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Dynamische Kopplung bei ODEs

3. Die treibende Kraft 30

3.2. Direkte Kompensation des Schmetterlingseffektes

3.2.5. Dynamische Kopplung bei ODEs

In diesem Abschnitt wird demonstriert wie man das Konzept der dynamischen Kopplung auch auf zeitkontinuierliche Fl¨usse anwenden kann. Dazu betrachten wir zwei unidirek-tional gekoppelte ODEs

˙

x = f(x) (3.47)

˙

y = f(y) +ε(sx−sy)uy

mit glatten Vektorfeld. Weiterhin soll der Fluß (zumindest im Mittel) nur eine instabile Richtung besitzen, so daß maximal ein positiver Lyapunovexponent vorliegt. Um die instabile Richtung u zu finden, ben¨otigen wir die lokale Flußabbildung Φ∆t(x), welche wir durch Diskretisierung von ˙x = x(t+∆t)−x(t)

∆t und anschließender Linearisierung um x(t) approximieren k¨onnen:

x(t+ ∆t) = x(t) + ∆tf(x(t)) ≈x(t) + ∆tJx(t) = (I+ ∆tJ)x(t), ∆t 1, wobei I die Einheitsmatrix undJ die Jacobimatrix ∂x∂f im Punktx(t) sind. Damit ist in einer kleinen Umgebung um x und f¨ur kurze Zeitabst¨ande ∆t die Flußabbildung in guter N¨aherung durch die lineare Abbildung

∆t: x(t)7→x(t+ ∆t) = (I+ ∆tJ)x=DΦ∆tx (3.48) gegeben. DurchDΦ∆t wird auch in guter N¨aherung die Zeitentwicklung des Abstandes x=x−yzweier eng benachbarter Trajektorien beschrieben. Die Singul¨arwertzerlegung von DΦ∆t liefert nun analog zum zeitdiskreten Fall die instabile(n) Richtung(en) u,v, so daß der Zustandy nach dem Zeitschritt ∆tmittels

y(t+ ∆t)7→y(t+ ∆t) +w0(t)hv0y(t)|x(t)iu0y(t) (3.49) zu korrigieren ist, um die Expansion vonx(t) durch den Fluß auszugleichen. Damit soll-ten sich nun zwei ODEs durch partielles Ersetzen (

”sporadic driving“) nach Glg. (3.49) alle ∆tZeitschritte identisch synchronisieren lassen.

Einen Kopplungsterm f¨ur das Vektorfeld f von Glg. (3.47) erh¨alt man durch folgenden Uberlegung. Innerhalb der Linearisierung entfernen sich benachbarte Zust¨¨ ande exponen-tiell in der Zeit voneinander. Falls die Trajektorien zur Zeit t = 0 einen Abstand von kx(0)k= 1 hatten, so haben sie nach ∆tZeiteinheiten den Abstandkx(∆t)k ∼eλ∆t, wobei λdie Divergenz quantifiziert (z.B. der Lyapunovexponent). Nach Glg. (3.49) gilt nach dem Zeitschritt ∆t f¨ur den expandierenden Anteil vonx

khv0|x(t)ik=khv0|x(t)iv0k 7→ khv0|x(t)iDΦ∆tv0k=khv0|x(t)iw0u0y(t)k

= khv0|x(t)ikw0,

mit kuk = 1. Im zeitkontinuierlichen Fall wird der instabile Anteil von x(t) in der Zeit ∆t nach khv0|x(t)ik 7→ eλ∆tkhv0|x(t)ik expandiert, so daß durch Vergleich der Singul¨arwert w0 direkt mit w0 = eλ∆t identifiziert werden kann. Um die im System innewohnende Divergenzλbenachbarter Trajektorien (linear) zu kompensieren muß da-her im Geschwindigkeitsfeld f eine Str¨omung der St¨arke ε = ln(w0)/∆t entgegen der

Richtung der Instabilit¨at u0y induziert werden. Damit erh¨alt man f¨ur die dynamische Kopplung bei ODEs den Kopplungsterm

C(x,y) =γ(sx−sy)εuy, mitsx =hvx|xi, sy =hvy|yi undε= ln(wy0)

∆t , (3.50) wobei die Vektorenu,vund der Singul¨arwertw0 nach jedem Zeitschritt ∆taktualisiert werden m¨ussen10. Mit dem zus¨atzlichen Kopplungsgewicht γ kann der Grad der Dissi-pation zum synchronen Zustand noch weiter verst¨arkt werden.

In AnhangA wird der Grenz¨ubergang von ∆t → 0 vollzogen, welcher auf die exakten Kopplungsterme in Glg. (3.51) f¨uhrt. Das Bemerkenswerte ist, daß alle Information aus der Jacobimatrix des Vektorfeldes J = ∂x∂f am Punkt x berechnet werden kann, so daß nun nicht mehr der lokale Fluß Φ∆t approximiert werden braucht! Damit ergibt sich die Kopplungsfunktion

C(x,y) =γ(sx−sy)εvy, mitsx=hvx|xi, sy =hvy|yi und ε= µ0

2 , (3.51) welche die lineare Instabilit¨at im Vektorfeld f exakt kompensiert, wobei v der Eigen-vektor zum (reellen) gr¨oßten Eigenwert µ0 von der symmetrischen Matrix B=Jtr+J ist. Falls der Fluß im Punkt x lokal stabil ist, d.h.µ0 <0⇒ ε <0, braucht ¨uberhaupt nicht gekoppelt zu werden, so in diesen Punkten ε= 0 gesetzt wird. Tats¨achlich darf in diesen F¨allen der Kopplungsterm aus Glg. (3.51) bzw. Glg. (3.50) nicht angewandt wer-den, da er immer entgegen der gr¨oßten expandierenden Richtung wirkt, welche hier aber kontrahierend wirkt, so daß die Kopplung in diesen Bereichen den synchronen Zustand destabilisiert. Ein Ausweg ist ε = |µ0|/2 zu verwenden, so daß die (schwach) kontra-hierende Richtung des Flusses weiter lokal stabilisiert wird. Andererseits ist das System in diesen Punkten transversal stabil, so daß f¨ur eineminimaleKopplungsstrategie keine Beeinflussung stattfinden sollte. In dieser Arbeit folgen wir der letzteren Philosophie, so daß nur Instabilit¨aten des Flusses entgegengewirkt wird und stabile Bereiche unbeein-flußt bleiben.

Analog zum zeitdiskreten Fall kann man durch Partitionierung des Phasenraumes und anschließender Mittelung von v und ε aus B=Jtr+J in jeder Box, die dynamischen Kopplungsfunktionen fest angeben, womit die Kopplung dann auch in Echtzeit reali-sierbar sein sollte. Bei bidirektionaler Kopplung kann das Kopplungsgewicht ε wieder halbiert werden.

Als Beispiel betrachten wir zwei unidirektional gekoppelte Lorenzoszillatoren:

˙

10Die singul¨aren Vektoren uund v zeigen f¨ur kleine ∆t 1 fast in die gleiche Richtung. Der kleine Unterschied r¨uhrt von der Richtungs¨anderung des abstoßenden Teiles des Flusses im Zeitschritt ∆t her, welcher inuber¨ucksichtigt ist, w¨ahrendvnur die aktuelle Expansionsrichtung angibt.

0 5 10 15 20 t

−20 0 20

x1,y1

(a)x1 undy1(gestrichelt) vst

0 5 10 15 20

t 10−8

10−6 10−4 10−2 100 102

e

(b)kxykvs t

Abbildung 3.20.: Synchronisation zweier unidirektional gekoppelter Lorenzoszillatoren mittels dynamischer Kopplung, welche ab dem Zeitpunkt t = 10.0 wirksam ist (mitγ = 1.0).

In Abb.3.20ist die Synchronisation ohne zus¨atzliches Kopplungsgewicht (γ = 1) gezeigt, wobei in Abb.3.20a die x1-Variable (durchgezogene Linie) mit der korrespondierenden Koordinate y1 (gestrichelte Linie) vom getriebenen System gegen die Zeit aufgetragen ist. Zum Zeitpunktt= 10 wurde die Kopplung aktiviert und die Systeme synchronisieren praktisch sofort. In Abb.3.20b ist der Synchronisationsfehlere=kx−ykgegen die Zeit t aufgetragen. Nach dem Einschalten der Kopplung sinkt e monoton und exponentiell schnell bis hinunter auf die Gr¨oßenordnung des immer hinzuaddierten Rauschens von

∼106. Offensichtlich wird die mittlere Expansion des Flusses ¨uberkompensiert, so daß die obige ¨Uberlegung die minimale Kopplungsst¨arke f¨ur IS ¨ubersch¨atzt. Gleichung (3.51) ist damit eine hinreichende aber nicht notwendige Bedingung zum Erreichen von iden-tischer Synchronisation. Falls man aber asymptotische Stabilit¨at in jedem Punkt von Msynch fordert oder ben¨otigt, so ist Glg. (3.51) notwendig und hinreichend.

Den Grad der transversalen (In)Stabilit¨at kann nun durch lokale und globale Lyapu-novexponenten quantifiziert werden. Der transversale Lyapunovexponent wird durch si-multanes L¨osen des linearisierten Gleichungssystes

˙

x=Jy˙ = Jf(y)

y=xx+γhvy|xiεvy

mit Glg. (3.52) bestimmt. Falls man die Tangentialvektoren x nach ∆tr Zeitschrit-te renormiert, erh¨alt man die lokalen und globalen transversalen Lyapunovexponenten

(a)λvsγ (b)λ∆tr(t) vsturγ= 1.0

Abbildung 3.21.: Synchronisation zweier unidirektional gekoppelter Lorenzoszillatoren mittels dynamischer Kopplung. In a) ist der transversale Lyapunov-exponent λ gegen das Kopplungsgewicht γ aufgetragen, w¨ahrend in b) der lokale transversale Lyapunovexponentλ∆tr(t) gegen die Zeit f¨ur γ = 1 gezeigt ist.

durch

λ∆tr(t) = ln(kx(t)k)

∆tr (3.53)

λ = lim

n→∞

1 n

n

X

j=1

λ∆tr(n∆tr). (3.54) Falls λ < 0 so ist der synchrone Zustand im Mittel transversal stabil und falls ∀t λ∆t r(t)<0 gilt, so istMsynch global transversal stabil (innerhalb der Genauigkeit von

∆tr und bez¨uglich des nat¨urlichen Maßes). In Abb.3.21a ist der transversale Lyapuno-vexponent λ gegen das Kopplungsgewicht γ aufgetragen. F¨ur γ &0.55 ist λ negativ und es wird auch stabile Synchronisation beobachtet, wobei eine l¨angere Transiente abge-wartet werden muß. Der lokale transversale Lyapunovexponentλ∆tr(t) ist f¨urγ = 1.0 in Abb.3.21b gegen die Zeit aufgetragen und ist ¨uberall kleiner oder gleich Null.Msynch ist deswegen in jedem Punkt stabil und in fast allen Punkten attraktiv, so daß transversa-le Instabilit¨aten ausgeschlossen werden k¨onnen und

”high-quality“-Synchronisation [33]

garantiert ist. F¨ur kleinere Kopplungsgewichte 0.55 &γ < 1 ist Msynch nur im Mittel stabil, so daß positive lokale Lyapunovexponenten λ∆tr(t) existieren, deren Expansion aber im Mittel ausgeglichen werden kann. In Abb.3.21a wird stabile IS auch in diesem Bereich 0.55&γ <1 beobachtet, obwohl in diesem Fall transversale Instabilit¨aten (siehe

auch Abschn.2.1.1) nicht ausgeschlossen werden k¨onnen. Weiterhin kann die Transient-zeit zum synchronen Zustand f¨urγ deutlich kleiner als Eins sehr lang werden.