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Ein ganz besonderer Tag

Im Dokument Leben mit Behinderung (Seite 100-103)

Eric und Daniela feiern im Jahr 2020 auch ein Jubiläum: ihren 25. Kennenlerntag. Sie arbeiten beide beim Verein und werden - soweit sie Unterstützung brauchen - über den ambulanten Betreuungs- und Pflegedienst versorgt.

Nicolas alias Drive-By - brennt für den Rap. Lust reinzuhören? Man findet seine Songs und sein Album „Roll to the beat“ auf allen Streamingplattformen wie Spotify, Deezer, Apple Music, die Videos auf Youtube. In den sozialen Netzwerken instagram.com/drivebyrap, facebook.com/drivebyrap, youtube.com/drivebyrap. Oder einfach googlen ... Foto: Saskia Reichenbach

lich, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Handicap oder nicht. Es ist eine Vollzeitstelle, einen Tag arbeite ich im Homeoffice.

Neben dem Beruf gibt es ja noch das Hobby …

Oh ja! Große Leidenschaft (Nicolas strahlt übers ganze Ge-sicht) …. seit meiner Jugend bin ich richtig eingestiegen in die Hip-Hop-Szene. Ich war auf ganz vielen Konzerten, bis ich 2013 begonnen habe selbst Musik zu machen.

Ist es schwierig, Konzerte zu besuchen?

Es kommt drauf an. In den großen Sälen ist das kein Pro-blem. Ich bestelle mein Ticket und die Begleitperson kann kostenlos mit. Schwieriger ist es in kleinen Clubs. Die sind eben nicht immer barrierefrei. Wenn alle Stricke reißen ste-he ich dann schon mal mit auf der Bühne, da keine speziel-len Rollstuhlplätze vorhanden sind.

Das eine ist ja, Konzerte zu besuchen, wenn man Musik mag. Das andere ist, selbst Musik zu machen? Wie kam es dazu?

Der Anstoß kam nicht von mir. Als ich meinen jetzigen Pro-duzenten kennenlernte, sprach er mich irgendwann an und fragte, ob ich nicht selbst rappen wollte. Seine Aussage: ‚Du hast den Flow, rappst immer mit, du hast Talent‘. Ich war sehr skeptisch. Ich sehe nicht aus wie der typische Rapper, habe nicht die Stimme dafür. Doch genau das fand er span-nend. Rappen heißt ja, über seinen Alltag, sein Leben zu be-richten. Wir haben den ersten Song aufgenommen. Schon hatte ich Blut geleckt.

... und mittlerweile schon ziemlich prominent! Wie viele Auftritte pro Jahr sind das, die Sie absolvieren?

Für letztes Jahr habe ich 15 Auftritte gezählt. Ganz unter-schiedliche Veranstaltung, zum Beispiel eine Kickbox-Gala, ein Kurzfilmfestival, sogar eine Veranstaltung mit Ü-60 Pu-blikum, die uns, mich und meine Crew, die „Hi5-Crew“, mit der ich ebenfalls Musik mache, richtig gefeiert haben.

Wie geht es weiter? Mehr Musik, wenn der Erfolg noch größer wird und beruflich zurücktreten?

So wie es ist, bin ich zufrieden. Ich bin glücklich bei meiner Arbeitsstelle, will mir mit der Musik keinen Druck machen.

Das war von Anfang an Leidenschaft. Ich habe wirklich gar nichts erwartet und es kam so viel mehr zurück. Ich nutze die Chancen, die mir gegeben werden. Mache mein Ding in meiner Geschwindigkeit, denn Kunst geht nicht auf Knopf-druck. Ich habe das bisher ganz gut unter einen Hut ge-bracht, halte die Balance.

Sie sind ja schon lange mit dem Verein verbunden? Seit wann denn genau?

Also eigentlich fing es mit einem Bundesfreiwilligendienst an. Nach der Schule wollte ich nicht direkt studieren. Ich wollte nicht gleich weiter lernen. Dann stellte sich plötzlich die Frage: darf ich überhaupt als Mensch mit Beeinträchti-gung einen Bundesfreiwilligendienst machen? Das musste von oberster Stelle abgeklärt werden, denn ich brauche ja im Arbeitsalltag eine Assistenz. Aber das wurde ganz prag-matisch gelöst. Eine Auszubildende im Verein, die am glei-chen Ort arbeitete wie ich, hat mich unterstützt. Acht Mona-te habe ich dann im Haus Damasina gearbeiMona-tet.

Somit war die Zeit bis zum Studium überbrückt. Was und wo haben Sie studiert?

Public Management, d. h. Verwaltung im Öffentlichen Dienst an der Hochschule in Kehl. Es war ein duales Studium, das heißt ich hatte immer wieder längere Arbeitsphasen, die ich bei der Stadt Offenburg und bei Landratsamt absolviert habe sowie einen Teil bei der Firma Kältetechnik Huber. Zu Beginn wurde ich noch von meiner Assistenz zum Studium gefahren. Später hatte ich mein eigenes umgebautes Auto.

Seitdem ist die Assistenz nur noch Beifahrer*in.

Sie sind mobil, haben ein Auto. Das ist doch gut!

Ja, unbedingt. Zu Hause unterstützen mich meine Eltern, bei der Arbeit die Assistenzkraft, und wenn ich in der Frei-zeit unterwegs bin, helfen mir meine Freunde. Also ein ganz

‚normales, reibungsloses‘ Leben. Was schwieriger geworden ist: Seit es keine ‚Zivis‘ mehr gibt, ist es sehr, schwer Assis-tenzkräfte zu finden. Ich arbeite in einer Verwaltung, meine Assistenz muss mir hauptsächlich bei Handreichungen be-hilflich sein.

Sie haben dann direkt nach dem Studium angefangen zu arbeiten?

Nicht direkt. Denn leider war es gar nicht so einfach. Be-rufserfahrung war gewünscht, aber trotzdem soll man ganz jung sein. Das passt nicht. Wenn ich von der Hochschule komme, habe ich eben noch keine Berufserfahrung. Ich wollte auch unbedingt in den sozialen Bereich.

Was ist jetzt Ihr Aufgabenbereich bei der Stadtverwal-tung, wo Sie arbeiten?

Es gibt zwei Integrationsbeauftrage, ich bin aber Inklusi-onsbeauftragter. Inklusion geht noch ein Stück weiter. Sie sucht Antworten auf die Frage: Wie ist die Teilhabe aller Menschen am sozialen und gesellschaftlichen Leben

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