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Im ersten Teil dieser Studie wurden Effekte einer verkürzten Glyzerineinwirkungszeit sowie einer Glyzerinzugabe kurz vor der Konfektionierung auf die Qualität und Fertilität kryokon-servierten Bullenspermas getestet. Im zweiten Teil wurden die Auswirkungen des Zusatzes von bovinem Seminalplasmaprotein A1/A2 bezüglich der Kryokonservierbarkeit und der Fer-tilität von kryokonserviertem Bullensperma überprüft. Die Studie hatte das Ziel, durch die oben erwähnten Modifikationen, eine Verbesserung der Spermaqualität und der Fertilität zu erreichen und damit letztendlich die Effektivität in der künstlichen Besamung zu optimieren.

5.1 Auswirkungen einer verkürzten Glyzerineinwirkungszeit auf die Qualität von Bullensperma

Im ersten Versuch wurden die Spermaqualität und die Fertilität nach Verwendung des glyze-rinhaltigen Verdünners Triladyl® und des glyzerinfreien Verdünners Biladyl® verglichen. Es wurde untersucht, ob durch Zugabe des Glyzerins erst nach der Äquilibrierung der Spermien dessen negative Effekte auf die Spermienqualität vermindert werden können.

Während der Äquilibrierungszeit waren signifikante Unterschiede in den AF-, hMMP-, PMOT- und VAP-Werten festzustellen. In dem glyzerinfreien Verdünner Biladyl® stieg nach 24 Stunden der Anteil akrosomgefärbter Spermien um 0,5% mehr (p < 0,05) an als im glyze-rinhaltigen Triladyl®. Dieses Ergebnis entspricht den Resultaten der Studie von GARNER et al. (1999), in der die Spermien für 24 Stunden bei 5°C in eidotterhaltigen Verdünnern mit und ohne Glyzerinzusatz aufbewahrt wurden. Die Autoren beobachteten um 0,9% mehr akrosom-gefärbte Spermien (p < 0,05) im glyzerinfreien Verdünner. In früheren Studien wurde bewie-sen, dass die Akrosommembran empfindlich gegenüber steigenden Glyzerinkonzentrationen reagiert (WATSON u. MARTIN 1975, ROBBINS et al. 1976, WILMUT u. POLGE 1977, FISER u. FAIRFULL 1990). Obwohl FAHY (1986) Kryoprotektiva als zelltoxisch bezeich-nete, demonstrierten CORMIER et al. (1997) vorzeitige Kapazitationsvorgänge während des Abkühlens der Samenproben ohne Zusatz von Kryoprotektiva. Scheinbar übt das Glyzerin eine schützende Wirkung bezüglich der Kapazitation während der Aufbewahrung bei 5°C aus

(GARNER et al. 1999). SLAVIK (1987) fand dagegen eine Beschleunigung der Akrosom-reaktion in der Gegenwart von Glyzerin. In der letztgenannten Arbeit wurden Glyzerinkon-zentrationen von 5% und 10% verwendet und ein signifikanter Effekt nur bei einer Glyzerin-konzentration von 10% beobachtet. Dieses Ergebnis bestätigt die Feststellungen anderer Au-toren (WATSON u. MARTIN 1975, ROBBINS et al. 1976), nach denen steigende Glyzerin-konzentration osmotisch bedingte Volumenschwankungen hervorrufen, die die Akrosom-membran negativ beeinflussen. Der Anteil der Spermien mit hohem MitochondrienAkrosom-membran- Mitochondrienmembran-potential war nach 3- bzw. 24-stündiger Äquilibrierung im glyzerinfreien Verdünner Biladyl® im Vergleich zum glyzerinhaltigen Triladyl® um 0,8% bzw. 1,2% (p < 0,05) reduziert. Zum gleichen Zeitpunkt waren die PMOT-Werte um 4,0% bzw. 1,6% (p < 0,05) sowie die VAP-Werte um 9,0% bzw. 7,1% (p < 0,05) in Biladyl® gegenüber Triladyl® erhöht. Laut GARNER et al. (1999) verursacht ein Glyzerinzusatz während der Äquilibrierungsphase durch seine Metabolisierung ein Energiedefizit, das sich in einem Abfall des Mitochondrienpotentials äußert. Im Gegensatz dazu erzielten ROTHE et al. (2009) eine Steigerung des Mitochond-rienmembranpotentials nach dem Auftauen, falls die Glyzerineinwirkungszeit auf maximal 30 Minuten reduziert wurde. In der vorliegenden Arbeit hatte die spätere Glyzerinzugabe vor dem Einfrieren einen negativen Effekt auf den Anteil der Spermien mit hohem Mitochond-rienmembranpotential. Nach dem Auftauen waren dagegen keine Unterschiede in Abhängig-keit vom Zeitpunkt der Glyzerinzugabe vor dem Einfrieren mehr feststellbar (Tab. 4.1). Eine Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen den genannten Studien könnte sein, dass in der Studie von GARNER et al. (1999) die Autoren auf eine mögliche Interferenz zwi-schen den verwendeten SYBR-14 und JC-1 Farbstoffen hinwiesen, welche die von ihnen er-haltenen Ergebnisse evtl. verfälscht haben könnte. In der eigenen Studie wurde daher bewusst auf Kombination dieser Farbstoffe verzichtet. ROTHE et al. (2009) bestimmten das Mito-chondrienpotential mit Hilfe von Rhodamin-123, wobei die festgestellten Unterschiede ein Signifikanzniveau erreichten. Aber laut GARNER et al. (1997) lässt der Farbstoff Rhodamin-123 keine Aussage über die Höhe des Mitochondrienpotentials zu.

Da die progressive Motilität als sensitiver Parameter gegenüber der Veränderungen der Os-molarität gilt (LIU u. FOOTE 1998, GUTHRIE et al. 2002), lassen sich aufgrund der Osmola-ritätsunterschiede zwischen Biladyl® und Triladyl® die Differenzen bezüglich der PMOT- und VAP-Werten erklären. Während Spermien in Biladyl® isoosmotischen Bedingungen

(300 mOsmo/kg) ausgesetzt waren, befanden sich Spermien in Triladyl® in einem hyperosmo-tischem Milieu (1100 mOsmo/kg). Laut GUTHRIE et al. (2002) wird in Anwesenheit von 1M Glyzerin (1300 mOsmo/kg) gegenüber isoosmotischer Umgebung die Motilität um 25%

reduziert.

Weitere Arbeiten, die sich mit einer unterschiedlichen Verweildauer der Spermien in den gly-zerinhaltigen Verdünnern bei 5°C beschäftigten, evaluierten nur die Spermienmotilität nach dem Auftauen. Während Äquilibrierungszeiten von 0,5, 2, 4, 6 und 10 Stunden zu kurz waren, um einen Effekt beobachten zu können (WIGGIN u. ALMQUIST 1975, ENNEN et al. 1976, ALMLID u. JOHNSON 1988), führten Äquilibrierungszeiten von 12 bzw. 18 Stunden zu einer Verbesserung der Fertilität bzw. Motilität (GRAHAM et al. 1957, FOOTE u.

KAPROTH 2002). Es wird daher angenommen, dass die Äquilibrierungsdauer eine maßgeb-liche Rolle hinsichtlich der Spermaqualität spielt. Da das Glyzerin die Spermienmembran schnell penetriert (BERNDTSON u. FOOTE 1972b), ist der positive Effekt einer längeren Äquilibrierungsdauer auf die Spermaqualität nicht glyzerinbedingt, sondern eine Folge von zeitlich bedingten Wechselwirkungen zwischen Lipoproteinen und der Spermienmembran (MACDONALD u. FOULKES 1981, DE LEEUW et al. 1993).

Die Glyzerinzugabe zum Biladyl® in dieser Arbeit wirkte sich negativ auf die Motilitätspara-meter PMOT, VAP und BCF vor dem Einfrieren aus. Laut Literaturangaben (FOOTE 1970, MORRIER et al. 2002, SILVA et al. 2003) bringt die 2-Schritt-Verdünnung bei 4°C keine Verbesserung bezüglich der Spermienmotilität, Plasmamembranintegrität und Morphologie nach dem Auftauen. Allerdings benutzten die genannten Autoren 12-14%ige zentrationen. Nach PICKETT u. BERNDTSON (1978) hatte sogar eine 35%ige Glyzerinkon-zentration keinen Einfluss auf die Vorwärtsbeweglichkeit der Spermien. Demgegenüber steht die Studie von ROTHE et al. (2009), der durch reine Glyzerinzugabe ohne Verdünnerverwen-dung bei 5°C eine Verbesserung der Werte für PMOT und VAP (p < 0,05) nach dem Auftau-en erzielte. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass die AutorAuftau-en gezielt nur 4 Tiere auswählten, bei denen der Anteil vorwärtsbeweglicher Spermien im nativen Ejakulat weniger als 60% betrug (ROTHE et al. 2009). Dagegen wurden in der vorliegenden Arbeit Ejakulate, die mindestens 70% vorwärtsbeweglichen Spermienanteil aufwiesen, verwendet. Außerdem waren 15 Bullen für die Versuchsdurchführung herangezogen worden. Durch das Hinzufügen des Glyzerins und seinen Konzentrationseffekt hätte man eigentlich eine nachteilige Wirkung

auf die akrosomale Integrität erwartet, deshalb war ein Rückgang in den PMAI-Werten nach dem Glyzerinzusatz überraschend. Allerdings war nach dem Auftauen der in Biladyl® kryo-konservierten Spermien eine signifikante Zunahme in AF-Werten, aber keine Unterschiede in PMAI-Werten zu verzeichnen (Tab. 4.1). Diese Tatsache lässt sich möglicherweise durch zwei Aspekte erklären. Zum einen wurden schon während der Äquilibrierungszeit vorzeitige Kapazitationsvorgänge im glyzerinfreien Verdünner beobachtet (CORMIER et al. 1997, GARNER et al. 1999), zum anderen wurde die Glyzerinzugabe tropfenweise unter Dreh- und Schwenkbewegungen durchgeführt, um den Konzentrationseffekt des Glyzerins zu mindern (WILMUT et al. 1972).

In dieser Arbeit hatten die mit in Biladyl® kryokonservierten Spermien um 0,4% (0h) bzw.

0,8% (3h) niedrigere DFI-Werte nach dem Auftauen als die Spermien, die mit Triladyl® ein-gefroren worden waren. Die spermale DNA ist gegenüber reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), die oxidativen Stress hervorrufen, empfindlich (SIKKA et al. 1995). ROS werden einerseits von geschädigten Samenzellen produziert, andererseits entstehen sie infolge von Temperatur-schwankungen sowie bei einem Mangel an Antioxidantien (BRITO et al. 2003). Die antidativen Enzyme, die vor allem im Seminalplasma enthalten sind, tragen zum Schutz vor oxi-dativen Vorgängen bei (BRITO et al. 2003). Da die Temperaturbedingungen in beiden Ver-dünnern identisch waren, kann man möglicherweise davon ausgehen, dass die antioxidative Kapazität unterschiedlich war. Während der Äquilibrierungsphase wurden die Spermien in Biladyl® einem niedrigen Verdünnungsgrad ausgesetzt. Deswegen könnte die antioxidative Wirkung des Seminalplasmas eine größere Rolle gespielt haben. Nach Angaben von HAMMERSTEDT u. GRAHAM (1992) greift die Metabolisierung des Glyzerins in den Energiehaushalt ein, was im glyzerinhaltigen Verdünner zusätzlich zu Gleichgewichtstörung zwischen oxidativen und antioxidativen Vorgängen führen könnte. Es lässt sich demnach vermuten, dass die beiden genannten Faktoren während der Äquilibrierung einen Einfluss auf das Merkmal DNA-Integrität hatten.

Die Verdünnervariante Biladyl® zeigte im Besamungsversuch lediglich bei zwei Bullen einen Effekt auf die Fertilität (p < 0,05) (Tab. 9.3 im Anhang). Eine Verbesserung der NRR90 wur-de durch Biladyl® bei dem Bullen Nr. 3 bzw. eine Verschlechterung bei dem Bullen Nr. 8 beobachtet (p < 0,05). Im Mittel aller Bullen lag die erzielte NRR90 bei der Verdünnervarian-te Biladyl® signifikant niedriger, in Übereinstimmung mit der beobachteten Verminderung

mehrerer Spermienmotilitätsparameter. Ein direkter Vergleich der Fertilitätsergebnisse mit denjenigen früheren Studien ist nicht möglich, da die Versuchsbedingungen, wie die Art des Verdünners, Glyzerinkonzentration und Lagerungsdauer, unterschiedlich waren (GRAHAM et al. 1957, GRAHAM et al. 1958, FOOTE 1970). Eine vergleichbare Studie von ROTHE et al. (2009) untersuchte dagegen kein Befruchtungsvermögen. Die bullenbezogenen Besa-mungsergebnisse (Verbesserung- bzw. Verschlechterung der NRR) kann wie folgt erklärt werden. In der Literatur wurden bereits tierindividuelle Unterschiede diskutiert, welche sich auf die Spermaqualität, Einfrierbarkeit und Fruchtbarkeit auswirken (WATSON 1995, HOLT 2000b, KÖß u. BOLLWEIN 2008). Obwohl der Kryokonservierungsprozess unter einheitli-chen Bedingungen stattfindet, sind deutliche Unterschiede in der Einfrierbarkeit zwiseinheitli-chen verschiedenen Bullen zu erkennen. Eine mögliche Erklärung dafür könnte in einer differie-renden Membranpermeabilität liegen, welche Effekte auf den Transport von Wasser und Kryoprotektiva hat (CHAVEIRO et al. 2006).

5.2 Effekte der Zugabe von BSP-A1/A2 zum nativen Ejakulat

Im zweiten Versuchsabschnitt sollte getestet werden, ob ein Zusatz von bovinen Seminal-plasmaprotein A1/A2 zum nativen Ejakulat einen Effekt auf die Kryokonservierbarkeit bzw.

Fruchtbarkeit hat. Während des Kryokonservierungsprozesses wurden drei verschiedene Konzentrationen getestet, wobei für den Besamungsversuch aufgrund der Vorversuchsbefun-de die Konzentration von 2000 µg SPP/ml Ejakulat gewählt wurVorversuchsbefun-de.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten auf einen konzentrationsabhängigen Effekt von BSP-A1/A2 hin. Die Zugabe von BSP-A1/A2 in der Konzentration 3000 µg/ml Ejakulat wirkte sich deutlich negativ auf die Spermaqualität aus; hingegen zeigten die Konzentrationen 1000 bzw. 2000 µg/ml Ejakulat nur in wenigen Merkmalen signifikante Unterschiede zum Kontrollansatz (Abb. 4.5 bis 4.12). Auch MANJUNATH und THÉRIEN (2002) haben einen dosisabhängigen Effekt der BSP beobachtet. Jedoch hatte in dieser Arbeit überraschenderwei-se die Konzentration von 1000 µg SPP/ml eine stärkere Minderung der Spermaqualität verur-sacht als die Konzentration 2000 µg SPP/ml Ejakulat. Eine mögliche Erklärung der unter-schiedlichen Resultate der letztgenannten und der eigenen Studie könnte sein, dass in der

ei-genen Arbeit gezielt Bullen mit den niedrigsten Anteilen plasma- und akrosomintakter Sper-mien nach der Kryokonservierung für den Hauptversuch ausgewählt wurden. Obwohl im Vorversuch bei dem Bullen A eine signifikante Verbesserung der PMAI-3h-Werte nach der Zugabe von BSP-A1/A2 in einer Konzentration von 2000 µg /ml Ejakulat erzielt wurde (siehe Abb. 4.2), zeigte sich im Hauptversuch bei den einzelnen Bullen weder vor dem Einfrieren noch nach dem Auftauen eine Verbesserung in den PMAI-Werten (Tab. 9.4 im Anhang). Der tierindividuelle Einfluss hinsichtlich der Plasmamembranintegrität wurde in mehreren Studien bereits beschrieben (WATSON 1995, HOLT 2000b, KÖß u. BOLLWEIN 2008). Es konnte zwar ein konzentrationsabhängiger Effekt auf die Integrität der Akrosommembran vor dem Kryokonservieren und nach dem Auftauen beobachtet werden, dagegen waren nach dreistün-diger Inkubation mit dem Calcium-Ionophor keine Unterschiede in der Akrosomreaktion zu verzeichnen (Tab. 9.4 im Anhang). Dieser Befund lässt sich damit erklären, dass BSP an dem Kapazitationsprozess beteiligt sind und durch die spezifische Bindung an die Akrosom-membran diese auch modifizieren können (MÜLLER et al. 1998, GREUBE et al. 2001, MANJUNATH u. THÉRIEN 2002, SOUZA et al. 2008). Zum einen induzieren die BSP ei-nen Phospholipid- und Cholesterinefflux und ermöglichen somit auf diese Weise den Sperma-tozoen, den Kapazitationsprozess durchzuführen (THÉRIEN et al. 2001, MANJUNATH u.

THÉRIEN 2002), zum anderen führen diese Veränderungen in der Lipidzusammensetzung der Membran aber auch zu einer Minderung der Resistenz gegenüber Kälteschock und Tief-gefrierung (MANJUNATH et al. 2002). Die Akrosomreaktion mittels Calcium-Ionophor kann nicht nur bei kapazitierten, sondern auch bei nicht kapazitierten Spermatozoen induziert wer-den, falls ein Energiesubstrat vorhanden ist (BHATTACHARYYA u. PAKRASHI 1991).

Deswegen waren möglicherweise keine Unterschiede in der Induzierbarkeit der Akrosom-reaktion in Abhängigkeit von den verschiedenen SPP Konzentrationen feststellbar. Ein pro-tektiver Effekt des Seminalplasmaproteins gegenüber der Kälteempfindlichkeit, der an Schaf-bockspermien untersucht wurde (BARRIOS et al. 2005, COLÁS et al. 2009), konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt werden. Dies kann möglicherweise auf die Tatsache zurückgeführt wer-den, dass Schafbockspermien empfindlicher auf Kälteschock reagieren als Bullenspermien (FISER u. FAIRFULL 1989). Neben einer biologischen Aktivität der BSP während des Ka-pazitationsprozesses (THÉRIEN et al. 2001, MANJUNATH u. THÉRIEN 2002, THÉRIEN et al. 2005) wurde in mehreren Untersuchungen ein positiver Effekt von BSP-A1/2 auf die

Sper-mienmotilität festgestellt (SANCHEZ-LUENGO et al. 2004, SOUZA et al. 2008). In dem vorliegenden Versuch konnte die progressive Motilität durch BSP-A1/A2 Zugabe jedoch nicht verbessert werden. SANCHEZ-LUENGO et al. (2004) erzielten mit einer Konzentration von 20 µg BSP-A1/A2 die maximale Stimulierung der membrangebundenen Ca2+-ATPase, die sich in einer signifikanten Steigerung der Motilitätsparameter VCL, VSL und VAP äußer-te. SOUZA et al. (2008) beobachteten mit Hilfe von immunzytochemischen Methoden eine erhöhte Fluoreszenzintensität am Mittelstück der Spermatozoen nach einem Kontakt mit Ovi-duktflüssigkeit. Die Autoren zogen daraus die Schlussfolgerung, dass das BSP-A1/A2 die Hyperaktivierung der Spermatozoen im Eileiter positiv beeinflusst. Im Gegensatz zu den ge-nannten Studien waren die Untersuchungen in dieser Arbeit an verdünnten Ejakulaten durch-geführt worden. Laut MANJUNATH et al. (2002) wird in mit Eigelbverdünner konservierten Spermien der größte Teil von BSP-A1/A2 durch die LDL Fraktion des Eigelbs sequestriert.

Trotzdem konnte ein negativer Einfluss auf die progressive Motilität festgestellt werden, in-dem ein Rückgang um 3,3% vor in-dem Kryokonservieren bzw. um 4,3% nach in-dem Auftauen (p

< 0,05) im Versuchsansatz 3000 µg SPP/ml gegenüber Kontrolle beobachtet wurde. Die Ab-nahme der Vorwärtsbeweglichkeit lässt sich durch den konzentrationsabhängigen Einfluss von BSP-A1/A2 in den Motilitätsparametern LIN und VAP erklären (Abb. 4.10 und 4.12).

Die Linearität stellt einen Quotient dar, der aus den Geschwindigkeitsparametern VSL und VCL errechnet wird (VSL/VCL). Daher waren alle mittels CASA vermittelten Geschwindig-keitsparameter (VAP, VCL und VSL) an der Minderung der Vorwärtsbeweglichkeit beteiligt.

Die tierindividuellen Unterschiede in den Ergebnissen zeigen, dass die Tiere unterschiedlich auf die BSP-A1/A2 Zugabe reagierten. Es ist zu vermuten, dass beim Erreichen einer be-stimmten BSP Konzentration im Ejakulat die nachteiligen Wirkungen der BSP überwiegen (BERGERON u. MANJUNATH 2006). In der Literatur haben mehrere Autoren dieses Phä-nomen als Sättigungseffekt bezeichnet und die Konzentration der Proteine nicht auf das Eja-kulatvolumen, sondern auf die Spermienanzahl bezogen (BARRIOS et al. 2005, BERGERON u. MANJUNATH 2006, LEAHY et al. 2009). Zudem schwanken die Konzentrationen der BSP-A1/A2, BSP-A3 und BSP-30kDa zwischen den Ejakulaten des selben Individuums (NAUC u. MANJUNATH 2000). Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Zugabe einer definierten Konzentrationsmenge von BSP-A1/A2 zu einem Ejakulat in einer unbekann-ten Konzentration resultiert. Ein wichtiger Aspekt während Kryokonservierung stellt die

Ver-dünnung des Nativsamens dar. Laut den Autoren (MANJUNATH et al. 2002, BERGERON et al. 2004, BERGERON u. MANJUNATH 2006) sind bullen- und ejakulatbedingte Variabilitä-ten durch den unterschiedlichen Verdünnungsfaktor bedingt. Da die nativen Ejakulate in Ab-hängigkeit von der Spermienkonzentration verdünnt werden, werden Ejakulate mit niedriger Spermienanzahl mit weniger Verdünnervolumen versetzt und damit ist die LDL Fraktion im verdünnten Sperma mengenmäßig nicht hoch genug, um die vorhandenen BSP sequestrieren zu können. Je mehr „freie“ (nicht gebundene) BSP im Ejakulat vorhanden sind, desto mehr destabilisierende Effekte auf die Spermienmembran sind zu erwarten, wie die Ergebnisse der Überlebensrate der Spermien in hypoosmotischem Medium zeigen. Im Versuchsansatz von 3000 µg SPP/ml war nämlich der Anteil überlebender Spermien zu allen Untersuchungszeiten signifikant niedriger als in den anderen Versuchsansätzen (Abb. 4.7). Weiterhin zeigten Spermien in dieser Konzentration eine signifikante Zunahme des DFI-Werts um 0,6% (Abb.

4.8). Dagegen stellten SAHIN et al. (2009) an Nebenhodenkopfspermien einen positiven Ef-fekt von BSP-A1/A2 auf die Regulation des Zellvolumens fest. Bei den Nebenhodenspermien handelt es sich im Gegensatz zu den ejakulierten Spermien um unreife Spermatozoen, die während des Reifungsprozesses im Nebenhoden umfassende Umstrukturierungen der Plas-mamembran durchlaufen. Durch Einsatz des elektronischen Partikelzählers CASY konnten die Autoren den Volumenregulationsprozess der Nebenhodenkopfspermien (Volumenvergrö-ßerung bzw. Volumenabnahme) beobachten. Dagegen wird bei der in der vorliegenden Studie angewandten durchflusszytometrischen Bestimmung der Plasmamembranintegrität nur der Anteil überlebender Spermien nach hypoosmotischem Belastungstest bestimmt. Nach JOBIM et al. (2004) stellen BSP einen Schutzfaktor gegenüber kryokonservierungsbedingten Schädi-gungen des Bullenspermas dar. Die Autoren hatten mittels zweidimensionaler Gelelektropho-rese den Proteingehalt des Spots bestimmt. Dabei stellten sie eine höhere Konzentration des Spots 3, der bei den Bullen mit guter Einfrierfähigkeit vorlag, fest. Aufgrund der Molekular-masse (15-17 kDa, pI 4,5-5,5) identifizierten sie diesen Protein-Spot als BSP-A1/A2. Der Proteingehalt von BSP im Seminalplasma stellt laut Literaturangaben (NAUC u.

MANJUNATH 2000, MANJUNATH u. THÉRIEN 2002) ca. 65% des Gesamtproteins dar, wobei der BSP-A1/A2 Anteil davon 80% beträgt. Dies bedeutet, dass das BSP-A1/A2 an-scheinend das mengenmäßig bedeutendste Seminalplasmaprotein ist. Es ist jedoch zu

beach-ten, dass in der letztgenannten Studie lediglich die Seminalplasmaproteine mit niedrigem Mo-lekulargewicht (10-30 kDa) berücksichtigt wurden.

Im Durchschnitt aller Bullen zeigten die Besamungsdaten, dass zwischen den Varianten ohne und mit SPP Zusatz kein signifikanter Unterschied bestand. Obwohl durch die aktuellen Zuchtwertdaten die ausgewählten Versuchsbullen keinen breiten Besamungseinsatz gefunden hatten, konnte bei einem Bullen (Nr. 2) eine Verschlechterung der NRR90 (p < 0,05) bei der SPP Variante festgestellt werden (Tab. 9.4). Die erfassten Spermienqualitätsparameter des Bullen Nr. 2 waren jedoch unabhängig (p > 0,05) von der SPP Zugabe (Tab. 9.5 und 9.6). Da die Fertilität eine Eigenschaft darstellt, die von mehreren Faktoren beeinflusst werden kann (JANSEN u. LAGERWEIJ 1987, GRAHAM 2001), lässt sich die Verschlechterung der SPP Variante bei dem genannten Bullen möglicherweise durch andere Einflussfaktoren, wie Spermaqualitätsparameter, die in der vorliegenden Studie nicht erfasst wurden sowie Unter-schiede in der Fertilität der Kühe und im Besamungsmanagement, erklären. Obwohl das BSP-A1/A2 von mehreren Autoren mit positiver Korrelation zur Fruchtbarkeit gebracht wur-de (KILLIAN et al. 1993, GWATHMEY et al. 2003, MOURA et al. 2007a), konnte in wur-der vorliegenden Arbeit keine Verbesserung hinsichtlich der Fruchtbarkeit erzielt werden. Im Gegensatz zu den genannten Studien, die auf experimenteller Basis beruhten, wurden die Be-samungsergebnisse unter Praxisbedingungen an verdünnten Ejakulaten erhoben.