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1.1 Anlass und Aufgabenstellung

Das Plangebiet mit einer Gesamtgröße des Geltungsbereiches von 89.199 m2 erstreckt sich auf den Flächen des ehemaligen nördlichen Hauptwerkgeländes der Firma SCHOTT. Der Standort wird be-grenzt durch die Otto-Schott-Straße im Norden, das Betriebsgelände von SCHOTT im Süden und den Pharmapark Jena GmbH im Westen. Die östliche Grenze bildet die Bahnanlage mit dem Bahnhof Jena West. Eine ausgeprägte Geländemorphologie bestimmt den Standort. Der Höhenunterschied von der Bahntrasse (ca. 170 m ü. NN) zum Jenapharm-Gebäude (ca. 189 m ü. NN) liegt bei etwa 20 m.

Der Bestand ist durch Gebäude und Verkehrsflächen in unterschiedlicher gewerblicher Nutzung ge-prägt. Die Planung sieht den Bau eines neuen ZEISS Standortes vor, der über die neue Anbindung Carl-Zeiss-Promenade verkehrlich erschlossen wird. Das Gebiet wird als eingeschränktes Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) geplant, in dem Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze, Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig sind.

Als Maß der baulichen Nutzung werden die überbaubaren Grundstücksflächen mit einer Grundflä-chenzahl (GRZ) von 0,9 angegeben. Die zulässige Grundfläche kann durch Nebenanlagen bis zu einer GRZ 1,0 überschritten werden (§ 21a Abs. 3 BauNVO). Im Vorhabengebiet (ZEISS) kann mit der zuläs-sigen Überschreitung durch Nebenanlagen eine überbaute Fläche von max. 71.474 m² (Planfall N1) bzw. 74.371 m² (Planfall N2) im GE-Gebiet erreicht werden.

Im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans können insgesamt GE-Gebietsflächen von rd. 74.769 m² (Planfall N1) bzw. 77.666 m² (Planfall N2) überbaut werden.

Planteile N1 und N2 unterscheiden sich Bereich westlich des Bahnhofes Jena West. Hier ist die Mög-lichkeit für die Stadt vorbehalten, eine Buswendeschleife einzurichten. Die ist über eine auf-lösende Bedingung im Bebauungsplan festgelegt, d.h. sofern die Nutzung von N1 als „Öffentliche Straßenver-kehrsfläche“ nicht ausgeübt wird, tritt automatisch der Planteil 2 in Kraft.

Im Rahmen der Standortplanung wurde besondere Rücksicht auf topographische Merkmale des Ge-bietes genommen.

Die vorliegende spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) arbeitet alle Belange zur Klärung der artenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ab. Als Grundlage für die Erstellung der arten-schutzrechtlichen Untersuchung dient das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in der aktuellen Fas-sung (15. September 2017). [1]

Die im Bundesnaturschutzgesetz als „besonders geschützt“ und als „streng geschützt“ definierten Ar-ten sind Bestandteil des besonderen ArAr-tenschutzes.

Besonders geschützte Arten sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG:

• Arten der Anhänge A und B der EG-ArtSchVO

• Arten des Anhangs IV der FFH-RL

• alle europäischen Vogelarten im Sinne des Artikel 1 der VSchRL

• Arten, die in der Anlage 1 in Spalte 2 der BArtSchV mit einem Kreuz gekennzeichnet sind.

Streng geschützte Arten sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG besonders geschützte Arten, die:

• im Anhang A der EG-ArtSchVO aufgeführt sind

• im Anhang IV der FFH-RL aufgeführt sind

• die in Anlage 1 in Spalte 3 der BArtSchV mit einem Kreuz gekennzeichnet sind.

Mit den §§ 44 - 47 BNatSchG wurden die europäischen Normen der Artikel 12, 13 und 16 FFH-RL und der Artikel 5 und 9 VSchRL in nationales Recht umgesetzt. Diese Vorschriften gelten direkt; es beste-hen keine Abweichungsmöglichkeiten im Rahmen von Landesregelungen. Die Vorschriften sind strik-tes Recht und als solches abwägungsfest.

Nach § 44 Abs. 1 des BNatSchG ist es verboten:

„1. wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu ver-letzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

2. wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten erheblich zu stö-ren; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

3. Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

4. wildlebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.“

Man unterscheidet also bezüglich der geschützten Tierarten Tötungs- und Verletzungsverbote, Stö-rungsverbote und den Schutz von Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Bei unvermeidbaren Tötungen oder Verletzungen geschützter Tiere handelt es sich dann um Verbotstatbestände, wenn das Ein-trittsrisiko der Tötung oder Verletzung in signifikanter Weise erhöht wird. Dies ist im Einzelfall in Bezug

auf die Lage der geplanten Maßnahme, die jeweiligen Artvorkommen und die Biologie der Arten zu bewerten.

Bei dem in Nummer 2 geregelten Störungsverbot werden statt eines Ortsbezuges bestimmte für die Arten überlebensnotwendige Zeiten, in denen eine Störung verboten ist, zugrunde gelegt. Bei einigen Arten können sie den gesamten phänologischen Lebenszyklus abdecken. Eine Störung kann grund-sätzlich durch Beunruhigungen und Scheuchwirkungen, z. B. durch Bewegungen, Erschütterungen, Lärm oder Licht, eintreten. Werden geschützte Tiere an ihren Fortpflanzungs- und Ruhestätten ge-stört, kann dies zur Folge haben, dass diese Stätten für sie nicht mehr nutzbar sind. Nicht jede stö-rende Handlung löst jedoch zwangsläufig einen Verbotstatbestand aus, sondern nur solche erhebli-chen Störungen, durch die sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert. Dies ist der Fall, wenn so viele Individuen betroffen sind, dass sich die Störung auf die Überlebenschancen, die Reproduktionsfähigkeit und den Fortpflanzungserfolg der lokalen Population auswirkt. Deshalb kommt es in besonderem Maße auf die Dauer und den Zeitpunkt der störenden Handlung an. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population ist immer dann anzunehmen, wenn sich als Folge der Störung die Größe oder der Fortpflanzungserfolg der lokalen Population signifikant und nachhaltig verringert. Artenschutzrechtlich relevante Störungen lassen sich ggf. durch geeignete Maßnahmen abwenden.

Nach Nummer 3 als Fortpflanzungsstätte geschützt sind alle Orte im Gesamtlebensraum eines Tieres, die im Verlauf des Fortpflanzungsgeschehens benötigt werden. Die Ruhestätten umfassen alle Orte, die ein Tier regelmäßig zum Ruhen oder Schlafen aufsucht oder an die es sich zu Zeiten längerer Inak-tivität zurückzieht.

Bei nicht standorttreuen Tierarten, die ihre Lebensstätten regelmäßig wechseln, ist die Zerstörung einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte außerhalb der Nutzungszeiten kein Verstoß gegen die arten-schutzrechtlichen Vorschriften. Bei standorttreuen Tieren kehren Individuen zu einer Lebensstätte re-gelmäßig wieder zurück, auch wenn diese während bestimmter Zeiten im Jahr nicht von ihnen be-wohnt ist. Solche regelmäßig genutzten Fortpflanzungs- und Ruhestätten unterliegen auch dann dem Artenschutz, wenn sie gerade nicht besetzt sind. Entscheidend für das Vorliegen einer Beschädigung ist die Feststellung, dass eine solche Verminderung des Fortpflanzungserfolgs oder der Ruhemöglich-keiten des betroffenen Individuums oder der betroffenen Individuengruppe wahrscheinlich ist.

§ 44 Abs. 5 BNatSchG enthält im Hinblick auf baurechtlich zulässige Vorhaben eine wichtige Präzisie-rung bzw. Einschränkung der o. g. artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände. Danach handelt es sich trotz des Eintretens der o. g. Störungen dann um keinen Verbotstatbestand, wenn sichergestellt ist, dass „...die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird...“.

Das bedeutet, dass an der ökologischen Gesamtsituation des von dem Vorhaben betroffenen Bereichs im Hinblick auf seine Funktion als Fortpflanzungs- und Ruhestätte keine Verschlechterung eintreten darf. Mit der Formulierung „im räumlichen Zusammenhang“ sind dabei ausschließlich Flächen ge-meint, die in einer engen funktionalen Beziehung zur betroffenen Lebensstätte stehen und entspre-chend dem artspezifischen Aktionsradius erreichbar sind. Im Ergebnis darf es dabei – auch unter Be-rücksichtigung von geeigneten Maßnahmen – nicht zur Minderung des Fortpflanzungserfolgs bzw. der Ruhemöglichkeiten der Bewohner der Fortpflanzungs- und Ruhestätte kommen. Vermeidbare Tötun-gen, Verletzungen oder erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Arten sind jedoch auf jeden Fall zu unterlassen.

1.2 Datengrundlage

• „Erfassung der Fledermäuse am Revitalisierungsstandort Schott in Jena“ vom 12.10.2015;

Sachverständiger für Fledermauskunde Dipl. Ing (FH) Michael Franz [2]

• „Arterfassung Avifauna und Herpetofauna am Revitalisierungsstandort Schott/ Jena vom 15.10.2015; Dipl. Biol. Michael Nickel [3]

• Listen zur artenschutzrechtlichen Prüfung [4]

• Steckbriefe Anhang IV-Arten FFH-Richtlinie, streng geschützte Arten [5] [6]

1.3 Methodisches Vorgehen

Das methodische Vorgeben wird in den Kapiteln 4.1und 4.3.1 beschrieben.