe“. Wer mehr als vier der individuellen Items nennt, wird der Gruppe der individuell Orientierten zugeordnet. Daraus ergibt sich für Ostdeutsch­

land eine Verteilung von 19% kollektiv Orientierten, eine großen Mischgruppe mit 62% und wiederum 19% individuell Orientierten (Tabelle 9). In Westdeutschland sind nach entsprechender Zuordnung nur 5% kollektiv orientiert, 42% zählen zur

„Mischgruppe“, aber 53% sind individuell orientiert. Hier zeigen sich doch erheb­

liche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Da diese Grundorientie­

rung mit anderen Einstellungsfragen korreliert, wird dieser Index auch bei diesen Fragen als Differenzierungsmerkmal ausgewiesen.

3.2 Globale Bewertung des wirtschaftlichen

Im Dokument Ö V P93-109 (Seite 26-34)