• Keine Ergebnisse gefunden

E LEKTROPORATION VON KULTIVIERTEN E MBRYONEN

4. Diskussion

4.1.1 E LEKTROPORATION VON KULTIVIERTEN E MBRYONEN

Die Transfektion junger Embryonen im Stadium HH4 ist entscheidend für die Unter-suchung, welche Bedeutung musterbildende Einflüsse einzelner Faktoren während der Gastrulation haben. Mit Hilfe der Elektroporation läßt sich in allen Keimblättern des Embryos in kurzer Zeit eine hohe Genexpression erzielen (siehe Abb.14 A-E). Diese Kombination aus hoher Transfektionseffizienz und der Gewährleistung einer starken Expression in einer kurzen Zeitspanne zeichnet diese Methode im Vergleich zu Lipofektion, Genkanone und der Infektion mit Retroviren aus. Die Effizienz der

Trans-fektion ist dabei der Höhe der angelegten Potentialdifferenz proportional. Bis zu jenem Schwellenwert, ab dem zellschädigende Einflüsse die Oberhand gewinnen, nimmt dabei die Transfektionseffizienz mit steigender Spannung zu (siehe Abb.10 A-F). Dies beruht auf der Tatsache, daß mit zunehmender Spannung sich sowohl die Zahl der Zellen erhöht, die unter den Einfluß des elektrischen Feldes geraten, als auch die Membran-pertubationen dieser Zellen stärker ausgeprägt sind (siehe Einleitung).

Eine stabile langanhaltende und hohe Expression eines transgenen Proteins ist Voraus-setzung, um seinen Einfluß auf die Musterbildung verfolgen zu können. Daher wurden drei verschiedene Promotoren, MIW, SV40 und CMV im Elektroporationssystem getes-tet (siehe Abb.12). Die viralen Promotoren SV40 und CMV kontrollieren im normalen Vermehrungszyklus der Viren die Expression essentieller Gene für ihre Replikation. Es werden daher extrem viele Kopien dieser Genprodukte hergestellt. Dies hat zur Folge, daß diese Promotoren in der Lage sind, sehr effizient Genexpression in eukaryontischen Zellen zu vermitteln. Im Promotor MIW sind überdies Teile des β-Aktin Promotors enthalten, der ebenfalls universell in fast allen Zelltypen aktiv ist.

Im Gegensatz zu der hier durchgeführten Studie gibt es in der Literatur jedoch auch Hinweise dafür, daß die Effektivität dieser Promotoren sowohl spezies- spezifisch wie auch vom Zelltyp abhängig zu sein scheint. Daher können quantitative Analysen zur Promotorstärke häufig nicht problemlos aus anderen experimentellen Systemen über-nommen werden. Dies muß bei der Wahl der Promotoren für den Einsatz in anderen experimentellen Systemen berücksichtigt werden. Elektroporationsdaten am Hoden der japanischen Wachtel (Coturnix coturnix japonica) ergaben beispielsweise, daß der SV40 Promotor und der Miw Promotor gleichermaßen stark aktiv waren (Sugihara et al., 2000), wohingegen eine Studie am Ovidukt von Hühnern (Gallus domestica) zeigte, daß der Miw Promotor wesentlich aktiver war als der SV40 Promotor (Ochiai et al., 1998).

Die Autoren führten dies auf unterschiedliche Ausstattung an limitierenden Transkriptionsfaktoren zurück.

Die Verwendung des CMV Promotors, der als einer der stärksten Promotoren die Transkription von Genen in eukaryontischen Zellen vermitteln kann (Boshart et al., 1985), bietet sich aus praktischen Erwägungen an. Einschränkungen hinsichtlich des Zelltypes und des Alters der Embryonen konnten nicht beobachtet werden.

Eine gezielte Lokalisierung des Transfektionsbereiches erwies sich aufgrund der ausgeprägten Zellwanderungen während der frühen Morphogenese als schwierig (siehe Ergebnisse 1) und könnte allenfalls durch gewebe- und entwicklungsspezifische Promo-toren erreicht werden (Nony et al., 1998; Itasaki et al., 1999). Allerdings ist die Zahl der analysierten und charakterisierten Promotorsequenzen im Huhn vorläufig gering und die Verwendung heterologer Promotoren aus Frosch und Maus unter Umständen mit Schwierigkeiten verbunden, da sich Promotorsequenzen hinsichtlich der Zahl und Art von Bindestellen regulatorisch wirkender Proteine unterscheiden können. Die Vorteile eines ubiquitär aktiven Transfektionsystems, das Proteinexpression auf hohem Level vermittelt, wird jedoch für die meisten Fragestellungen überwiegen.

Durch die Verwendung von GFP Expressionsvektoren können die transgenen Zellen be-reits nach 4 Stunden im lebenden Embryo identifiziert werden, wobei nach 24 Stunden der maximale GFP Expressionslevel erzielt wird.

Die Frage, ob GFP Expression auf lebende Zellen toxisch wirkt, fand widersprüchliche Antworten (Alexander und Lee, 1997; Liu et al., 1999). Als sicher darf gelten, daß eine lange währende Anregung von GFP zur Bildung toxischer Radikale führen kann (Clon-tech, 1996). Die Tatsache, daß die Fluoreszenz in elektroporierten Embryonen nach 72 Stunden leicht rückläufig ist, kann zum Teil auf die Tatsache zurückgeführt werden, daß GFP exprimierende Zellen einen programmierten Zelltod durchlaufen könnten (Liu et al., 1999). Wahrscheinlicher ist jedoch, daß das Protein zum Teil degradiert und durch die andauernde Zellproliferation ausgedünnt wird.

Die Expression des Transgens hing ab von der Höhe der injizierten Plasmidkonzentration.

Die Konzentration der injizierten DNA Lösungen betrug zwischen 1 und 5 µg/µl, wobei sich die injizierte DNA Menge in etwa auf 10-20 µl für HH4 Embryonen belief. Geringere DNA Konzentrationen brachten keine guten Transfektionsergebnisse (Daten nicht ge-zeigt). Diese Konzentration liegt um den Faktor 1000 höher als die üblicherweise zur Transfektion von Zellen in Zellkulturen verwendeten DNA Menge (~2 µg/ml). Vermut-lich ist die Akzessibilität der Zellen durch die dichte extrazelluläre Matrix im Gewebe-verband stark eingeschränkt, so daß eine hohe DNA Konzentration verwendet werden muß, um zu gewährleisten, daß DNA Stränge bis zur Zellmembran vordringen können.

Eines der auffallendsten Ergebnisse bei der Elektroporation von jungen Embryonen ist die ausgeprägte unilaterale Transfektion (siehe Abb.11). Der überwiegende Anteil der

trans-genen Zellen liegt dabei auf der Seite des Embryos, der dem Einfluß der Anode ausgesetzt war. Dies könnte durch den kombinatorischen Effekt zweier Phänomene zustande kommen:

1. Die Elektrophorese der DNA Lösung in Richtung der Anode

2. Die Depolarisation der Membran der Zellen auf der Anodenseite und der Hyperpolarisation auf der Kathodenseite.

Die Stärke der Depolarisierung und damit das Erreichen der Durchbruchspannung (siehe Einleitung 3) ist ausschlaggebend für die Fähigkeit der Zellen DNA aufzunehmen. De-polarisierte Zellen nehmen offensichtlich wesentlich leichter DNA auf als hyperpolari-sierte.

Charakteristisch war, daß in rostralen Arealen, insbesondere im Bereich des sich differen-zierenden ZNS die unilaterale Transfektion stärker ausgeprägt war als im Vergleich zu caudalen. Für diesen Sachverhalt konnte noch keine plausible Erklärung gefunden werden. Die häufig auftretende Transfektion von lateral gelegenen transfizierten Zellen, die häufig auf der kontralateralen, also der Kathoden-Seite (siehe Abb.11) zu finden sind, kann vermutlich durch das starke elektrische Feld direkt an den Elektroden erklärt werden (Siehe Abb.14 E). Dadurch nehmen die Zellen trotz der Hyperpolarisation in geringem Maße DNA auf. Da die Feldstärke zur Mitte hin abnimmt, sind jedoch medial gelegene Zellen auf der Kathodenseite dazu offenbar nicht mehr in der Lage.

Zusammenfassend kann man sagen, daß die Elektroporation eine geeignete Methode ist, frühe Entwicklungstadien des Hühnerembryos zu transfizieren und dadurch den Einfluß verschiedender Gene auf die Gastrulation zu untersuchen. Allerdings kann mit diesem Ansatz weder die ektopische Genexpression zielgerichtet (abgesehen von der embryo-nalen Seite) gesteuert werden, noch können Aussagen über spätere Effekte des überexpri-mierten Genes (über Stadium HH12 hinaus) gemacht werden.