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Seit seiner Einführung im Jahre 1994 ist das diffusion tensor imaging (DTI) eine in der Humanmedizin häufig eingesetzte Technik. Sie wird vor allem für die Erforschung der Integrität von Gehirn- und Rückenmarksbahnen bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen genutzt (Basser und Mattiello et al. 1994). Fundamentale Bedeutung erlangte diese Technik für die Planung und Durchführung chirurgischer Resektionen von Gehirntumoren. Mittels des sogenannten (sog.) Fiber Tracking (FT), einer weiterführenden Technik des DTI und nicht-invasiven bildgebenden Diagnostik, konnten erstmals funktionell bedeutsame Zentren des Gehirns überprüft und somit intraoperativ verschont werden.

Dadurch eröffnete sich die Möglichkeit, auch nach der Entfernung des Tumors, zum Beispiel das Sprechen durch Schonung des Sprachzentrums zu gewährleisten. Durch diese Eigenschaft zählt die DTI-Technik zur sog. funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) (Stippich 2010).

Der Mechanismus, den sich das DTI zunutze macht, ist das Identifizieren und anschließende Berechnen der Hauptdiffusionsrichtung von Wasser-Protonen in unterschiedlichen Geweben (Moseley, Cohen et al. 1990; Basser und Pierpaoli 1996). Den verschiedenen Richtungen der Wasserdiffusion werden dabei sog. Farbcodierungen zugeordnet, sodass ein Bild des Gewebes mit bis zu drei Hauptfarben und deren farblichen Abstufungen entsteht. Die Codierung der drei Farben für das Fiber tracking erfolgt einheitlich: die Farbe blau codiert für die sog. head-feet- (HF) oder auch kraniokaudale Hauptdiffusionsrichtung, rot für die Diffusion mit hauptsächlicher rechts-links-Ausrichtung (RL) und grün für die anterior-posterior (AP) bzw. dorsoventrale Hauptdiffusionsrichtung. Für die Hauptdiffusions-richtungen bei der Farbcodierung sind unterschiedliche Bezeichnungen vorhanden, da die ursprüngliche Terminologie aus der Humanmedizin stammt und diese in der Tiermedizin nur bedingt anwendbar ist. Zur Berechnung der Hauptdiffusionsrichtung der Wassermoleküle müssen durch das DTI mindestens sechs Richtungen der Diffusion gemessen werden.

Technisch können jedoch bis zu 33 Diffusionsrichtungen detektiert und zur Auswertung herangezogen werden (Wheeler-Kingshott 2002; Facon und Ozanne et al. 2005; van de Looij, Mauconduit et al. 2011).

Auf Basis der DTI-Messungen an drei definierten sog. Regions of Interest (ROIs) lassen sich zwei weitere Parameter zur Evaluierung der Hauptdiffusion der Wassermoleküle berechnen.

Dies sind die Fraktionale Anisotropie (FA) und der sog. Apparent Diffusion Coefficient (ADC).

Die FA gibt Informationen über die Richtung der Wasserdiffusion in jedem einzelnen Voxel und somit über die Faserintegrität der weißen Substanz (Basser und Pierpaoli 1996; Schöne-Bake 2010). Die FA wird durch einen sog. Skalar beschrieben. Dies ist ein Wert ohne Einheit (Basser und Pierpaoli 1996; Ducreux, Lepeintre et al. 2006; DeBoy, Zhang et al. 2007). Der zweite Parameter, der ADC, beschreibt die Stärke der Wasserdiffusion und setzt sich aus den drei Diffusionsrichtungen (x-, y- und z-Achse) zusammen. Im Gegensatz zum FA besitzt der ADC eine Einheit und wird in x10-3mm2/s (Basser und Pierpaoli 1996; Levine and Fosgate et al. 2009; Schöne-Bake 2010) angegeben.

In der Tiermedizin gibt es bisher nur sehr wenige Studien über den Einsatz der Technik des Fiber tracking. Diese wenigen Studien belegen jedoch, dass FT das Rückenmark (RM) von Säugern mit seinen axonalen Bündeln, auch als Rückenmarksbahnen bezeichnet, in seiner plastischen Erscheinung darstellen kann und somit eine Bewertung seiner Integrität ermöglicht (Conturo, Lori et al. 1999; Mori and van Zijl 2002; Wheeler-Kingshott CA 2002;

Facon und Ozanne et al. 2005; Johansen-Berg and Behrens 2006; Murakami, Morimoto et al.

2008; Danielian, Iwata et al. 2010; Stippich 2010; Pease and Miller 2011).

Bandscheibenvorfälle (BSV) sind eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen beim Hund. Sie treten mit einer Häufigkeit von bis zu 2% in der Gesamthundepopulation auf (Bray and Burbidge 1998). Heutzutage wird die Magnetresonanztomographie (MRT) als die am besten geeignete Technik der Bildgebung zur Diagnosestellung von BSV beim Hund angesehen (Sether, Yu et al. 1990). Vergleichende Studien haben gezeigt, dass das MRT ausgezeichnet die intraoperativen Befunde in Bezug auf Lokalisation und Ausdehnung des vorgefallenen/komprimierenden Bandscheibenmaterials widerspiegelt (Besalti, Ozak et al.

2005; Naude, Lambrechts et al. 2008). Das konventionelle MRT kann neben dem vorgefallenen Bandscheibengewebe pathologische Veränderungen des Rückenmarks selbst detektieren, die sich häufig als Hyperintensität in der T2-gewichteten Sequenz darstellen.

Eine Hyperintensität entspricht den pathologischen Befunden Blutung, Ödem, Nekrose und Myelomalazie (Kulkarni, McArdle et al. 1987; Bondurant, Cotler et al. 1990; Flanders, Spettell

et al. 1996; Ito, Matsunaga et al. 2005; Boekhoff, Flieshardt et al. 2011), die zum Teil durch Evaluierung weiterer MRT-Sequenzen eingegrenzt werden können. Häufig gestaltet es sich als äußerst schwierig, anhand dieser Befunde eine Prognose für die funktionelle Wiederherstellung des Patienten zu treffen. Meist werden zusätzlich die Befunde aus der klinisch-neurologischen Untersuchung zur Prognosestellung herangezogen. Die Ausdehnung der Hyperintensität des Myelons in der T2-gewichteten MRT-Sequenz in Relation zur Länge des 6. Hals- bzw. 2. Lendenwirbelkörpers kann zur Einschätzung angewendet werden (Laitinen and Puerto 2005; Ensinger EM 2010; Boekhoff, Flieshardt et al. 2011). Dennoch stellen diese MR-Parameter lediglich eine makroskopische Befundung des Rückenmarks dar.

Neuere Techniken, wie das DTI, enthalten Informationen, die auf die Integrität auf zellulärer Ebene schließen lassen. Somit ermöglichen neuere Techniken, wie das DTI und Fiber tracking, subtile pathologische Veränderungen der weißen Substanz in einem frühen Stadium zu detektieren und einen Schaden der Architektur der Rückenmarksfasern genauer zu beurteilen (Kale, Gupta et al. 2006; Chahboune, Mishra et al. 2009).

Die vorliegende Studie verfolgte zweierlei Ziele:

Zum Ersten sollte versucht werden, die Technik des DTI auf den Hund zu übertragen und somit Möglichkeiten der Durchführung von Traktographien bzw. Fiber tracking am kaninen Rückenmark zu etablieren. Zu diesem Zweck wurden 13 Hunde mit gesundem Rückenmark untersucht und in eine erste Studie eingeschlossen. Diese Hunde dienten zudem der Erstellung von Referenzwerten für das Fiber tracking des physiologischen kaninen Rückenmarks.

Zum Zweiten sollte die Technik des DTI an Hunden mit Bandscheibenvorfällen angewendet werden, um die Möglichkeit der Darstellung pathologischer Veränderungen des Rückenmarks nach Rückenmarkstrauma zu evaluieren. Zudem sollte die Hypothese bestätigt werden, dass Fiber tracking mit seinen objektiven FA- und ADC-Werten eine genauere Definition der Prognose ermöglicht, als dies bisher der Fall ist. Dazu wurden in einer zweiten Studie an 20 Hunden mit Bandscheibenvorfällen Fiber tracking-Daten erhoben und diese mit Referenzwerten verglichen, sowie in einem Follow-up mit dem funktionellen Outcome der Patienten korreliert.

Die im Rahmen dieser Studie erhobenen Daten wurden in zwei Publikationen zusammengefasst, von denen eine am 29.03.2012 bei der Zeitschrift „The Veterinary Journal“ eingereicht wurde und die zweite zur Einreichung bei der Zeitschrift „Veterinary Radiology and Ultrasound“ vorbereitet ist.