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2 Literaturübersicht

2.6 Einsatz von Schauspieler/innen im Kommunikationstraining

Bei der Vermittlung von kommunikativen Fähigkeiten haben sich unterschiedliche Lehrmethoden bewährt (KURTZ 2006). Hierzu gehört unter anderem das Lernen in kleinen

Gruppen in geschützter Umgebung, welche den Teilnehmenden die Möglichkeit bietet, ohne weitreichende Konsequenzen aus ihren Fehlern zu lernen (KURTZ 2006; SHAW u. IHLE

2006). Weiterhin hat sich herausgestellt, dass rein theoretische Vorlesungen nur einen begrenzten Wert besitzen (KURTZ 2006) und der Lernerfolg der Studierenden nachweislich

durch eine aktive Teilnahme gefördert werden kann (LATHAM u. MORRIS 2007; MEEHAN u. MENNITI 2014). Das Konzept, Studierenden das Erlernen von kommunikativen Fähigkeiten im Rahmen von interaktiven Kommunikationstrainings zu ermöglichen, wurde bereits in mehreren Studien erprobt und als sinnvoll ausgewiesen (MILLS 1997; KURTZ 2006;

LATHAM u. MORRIS 2007; ENGELSKIRCHEN et al. 2016). Eine bewährte Methode ist hierbei der Einsatz von sogenannten Simulationspatient/innen (KURTZ 2006).

Simulationspatient/innen werden als gesunde Personen definiert, welche ausgebildet wurden, um die Krankheit von Patient/innen auf eine standardisierte Weise darzustellen (BARROWS 1993; MESQUITA et al. 2010). Der Einsatz von Simulationspatient/innen wurde erstmals 1963 von Barrows und Abrahamson an der neurologischen Abteilung der „University of Southern California School of Medicine“ in der humanmedizinischen Lehre beschrieben (BARROWS u.

ABRAHAMSON 1964). Ziel war es, eine geeignete Methode zu entwickeln, um die Leistung der Studierenden im Rahmen ihrer Famulatur in der Neurologie zu bewerten, ohne dabei die Interaktion zwischen den Studierenden und den Patient/innen durch den Einsatz einer dritten, die Interaktion beobachtenden Person, zu beeinflussen. Sowohl die Aufnahme der Anamnese, als auch der medizinische Untersuchungsgang, die Diagnosestellung und das Erstellen eines geeigneten Therapieplanes werden mithilfe von Simulationspatient/innen evaluiert. Diese Lehrmethode bietet im Gegensatz zur Arbeit mit realen Patient/innen einige Vorteile

(BARROWS 1993). Zum einen können Simulationspatient/innen jederzeit und in verschiedenen Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin kann durch

ihren Einsatz ein bestimmtes Szenario für alle Studierenden standardisiert reproduziert werden.

Außerdem bietet diese Methode den Studierenden die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in einer sicheren Umgebung zu trainieren. Simulationspatient/innen können ohne Bedenken zu Lehr- und Prüfungszwecken eingesetzt werden und bieten Raum für Fehler, ohne gravierende Konsequenzen für die Studierenden befürchten zu müssen. Zudem bietet die Arbeit mit Simulationspatient/innen den Studierenden bei Unsicherheiten oder Rückfragen während der

Interaktion die Möglichkeit, die Trainingseinheit zu unterbrechen, ein sogenanntes „time-out“

auszurufen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzusteigen.

Aufgrund der Vergleichbarkeit zur humanmedizinischen Gesprächsführung kann diese Methode auch zu Lehr- und Prüfzwecken in der Tiermedizin eingesetzt werden (SHAW et al.

2004). In dem Fall stellt der/die Simulationspatient/in den/die Tierbesitzer/in dar und bietet den Studierenden so die Gelegenheit, die Interaktion von Tierarzt/Tierärztin, Tierbesitzer/in und Tier im Rahmen einer Gesprächsführung zu trainieren.

Neben dem Einsatz von Simulationspatient/innen können auch sogenannte „Peers“, also Gleichaltrige, für die Rolle der Tierbesitzer/innen eingesetzt werden (TOPPING 1996). Diese Methode wird definiert als der Zustand, wenn Personen aus ähnlichen sozialen Bereichen, welche keine professionellen Lehrer/innen sind, sich gegenseitig beim Lernen helfen und selber durch das Lehren lernen. Bei dieser kostengünstigen Methode werden die Studierenden selbst für die Darstellung der Tierbesitzer/innen herangezogen und haben somit die Möglichkeit, sowohl die Perspektive des/der behandelnden Tierarztes/Tierärztin als auch die des/der Tier-besitzer/in kennenzulernen (BOSSE et al. 2010).

Die Möglichkeit, professionelle Schauspieler/innen für die Darstellung von Simulations- patient/innen einzusetzen, hat die Lehre von kommunikativen Fähigkeiten in der Medizin revolutioniert (ENGLAR 2017). In der Humanmedizin ist der Einsatz von Simulations- patient/innen im deutschsprachigen Raum bereits seit einigen Jahren fester Bestandteil der medizinischen Ausbildung (SOMMER et al. 2019). Aufgrund der erwiesenen Vorteile des Einsatzes von Schauspieler/innen als Simulationspatient/innen, fand diese Lehrmethode auch in der tiermedizinischen Ausbildung bereits Anwendung (MILLS 1997; RADFORD et al.

2003; ADAMS u. LADNER 2004; ENGLAR 2019) und wird hier zunehmend genutzt (MOSSOP et al. 2015). Auf Basis der in der Humanmedizin als erfolgreich erwiesenen Kommunikationstrainings, begann in den späten 90ern eine Handvoll tiermedizinischer

Ausbildungsstätten, den Einsatz von Simulationspatient/innen in die Lehre von kommunikativen Fähigkeiten zu integrieren. So werden professionelle Schauspieler/innen

heutzutage unter anderem sowohl im Vereinigten Königreich und in Irland (RADFORD et al.

2003; GRAY et al. 2006), in den Vereinigten Staaten (ADAMS u. LADNER 2004; ENGLAR 2019) als auch an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (HLADSCHNIK-KERMER u.

LESCHNIK 2016) erfolgreich eingesetzt. In einer britischen Studie der Universität Cambridge beispielsweise konnte der Nutzen von Kommunikationstrainings mit Schauspieler/innen für die

Entwicklung von kommunikativen Fähigkeiten der Studierenden der Tiermedizin nachgewiesen werden. Hier wurden unterschiedliche Gruppen bezüglich ihrer kommunikativen

Fähigkeiten in Konsultationsgesprächen mit Tierbesitzer/innen geprüft. Eine der Gruppen hat im Voraus an einem Kommunikationstraining mit Schauspieler/innen teilgenommen. Diese Gruppe zeigte deutlich bessere Ergebnisse als die Gruppen, die kein oder nur ein kürzeres, rein theoretisches Kommunikationstraining erhielten (LATHAM u. MORRIS 2007). Auch an der Universität Liverpool wurde ein Training in die Lehre integriert, welches es den Studierenden

ermöglicht, mit Schauspieler/innen zu interagieren (RADFORD et al. 2003). Dieses wurde von den Studierenden sehr positiv bewertet und bietet ihnen die Möglichkeit, sich der Bedeutung guter kommunikativer Fähigkeiten für den beruflichen Alltag bewusst zu werden. An deutschen

tiermedizinischen Ausbildungsstätten werden geschulte Laien und professionelle Schauspieler/innen an der TiHo, der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians- Universität in München und an der Justus-Liebig-Universität in Gießen eingesetzt (POHL et al.

2021).

Sowohl der Einsatz von Schauspieler/innen als auch von Peers stellen erfolgreiche Methoden für die Vermittlung von kommunikativen Fähigkeiten in der Lehre dar (BOSSE et al. 2010;

BOSSE et al. 2012). Beide Methoden werden von Studierenden gut akzeptiert und als realistische und wertvolle Instrumente in der Lehre von kommunikativen Fähigkeiten angesehen. Weiterhin kann nachweislich mit beiden Methoden eine Verbesserung der

Selbst-einschätzung und der Leistung bezüglich kommunikativer Fähigkeiten der Studierenden erzielt werden.

Zur Ermittlung des aktuellen Wissensstandes bezüglich kommunikativer Fähigkeiten in der Tiermedizin wird eine interprofessionelle Befragung von Studierenden der Tiermedizin, Auszubildenden Tiermedizinischen Fachangestellten sowie Auszubildenden Tierpfleger/innen

in Deutschland durchgeführt. Weiterhin wird der Einsatz von professionellen Schauspieler/innen als Lehrmethode im Kommunikationstraining evaluiert. Hierzu soll die

subjektive Wahrnehmung des Einsatzes von Schauspieler/innen von Angestellten der Klinik für Kleintiere der TiHo beurteilt werden. Weiterhin soll der Vergleich unterschiedlicher Gruppen im Kommunikationstraining Aufschluss über die möglichen Vor- und Nachteile des Einsatzes professioneller Schauspieler/innen bezüglich des Lernerfolges bei den Studierenden geben.