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Education for Democratic Citizenship in Bosnien-Herzegowina

Im Dokument 1 /2008 (Seite 42-48)

Eu-roparat nach der Unterzeichnung des Frie-densvertrages von Dayton (Dezember 1995) schnell klar, dass eine Region, die sowohl unter den Lasten einer durch den Krieg zerrütteten Gesellschaft als auch unter den Folgen eines politischen, wirt-schaftlichen und politischen Transforma-tionsprozesses zu leiden hat, ein neues Modell einer Zivilgesellschaft zu entwi-ckeln haben wird. Mit der «Education for

Democratic Citizenship» (EDC) wurde ein entsprechendes Konzept für die Schulen entwickelt, an dem das IPE massgeblich beteiligt war. Eines der Teilprojekte soll hier näher vorgestellt werden, nachdem im Dezember 2007 eine wichtige Phase hatte abgeschlossen werden können. Da-bei ging es um die Frage, wie Lehrperso-nen für ein neues Unterrichtsfach Civic Education/Human Rights Education «on the job» ausgebildet und zertifiziert wer-den können.

Projektrealisierung

EDC und damit Demokratielernen folgt ei-nem Begriff von Schule, die mehr ist als ein Ort, an dem gelernt wird in Vorbereitung

auf das «eigentliche» oder «wirkliche» Le-ben nach der Schulzeit. Vielmehr ist die Schule ein Teil des wirklichen Lebens selbst, ein Ort authentischer und bedeutsamer Er-fahrung. Sie gehorcht wie jedes gesell-schaftliche Subsystem eigenen Regeln, aber sie bietet zugleich den Lernenden die Chan-ce, ihr Gemeinwesen aktiv zu gestalten, darin mit zu bestimmen und Verantwor-tung zu übernehmen. In diesem Sinne folgt EDC und das in ihm zum Vorschein kom-mende Lehrerbildungskonzept und Unter-richtsmodell dem Leitbild von Hentigs, das

«Schule als Polis» beschreibt (Hentig 2003, 189ff.). Solche Vorstellungen galt es in Süd-osteuropa und hier speziell in Bosnien in Lehrplanvorschläge und vor allem in Lehr-mittel umzugiessen. Was zudem von aller-grösster Bedeutung war, war die Ausbil-dung der Lehrkräfte dieses neuen Faches und deren Zertifizierung und damit offiziel-ler Anerkennung durch die Bildungsminis-terien. Zusammen mit einer amerikani-schen NGO erhielt der Europarat den Auf-trag, diese Aufgabe an die Hand zu neh-men. Mit dem so genannten «Practicum Portfolio» führten wir in Bosnien ein für die Region neues Konzept ein: Die Lehrper-sonen hatten den Auftrag, Unterricht zu realisieren, Kollegen/-innen ins eigene

Klassenzimmer einzuladen, zivilgesellschaft-liche Projekte zu realisieren und alle ent-sprechenden Aktivitäten zu dokumentieren und kritisch zu reflektieren. Während der letzten Phase dieses ganzen Prozesses sollte eine Evaluation vor Ort Aufschluss darüber geben, inwiefern dieses neue Konzept der Ausbildung Fuss fassen konnte und welche Erfahrungen Behörden und Lehrkräfte da-mit machten. Mit dieser Evaluation wurde das IPE betraut.

Evaluation

Nachdem das Unterrichtsfach «Civic Educa-tion and Human Rights EducaEduca-tion» erfolg-reich in verschiedenen Kantonen des Lan-des implementiert wurde und Erfahrungen auf Seiten des ausgebildeten bosnischen Trainings- und Assessment Teams sowie auf Seiten der Lehrpersonen vorhanden waren,

wurde eine qualitative Evaluation mittels leitfadengestützter Experten- und Expertin-neninterviews Ende August /Anfang Sep-tember 2007 durch das IPE vor Ort durchge-führt. Zu diesem Zweck wurden Stakeholder aus den verschiedensten Verantwortlich-keiten des Projekts interviewt: Lehrperso-nen, Trainer/inLehrperso-nen, Inspektoren, Vertreter/

innen der Pädagogischen Institute, des Eu-roparates, Vertreter/innen der Schulbehörde und der Ministerien sowie anderer beteilig-ter NGOs. Die Evaluation wurde in den re-präsentativen Regionen Sarajevo und Brcko durchgeführt. Das Hauptziel der Evaluation des Projekts war die Analyse der Qualität des gesamten Praktikum-Portfolio-Prozes-ses aus der Sicht der verschiedenen

Betei-Education for Democratic Citizenship in Bosnien-Herzegowina

Ein Projekt des Europarats und des International Projects in Education (IPE) der PHZH Von Rolf Gollob und Wiltrud Weidinger

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international projects in education ipe

links:

Vertreter des Europarats Sarajevo und PHZH/IPE

0000000000222 einge-führten Unterrichtsgegenstandes Civic Edu-cation und Human Rights in den unter-schiedlichen Variationen in den komplexen bildungspolitischen und verwaltungstech-nischen Rahmenbedingungen in Bosnien-Herzegowina waren zweiter grosser Aspekt der Befragung. Darüber hinaus interessier-ten die Wahrnehmung und der Nutzen der vom Europarat bereit gestellten Unterrichts-materialien für die Lehrpersonen. Diese, in der langjährigen Arbeit in Bosnien-Herze-gowina in Kooperation hergestellten und auf die Bedürfnisse der Lehrpersonen ange-passten Unterrichtsmaterialien fliessen in weiterer Folge in ein IPE-Europarat-Lehrmit-telprojekt ein, das durch die DEZA teilfinan-ziert ist. Eine sechsbändige Lehrmittelbox für die unterschiedlichen Schulstufen ent-steht somit aus den Erfahrungen in

Bosni-en-Herzegowina. In englischer Sprache ver-fasst wird diese Box für alle Mitgliederstaa-ten des Europarats zur Verfügung stehen.

Outcomes und Empfehlungen

Grundsätzlich lässt sich konstatieren, dass die grosse Stärke des EDC Projektes in sei-nem revolutionären Charakter nach Beendi-gung des Bosnien-Krieges im Jahr 1996 war. Immerhin war das EDC Projekt das ers-te Bildungsprojekt, das im durch den Krieg gezeichneten Land vom Europarat mit einer amerikanischen NGO (Civitas) durchgeführt wurde. Und das machte das EDC Projekt sehr einflussreich. Lehrpläne wurden geän-dert, in einigen Kantonen des Landes wur-de das Fach «Defense» (Verteidigung) durch

«Civic Education and Human Rights Educa-tion» ersetzt. Dadurch wurde ein wichtiges Zeichen gesetzt in Richtung Europa. Dorthin strebt Bosnien-Herzegowina. Die Stärken des Projektes sind aber auch auf Mesoebene der Lehrpersonen zu finden. Als EDC Lehr-personen wurden Lehrer/innen in Bosnien-Herzegowina in ihrer professionellen Iden-tität gestärkt. Ihre Kompetenzen und Skills bezüglich partizipativer Unterrichtsmetho-den, aber vor allem ihre Einstellungen und ihr erhöhtes aktives Handeln haben nicht nur den Unterricht für die Schüler/innen demokratischer gemacht, sondern auch den Umgang und den Alltag in den Schulen selbst. Die durch den sozialistischen und zentralistischen Hintergrund des Landes ge-prägte Schul- und Unterrichtskultur wird nun langsam abgelöst durch demokratische Prozesse, durch demokratisches Handeln

auf den verschiedenen Ebenen. «Eigentlich sollten alle Lehrpersonen in Bosnien diese Ausbildung bekommen, das würde ich mir wünschen», ist ein sehr exemplarisches Statement der EDC Lehrpersonen, wenn man sie nach ihren Zukunftswünschen be-fragt. Bewegt man sich noch eine Ebene tiefer und betritt die Mikroebene jedes Klassenzimmers, so stechen die vielen Ak-tivitäten der Schüler/innen ins Auge, die seit Beginn des EDC Trainings durchgeführt wurden. Mitsprache in Gemeindeangele-genheiten, die Anschaffung von zusätzli-chem Unterrichtsmaterial oder das Kämpfen für die Teilnahme an ausserschulischen Events sind nur einige Aktivitäten, die von den Schüler/innen selbst erreicht wurden.

Teaching about, for and through Demo-cracy sind also nicht Utopien, sondern Realität.

Alles also super. Nicht ganz, wenn man das nach wie vor sehr labile und durch starke personelle Fluktuationen geprägte System betrachtet. Die Lehrpersonen sind zwar zer-tifiziert, doch an ihrem offiziellen und fi-nanziellen Status hat sich nichts geändert.

Hierhin sollte sich Bosnien-Herzegowina bewegen. Mehr verantwortliche Personen im Bildungswesen müssten strukturierter informiert werden und sich dann auch da-für verantwortlich fühlen. Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen müssten hono-riert werden. Dies wäre wünschenswert auf personeller Ebene. Hilfreich wäre dazu ebenfalls eine grössere Promotion des Ge-samtprojektes in den Medien. Auf Unter-richtsebene wäre der Lehrperson im obigen

Zitat zu folgen: EDC und Human Rights soll-te als cross-curricularer Ansatz in die Lehr-pläne integriert werden und von allen Lehrpersonen unterrichtet werden. Dies würde auch bedeuten, es in die formale Lehrer/innenausbildung zu integrieren: auf Primar- und Sekundarstufe. Doch dies ist eine andere Geschichte…

Literatur

v. Hentig, Hartmut (2003): Die Schule neu denken. Eine Übung in pädagogischer Ver-nunft. Erweiterte Neuausgabe, Weinheim.

Rolf Gollob und Wiltrud Weidinger leiten das IPE Transferzentrum der PHZH.

links:

Interview mit der Vertreterin des Pädagogischen Institutes in Sarajevo

rechts:

Bosnische EDC Trainer/innen und Mitglieder des Assessment Teams

Nach gut einem Jahr «Unterstützungsleis-tungen der PHZH im Rahmen der Umset-zung neues VSG» lässt sich aus der Sicht der Unterstützungsteams eine erste klei-ne Zwischenbilanz ziehen. Wir tun dies im Folgenden in Form von einigen Ge-danken – entstanden in der praktischen Arbeit in und mit Schulen.

Die Unterstützungsleistungen der PHZH glie-dern sich analog zum Umsetzungsprozess in vier Phasen (vgl. Henseler Stierlin ph ak-zente 3/07). Die Phasen 1 (Startphase gelei-tete Schule) und 2 (Strukturklärung) sind nahezu abgeschlossen und in einem Kon-solidierungsprozess. Die Phase 3 (Standort-bestimmung und Schulprogrammarbeit) ist in vollem Gang, und die Phase 4 (Pädagogi-sche Entwicklung und Qualitätssicherung) wurde vor einigen Wochen gestartet.

Standardisierung vs. Individualisierung – Umgang mit Vielfalt

Die Unterstützungsteams haben in den letz-ten Monaletz-ten viele Ressourcen und Fachwis-sen in die Erarbeitung der jeweils 3-stündi-gen Angebote gesteckt. Diese wurden stan-dardisiert, das heisst in eine Form gebracht, die für alle Schulen angemessen erscheint.

Komplexe Themen erfordern auch eine angemessene Komplexität in der Bearbei-tung. Es zeigte sich schon bald nach Umset-zungsstart, wie wichtig eine sorgfältige Ab-klärung und rudimentäre IST-Stand-Erhe-bung in der Planungsphase der Anlässe ist:

Im gemeinsamen Gespräch zwischen den verantwortlichen Dozierenden und der Kontaktperson der Schule wird nun jeweils überblicksmässig erhoben, wie die Situati-on der betreffenden Schule im ausgewähl-ten Bereich ist.

Beispielsweise sind die Voraussetzun-gen der Schulen beim Thema «Schulpro-grammarbeit» äusserst unterschiedlich: Die Spannweite reicht von Schulen aus dem ehemaligen TaV-Projekt mit mehrjähriger Praxiserfahrung bis zu ganz neu geleiteten Schulen ohne Kenntnisse in diesem Be-reich. Doch selbst innerhalb des Reigens der TaV-Erfahrenen zeigt sich eine grosse Bandbreite hinsichtlich Verständnis und Umgang mit dem Instrument des Schulpro-gramms. Die Heterogenität der Ausgangsla-gen ist in ähnlichem Ausmass auch bei den Themen der Phase 4 festzustellen (z.B. in den Bereichen integrative Förderung und QUIMS).

Es ist uns ein Anliegen, die Unterstüt-zungsangebote einerseits so weit möglich auf die lokale Situation der jeweiligen Schule abzustimmen und andererseits den gewählten Ansatz des Empowerments mit standardisierten Inhalten anzuwenden; ei-ne grosse Herausforderung bei der Erwar-tungsvielfalt der Schulen! Ferner ist die gemeinsame Terminplanung organisato-risch sehr anspruchsvoll, da sämtliche der über 750 Schuleinheiten im Kanton bedient werden müssen. Es gelingt deshalb nicht immer, den Wünschen der Schulen zu ent-sprechen. Allgemein gilt: je früher und ter-minlich flexibler (mit mehreren möglichen Daten) die Planung einsetzt, umso grösser sind die Chancen, dass man sich findet.

Das Thema «Umgang mit Vielfalt» stellt also nicht bloss einen zentralen pädagogi-schen Entwicklungsschwerpunkt auf der Ebene der Schulen und des Unterrichts dar, sondern bietet wegen der «Vielfältigkeit der Schulen» auch uns in unserer Unterstüt-zungsarbeit stete Herausforderungen. Das Spannungsfeld zwischen angemessener Standardisierung und Individualisierung unserer Angebote auszuhalten und sinnvoll zu gestalten ist somit ein gemeinsames Thema: Es ist Aufgabe und Herausforderung der einzelnen Lehrperson in ihrem Unter-richt, der Schulleitung in ihrer Arbeit mit dem Schulteam, der Behörden auf struktu-rell-konzeptioneller Ebene und nicht zu-letzt eben auch unserer Unterstützungsar-beit im Schulfeld.

Wandel braucht Zeit

Der Wandel zur geleiteten Schule mit den vorgesehenen Reformschritten stellt hohe Ansprüche an alle Beteiligten und an die Schule als Einheit: Die Einführung der Schulleitung, die Umsetzung der

integrati-U nt e r w e g s i m S c h u l f e l d ?

Unterstützungsleistungen der PHZH

Von Christine Hofer und Elisabeth Hösli

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umsetzung vsg

Abb.1: «Das Volks-schulgesetz erzielt Wirkung»

(Broschüre «Unter-stützungs- und Weiterbildungs-angebote», S. 7)

0000000000222 Elternmit-wirkung und der Partizipation von Schüler/

innen sowie die Einflechtung des Quer-schnittthemas «Qualität» sind sehr an-spruchsvolle Prozesse. Schulen mit einem hohen Anteil fremdsprachiger Kinder sind zudem gefordert, all diese Bereiche mit den Vorgaben von QUIMS zu vernetzen und an-zureichern. Die Reformen bedeuten in den Schulen insgesamt einen tief greifenden Kulturwandel, der Zeit braucht und grosse Dynamik auslöst. Die Schulen sind gefor-dert, mit neuen Instrumenten, Abläufen und Zusammenarbeitsformen umzugehen und ihre Professionalität vor Ort zu vertie-fen.

Schulen, die diesen gesamten Prozess klug zu steuern wissen, bewältigen den Wandel in der Regel leichter. Dazu gehören zum Beispiel:

- eine sinnvolle Planung und Staffelung der Reformen vor Ort und deren Festhalten im Schulprogramm;

- eine Terminierung, die realistisch und somit Erfolg versprechend ist. Dies bedeu-tet u. a. die Ausnutzung des zeitlichen Spielraums gemäss den Vorgaben des Volksschulamtes;

- eine transparente und zielorientierte Planung sowie eine darauf abgestimmte Durchführung der Projekte;

- eine Kultur der «Entschleunigung» in Pha-sen grosser Hektik durch die Unterschei-dung‚ was im Moment wirklich wichtig, was dringend, was untergeordnet oder gar überflüssig ist.

- eine konsequente Orientierung am Schul-programm: Es wird vermieden, ohne reifli-che Überlegung während einer laufenden Schulprogrammphase neue

Entwicklungs-vorhaben aufzugreifen resp. das Schulpro-gramm zu ändern;

- falls doch neue Vorhaben aufgenommen werden, dann nur, wenn gleichzeitig andere Vorhaben zurückgestellt werden (keine Mehrbelastung ohne Entlastung an anderer Stelle!).

Link

Broschüre Unterstützungsleistungen und Weiterbildungen Umsetzung VSG: http://

www.phzh.ch/umsetzung-vsg

Christine Hofer und Elisabeth Hösli sind Do-zentinnen im Bereich Organisationsentwick-lung im Departement Beratung und Schulent-wicklung und an der Planung und Durchfüh-rung verschiedener Unterstützungsangebote beteiligt.

Unter dem Titel «Frühe Literalität als le-bensweltliche Praxis: (Schrift-)sprachli-ches Lernen vier- bis achtjähriger Kinder»

findet am 25. Juni 2008 an der Pädagogi-schen Hochschule Zürich eine Tagung statt.

Frühe Förderung, Sprachförderung und För-derung bildungsbenachteiligter Kinder sind zentrale Anliegen der aktuellen Bildungs-politik. Im Zuge der Neugestaltung der Schuleingangsstufe werden dafür geeignete strukturelle Bedingungen und pädagogi-sche Konzepte entwickelt und erprobt. Auf diesen Grundlagen werden in naher Zu-kunft Lehrpläne, Unterrichtsmodelle und Beurteilungsinstrumente entstehen.

Die Tagung «Frühe Literalität als lebens-weltliche Praxis» soll dazu beitragen, die theoretischen und empirischen Grundlagen für eine Sprachdidaktik der Schuleingangs-stufe auszubauen. In Ergänzung zu den in-zwischen breit diskutierten kognitionspsy-chologischen Ansätzen werden auf dieser Tagung ethnografische und soziolinguisti-sche Zugänge vorgestellt, die Sprach- und Literalitätserwerb als soziale und kulturelle Praxis in unterschiedlichen lebensweltli-chen Kontexten untersulebensweltli-chen. Die Rekonst-ruktion der subjektiven Erfahrungen der Kinder und das Verständnis von Mechanis-men der Reproduktion von Bildungsun-gleichheit sind zentrale Anliegen der vorge-stellten Arbeiten.

Ausserdem soll diese Tagung als Fenster zum internationalen Forschungsfeld der frühen Literalität dienen. Im englischspra-chigen Raum wird früher Schriftspracher-werb in lebensweltlichen Kontexten unter Stichwörtern wie «Family Literacy» und

«Emergent/Early Literacy» seit Beginn der 80er-Jahre erforscht. Seit einigen Jahren laufen auch im deutschsprachigen Raum Forschungsprojekte mit ähnlicher Ausrich-tung. Auf der Tagung werden international anerkannte Expertinnen (Eve Gregory, Kate Pahl, Argyro Panagiotopoulou, Jim Ander-son) und Nachwuchsforscher/innen aus Lu-xemburg, Deutschland und der Schweiz ih-re Arbeiten präsentieih-ren und zur Diskussion stellen.

Die Tagung wird durch die Abteilung Sprachen und das Departement Vorschule ausgerichtet, eine Unterstützung durch den Schweizerischen Nationalfonds (DORE) ist beantragt. Das detaillierte Programm er-scheint im Frühjahr 2008.

Kontakt: dieter.isler@phzh.ch

2 5 . J u n i 2 0 0 8 : Ta g u n g z u m

s p ra c h l i c h e n L e r n e n a n d e r P H Z H

Vorankündigung

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Computer, Handy, Chat, Podcast und You-Tube – Kinder und Jugendliche wachsen in einer Welt auf, die von elektronischen Medien bestimmt wird und der sich auch die Schule nicht entziehen darf. Doch wie hat eine zeitgemässe Medienbildung aus-zusehen? Wie lassen sich die vielfältigen Medienerfahrungen der Schülerinnen und Schüler aufgreifen und im Unterricht nutzbar machen? Zu diesen Fragen soll das neue Lehrmittel Medienkompass eine praktische Orientierungshilfe geben.

Medien prägen unseren Alltag. Ob wir uns mit anderen Menschen austauschen, aktu-elle Informationen beziehen oder Wissens- und Unterhaltungsangebote nutzen, fast immer spielen die Medien als Vermittler oder Anbieter eine zentrale Rolle. Mediale Erlebnisse fliessen unentwegt in unsere Le-benswelt ein, formen und erweitern unsere Vorstellung von Wirklichkeit. Was Max Frisch vor über 50 Jahren in seinem Roman Stiller beschreibt, hat heute erst recht Gül-tigkeit: «Das allermeiste in unserem per-sönlichen Weltbild haben wir nie mit eige-nen Augen erfahren, genauer: wohl mit ei-genen Augen, doch nicht an Ort und Stelle;

wir sind Fernseher, Fernhörer, Fernwisser.»

Es gibt kaum einen Bereich in der Be-rufswelt oder in der Freizeit, der von der Informations- und Kommunikationstech-nologie (ICT) unberührt geblieben ist. Dabei hat die rasante Entwicklung des Computers seit Mitte des letzten Jahrhunderts wahr-scheinlich ebenso tiefgreifende Verände-rungen bewirkt wie seinerzeit die Erfin-dung der Schrift oder des Buchdrucks. Im Zuge der digitalen Revolution verschmelzen bislang getrennte Bereiche wie Telekommu-nikation, Unterhaltungselektronik, Massen-medien und Computer zusehends und schaffen neue Handlungs- und Erfahrungs-welten.

Aufwachsen im Medienzeitalter

Kinder und Jugendliche gehen meist ohne Berührungsängste mit Medien und neuen Technologien um und nutzen die vielfälti-gen Angebote ganz selbstverständlich für

ihre Bedürfnisse. Ein reichhaltiges Medien-ensemble und teils beeindruckende An-wenderkenntnisse dürfen aber nicht darü-ber hinwegtäuschen, dass es an solidem Hintergrundwissen und fundierter Medien-kompetenz oft fehlt. Die Verfügbarkeit von Geräten oder der Internetzugang im Klas-senzimmer bedeuten nicht zugleich, dass neue Medien sinnvoll genutzt oder Angebo-te besser verstanden und kritisch hinAngebo-ter- hinter-fragt werden.

Um die Verflechtung und die gesell-schaftliche Bedeutung der Medien in An-sätzen zu verstehen, den eigenen Medien-gebrauch zu reflektieren und über Einsatz-möglichkeiten und Inhalte von Medien sprechen zu können, benötigen Schülerin-nen und Schüler grundlegende Kenntnisse.

Neben praktischen Fertigkeiten und techni-schen Kompetenzen im Umgang mit Mas-sen- und Computermedien, Softwarepro-grammen oder interaktiven Spiel- und Lernwelten kann die Schule wichtige Im-pulse zur bewussten Mediennutzung ver-mitteln und ebenso für soziale oder ethi-sche Aspekte sensibilisieren.

Medienerziehung und Informatik Lange Zeit waren Medien im Unterricht vor-wiegend Hilfsmittel. Sie dienten und die-nen weiterhin als Transportgefässe und In-formationsträger von Inhalten oder sollen in Form technischer Unterstützung zur Ver-besserung von Lehr- und Lernprozessen beitragen. Mit der wachsenden Bedeutung und Integration von Medien im Alltag müs-sen Medien aber zunehmend auch selbst zum Unterrichtsgegenstand werden.

Hier setzt das neue Lehrmittel an. Der Medienkompass ist auf die umfassende För-derung von Medienkompetenz ausgerichtet.

Wissen, Handeln und Reflektieren sind miteinander verzahnt. Betont wird das Grundsätzliche und das Gemeinsame ver-schiedener Computerplattformen und An-wendungen.

Mit je einem Band für die Mittelstufe und die Sekundarstufe richtet sich das Lehrmittel direkt an die Schülerinnen und Schüler und knüpft an deren

ausserschuli-sche Medienerlebnisse an. Den unterschied-lichen Kenntnissen wird dabei ebenso Rechnung getragen wie der gleichwertigen Förderung von Mädchen und Jungen. In 18 Themenfeldern wird ein Kernprogramm von Konzepten, Methoden und Verhaltens-weisen für die Nutzung von Medien und Informations- und Kommunikationstech-nologien vermittelt. Der Medienkompass unterstützt dabei verschiedene Unterrichts-formen. Die in sich abgeschlossenen Ein-heiten ermöglichen sowohl einen lehrer-zentrierten Klassenunterricht als auch indi-vidualisierende Formen bis hin zum Selbst-studium. Das Lehrmittel soll die Lehrperson entlasten und im Unterricht flexibel ein-setzbar sein. Gleichzeitig gewährleisten die beiden aufeinander abgestimmten Bände die Kontinuität und Progression von der Primarstufe zur Sekundarstufe.

Themen für den Unterricht

Digitale Bilder, grafische Benutzeroberflä-chen, Dateiformate, Suchmaschinen oder die Gestaltung von Bild- und Textdokumen-ten können schon in der Primarschule the-matisiert werden und bilden einen Teil des medienkundlichen Orientierungswissens.

Darüber hinaus beschäftigen sich die Schü-lerinnen und Schüler mit der Bedeutung und Verwendung unterschiedlicher

Darüber hinaus beschäftigen sich die Schü-lerinnen und Schüler mit der Bedeutung und Verwendung unterschiedlicher

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