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Bei gering- bis mittelgradig herzkranken Pferden ist es problematisch, eine möglichst sichere Prognose bezüglich der Belastbarkeit in der Zukunft zu stellen. Deshalb erschien es sinnvoll, mit Hilfe klinischer und echokardiographischer Untersuchungen die Entwicklung der Herzklappenerkrankungen über einen unterschiedlich langen Zeitraum zu untersuchen.

Beim Menschen ist besonders bei der Mitral- und der Aortenklappeninsuffizienz eine Einschätzung des Verlaufes der Herzklappenerkrankung wichtig, um den optimalen Zeitpunkt einer beginnenden Dekompensation für einen Ersatz der schlußunfähigen Klappe durch eine Mitralklappenplastik nicht zu versäumen (KIM et al. 1996).

Verlaufsuntersuchungen, wie sie in der Humanmedizin schon seit Mitte der 80-er Jahre durchgeführt werden (NISHIMURA 1985), sind beim Pferd dagegen bisher nicht vorhanden.

Die einzig ähnliche Untersuchung von Herzklappeninsuffizienzen beim Pferd wurde von YOUNG und WOOD (2000) an 55 Vollblütern durchgeführt. Die Autoren untersuchten auskultatorisch die Veränderungen des Herzstatus der zweijährigen Rennpferde innerhalb von neun Monaten. Dabei wurde hauptsächlich der Einfluß des Renntrainings und des Alters der Pferde auf die Entwicklung von Herzklappeninsuffizienzen überprüft. Es stellte sich heraus, daß Atrioventrikularklappeninsuffizienzgeräusche nach einer neun monatigen Trainingsphase häufiger vorkamen als davor und daß das Alter der Rennpferde innerhalb der neun Monate die Häufigkeit von Insuffizienzgeräuschen an Atrioventrikularklappen nicht beeinflußt. An den 55 Vollblütern wurden im Gegensatz zur vorliegenden Studie keine sonographischen Verlaufsuntersuchungen vorgenommen.

Für die vorliegende Studie wurde 190 Pferdebesitzern eine allgemeine und spezielle kardiologische Nachuntersuchung ihres herzkranken Pferdes angeboten. Der Rücklauf der 81 schriftlichen Antworten war mit 42,6% relativ gering. Dagegen beschrieb KÖSTER (1996) die Beteiligung an einer Umfrage über den Verbleib und die weitere Nutzung von Pferden mit Herzgeräuschen einschließlich der Erfassung von Turniererfolgen als sehr zufriedenstellend. Die Rückantwortquote betrug 79%.

Weitere Arbeiten, deren Ergebnisse auf einer Auswertung von Fragebögen über Angaben von Pferdebesitzern basiert, liegen von DRÖGEMÜLLER (1989) und BOSLER (1986) vor. DRÖGEMÜLLER (1989) untersuchte lungenkranke Pferde und stellte einen befriedigenden Rücklauf (ebenfalls 79%) fest. In der Arbeit von BOSLER (1986), ebenfalls eine Langzeitstudie über lungenkranke Pferde, wurde sogar eine Rückantwortquote von 90% erzielt.

Im Gegensatz zu den Untersuchungen von KÖSTER (1996), DRÖGEMÜLLER (1989) und BOSLER (1986) wurde in der vorliegenden Studie neben den subjektiven Beurteilungen der Leistungsfähigkeit und des Allgemeinbefindens durch die Pferdebesitzer die Werte der kardiologischen Untersuchungen (U1 und U2) objektiv verglichen. Deshalb wurde im Fragebogen auf eine genauere Befragung der Pferdebesitzer verzichtet, um eine Motivation zu einer Nachuntersuchung aufrecht zu erhalten. Dennoch nahm ein großer Teil der Besitzer das Angebot zu einer kostenlosen Kontrolluntersuchung nicht wahr. In telefonischen Rückfragen wurde die fehlende Bereitschaft zu einer Nachuntersuchung einerseits mit dem aufwendigen Verbringen der Pferde von weiter entfernt gelegenen Orten zur Tierärztlichen Hochschule Hannover und andererseits mit fehlenden Symptomen bzw. nicht erkennbarer Nutzungseinschränkung begründet.

Mit der vorliegenden Arbeit sollte abgeklärt werden, ob bei Pferden mit kardiologischen Befunden, die repräsentativ für den größten Teil der herzkranken Pferde sind und bei denen selten für den Besitzer erkennbare kardiologische Symptome auftraten, in Zeiträumen zwischen zwei und sieben Jahren eine gravierende Verschlechterung mit gefährlichen Zwischenfällen eintreten kann.

Es wurde einerseits festgestellt, daß ein Teil der Pferde nach Diagnose einer Herzklappenerkrankung vorsichtiger oder gar nicht mehr im Sport eingesetzt wurden. Auch nach den Ergebnissen von KÖSTER (1996) scheint es für einige Pferdebesitzer eine befriedigende Lösung zu sein, herzkranke Pferde auf eine weniger intensive Nutzung umzustellen, wenn diese Umstellung zu einer Symptomreduzierung führt. Die von KÖSTER (1996) befragten Pferdebesitzer bezeichneten die Patienten nach dieser Umstellung als gesund. In der vorliegenden Studie wurden zehn von 31 Pferden (27%), auf eine weniger intensive Leistungsanforderung nach der Diagnose einer Herzerkrankung umgestellt. Die Besitzer dieser Pferde sahen danach keine Verschlechterung des Allgemeinbefindens und erkannten bei dem Einsatz als Freizeitpferd keine kardiologischen Symptome mehr. Ob ein Wechsel der Nutzung von einem Turnierpferd zum Einsatz als Freizeitpferd tatsächlich eine Reduktion der Arbeitsintensität bedeutet, ist häufig jedoch schwer zu beurteilen. Obwohl bei Freizeitpferden die psychische Belastung, der ein Turnierpferd ausgesetzt ist, entfällt, können Ausritte in allen drei Gangarten mit der Überwindung von Steigungen im Gelände dennoch erhebliche physische Belastungen darstellen. Somit kann ein Pferdebesitzer bei falscher Einschätzung der Nutzungsart “Freizeitreiten“ in Bezug auf die Gefährdung durch den Einsatz eines herzkranken Pferdes Täuschungen unterliegen.

Andererseits zeigt die vorliegende Arbeit, daß der andere Teil der Besitzer herzkranker Pferde entgegen den ärztlichen Empfehlungen bei fehlender Symptomatik weiterhin am leichten Turniersport teilnimmt. Es wurden von 14 Sportpferden nach der Erstuntersuchung noch neun Pferde im Dressur- bzw.

Springsport der leichteren Klassen ( A / L) eingesetzt.

Dabei war interessant, daß bei diesen neun Turnierpferden im Zeitraum zwischen den beiden kardiologischen Verlaufsuntersuchungen kein Leistungsabfall für die Besitzer erkennbar war. Gleichsam waren die 15 Freizeitpferde im Zeitraum von der Erst- zur Nachuntersuchung zufriedenstellend belastbar. KÖSTER (1996) stellte sogar fest, daß nach der Diagnose einer Herzerkrankung einige Pferde sogar im Turniersport der schweren Klasse erfolgreich eingesetzt worden sind.

Auch nach klinischen Erfahrungen ist bekannt, daß eine nicht geringe Anzahl von Pferden mit mittelgradigen klinischen (Herzgeräusche; Arrhythmien) und sonographischen kardiologischen Befunden dennoch über mehrere Jahre als Reitpferde bzw. sogar als Sportpferde eingesetzt werden können. In der vorliegenden Studie wurden 14 von 15 mittelgradig erkrankten Pferden von ihren Besitzern im Untersuchungsintervall als zufriedenstellend leistungsfähig bezeichnet.

In der Untersuchung von KÖSTER (1996) wurden sechs von 17 Pferden mit schlechter Prognose nach der kardiologischen Untersuchung noch im Sport geritten.

Aufgrund dessen ist die Frage berechtigt, ob das Pferdeherz eine wesentlich höhere Kompensationsfähigkeit als das menschliche Herz aufweist. Pferde mit vergleichbaren Herzerkrankungen wie beim Menschen (KIM et al. 1996) zeigen deutlich weniger Symptome als die Humanpatienten oder gar keine Befunde in Ruhe und zum Teil auch in Belastung (LITTLEWORT 1977).

BUBECK (2001) untersuchte erstmalig die hämodynamischen Auswirkungen von Mitralklappeninsuffizienzen unter Belastung auf dem Laufband. Dabei stellte sich bei Messungen des Lungenkapillardruckes heraus, daß mittelgradige Mitralklappeninsuffizienzen kaum einen Einfluß auf die Herzfunktion hatten. Der Lungenkapillardruck, der dem mittleren Druck im linken Vorhof entspricht, veränderte sich bei Warmblutpferden mit mittelgradiger Mitralklappeninsuffizienz unter Belastung wenig im Vergleich zu den Ruhewerten. Dagegen zeigte sich bei Pferden mit hochgradiger Mitralklappenregurgitation teilweise eine deutliche Erhöhung des Lungenkapillardruckes unter Belastung. Eine ähnliche Tendenz zeigt die vorliegende Studie, denn der Anteil der leistungsinsuffizienten Pferde war bei den hochgradig herzkranken Pferden deutlich größer als bei den mittelgradig oder geringgradig herzkranken Pferden.

Die moderne kardiologische Untersuchung unter Einbeziehung der echokardiographischen Ermittlung von Herzdimensionen und hämodynamischer Parameter stellt die Grundlage für die Beurteilung von Veränderungen der Herzfunktion dar. Dennoch ist es schwierig bzw. im Einzelfall nicht möglich zu prognostizieren, ob und wann eine Dekompensation einer Herzklappenerkrankung auftreten wird. Erst bei fehlender Kompensation z. B. durch eine Volumenüberlastung des linken Vorhofes bei einer Mitralklappeninsuffizienz wird der Einsatz als Reitpferd oder als Sportpferd für den Reiter bzw. für den Fahrer gefährlich.

Obwohl in der vorliegenden Arbeit durchschnittlich eine geringgradige Verschlechterung einzelner echokardiographischer Parameter auftrat, die nicht zu einer Verschlechterung des gesamten Herzstatus führte, zeigten neun Pferde, die bei der Erst-untersuchung eine kardial bedingte Leistungsminderung aufwiesen, bei der Kontrolluntersuchung diese nicht mehr, ohne daß die Leistungsanforderung reduziert worden wäre. Dieses könnte bedeuten, daß das Pferdeherz über die im Vergleich zum Menschen (KIM et al.1996) anscheinend größere Kompensationskapazität hinaus auch zu einer Adaptation des Organismus an die Herzerkrankung fähig ist, sogar mit der Folge, daß die ursprüngliche Leistungsfähigkeit wieder erreicht wird.

Da jedoch nur Pferde untersucht wurden, die in niedrigeren Klassen des Turniersportes (Klasse A / L) bzw. als Freizeitpferde eingesetzt wurden, läßt sich von den eigenen Ergebnissen nicht ableiten, ob derartige Entwicklungen grundsätzlich auch bei einem Einsatz in schweren Klassen zu erwarten sind, wie KÖSTER (1996) dieses bei einigen Pferden feststellte. Außerdem muß berücksichtigt werden, daß die Beurteilung der Leistungsfähigkeit lediglich subjektiv durch die Besitzer erfolgte und Besitzeraussagen wegen des Wunsches nach Verbesserung des Gesundheitszustandes ihrer Tiere nicht immer den Tatsachen entsprechen (KÖSTER 1996).

Die meisten der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Patienten zeigten gering- bis mittelgradig veränderte kardiologische Befunde. Sie repräsentieren somit Herzpatienten, die in der klinischen Routinediagnostik die größten Probleme in Bezug auf die Prognose aufweisen, denn verschiedene Studien zeigen, daß geringgradig kranke Pferde in den meisten Fällen weiterhin im Rahmen der ursprünglichen Nutzungsart eingesetzt werden können (PATTESON und CRIPPS 1993; BLISSITT und PATTESON 1996; YOUNG und WOOD 2000; KRIZ et al.

2000). Z. B. kamen MARTIN et al. (2000) in einer Studie über die Ursachen für Leistungsminderung bei Rennpferden zu dem Schluß, daß geringgradige Mitralklappeninsuffizienzen sogar bei Rennpferden nicht zu einer Beeinträchtigung der Rennleistung führen. Demnach wäre zu erwarten, daß die im Vergleich zum Rennpferd deutlich weniger belasteten Warmblutpferde mit einer mittelgradigen Herzerkrankung ohne Belastungsinsuffizienz als Freizeitpferd und im leichten Turniersport problemlos eingesetzt werden können.

Wenn sich die Tendenz dieser Arbeit bestätigt, daß gering- bis mittelgradig herzkranke Pferde über lange Zeiträume in ihrer ursprünglichen Nutzungsart eingesetzt werden können, kann in Zukunft die Beratung der Besitzer bei dieser Patientengruppe weniger restriktiv in Bezug auf die Einsatzfähigkeit als Reitpferd gestaltet werden. Dabei sollte bei diesen Pferden allerdings eine kontinuierliche kardiologische Überwachung durch den Haustierarzt in Zusammenarbeit mit einer speziell ausgerüsteten Klinik gewährleistet sein.

Dagegen muß bei hochgradig herzkranken Pferden in den meisten Fällen auf einen weiteren Einsatz im Sport oder auf größere Belastungen im Sinne des Freizeitreitens verzichtet werden.

Bei dem Vergleich der kardiologischen Erst- mit der Nachuntersuchung sind bei einzelnen echokardiographischen Parametern (Dimensionen des rechten und linken Vorhofes, des rechten Ventrikels, der Aortenwurzel, der Rückflussgeschwindigkeit, des Rückflußvolumens, der Vena contracta und des VTI der pathologischen Rückflüsse) signifikante Veränderungen aufgetreten. Die Parameter der zweidimensionalen Echokardiographie überschritten jedoch durchschnittlich die oberen Normwerte nicht. Deshalb stellt sich die Frage, ob diese Veränderungen einerseits biologisch relevant sind (PATTESON et al. 1995) bzw.

andererseits normale technisch bedingte oder untersucherabhängige Schwankungen darstellen. In Bezug auf untersucherabhängige Unterschiede ist bekannt, daß diese bei dem Einsatz der zweidimensionalen Echokardiographie zur Ermittlung der Herzdimensionen in sehr geringem Maße (LONG et al. 1992; PATTESON et al.

1995; YOUNG und SCOTT 1998) auftreten, ohne jedoch eine klinische Bedeutung zu besitzen.

Da auch für die vorliegende Arbeit sowohl bei der Erst- als auch bei der Nachuntersuchung dieselben technischen Geräte eingesetzt wurden und nach gleichen Kriterien geschultes Personal die Untersuchungen durchführte, waren die Vergrößerungen der Dimensionen wahrscheinlich funktionsbedingt.

Dagegen sind in der Literatur für die konventionelle und farbcodierte dopplerechokardiographische Untersuchung größere technisch bedingte Schwankungen beschrieben worden (LONG et al. 1992; BLISSITT und BONAGURA 1995a; YOUNG und SCOTT 1998). Insbesondere die Anlotung des Herzens mit dem Dopplerstrahl kann beim Pferd nicht in gleicher Weise wie beim Menschen erfolgen, bei dem die Schwankungen in engeren Grenzen liegen (MOULINIER et al. 1991). Im Vergleich zum Menschen ist beim Pferd ein größerer Anschallwinkel zwischen Blutflußrichtung und Ultraschallstrahl notwendig, da das Pferdeherz nicht in der apikalen Schallkopfposition, sondern wegen des schallundurchlässigen Sternums nur aus der parasternalen Position heraus dargestellt werden kann. Somit besteht beim Pferd eine größere Abweichung vom optimalen Anschallwinkel.

Dennoch können beim Pferd pathologische Rückflüsse an insuffizienten Herzklappen aufgrund der höheren Blutflußgeschwindigkeiten und der stärkeren Turbulenzen als beim Menschen auch bei nicht paralleler Anlotung bestimmt werden (WEINBERGER 1991, STADLER et al. 1993b; YOUNG und SCOTT 1998).

Somit ergibt sich insgesamt eine etwas größere Schwankungsbreite der hämodynamischen Parameter. Diese wird von YOUNG und SCOTT (1998) in einer ähnlichen Variation angegeben wie sie in der vorliegenden Arbeit auftrat. Das bedeutet, daß die hier gemessenen Veränderungen der hämodynamischen Parameter mit hoher Wahrscheinlichkeit technisch und untersucherabhängig bedingt sind, da schon eine geringe Abweichung vom Anschallwinkel eine relativ große Veränderung der hämodynamischen Parameter mit sich bringt. Da alle veränderten Meßwerte der hämodynamische Parameter der dopplerechokardiographischen Verlaufsuntersuchungen die Tendenz einer Erhöhung zeigen, scheint die Ursache für diese Vergrößerung der Werte bei der Nachuntersuchung aufgrund der Kontinuität der Abweichungen ein untersucherbedingter geringgradig verringerter Anschallwinkel im Vergleich zur Erstuntersuchung zu sein.

In neueren Untersuchungen ist es auch beim Pferd gelungen, echokardiographisch das hämodynamisch relevante Ostium der Regurgitation (Vena contracta) bei Pferden mit Herzklappenerkrankungen auszumessen (GEHLEN 1997; VIETH 2001).

Mit Hilfe dieses Parameters kann das pathologische Rückflußvolumen an den Herzklappen bestimmt werden. In der vorliegenden Studie wurde bei Pferden mit Mitralklappeninsuffizienz eine geringgradige Vergrößerung des Rückflußvolumens in unterschiedlichen Untersuchungsintervallen von 107 bis zu 133 ml gemessen, welches somit ca. 10 – 15 % des echokardiographisch ermittelten Schlagvolumens eines erwachsenen Warmblutpferdes betrug (KINKEL 1993; GRATOPP 1996).

Auch für die Ermittlung der Herzvolumina trifft zu, daß aufgrund eines nicht optimalen Anschallwinkels im Vergleich zur Humanmedizin nur angenäherte Werte dieser Parameter gemessen werden. Die absoluten Werte der pathologischen und physiologischen Volumina liegen wahrscheinlich etwas höher. Diese Tatsache ist im klinischen Alltag für intraindividuelle Verlaufsuntersuchungen und den interindividuellen Vergleich von gesunden und herzkranken Pferden zweitrangig, weist jedoch wiederum darauf hin, daß die Kompensationsfähigkeit des Pferdeherzens im Vergleich zum Menschen höher sein muß, denn die Vergrößerung des Rückflußvolumens und damit eine Veränderung der Hämodynamik des Herzens eines Reitpferdes wirkt sich nicht wesentlich auf die subjektiv erkennbare Leistung aus. Andererseits bestätigen die Ergebnisse über die geringgradige Vergrößerung der Vena contracta der Mitralklappe in der vorliegenden Studie die Hypothese, daß eine durch Veränderung der Druck- und Volumenverhältnisse im linken Herzen hervorgerufene funktionelle Schlußunfähigkeit der Atrioventrikularklappen aufgrund einer Mitralringdilatation (YOUNG 1999) eine weitere, wenn auch geringgradige Vergrößerung des Ostiums der Regurgitation nach sich ziehen kann.

Für eine Prognose bleibt weiterhin ungeklärt, bis zu welchem Ausmaß einer Mitralklappeninsuffizienz (Dilatation des Vorhofes, Vena contracta) bei Erstellung der Diagnose über mehrere Jahre eine Gefährdung von Reiter und Pferd durch eine plötzlich auftretende Verschlechterung ausgeschlossen werden kann. Aus dem klinischen Alltag sind nur wenige Fälle bekannt, bei denen sich eine Dekompensation, die normalerweise aufgrund von langsam eintretender Leistungsinsuffizienz und Verschlechterung des Allgemeinbefindens für den Reiter deutlich erkennbar verläuft, plötzlich einstellt und so zu einer Gefahr werden kann (STADLER 2001, persönliche Mitteilung). In der Literatur sind z. B. bis heute noch keine Fälle beschrieben, in denen ein Zusammenbrechen der Pferde unter dem Reiter nach Vorhofrupturen bei Mitralklappeninsuffizienz auftrat.

Die offensichtlich geringgradige Auswirkung der Erkrankung einzelner Herzklappen auf die klinischen Befunde, insbesondere das Allgemeinbefinden und die Leistungsbereitschaft spiegelt sich in der Bewertung des Herzstatus mit dem hier verwendeten kardiologischen Beurteilungssystem (GEHLEN 1998) wider. Mit diesem Beurteilungssystem werden neben den Parametern der konventionellen Echokardiographie auch die klinischen Befunde gewichtet. Bei den Patienten der vorliegenden Studie änderte sich durchschnittlich der Schweregrad der Herzerkrankung im Vergleich der Erst- mit der Nachuntersuchung nicht nachweisbar, obwohl sich die Funktion einzelner Herzklappen signifikant verschlechterte. Das bedeutet, daß sich bei mittelgradig herzkrank eingestuften Pferden geringgradige Veränderungen einzelner echokardiographischer Parameter (Dimension der Vorhöfe, Regurgitationsgeschwindigkeit, Regurgitationsvolumen, Vena contracta) letztendlich nicht auf den Herzstatus auswirkten.

Ähnliches gilt für die geringgradigen Veränderungen der Auskultationsbefunde. Bei einigen der 31 untersuchten Pferde nahmen die Herzgeräusche ohne erkennbares echokardiographisches Korrelat um einen halben bis einen Lautstärkegrad zu.

Allgemein wird die früher praktizierte Graduierung einer Herzklappeninsuffizienz aufgrund der Lautstärke des Herzgeräusches heutzutage ohne den Einsatz der Echokardiographie nicht mehr akzeptiert, da mehrere Autoren darauf hinweisen, daß die Lautstärke der Herzgeräusche nicht auf den Schweregrad der Herzklappeninsuffizienz rückschließen läßt (REEF 1995; BROWN 1985; STADLER 1992; BLISSITT und BONAGURA 1995b). Seit dem Einsatz der Echokardiographie ist beispielsweise bekannt, daß gerade bei kleinen Regurgitationsostien und unbeeinträchtigtem Myokard der regurgitierte Blutfluß aufgrund einer sehr hohen Strömungsgeschwindigkeit starke Turbulenzen und somit laute Geräusche erzeugen kann, die in keiner Relation zu der hämodynamischen Bedeutung der Insuffizienz stehen.

Die Studie von KRIZ (2000) über das Vorkommen und die klinische Relevanz von Herzgeräuschen bei Vollblutrennpferden läßt vermuten, daß systolische Herzgeräusche bei Rennpferden relativ häufig sind, diese jedoch oft als klinisch unbedeutend angesehen werden können, da sie die Leistungsfähigkeit nicht beeinflussen.

Da bei Patienten mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen (Dressur / Springen Klasse A / L; Freizeitpferde) keine signifikanten Unterschiede der Veränderungen, bzw. Verschlechterungen der kardiologischen Befunde eintraten und sich dagegen bei der Hälfte der aus dem Reitsport genommenen und als Weidepferde gehaltenen Patienten der Grad der Herzerkrankung von der Erst- bis zur Nachuntersuchung verschlechterte, müssen weitere Untersuchungen zeigen, ob fortgeschrittene Herzklappenerkrankungen bei geringer Belastung des Patienten eher eine Verschlechterung erfahren als weniger fortgeschrittene bei höheren Belastungen. In der Humanmedizin müssen Herzpatienten heutzutage in vielen Fällen ein kontrolliertes Training absolvieren, um die Leistungsfähigkeit eines geschädigten Myokards zu erhalten oder zu verbessern (BELARDINELLI 1995;

VERRILL 1996).

YOUNG und WOOD (2000) stellten bei jungen gesunden Vollblutrennpferden fest, daß das Renntraining zwar eine Entwicklung von Regurgitationen induzierte, die allerdings im Verlauf des Trainings keine Verschlechterung mit einer Bedeutung für die Herzfunktion bzw. die Leistung hatten. Deshalb ist auch beim Warmblutpferd schwierig zu beurteilen, in welchem Maße die Zunahme einer Regurgitation einerseits arbeitsbedingt, also physiologisch ist und andererseits durch eine bestehende Herzklappenerkrankung verursacht wird.

Auch eine Abhängigkeit der Entwicklung von Herzerkrankungen vom Alter der erkrankten Pferde konnte in der vorliegenden Studie nicht nachgewiesen werden.

Für den Menschen stellten KIM et al. (1996) ebenfalls fest, daß die Progression der Mitralklappeninsuffizienzen nicht mit dem Alter der Patienten assoziiert war.

Allerdings stand der Schweregrad des pathologischen Rückflusses an der Mitralklappe mit dem Alter der Probanden in engem Zusammenhang. Auch für die Aortenklappe des Pferdes ist bekannt, daß Insuffizienzen an dieser Herzklappe bei Pferden, die älter als 8 Jahre sind, häufiger als bei jüngeren Pferden auftreten (PATTESON 1994; MARR 1999; RADÜ 1995). Dementsprechend lag in der vorliegenden Studie das durchschnittliche Alter der Pferde mit Aorteninsuffizienzen bei 15,7 Jahren.

In einer Gruppe von 35 Rennpferden im Alter von zwei bis fünf Jahren fanden YOUNG und WOOD (2000) auskultatorisch bei keinem Pferd Hinweise auf eine Aortenklappeninsuffizienz. Beim Menschen treten Regurgitationen an der Aortenklappe ebenfalls häufiger bei älteren Individuen auf (KLEIN et al. 1990;

AKASAKA et al. 1987).

Ein höherer Schweregrad der Herzerkrankung bei der Erstellung der Diagnose führt beim Menschen häufig zu einer schneller fortschreitenden Progression der Erkrankung. Bei den Patienten der vorliegenden Arbeit konnte nicht nachgewiesen werden, daß sich eine mittelgradige Mitralklappeninsuffizienz schneller verschlechtert, als eine geringgradig ausgeprägte Regurgitation an der Mitralklappe.

Auch bei dem Vergleich der wenigen hochgradigen mit den mittelgradigen Insuffizienzen konnte kein unterschiedlicher Verlauf nachgewiesen werden. Dennoch konstatiert RAPPAPORT (1975), daß die Prognose bei einer Herzklappenerkrankung des Menschen primär vom Schweregrad der Erkrankung abhängig ist. Auch KIM et al. (1996) sehen beim Menschen bei mittel- bzw. hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz eine Zunahme der Komplikationen und schnellere Veränderungen der Linksherzdimensionen als bei geringgradigen Veränderungen.

In Bezug auf die Aortenklappeninsuffizienzen war bei den Patienten der vorliegenden Studie keine unterschiedliche Entwicklung in Abhängigkeit des Schweregrades erkennbar. PADIAL et al. (1997) fanden in einer Studie bei 127 Menschen, daß sich die Aortenwurzel im Verlauf der Zeit bei Aorteninsuffizienzen unterschiedlichen Grades nicht unterschiedlich vergrößerte. Auch REIMOLD et al. (1998) stellten beim Menschen fest, daß bei 59 Patienten mit Aorteninsuffizienz die Vergrößerung des Regurgitationsostiums der Aortenklappe nicht mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelierte.

Ebensowenig konnte in der vorliegenden Arbeit eine Abhängigkeit von der Zeitdauer der Erkrankung (Zeitabstand zwischen der kardiologischen Erst- und der Nachuntersuchung) nachgewiesen werden. Die kardiologischen Befunde der Pferde mit den kürzeren Untersuchungsintervallen (weniger als vier Jahre) veränderten sich gleichsam geringgradig wie diejenigen der Pferde mit längeren

Ebensowenig konnte in der vorliegenden Arbeit eine Abhängigkeit von der Zeitdauer der Erkrankung (Zeitabstand zwischen der kardiologischen Erst- und der Nachuntersuchung) nachgewiesen werden. Die kardiologischen Befunde der Pferde mit den kürzeren Untersuchungsintervallen (weniger als vier Jahre) veränderten sich gleichsam geringgradig wie diejenigen der Pferde mit längeren