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Eigentum versus Leasing und Miete

2 T HEORETISCHE G RUNDLAGEN UND WISSENSCHAFTLICHER B EZUGS- EZUGS-RAHMENEZUGS-RAHMENEZUGS-RAHMEN

2.1 Unternehmen und der Bedarf an Gewerbeimmobilien

2.1.1 Eigentum versus Leasing und Miete

Mit einem Kauf nach §§ 433ff. BGB gehen wirtschaftliches und rechtliches Eigentum in Verbin-dung mit dem alleinigen Nutzungsrecht sowie alle weiteren Rechte und Pflichten an einem

54 Vgl. Gerstner, N. (2008), S. 1 und Schäfers, W. (1997), S. 151. Im Folgenden wird auf die Kompo-nenten der Beschaffung fokussiert.

55 Zur Abgrenzung von Pacht und Leasing in diesem Kontext vgl. Gerstner, N. (2008), S. 78 und Stell-mann, F. (2006), S. 183f. Weiterführend zu Eigentum, Leasing und Miete vgl. Pfnür, A. (2011), S.

177-221. Die folgenden Ausführungen orientieren sich strukturell an Schäfers, W. (2004), S. 231-235.

Theoretische Grundlagen und wissenschaftlicher Bezugsrahmen 14

Grundstück und einer Immobilie auf das erwerbende Unternehmen über.56 Die Vorteile eines Kaufs werden in der Kontrolle über das Grundstück und die Immobilie gesehen sowie in der Möglichkeit, dass auf Veränderungen, die mit der Geschäftstätigkeit von Unternehmen oder Geschäftsbereichen zusammenhängen, reagiert werden kann. Gleichfalls kann anhand eines Eigentumserwerbs durch den Aufbau von Markteintrittsbarrieren der Wettbewerb für Konkur-renten erschwert werden.57 Wesentliche Nachteile des Eigentumserwerbs sind - abgesehen von einer „maßgeschneiderten“ Projektentwicklung - die fehlende Beeinflussbarkeit der bau-körperlichen Gestaltung der (Bestands-) Immobilie sowie speziell der hohe Kapitalbedarf und die langfristige Kapitalbindung.58 Kurzfristige Bedarfsanpassungen sind nicht oder nur schwer möglich. Flächenbezogene Überkapazitäten können hohe Fixkosten generieren und Kapital binden, das anderweitig in der Unternehmung gewinnbringend eingesetzt werden könnte.

Überschüssige Kapazitäten können zwar u.a. durch Vermietung an Dritte abgebaut werden.

Gelingt dies aber z.B. aufgrund der baulichen Beschaffenheit der Immobilie oder unterneh-mensspezifischer Flächenausbauten nicht, ergeben sich durch einen Kauf wirtschaftliche Nachteile.59

Unter Immobilienleasing wird „[…] die mittel- bis langfristige Vermietung [oder Anmietung]

von Grundstücken, Gebäuden oder Betriebsanlagen […]“ verstanden.60 Im internationalen Sprachgebrauch findet der Begriff jedoch keine einheitliche Verwendung.61 Seinem Wesen nach kann Leasing meist den Mietverhältnissen zugeordnet werden, weshalb die gesetzlichen Regelungen dazu in großen Teilen Anwendung finden.62 Die Formen des Leasings lassen sich anhand des Leistungsumfangs und der Vertragsgestaltung nach Finanzierungsleasing und ope-rativem Leasing bzw. Service-Leasing sowie Voll- und Teilamortisationsmodellen differenzie-ren. Dabei ist zu unterscheiden, ob das Objekt durch eine Leasinggesellschaft respektive ei-nen Dritten neu erstellt wird oder ob dem Leasingvertrag eine Bestandsimmobilie zugrunde liegt. Während die Funktion des Leasinggebers beim Finanzierungsleasing primär in der Finan-zierung liegt, erbringt ein Service-Leasinggeber in der Entwicklungs- und Nutzungsphase

56 Im Rahmen der Arbeit werden aufgrund des Forschungsinteresses lediglich Non-Property-Companies betrachtet, bei welchen die Immobilie zur Unterstützung der originären Geschäftstätigkeit und nicht etwa zur Einkommensgenerierung dient, vgl. Gier, S. (2006), S. 61f.

Entsprechend der Fokussierung auf die Beschaffung ist der Eigentumserwerb in diesem Zusammen-hang auf den Kauf einer bereits fertiggestellten Immobilie bezogen, vgl. Schäfers, W. (2004), S. 231 und Pfnür, A. (2011), S. 178-183.

57 Vgl. Schäfers, W. (2004), S. 231, Weatherhead, M. (2001), S. 24 und Nourse, H. (1992), S. 27.

58 Vgl. Weatherhead, M. (2001), S. 24 und Nourse, H. (1992), S. 27.

59 Vgl. Krumm, P./ Linneman, P. (2001), S. 2, Nourse, H. (1990), S. 69 und Schäfers, W. (1997), S.

155-157.

60 Gier, S. (2006), S. 66. Die Betriebsanlagen müssen dabei fest mit dem Standort verbunden sein.

61 Vgl. Demberg, G. (2001), S. B 10.

62 Vgl. Gerstner, N. (2008), S. 78f. und Lindner-Figura, J./ Stellmann, F. (2008), S. 11. Bilanzielle Aspekte werden anschließend diskutiert.

gänzende Dienstleistungen. Operatives Leasing ist vergleichbar mit regulären Mietverhältnis-sen. Vollamortisationsmodelle beinhalten die Gesamtkosten einer Immobilie inkl. der Marge des Leasinggebers, Teilamortisationsmodelle dagegen nur entsprechende Anteile. Im Rahmen von Mieterdarlehensmodellen werden neben der üblichen Leasingrate Mietvorauszahlungen geleistet, welche nach Ablauf des Leasingvertrages dem Restwert der Immobilie entsprechen.

Erwirbt der Leasingnehmer das Objekt anschließend nicht, müssen die kumulierten Zahlungen an ihn zurückgeführt werden.63 Sale-and-Lease-Back-Modelle gleichen dem Verkauf einer Un-ternehmensimmobilie in Kombination mit einer (langfristigen) Rückmietung.64 Aus Unterneh-menssicht bieten Leasingmodelle den Vorteil, dass geleaste Immobilien i.d.R. den individuel-len Anforderungen des Leasingnehmers genügen und gerade mit zunehmender Vertragslauf-zeit passend konzipiert werden. Mangelnde Erfahrung in der Entwicklung oder beim Ankauf einer Immobilie lässt sich durch die Inanspruchnahme des Management-Knowhows der Lea-singgesellschaft kompensieren. Immobilienkosten werden im Leasingvertrag ferner transpa-rent und offengelegt. Lässt sich ein Unternehmen für das Ende des Leasingvertrages ein An-kaufsrecht einräumen, sichert es sich den Standort, ist im Vergleich zum Kauf allerdings nicht zwingend an diesen gebunden.65 Potentielle Wertsteigerungen können durch den Leasingneh-mer über eine Kaufoption realisiert werden, sofern sie im Leasingvertrag keine Berücksichti-gung finden.66 Zentrales Argument für das Leasing sind Finanz- und Kostenaspekte gepaart mit steuerlichen Überlegungen.67 Ausgaben und Aufwendungen der mit der Immobilie verbunden Investitionsmittel werden meist über die gewöhnliche Nutzungsdauer mit konstanten und steuerlich absetzbaren Leasingraten angesetzt. Während beim Kauf häufig in Relation kürzere Tilgungszeiten, schwankende Zinsbelastungen und ein degressiver Kapitaldienst vorliegen, entstehen durch Leasingmodelle Einsparungen bei der Liquidität, die im normalen Geschäfts-betrieb einsetzbar sind. Agieren Leasinggesellschaften als Großkreditnehmer mit guten Kondi-tionen, können daraus ebenfalls Vorteile bei der Finanzierung entstehen, welche an den Lea-singnehmer weitergegeben werden können. Den genannten Vorteilen stehen einige Nachteile gegenüber. So können sich bei langfristigen Verträgen analog zum Eigentum negative Effekte auf den Operating Leverage ergeben, wenn die Nutzungsintensität nachlässt und die Flächen leer stehen.68 Gleichfalls müssen große Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesell-schaft abhängig von ihren Rechnungslegungsstandards und der vertraglichen Ausgestaltung

63 Vgl. Schäfers, W. (2004), S. 231-233.

64 Vgl. Pfnür, A. (2011), S. 197f. In Abhängigkeit der Vertragsgestaltung ermöglichen Sale-and-Lease-Back-Modelle auch nur eine teilweise Flächenrückmietung durch Unternehmen, was in der Vergan-genheit v.a. bei der Telekom, Siemens und DHL beobachtet werden konnte. Für eine tiefergehende Abgrenzung der Leasingbegriffe vgl. auch Gier, S. (2006), S. 66-69.

65 Vgl. Schäfers, W. (2004), S. 233.

66 Vgl. Feinen, K. (2002), S. 646.

67 Vgl. Lindner-Figura, J./ Stellmann, F. (2008), S. 22.

68 Vgl. Schäfers, W. (2004), S. 234.

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Leasingverpflichtungen entweder in der Bilanz oder im Anhang des Jahresabschlusses auswei-sen, was wiederum Einfluss auf ihre Bewertung haben kann.69 Da Leasingverträge häufig un-kündbare Grundmietzeiten von 40% bis 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer einer Immobilie vorsehen und gleichzeitig im Vergleich zum Eigentumserwerb kein Verkauf der Im-mobilie möglich ist, sind Unternehmen auch hier in ihrer Flexibilität beschränkt. Ein vorzeiti-ger Vertragsaustritt geht i.d.R. mit hohen Kompensationszahlungen an den Leasinggeber ein-her.70 Veränderungen wie Flächenerweiterungen oder -reduktionen sind deshalb problema-tisch und führen bei längerfristigen Verträgen zum Aufbau von Mobilitätsbarrieren. Zu Ver-tragsabschluss festgeschriebene, indexierte oder gestaffelte Mieten können darüber hinaus insbesondere bei langen Laufzeiten und fehlender Marktadjustierung zu Mieten über dem Marktniveau führen.71

Bei einer Anmietung nach §§ 535ff. BGB wird Unternehmen ein zeitlich begrenztes Nutzungs-recht eingeräumt, dessen Gegenleistung monetäre (Miet-) Zahlungen darstellen.72 In Relation zu Eigentumserwerb und Leasing wird die Anmietung als die flexibelste Form der Immobilien-bereitstellung angesehen.73 Verglichen mit dem juristisch strenger regulierten Wohnraum-mietrecht sind Gewerbemietverträge relativ frei verhandelbar.74 Neben Mietzins und Mietnebenkosten sind insbesondere Mietdauer, Mietgegenstand und Nebenabreden entschei-dende Größen, welche die Vorteilhaftigkeit eines Mietverhältnisses für den Nutzer determi-nieren. Eine vertragliche Fixierung dieser Parameter ermöglicht Unternehmen eine gute Kal-kulierbarkeit der Aufwendungen.75 Generell ist mit einer Anmietung der zentrale Vorteil ver-knüpft, dass Raumkapazitäten relativ kurzfristig auf- und in Anhängigkeit der Vertragslaufzeit abgebaut werden können, sofern geeignete Gebäude an entsprechenden Standorten verfügbar sind. Im Vergleich zum Kauf und längerfristig ausgelegten Leasingmodellen ist die Bindung an ein gemietetes Objekt weniger stark, da entweder von vornherein kurzfristigere Verträge ein-gegangen oder Kündigungsoptionen verankert werden können. Der Kapitalbedarf und die Kapi-talbindung fallen geringer aus und werden über die vereinbarte Mietzeit verteilt.76 Verlänge-rungsoptionen und Flächenexpansions- oder Reduktionsklauseln können Mietern in Abhängig-keit der Marktsituation zusätzlich Flexibilität einräumen.77 Bei einer Anmietung sind

69 Vgl. Schäfers, W. (2004), S. 234.

70 Vgl. Pfnür, A. et al. (2004), S. 244, Levin, G. (2004), S. 59 und Schäfers, W. (2004), S. 234.

71 Vgl. Ropeter-Ahlers, S./ Vaaßen, N. (2004), S. 190. Für weiterführende Aspekte zum gewerblichen Immobilienleasing aus Nutzerperspektive vgl. Vaaßen, N. (1999).

72 Vgl. Stellmann, F. (2001), S. 177 und Pfnür, A. (2011), S. 183-185.

73 Vgl. Liow, K./ Ooi, J. (2000), S. 242 und Nourse, H. (1992), S. 25.

74 Vgl. Kap. 2.1.2 ab S. 17.

75 Vgl. Schäfers, W. (2004), S. 234f.

76 Vgl. Schäfers, W./ Gier, S. (2005), S. 869 und Hansen, R. (2002), S. 800.

77 Vgl. Gier, S. (2006), S. 75 und Hansen, R. (2002), S. 799f.

nehmen außerdem von sämtlichen Risiken befreit, die mit der Errichtung und dem Eigentum an einer Immobilie verbunden sind, da diese der Eigentümer zu tragen hat. Nachteilig kann sich der fehlende Einfluss auf die Gestaltung von Objekt und Mietfläche vor und während des Mietverhältnisses auswirken. Auch das Verhältnis zum Vermieter kann einen Konfliktpunkt darstellen.78 Etwaige Umbauten müssen bei größerem Umfang genehmigt werden, für eine Expansion müssen passende Flächen verfügbar sein.79 Wird seitens des Nutzers eine Vertrags-verlängerung angestrebt, muss der Mietvertrag meist neu verhandelt werden, wobei die Ver-teilung der Verhandlungsmacht zwischen beiden Parteien von wesentlicher Bedeutung für die Festsetzung der Konditionen ist.

2.1.2 Fundamentale Grundlagen des gewerblichen Mietrechts und der