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Eigentums- und Nutzungsrechte an Proben

Im Dokument Deutscher Bundestag (Seite 62-68)

IV. Rechtspolitische und Rechtsethische Aspekte

2. Eigentums- und Nutzungsrechte an Proben

Die Eigentumsverhältnisse an „Biomaterialproben“ im medizinischen Kontext sind juristisch nicht unumstritten (zumindest dann, wenn keine explizite Eigentumsübertra-gung vom Spender auf die probenerhebende Stelle bzw.

die Biobank vorliegt). Auch muss unterschieden werden zwischen Proben, die im reinen Behandlungszusammen-hang anfallen, und solchen, die bereits mit Forschungsab-sichten gewonnen werden. Erstere gelangen in das Labor bzw. die Pathologie der behandelnden bzw. diagnostizie-renden Einrichtung und werden dort i. d. R. weiter

ver-wahrt und für die institutionseigene Forschung eingesetzt, ohne dass hierzu die Einwilligung der Betroffenen einge-holt wurde. Werden Proben bereits mit (begleitender) Forschungsabsicht gewonnen, wird die Zustimmung des Patienten/Probanden in Form einer Einwilligungserklä-rung eingeholt; diese bezieht sich aber bisher in den meis-ten Fällen lediglich auf das Nutzungsrecht zur Forschung, nicht auf die Übertragung von Eigentum (TMF 2006, S. 114).

Es stellen sich somit Fragen wie die, was eigentlich „Ei-gentum“ im Rechtssinne ist, und insbesondere, in wel-chem Sinne Biomaterialien humanen Ursprungs über-haupt Eigentum sein können. Und schließlich sagt eine Übertragung des Eigentums an einer Probe auf eine Bio-bank zunächst noch nichts über den Umfang der Nut-zungsrechte an dieser Probe aus. In Anlehnung an Simon et al. (2005, S. 28 ff. u. 60 ff.) soll im Folgenden hier eine Klärung versucht werden.

2.1 Körpermaterial als Eigentum

Nach herrschender juristischer Meinung gelten der Kör-per des lebenden Menschen sowie die Organe und fest verbundenen Körperteile oder Hilfsmittel (Herzschrittma-cher etc.) nicht als Sachen im Sinne des Gesetzes; an ih-nen kann es folglich kein Eigentum geben.43 Der Mensch hat indes ein „eigentumsähnliches Bestimmungsrecht“ als Ausfluss seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Halàsz 2004, S. 40).

Anders verhält es sich hinsichtlich abgetrennter Körper-bestandteile. Mit der endgültigen Abtrennung vom oder der Entnahme aus dem Körper werden nach allen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen einzelne Körperbestandteile zu beweglichen Sachen (Halàsz 2004, S. 20 f.). Proben bzw. Biomaterialien sind Sachen im Sinne des § 90 BGB, da es sich um endgültig abgetrennte Körpermaterialien handelt, die nicht wieder in den menschlichen Körper eingefügt werden sollen.

Es stellt sich die Frage, wie nach diesen gesetzlichen Re-gelungen an den abgetrennten Körpermaterialien Eigen-tum begründet werden kann. Diesbezüglich herrscht die allgemeine juristische Auffassung, dass der menschliche Körper als solcher und auch sämtliche seiner Bestandteile bereits über das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine ei-gentumsähnliche Zuordnung erfahren. Das Eigentum an entnommenen Körpermaterialien (Proben) geht mit der Entnahme nach § 953 BGB analog automatisch auf den Menschen über, dem das Körpermaterial entnommen worden ist. Damit bleibt der Proband/Patient mit der Ent-nahme des Körpermaterials zunächst Eigentümer dessel-ben. Ein automatischer Eigentumsübergang der entnom-menen Probe auf einen Dritten findet nicht statt (Breyer 2004, S. 660; Freund/Weiss 2004, S. 316; Lippert 2001, S. 406).

43 Hierzu: §§ 854–1296 BGB; Spranger 2005, S. 1085 Halàsz 2004, S. 13 f., mit einem Überblick über die verschiedenen Theorien;

Palandt et al. 2005; Taupitz 2000, S. 1089.

In diesem Sinne stellt auch die Zentrale Ethikkommission in ihrer Stellungnahme (ZEK 2003, S. 3) fest: „Zwar ist der lebende menschliche Körper als solcher keine (eigen-tumsfähige) Sache; jedoch wird ein Körperteil mit der Trennung vom Körper eine Sache, und das Eigentum da-ran steht zunächst demjenigen zu, dem das Material ent-nommen wurde. Es steht dem Betroffenen (abgesehen von öffentlich-rechtlichen Beschränkungen z. B. aus hy-gienerechtlicher Sicht) frei, das Material dem Arzt/der Klinik zu übereignen, das Eigentum daran aufzugeben oder aber das Eigentum daran zu behalten“.

2.2 Das Eigentum an Biomaterial in einer Biobank

Es stellt sich nunmehr die Frage, ob diese Rechtslage auch für Körpermaterialien gilt, die in einer Biobank ein-geschlossen sind, oder ob und wie dieses Eigentum gege-benenfalls auf einen Dritten (Arzt, Wissenschaftler, Bio-bank) übergeht. Die bloße Einwilligung eines Patienten/

Probanden in die Entnahme von Körpermaterialien stellt für sich genommen keine Einigung über die Eigentums-übertragung dar (Lippert 2001, S. 406). Abgesehen da-von, dass es hierzu beispielsweise einer rechtsgeschäftli-chen Einwilligung nach § 183 BGB bedarf, sind im Weiteren verschiedene mögliche Konstellationen zu be-trachten, unter denen es zur Entnahme von Körpermateri-alien beim Probanden kommt, und die eine Eigentumsü-bertragung zur Folge haben können (Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission der Bundesärztekammer 2003):

– Entnahme aus diagnostischen/therapeutischen Grün-den im Rahmen eines Behandlungsvertrages,

– Entnahme im Rahmen eines bestimmten Forschungs-projekts,

– Entnahme zum Zwecke der Vorratssammlung für spä-tere unbestimmte Forschung,

– sonstige Entnahmegründe (Strafverfahren, Eigenblut-spende etc.).

Ein Großteil der in Biobanken gelagerten Proben ist im Rahmen von ärztlichen Behandlungen entnommen wor-den. Die Entnahme erfolgt mit Einwilligung des Patienten regelmäßig ausschließlich zu diagnostischen, teilweise zu therapeutischen Zwecken (z. B. Gewebe aus medizinisch indizierten Biopsien verschiedenster Organe). Die Dia-gnose ist in der Regel vor dem Eingriff nicht oder nicht genau bekannt. Die Menge an entnommenem Gewebe ist limitiert. Möglich ist auch das Vorkommen von Gewebe aus Operationsmaterial (z. B. Tumore von unterschiedli-chem Gewebe, Amputate, Organe im Zusammenhang mit Transplantationen). In der Regel werden große Gewebe-präparate entnommen; nur Teile davon sind für weitere ärztlich-histologische Untersuchungen notwendig („Überschussmaterial“ bleibt übrig). Schließlich kann im Zusammenhang mit einer Behandlung Körpermaterial

„anfallen“ (Plazenta, Nabelschnur).

Übrig gebliebenes Biomaterial verbleibt i. d. R. dort, wo es entnommen wurde. Eine ausdrückliche Vereinbarung, nach der das Körpermaterial auf den behandelnden Arzt/

die Klinik übergehen soll, liegt zumeist nicht vor. Eine konkludente Einwilligung in eine Eigentumsübertragung wird in diesen Fällen nicht angenommen. Die bislang herrschende Meinung (hier insbesondere auch der Natio-nale Ethikrat) unterstellt vielmehr, dass der Patient mit dem kommentarlosen Zurücklassen seines entnommenen Körpermaterials auf das Eigentum hieran verzichtet. Die Klinik bzw. der Arzt könne sich das Körpermaterial spä-testens jetzt aneignen (vgl. Spranger 2005, S. 1084; NER 2004).

Dieser Ansicht wird neuerdings widersprochen (Breyer 2004, S. 660 f.; Freund/ Weiss 2004, S. 315; Lippert 2001, S. 406). Aktuelle juristische Auffassungen vertre-ten vielmehr folgende Ansicht: Sofern die Entnahme der Körpermaterialien im Rahmen eines Behandlungsvertra-ges erfolgt, hat der Arzt die Pflicht, sobald eine Notwen-digkeit zur Verwahrung der Körpermaterialien nicht mehr besteht, die Körpermaterialien zu vernichten oder an den Patienten herauszugeben. Eine stillschweigende Einigung über den Eigentumsübergang kommt nicht in Betracht.

Nur wenn der Patient – vor oder nach der Behandlung – ausdrücklich erklärt, dass das Eigentum an seinen Kör-permaterialien auf den behandelnden Arzt oder die Klinik übergehen soll, liegt auch tatsächlich ein Eigentumsüber-gang vor (Simon et al. 2005, S. 39).

2.3 Nutzungsrechte an Proben

Fragen der Eigentumsübertragung von Proben/Daten auf eine Biobank sind zudem oftmals eng mit Aspekten des Umfangs und der Reichweite einer Übertragung von Nut-zungsrechten an den Proben/Daten vom Patienten/Pro-banden auf die Biobank verbunden. Dem soll im Folgen-den (in Anlehnung an Simon et al. 2005, S. 60 ff.) nachgegangen werden. Zu unterscheiden ist dabei grund-sätzlich zwischen dem Behandlungskontext, in dem die Entnahme von Biomaterialien zum unmittelbaren Nutzen des Patienten selbst geschieht, und dem Forschungskon-text, in dem eine Entnahme von Proben für allgemeine Zwecke und allenfalls indirekt zum Nutzen des Spenders erfolgt.

Probenentnahme im Behandlungskontext

Die Gewinnung von Proben/Biomaterialien erfolgt zur-zeit noch überwiegend im Rahmen eines Behandlungs-verhältnisses. Sofern der Patient/Proband aufgrund einer medizinischen Indikation einen Arzt oder ein Kranken-haus aufsucht, wird zwischen ihm und dem Arzt oder Krankenhaus ein Behandlungsvertrag geschlossen. Von besonderer Bedeutung sind dabei insbesondere die Vor-schriften des BGB, das ärztliche Berufsrecht, welches im Wesentlichen in der Bundesärzteordnung, der Approbati-onsordnung und der MBO-Ä 1997 (Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte), das TFG (Trans-fusionsgesetz), das TPG (Transplantationsgesetz) sowie die einschlägigen Vorschriften des StGB über die Körper-verletzung (§§ 223, 228 StGB) und die Schweigepflicht des Arztes zur Anwendung.

Die Gewinnung von Körpermaterialien im Rahmen eines Behandlungs-/Diagnosevertrags kann unter verschiede-nen Umständen erfolgen. Zunächst einmal ist es möglich, dass der Arzt dem Patienten zu Diagnosezwecken Kör-permaterialien entnehmen muss (Blutentnahmen, Gewe-beproben, Gewebeflüssigkeiten). Des Weiteren können Körpermaterialien im Rahmen einer Operation anfallen oder als „Abfallprodukt“ im Rahmen eines medizinischen Eingriffs. Möglich ist aber auch, dass der Arzt im Rah-men eines ohnehin notwendigen medizinischen Eingriffs, z. B. im Rahmen eines operativen Eingriffs, zusätzliches Körpermaterial (z. B. Blut oder Gewebe) entnimmt, ob-wohl dies zum Zwecke der Heilbehandlung nicht erfor-derlich ist.

Alle genannten Eingriffe, in deren Rahmen Körpermateria-lien anfallen, stehen unter dem Arztvorbehalt und bedür-fen der vorherigen Einwilligung des Patienten. Beabsich-tigt der Arzt, zusätzliches Körpermaterial zu entnehmen oder Diagnosen bzw. Untersuchungen vorzunehmen, die nicht unmittelbar der Heilbehandlung des konkreten Pati-enten, sondern rein wissenschaftlichen Forschungsinte-ressen dienen, muss er den Patienten auch hierüber auf-klären und seine Einwilligung einholen. Die Einwilligung des Patienten in die Heilbehandlung als solche genügt nicht (z. B. Deutsch et al. 2001, S. 465).

Der Einwilligung wiederum hat grundsätzlich die erfor-derliche Aufklärung durch den Arzt vorauszugehen.

Diese muss sich zunächst auf den medizinischen Eingriff als solchen beziehen. Die Aufklärung soll dazu führen, dass der Patient Art, Bedeutung, Dringlichkeit, Verlauf und Folgen (Chancen und Risiken) eines Eingriffs zumin-dest in Grundzügen versteht. Da die Entnahme des Kör-permaterials grundsätzlich, also auch wenn die Entnahme nur zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgt, eine ärztliche Maßnahme ist, kann die Aufklärung über Zweck und Fol-gen des medizinischen Eingriffs auch in diesem Fall nur durch einen Arzt erfolgen. Der Forscher einer Biobank, welcher nicht selbst Arzt ist, kann die ärztliche Aufklä-rung nicht übernehmen (Simon et al. 2005, S. 64).

Probenentnahme im Forschungskontext

Oftmals werden Patienten/Probanden Proben/Biomateria-lien zu wissenschaftlichen Zwecken im Rahmen von be-stimmten Studien entnommen, ohne dass ein Behand-lungszweck vorliegt. Dabei handelt es sich in der Regel um Forschungsstudien, die auf bestimmte Krankheiten bezogen sind. Ziel dieser Forschungsprojekte ist es, für bestimmte Krankheiten, an denen möglicherweise auch der Proband leidet, Ursachen und Behandlungsmethoden zu erforschen. In jüngerer Zeit erfolgen zudem breit ange-legte Probenentnahmen, ohne dass bekannt ist, ob eine entsprechende Krankheit vorliegt. Diese Entnahmen er-folgen mit dem Ziel zu erforschen, ob und in welchem Umfang eine bestimmte Krankheit überhaupt in der Be-völkerung auftritt (Stuhrmann-Spangenberg/Schmidtke 2005, S. 128).

Die Frage, ob unter den genannten Bedingungen die Ei-gentums- und Nutzungsrechte an dem entnommenen Kör-permaterial auf die Forschungseinrichtung bzw.

For-schenden übergegangen ist, lässt sich zusammenfassend wie folgt beantworten (Simon et al. 2005, S. 45 ff. u. 65 ff.):

– Erfolgt die Entnahme des Körpermaterials außerhalb eines Behandlungsvertrages allein zu Forschungszwe-cken, geht das Eigentum an dem Körpermaterial auf die Biobank über, wenn eine ausdrückliche oder kon-kludente Vereinbarung über die Eigentumsübertra-gung respektive Eigentumsaufgabe vorliegt. Enthalten die Einwilligungserklärung bzw. die Patienteninfor-mation allerdings einen Passus, wonach der Proband/

Patient die Vernichtung oder Herausgabe des Körper-materials verlangen kann, ist weder von einem aus-drücklichen noch einem konkludenten Eigentums-übergang auf die Biobank oder einer Eigentumsaufgabe auszugehen. Auch die Körpermaterialien, die einem Probanden mit dessen Einwilligung ausschließlich zu Forschungszwecken entnommen worden sind, gehen daher in der Regel nicht auf die entnehmende For-schungseinrichtung über. Der Proband bleibt weiterhin Eigentümer der entnommenen Körpermaterialien.

– Sofern die Biobank Eigentum an den Materialien er-langen will, muss sie von dem Probanden/Patienten eine ausdrückliche, schriftliche Erklärung zur Zustim-mung bzw. Einwilligung einholen, dass das entnom-mene Körpermaterial auf die Biobank übergehen oder vom Entnehmenden auf Dritte übertragen werden darf. Sofern diese Erklärung vorformuliert wird, sollte sie deutlich gestaltet sein, wie dies auch bei entspre-chenden Einwilligungserklärungen bei der Verwen-dung von Daten (Datenschutzklauseln) üblich ist.

– Sofern die Biobank Körpermaterialien verwenden will, die dem Probanden bereits entnommen worden sind, ohne dass er eine entsprechende Erklärung abge-geben hat, muss von ihm nachträglich die Einwilli-gung zur ÜbertraEinwilli-gung der Eigentums- und Nutzungs-rechte an diesen Materialien auf die Biobank eingeholt werden.

Für die entnehmende Stelle von Biomaterialien für eine Biobank ergeben sich insbesondere zwei zentrale Pflich-ten gegenüber dem PatienPflich-ten/Probanden: Aufklärungs-pflicht sowie Aufbewahrungs- und Dokumentations-pflicht.

Aufklärungspflicht

Sofern Körpermaterialien, die ohne ärztlichen Eingriff gewonnen werden können, lediglich für die Forschung verwendet werden sollen, muss der Proband nur allge-mein über den Verwendungszweck (z. B. Forschung, Heilmittelherstellung etc.) aufgeklärt werden. Im Übrigen muss eine datenschutzrechtliche Aufklärung erfolgen, zu-mindest dann, wenn personenbezogene Daten gespeichert werden sollen (Simon et al. 2005, S. 69 f.). Anders ver-hält es sich, wenn ein ärztlicher Eingriff in den Körper des Probanden notwendig ist, um die Probe zu gewinnen.

In diesem Fall hat der Arzt den Patienten vor Durchfüh-rung des Eingriffs umfassend über den Eingriff als sol-ches, seinen Zweck, die Art und Weise der Durchführung und etwaige Gefahren bzw. Komplikationen aufzuklären

und dann die Einwilligung des Probanden in den Eingriff einzuholen.

Aufbewahrungs- und Dokumentationspflicht

Soweit lediglich Proben gewonnen werden, die keinen ärztlichen Eingriff erfordern, bestehen auch keine beson-deren Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten ge-genüber dem Probanden. Etwas anderes gilt nur bei einer vertraglichen Vereinbarung, in der dem Probanden zuge-sichert wird, dass er jederzeit die Vernichtung oder He-rausgabe der Proben verlangen kann. Diese Pflicht könnte die Biobank nur erfüllen, wenn sie jederzeit nachvollzie-hen kann, wo sich die Proben befinden.

Ist ein ärztlicher Eingriff zur Gewinnung der Proben not-wendig, obliegen dem Arzt – bezogen auf den Eingriff – dieselben Dokumentationspflichten wie dem behandeln-den Arzt. Allerdings hat der Arzt keine Pflicht, die Pro-ben aufzubewahren oder dauerhaft zu dokumentieren, wo sich die Proben befinden. Die Pflicht des Arztes, sich um den Verbleib der Probe zu kümmern, endet, wenn er diese entsprechend dem sich aus dem Probandenvertrag und der Einwilligungserklärung ergebenden Willen des Pro-banden an die Biobank übergibt. Er hat keine Pflicht zur Überprüfung der Forschungsergebnisse. Etwas anderes gilt, wenn der entnehmende Arzt selbst die weitere For-schung an dem Material betreibt, da in diesem Fall wei-terhin eine Zugriffsmöglichkeit des Arztes auf For-schungserkenntnisse besteht, die für den Probanden von Bedeutung sein können. Etwas anderes gilt außerdem, wenn in dem Probandenvertrag eine abweichende Rege-lung getroffen wird.

Ausschließlich forschende Mediziner oder Biologen ha-ben keine gesetzlich vorgeschrieha-bene Pflicht, den Proban-den über etwaige Zufallsbefunde aufzuklären. Eine sol-che Pflicht würde im Widerspruch zu der grundsätzlisol-chen Pflicht zur Anonymisierung stehen. Gleichwohl sollte aus Rechtssicherheitsgründen ein entsprechender aufklären-der Hinweis, besser noch zugleich aufklären-der ausdrückliche Ver-zicht auf die Mitteilung krankheitsrelevanter Ergebnisse, in die Patienteninformation und die Einwilligungserklä-rung beziehungsweise den Probandenvertrag aufgenom-men werden.

2.4 Weitergabe von Eigentums- und Nutzungsrechten

Häufig werden Proben nicht von der Biobank selbst be-forscht oder anderweitig genutzt, sondern Dritten (etwa öffentlichen Forschungseinrichtungen oder der privaten Industrieforschung) zur Verfügung gestellt. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, welche Eigentums-rechte und Rechte an der Nutzung der Proben/Daten die Biobank besitzt und in welchem Umfang sie diese an Dritte weitergeben darf.

Der Nationale Ethikrat (NER 2004, S. 39 f.) vertritt hierzu folgende Auffassung: „Proben und Daten aus Bio-banken dürfen nicht für andere Zwecke als Forschungs-zwecke weitergegeben und verwendet werden. […] So-weit bestimmte Kooperationspartner bei Anlegung der

Biobank bereits bekannt sind, sollte der Betroffene da-rüber informiert werden. Eine Einwilligung sollte aber auch in der Form möglich sein, dass einer Weitergabe von Proben und Daten an noch nicht bekannte Forscher zuge-stimmt wird. Dies gilt auch für eine Weitergabe in den privat finanzierten Forschungssektor. Eine derart weit ge-fasste Einwilligung muss allerdings dadurch kompensiert werden, dass die Proben und Daten – wenn sie nicht ano-nymisiert werden können – vorbehaltlich gesetzlicher Ausnahmen nur in pseudonymisierter Form den Bereich der Biobank verlassen dürfen. […] Im Übrigen sollte jede Weitergabe an Dritte nachvollziehbar dokumentiert wer-den. […] Werden durch die Vernetzung allein pseudony-misierte Proben und Daten zusammengeführt, gibt es un-ter dem Gesichtspunkt des Spenderschutzes allerdings keine grundsätzlichen Einwände. Denn auch eine Vernet-zung darf keine Möglichkeiten der Reidentifizierung er-öffnen und keinen neuen Gesamtpool personenbezogener Proben und Daten schaffen. Sofern es für die Forschung notwendig ist, Proben und Daten zu reidentifizieren, muss zu den Verantwortlichen der einzelnen Biobanken zu-rückgegangen werden“.

Zunächst ist noch einmal festzuhalten, dass grundsätzlich der Eigentümer der jeweiligen Probe ein gesetzliches Recht zur Nutzung der Materialien besitzt, in der Regel der Proband oder die Biobank. Daneben ist aber auch ohne Eigentumsübertragung die vertragliche Einräumung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts möglich. Die Biobank hat das Recht der Nutzung in dem Umfang, in dem es auf sie vom Probanden übertragen worden ist; das Nutzungsrecht Dritter wird im Rahmen der Einwilli-gungserklärung des Probanden definiert. Sofern die Bio-bank berechtigt ist, die Materialien Dritten zur Verfügung zu stellen, haben diese im Verhältnis zur Biobank ein ver-tragliches Nutzungsrecht, welches auch gegenüber dem Probanden wirkt. Ansonsten richten sich die Datenerhe-bung und weitere Nutzung der Daten nach den Vorschrif-ten des BDSG. Danach ist die Biobank eine für die Erhe-bung, Verarbeitung oder Nutzung verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG.

Eine Biobank kann also einem Dritten (z. B. anderen Bio-banken) die Nutzungsrechte übertragen, wenn und inso-weit sie selbst Nutzungsrechte und die Erlaubnis dazu er-halten hat, Nutzungsrechte an andere zu übertragen. Die Biobank kann darüber hinaus die Probe bzw. Teile der Probe einem Dritten zur Nutzung überlassen, ohne dass das Eigentum der Probe auf den Dritten übergeht. Mög-lich wäre dies im Rahmen eines einfachen schuldrechtli-chen Nutzungsvertrages. Sofern kein Verbrauch vorliegt, könnte dies in der Form einer Leihgabe oder Miete ge-schehen.

Wird dem Dritten lediglich ein Nutzungsrecht an der Probe eingeräumt, nicht aber das Eigentum übertragen, kann der Dritte gleichwohl Eigentümer der Probe bzw. ei-nes Teils der Probe werden, wenn nach § 948 BGB eine untrennbare Vermischung oder Vermengung der Probe mit anderen Sachen stattfindet. Eine solche Situation kann eintreten, wenn die Körpermaterialien z. B. zu ei-nem Arzneimittel verarbeitet werden. In diesem Fall

ver-liert die Biobank das Eigentum, und auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Probanden an der neuen Sache besteht nicht mehr, da nach § 949 BGB mit der Vermi-schung die Rechte Dritter erlöschen (Simon et al. 2005, S. 81).

Ist hingegen der Patient/Proband noch Eigentümer der Probe, so ist die Weitergabe, wenn das Recht dazu der Biobank oder dem Arzt nicht ausdrücklich durch eine Einwilligungserklärung eingeräumt wurde, eigentums-rechtlich und schweigepflichteigentums-rechtlich eine Straftat (Un-terschlagung bzw. Verletzung des Arztgeheimnisses). Der Patient/Proband kann somit, solange er Eigentümer der Probe ist, nach §§ 823, 1004 BGB die Unterlassung einer Weitergabe an Dritte verlangen.

Unproblematisch ist die Weitergabe von anonymisierten Proben/Daten (wenn dies vom Probanden erlaubt worden ist), da hier die Gefahr einer Verletzung von Persönlich-keitsrechten bzw. Datenschutzbestimmungen nicht zu er-warten ist. Problematisch sind vor allem pseudonymi-sierte Proben/Daten, deren Spender gegebenenfalls re-identifiziert werden können, um wissenschaftlich rele-vante Nachfragen beim Probanden bzw. beim Arzt oder bei der Klinik zu ermöglichen. Im Falle lediglich pseudo-nymisierter Proben/Daten ist es unerlässlich, den „infor-med consent“ des Patienten/Probanden einzuholen, in dem die Nutzungsrechte an den Proben/Daten durch die Biobank bzw. von Dritten im Zuge ihrer Weitergabe fest-gelegt werden.

2.5 Probenvernichtung

Sofern einem Patienten Körpermaterial im Rahmen eines Arztvertrags mit dem Zweck der Behandlung oder Dia-gnose entnommen worden ist, kann nach Beendigung oder Kündigung des Vertrags die Herausgabe oder Ver-nichtung der entnommenen Probe verlangt werden44 (hierzu im Folgenden: Simon et al. 2005, S. 52 ff.) Ist das Eigentum an der Probe auf eine Biobank

Sofern einem Patienten Körpermaterial im Rahmen eines Arztvertrags mit dem Zweck der Behandlung oder Dia-gnose entnommen worden ist, kann nach Beendigung oder Kündigung des Vertrags die Herausgabe oder Ver-nichtung der entnommenen Probe verlangt werden44 (hierzu im Folgenden: Simon et al. 2005, S. 52 ff.) Ist das Eigentum an der Probe auf eine Biobank

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