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Effekt von Serumfaktoren und untersuchten Interleukinen

3 Material und Methoden

5.1 Effekt von Serumfaktoren und untersuchten Interleukinen

Die MHC-ll-Expression auf Monozyten ist eine Voraussetzung für eine effektive Antigenpräsentation gegenüber CD4-positiven Lymphozyten und somit ein wichtiger Schritt der Immunreaktion (Sachse et al 1999, Gennari et al 1994). Die Verringerung der MHC-ll-Expression auf peripheren Blutmonozyten auf weniger als 20 % wird von Volk als kennzeichnend für eine globale Immunsuppression und als kritischer Wert hinsichtlich der Prognose bezeichnet (Volk et al 1991). Zu beachten ist, dass sich dieser Granzwert auf die von Volk et al. eingesetzte Methode bezieht.

5.1.1 Effekt von Serum von Patienten mit schweren Verbrennungen

In zahlreichen Arbeiten werden die Veränderungen des Immunsystems nach Verbrennungstraumata beschrieben (Katakura et al 2004, Ayala et al 1996, Wassermann 1998, Pinsky 2001, Alexander 1990, Yeh et al 2000, Pruitt et al1996, Vindenes et al 1998, Wakefield et al 1993, Ertel und Faist 1993, Schinkel et al 1998, Spits und de Waal-Malefyt 1992, Haveman et al 1999, Yeh et al 2002, Sachse et al 1999). So kommt es zu einer vermehrten Freisetzung von pro- und antiinflammatorischen Zytokinen. Dies führt unter anderem zu einer verminderten MHC-ll-Expression auf peripheren Blutmonozyten.

Ziel dieser Arbeit ist es zu verdeutlichen, dass der Effekt auf die MHC-ll-Expression tatsächlich von im Serum enthaltenen Faktoren ausgeht und nicht auf einer Schädigung der Zellen durch das Trauma selbst beruht. Daher wird im Rahmen der Vorversuche eine diesbezügliche Versuchsreihe durchgeführt. Wie unter Kap. 3.6.1 beschrieben, wird ein Parallelversuch mit Serum von gesunden Kontrollpersonen und Serum von Patienten mit schweren Verbrennungen eingeschlossen. Als Kulturzellen werden in beiden Versuchsreihen die gleichen Monozyten von gesunden Spendern verwendet. Nach 24 h Kulturdauer ist keine signifikante Änderung der MHC-ll-Expression festzustellen. Nach 48 h Kulturdauer zeigt sich mit 54,8 % ± 16,5 % eine signifikante Verminderung der MHC-ll-Expression der Monozyten in dem Ansatz mit dem Serum der Verbrennungspatienten - verglichen mit der Expression im Kontrollansatz, welche 88,3 % ± 5,6 % beträgt.

5 Diskussion 66 Somit kann von einem Effekt von Serumfaktoren auf die MHC-ll-Expression ausgegangen werden.

Dass es bei einem Verbrennungstrauma zusätzlich zu einer direkten Schädigung der Monozyten kommt, kann nicht ausgeschlossen werden, ist jedoch nicht Thema dieser Arbeit.

5.1.2 Effekt von Interleukin-10

Der hemmende Einfluss von Interleukin-10 auf die MHC-ll-Expression von Monozyten ist in der Literatur ausführlich beschrieben (Parkin und Cohen 2001, Haveman et al 1999, Pruitt et al1996, Spits und de Waal-Malefyt 1992). Dies wird durch die Versuche in der vorliegenden Arbeit bestätigt. Durch den Zusatz von 100 U/!l Interleukin-10 kommt es in der Versuchreihe mit Serum gesunder Kontrollpersonen zu einer signifikanten Reduzierung der MHC-ll-Expression auf 56,1 % ± 18,6 % gegenüber 79,9 % ± 14,9 % im Kontrollansatz. In der Versuchsreihe mit dem Serum von Patienten mit schweren Verbrennungen kann durch Zusatz von Interleukin-10 eine leichte Verminderung der MHC-ll-Expression auf 57,3 % ± 15,2 % - verglichen mit 68,5 % ± 16,7 % im Kontrollansatz - erreicht werden. Diese Änderung ist jedoch nicht signifikant.

Die Tatsache, dass Interleukin-10 in der Versuchsreihe mit Serum von Schwerverbrannten als Serumanteil einen geringeren, nicht signifikanten Einfluss auf die MHC-ll-Expression hat, lässt sich mit den Beobachtungen anderer Autoren vereinbaren, die eine erhöhte Interleukin-10-Serumkonzentration nach Verbrennungstrauma beschreiben. So beschreiben zum Beispiel Lyons et al.

(Lyons et al 1997) eine signifikant erhöhte Interleukin-10-Produktion durch periphere mononukleäre Zellen bei Verbrennungs- oder Traumapatienten. Yeh et al. (Yeh et al 2000) haben die Änderung der Serumkonzentration von Interleukin-10 bei 22 Verbrennungspatienten mit und ohne Sepsis gemessen. Bei den überlebenden Patienten lag die Interleukin-10-Konzentration 2,5 Tage nach Verbrennung bei 51,3 ± 55,1 pg/ml, bei Patienten, die im weiteren Verlauf starben, lag die Konzentration bei 109,2 ± 103,1 pg/ml. Bei gesunden Kontrollpersonen wurde dagegen eine Konzentration von 7,5 ± 1,2pg/ml gemessen.

In einer weiteren Arbeit haben Yeh et al. (Yeh et al 2002) erneut bei Patienten

5 Diskussion 67 mit zweit- und drittgradigen Verbrennungen die Interleukin-10-Konzentrationen im Serum gemessen. Bei der Auswertung wurde wiederum zwischen Überlebenden und Verstorbenen unterschieden. In der ersten Gruppe fanden sich Interleukin-10-Konzentrationen von durchschnittlich 19,4 ± 8,5 pg/ml, in der zweiten Gruppe lag die Interleukin-10-Konzentration mit 92,8 ± 130,1 pg/ml deutlich höher. Die Interleukin-10-Serumkonzentration von gesunden Kontrollpersonen betrug 4,3 ± 1,0 pg/ml.

Sachse et al. (Sachse et al 1999) haben ebenfalls die Serumkonzentration von Interleukin-10 bei 19 Patienten mit schweren Verbrennungen gemessen. Die Werte reichten von 40 ng/l am Tag 2 nach Verbrennung bis zu 120 ng/l am Tag 9. Bei den gesunden Kontrollpersonen lag die Konzentration unterhalb der Nachweisgrenze von 2,6 ng/l.

Man kann also unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse erwarten, dass in dem in dieser Arbeit verwendeten Serum von Verbrennungspatienten eine erhöhte Konzentration von Interleukin-10 vorlag, die zu einer signifikanten Reduzierung der MHC-ll-Expression geführt hat, so dass eine weitere Zugabe von Interleukin-10 keinen großen Effekt zeigen konnte.

Die Tatsache, dass eine alleinige Erhöhung der Interleukin-10-Konzentration nicht unbedingt negative Auswirkungen haben muss, zeigt z.B. die Verwendung von Interleukin-10 bei der Therapie von chronisch inflammatorischen Darmerkrankungen: Im Tierversuch wurde bei Interleukin-10-defizienten Mäusen ein vermehrtes Auftreten von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen beobachtet. Durch die Gabe von Interleukin-10 konnte die Entzündung gebessert werden (deVries 1995). Um diesen antiinflammatorischen Effekt bei der Behandlung von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu prüfen, wurde gesunden Probanden Interleukin-10 bis 25 !g/kg als einmalige Dosis verabreicht. Dies wurde gut vertragen; es kam zu keiner Änderung der gemessenen Laborparameter (Hb-Konzentration, Gerinnung, Komplementaktivität). Die MHC-ll-Expression wurde nicht bestimmt; es wurde kein vermehrtes Auftreten von Infektionen berichtet.

Außerdem wurde in zwei randomisierten Multicenterstudien (Tilg et al 2002) an Morbus Crohn erkrankten Patienten Interleukin-10 in Dosen von

5 Diskussion 68 1, 4, 8 oder 20 !g/kg Körpergewicht über 28 Tage subkutan verabreicht. Die niedrigen Dosierungen führten zu leichten klinischen Verbesserungen, während es in den höheren Dosierungen zu keiner Verbesserung, aber zu einer Zunahme der Nebenwirkungen wie Fieber, Kopfschmerz und allgemeinem Krankheitsgefühl kam. Diese Symptome wurden auf die Tatsache zurückgeführt, dass Interkeukin-10 in hoher Dosierung proinflammatorische Eigenschaften zeigt und unter anderem zu einer vermehrten Produktion von Interferon-gamma führt (Braat et al 2003). Dieser Effekt wurde auch von Lauw et al. nachgewiesen, die bei gesunden Probanden nach LPS-induzierter Endotoxinämie eine vermehrte Interferon-gamma-Produktion nach Interleukin-10-Gabe (25 !g/kg) gemessen haben (Lauw et al 2000). Die erreichte Serumkonzentration von Interleukin-10 wurde in den vorgenannte Studien jedoch nicht bestimmt.

Nach einem Verbrennungstrauma überwiegen jedoch die antiinflammatorischen Eigenschaften von Interleukin-10, was sich unter anderem in einer verminderten Interferon-gamma-Produktion zeigt. Daher wird in weiteren Versuchsreihen die Möglichkeit zur Neutralisierung von Interleukin-10 untersucht, um eine Normalisierung der HLA-DR-Expressioin zu erreichen (siehe Punkt 5.2.1).

5.1.3 Effekt von Interleukin-4

Interleukin-4 wird wie Interleukin-10 nach einem Verbrennungstrauma vermehrt gebildet. Bezogen auf die MHC-ll-Expression hat Interleukin-4 jedoch im Gegensatz zu Interleukin-10 einen expressionssteigernden Einfluss (Volk et al 1991, Sachse et al 1999).

Der positive Einfluss von Interleukin-4 auf die MHC-ll-Expression kann in dieser Arbeit bestätigt werden. In der Versuchsreihe mit Serum von gesunden Kontrollpersonen kann durch den Zusatz von 100 U/!l Interleukin-4 eine Zunahme der MHC-ll-Expression von 82% ± 16,6% im Kontrollansatz auf 99,3 % ± 0,5 % bewirkt werden. 10 U/!l führen zu einer Zunahme auf 97,3 % ± 2,3 %. Beide Effekte sind mit p " 0,05 signifikant. Die Steigerung auf 87,9 % ± 13,6 % durch 1 U/!l Interleukin-4 hingegen ist nicht statistisch signifikant.

5 Diskussion 69 In der Versuchsreihe mit Serum von Verbrennungspatienten kann die MHC-ll-Expression durch den Zusatz von 100 U/!l Interleukin-4 ebenfalls signifikant gesteigert werden. Die Expression beträgt im Kontrollansatz 67,7 % ± 15,6 % und wird durch die Gabe von 100 U/!l Interleukin-4 auf 83,1 % ± 7,4 % (p # 0,05) erhöht. Auch die geringeren Konzentrationen von 10 bzw. 1 U/!l Interleukin-4 haben einen positiven Effekt auf die MHC-ll-Expression, der jedoch nicht signifikant ist.

Dies stimmt mit der Beobachtung überein, dass Interleukin-4 in höheren Konzentrationen einen positiven Einfluss auf die MHC-ll-Expression hat. Da jedoch Serum von Schwerstverbrannten in dieser Versuchsreihe als Serumanteil verwendet wurde, ist eine erhöhte Interleukin-4-Konzentration mit positivem Effekt auf die MHC-ll-Expression auch ohne Zusatz möglich. Die Tatsache, dass der Zusatz von Interleukin-4 trotzdem einen signifikanten Effekt zeigt, kann zum einem bedeuten, dass in dem Poolserum der Verbrennungspatienten keine erhöhte Konzentration von Interleukin-4 vorlag. So haben Struzyna et al (Struzyna 1995) die Zytokinkonzentrationen bei 12 Verbrennungspatienten gemessen (6 – 90 % VKOF) und keine erhöhte Interleukin-4-Konzentration festgestellt. Dies widerspricht jedoch anderen Arbeiten, die ein Überwiegen von TH2-abhängigen Interleukinen nach Verbrennungstrauma beschreiben (Palmer et al 2006, Katakura et al 2004, Katakura et al 2002). Außerdem muss bedacht werden, dass auch Interleukin-10 zu den vermehrt gebildeten TH2-abhängigen Interleukinen gehört, dabei aber einen hemmenden Einfluss auf die HLA-DR-Expression hat. Ein Überwiegen dieser Wirkung ist ebenfalls möglich (siehe auch Punkt 5.1.2).

Allerdings steht in neueren Arbeiten zu Interleukin-4 bei schweren Verbrennungen nicht der positive Effekt auf die MHC-ll-Expression im Vordergrund, sondern die Unterdrückung der Bildung von TH1-abhängigen Zytokinen, die eine große Rolle bei der Inhibierung von intrazellularen Pathogenen spielen (siehe Punkt 5.2.2).

5.1.4 Effekt von IFN-gamma

Der in der Literatur beschriebene positive Einfluss von Interferon-gamma auf die MHC-ll-Expression von Monozyten kann anhand dieser Arbeit ansatzweise bestätigt werden. Durch den Zusatz von 100 U/!l Interferon-gamma in der

5 Diskussion 70 Versuchsreihe mit Serum von gesunden Kontrollpersonen kann die MHC-ll-Expression der Blutmonozyten von 77,4 % ± 13,1 % im Kontrollansatz auf maximal 99,6 % ± 0,2 % gesteigert werden. Dieser Effekt ist in der Multivarianzanalyse knapp, im paarweisen Vergleich jedoch nicht signifikant (p " 0,05). Als wahrscheinliche Ursache ist auch hier die versuchsbedingt geringe Anzahl an Messwiederholungen mit n=5 anzunehmen.

In der Versuchreihe mit Serum von Verbrennungspatienten kann durch 100 U/!l Interferon-gamma eine signifikante Steigerung der MHC-ll-Expression hervorgerufen werden. Es liegt also die Vermutung nahe, das in dem verwendeten Serum der Verbrennungspatienten eine verminderte Interferon-gamma-Konzentration vorlag.

Unter der Annahme, dass durch Interferon-gamma nicht nur die HLA-DR-Expression gesteigert, sondern auch die immunologischen Veränderungen nach einem Verbrennungstrauma positiv beeinflusst werden können, wurden tierexperimentelle Arbeiten durchgeführt. So konnten Pierangeli et al im Mausmodell den protektiven Effekt von Interferon-gamma bei Infektion mit Pseudomonas aeroginosa nach Verbrennung zeigen (Pierangeli et al 1993). Zu dem gleichen Ergebnis kamen Gennari et al bei dem Versuch, ebenfalls im Mausmodell nach Verbrennung und septischem Schock das Überleben durch Interferon-gamma zu verbessern (Genarri et al 1994).

Auch gaben einige präklinische Studien Hinweise darauf, dass durch die Gabe von Interferon-gamma die immunologischen Veränderungen nach einem Verbrennungstrauma verbessert werden können. So konnte bei Patienten mit chronischer Granulomatose in klinischen Studien durch prophylaktische Gabe von Interferon-gamma die Häufigkeit und Schwere von Infektionen gesenkt werden (Kox et al 1997, Murray 1996, Ioannovich et al 1996, Pierangeli et al 1993, Polk et al 1992, Hershman et al 1989). Folglich wurde eine Phase-III-Multicenter Studie für die Zulassung von Interferon-gamma als Medikament bei Patienten mit Verbrennungsverletzungen durchgeführt. Die Gabe von Interferon-gamma führte jedoch nicht zu einer Verminderung der Infektionsrate oder einer Senkung der Mortalität bei aufgetretener Infektion, sondern zu einer leichten Zunahme der infektbedingten Komplikationen (Wassermann et al 1998). Dies stimmt mit der Beobachtung von Livingston et al (Livingston et al 1994) überein,

5 Diskussion 71 die eine adjuvante Gabe von Interferon-gamma bei Schwerverletzten untersucht haben. Sie konnten nach Interferongabe eine vermehrte HLA-DR-Expression messen, jedoch keinen Rückgang der Infektionsrate feststellen.

Der positive Effekt von Inteferon-gamma auf die HLA-DR-Expression ist somit zwar ausreichend belegt, die alleinige Substitution hat jedoch keine klinische Auswirkung.

Neuere Studien zeigen einen positiven Effekt von Intereron-gamma in Kombination mit GM-CSF. Durch Gabe beider Stoffe konnte im Tierversuch eine vermehrte Produktion von Interleukin-12 bei Sepsis erreicht werden (Flohé et al 2007). Die Ursache für diesen synergistischen Effekt ist noch nicht ausreichend untersucht.

5.2 Neutralisierung der Effekte durch monoklonale Antikörper