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111.2.2 Einfluss arktischer Sü§wasserquell auf die Bildung und Aufrechterhaltung der Meereisdecke

Sowjetische Pläne ins Nordpolarmeer mündend Flüss nach Süde umzuleiten, um dem in der südliche Sowjetunion herrschenden W a ~ s e r m ~ n g e l entgegenzuwir- ken, mot,ivieren in den 70er und 80er Jahren einige Wissenschaftler zur Untersu- chung des Einflusses von Süfiwasse auf die arktische Meereisdecke (Cattjle 1985).

Ohne den Einsatz mathenia~tischer Modelle fŸhre die Spekulationen jedoch in alle Richtungen. Aagaard & Coachman (1975) argumentieren dahin gehend, dass eine Reduzierung des Flusswassereintrags arktische Oberflächensalzgehalt erhöhe und die Scliichtungsstabilitä verringern würde Durch Unterdrückun konvektiver Ver- mischung stfellt die salzbedingte Dichteschichtung aber eine grundlegende Vorausset- zung fü die winterliche Eisbildung dar. So hätt eine Abschwächun der Schichtung und insbesondere ein Verschwinden der isothermen kalten Halokline weit reichende Konsequenzen. Das Eindringen warmen Atlantischen Wassers in die Oberflächen schiclit würd begünstig bzw. ermöglich und der Wärnieflus ins Meereis drastisch erh6ht werden. Ein Rückgan der Eisdecke wär die Folge, Antonov (1978) und Miclclin (1981) glauben hingegen a n eine Zunahme der Eisbedeckung. Das Argu- ment: der Eintrag von Flusswasser erzeugt Dicl~teströmungen die einen verstärkte Einstrom Atlantischen Wassers ins N ~ r d p o l ~ r m e e r bewirken. Eine Reduzierung des Flusswassereintrags würd somit den Einstrom warmen Wassers verringern und die

Eisbedeckung verstärken Zusätzlic würd sich der Wärmeeintra des Flusswassers selbst vermindern, was zumindest in der unmitt,elbaren Näh der Miindungen die Frühjahrsschmelz verzöger könnte

Mit einem recht einfachen, stationäre Zwei-Schichten-Modell des Nordpo- larmeeres versucht Stigebrandt (1981) einen Zusammenha,ng zwischen arl~t~ischer Süflwasserzufuh und Eisdicke zu finden. Dem Modell zufolge würd selbst eine Flusswasserabnahme von 50% (die kühnste Plän der Sowjetunion sahen eine ma- ximale Reduzierung des gesamten Flusswassereintrags von weniger als 10% vor) die Eisbedeckung nur geringfügi vermindern. Erst bei Abnahme des Einstroms salz- armen Pazifik-Wassers durch die Bering-Strafle undIoder Zunahme des Eisexports könnt eine Reduzierung des Flusswassereintrags von dieser Gröflenordnun die Eis- decke gefährde oder sogar vollkommen verschwinden lassen.

Einen anderen Ansatz stellt Lemke (1987) vor. Er koppelt ein t,hermodynami- sches Meereis-Modell an ein eindimensionales Modell der Deckschicht und Pykno- kline. Ein wesentlicher Vorteil dieses Ansatzes ist die zeitabhängig Formulierung, die saisonale Variabilitä erlaubt. Ähnlic dem Modell von Stigebrandt (op.cit,.) zeigt auch dieses Modell eine nur geringe Sensitivitä der Meereisdecke hinsichtlich Änderunge im Flusswassereintrag. Eine Reduzierung des Abflusses von 30% (50%) verringert die maximale winterliche Eisdicke durch Schwächun der Wassersäulen schichtung um nur 3 cm (30 cm). Die Zeitskala, innerhalb derer die Änderunge vollzogen werden, beträg dabei rund 30 Jahre.

Experimente zu veränderte Flusswassereinträge mit einem dreidimensiona- len gekoppelten Ozean-Meereis-Modell des Nordmeeres basierend auf primitiven Gleichungen werden erstmals von Semtner (1987) durchgeführ (s.a. Vorarbeit in Sen~tner 1984). Das Herabsetzen des Eintrags der russischen Flüss Nördlich Dwi- na,, Petschora, Ob und Jenissei u m jeweils ein drittel des klimatologischen Wertes führt aufgrund eines veränderte Strömungsmuster in der

Barents-/Kars-See

zu einer geringfügige Verstärkun der Eisbedeckung in dieser Region. Auswirkungen auf die Eisdecke auflerhalb des Barents-/Kara-See-Bereichs zeigt das Modell nicht.

Problematisch ist hierbei jedoch die kurze Integrationszeit von nur zwei Jahren nach Änderun der Flusswasserzufuhr. Beachtet man die mittlere Verweildauer der Was- sermassen übe den Schelfen von ca. 3 Jahren (vgl. Absatz III.1.4), so wird deutlich, dass wesentliche Einwirkungen auf das zentrale Nordpola,rmeer in solch einem Ex- periment grundsätzlic nicht zu erwarten sind.

Jünger Studien zum Einfluss arktischer Sü!3wasserquelle auf die Meereis- bedeckung mittels dreidimensionaler prognostischer Ozean-Meereis-Modelle stam- men von Weatherly & Walsh (1996) sowie Prange & Gerdes (1999). Weatherly &

Walsh (op.cit.) vergleichen einen K ~ n t r o l l l ~ u f , der klimatologische Niederschläg und Flusswassereinträg berücksichtigt mit vier Experimenten, die sich im arktischen Sܧwassereintra unterscheiden. Nach 10 Jahren Integrationszeit ist das Eisvolu- men bei doppelter Niederschlagsrate 10% grofler als im Kontrollla,uf. Bei fehlendem Niederschlag reduziert sich das Eisvolumen um 35%, bei fehlendem Flusswasser um 10%. Im Falle des doppelten Flusswassereintrags ist das Eisvolumen nahezu identisch mit dem des Kontrolllaufs. Die Autoren argumentieren, dass die arktische Halokli- ne im Kontrolllauf bereits hinreichend stark ausgepräg ist, so dass ein erhöhte Zufluss von Sü§wass keine weitere Wirkung auf die Wärmebilan a,n der Ober- fläch haben kann. Die Zunahme des Eisvolumens bei doppelter Niederschlagsrate ist hauptsächlic bedingt durch eine erhöht Schneebedeckung des Meereises, welche die

sommerliche Eisschmelze beeint,rächtigt Eine Reduzierung des Süi3wassereintrag führ zu einer Abschwäcliiin der Halokline und somit zu erhöhte Wärnieflüss vom Ozean ins Eis. Den vergleichsweise schwachen Effekt des fehlenden Flusswas- sers erkläre die Autoren mit der langen Verweildauer in den Schelfiiieeren. Die relativ kurze Integrationszeit scheint demnach nicht auszureichen, um deutliche- re Auswirkungen auf die grofiräumig Eisbedeckung beobachten zu können Mit demselben Modell zeigt Weat,lierly (1994) in weiteren Experimenten, dass die Salz- gehaltsabliängigkei der Gefrierpunkt-Teinperatar von Meerwasser hinsichtlich des Einflusses von Suflwassereinträge auf die Eisbedeckung vernachlässigba ist (s.a.

Tremblay & Mysak 1998).

Prange & Gerdes (op.cit.) führe Experimente durch, die denen von Weather-

ly & Walsli (op.cit.) ähnlic sind.' Die Integrationszeit beträg hierbei 30 Jahre, so

dass sich Anderungen in der Flusswasserzufuhr auf die Oberflächenliydrografi des gesamten Nordpolarmeeres auswirken können Das Modell bestätig die Ergebnis- se von Weatherly & Walsli (op.cit.) nur zum Teil. Das Fehlen von Flusswasserein- träge führ durch verstä.rkt winterliche Ozean-Eis-Wärineflüs zu einer Abnahme des Eisvoluinens um ca. 35%. Eine Verdoppelung der Flusswasserzufuhr erhöh das Eisvolumen verglichen mit einem Kontrollla~uf um 5% (Abb. 111.7).

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year

Abb. 111.7: Jahresgang des arktischen Meereisvolumens i m Modell v o n Pran,- ge & Gerdes (1999). R R x 1: Kontrolllauf m i t klimatologischem Flusswasser- eintrug i n s Nordpolarmeer. RRx 0: Experiment ohne Flusse. R R x 2: Verdoppe- lung des arktischen Flusswassereintrags. Gezeigt ist das 31. Integrationsjahr.

Beobachten' läss sich der Einfluss von veränderliche Süi3wassereinträg auf die arktische Meereisdecke freilich nur schwer. Allein in unmittelbarer Näh von Flussmündunge sind direkte, thermodynamische Effekte zu sehen. Die Advekti- on relativ warmen. Flusswassers unter die Eisdecke und das überflute schmaler Festeisgürte vor den Mündungsbereiche einiger Flüsse das eine sprunghafte Ab- nahme der Oberflächenalbed verursacht, könne die Eisschmelze im Frühjah be- schleunigen (z.B. Bareiss e t al. 1999). Grofiskalige Zusammenhänge bei denen solch

^as Ozean-Meereis-Modell von Prange & Gerdes (1999) kann als Vorläufe des in der vorlie- genden Arbeit verwendeten Modells betrachtet werden.

unmittelbare Effekte keine Rolle spielen, scheinen Holt et al. (1984) und Mysak et al. (1990) zu finden.

Holt et al. (op.cit.) bringen u.a. Flussdaten aus dem Zeitraum 1953-1977 und Meereiskonzentrationen in Zusammenhang. Sie finden Gebiet,e negativer Korrelation zwischen dem Ausstrom der in die Kara-See miindenden Flüss Ob und Jenissei und der Eisausdehnung in der Barents-See: einem Jahr mit. niedrigem Abfluss folgt ein Frühlin mit erhöhte Eiskonzentration. Diesen Befund nimmt Semtner (1987), uni seine Modellergebnisse (s .o . ) zu untermauern.

Manak & Mysak (1989) finden eine positive Korrelation zwischen dem Aus- strom des Mackenzie und der Eisausdehnung in der siidlichen Beaufort-See mit einem Jahr Verzögerung Hierauf basierend stellen Mysak et al. (op.cit.) unter Zuhilfenah- me von Datensätze der Eiskonzentration in der Grönland-Se folgende Hypothese auf: Anomal gro§ Flusswassereinträg in die Beaufort-See bewirken dort a,nomale Eisverhältnisse Die Eisanomalie wird übe den Beaufort-Wirbel und die TPD in- nerhalb von 3 Jahren in die Grönland-Se advektiert. Das Resulta,t ist eine positive Korrelation zwischen dem Eintrag der kanadischen Flüss ins Nordpolarmeer und der Eisausdehnung in der Grönland-Se mit einer Verzögerun von 3 Jahren. Zudem zeigen Mysak et al. (op.cit.), dass Meereis- und Salzgel~altsanomalien in den oberen Schichten der Grönland und der La,brador-See eng miteinander verknüpf sind. So begünstige geringe Salzgehalte im oberflä.chennahe Bereich eine starke Eisbildung im Winter durch Unterdrückun konvektiver Vermischung. Salzgehaltsa~nomalien~

die von der Grönland-Se zur Labrador-See wandern, scheinen demzufolge von an- omalen Eiskonzentrationen begleitet zu werden.

In einer jüngere Studie stellen Tremblay & Mysak (1998) die Hypothese von Manak & Mysak (op.cit.) bzw. Mysa,k et al. (op.cit.) in Frage, indem sie zeigen, dass interannuelle Variabilit%t in der Meereisbedeckung der Beaufort,-See weniger durch Fluktuationen in1 Sü§wassereintr des Mackenzie als vielmehr durch Anomalien im Windfeld erzeugt wird. Zudem untersuchen die Autoren mittels eines dynami- schen Meereis-Modells, ob Eisdicken-Anomalien aus der Beaufort-See mit dem anti- zyklonalen Beaufort-Wirbel in die Grönland-Se transportiert werden können Zwar gelangt in den Modellsimulationen nach zwei Jahren tatsächlic ein Signal in die Grönland-See die Grö der Anomalie beträg dort jedoch nicht einmal mehr 10%

von ihrem Start-wert in der Beaufort-See.

111.2.3 Einfluss von SüBwasse auf das groBräumig