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Humane Tumoren zahlreicher Organe zeigen im Vergleich zum gesunden Gewebe Veränderungen ihrer Claudin-1, -3, -4 und -7 Gen- und Proteinexpression (ESCUDERO-ESPARZA et al. 2011), die sowohl diagnostisch als auch prognostisch genutzt werden können (SHEEHAN et al. 2007; UEDA et al. 2007; ERSOZ et al.

2011). Beim Hund liegen ebenfalls Veränderungen der Proteinexpression der genannten Claudine in Tumoren der Gesäugeleiste, des Pankreas, des Analbeutels und des Kolorektums vor (JAKAB et al. 2008b; JAKAB et al. 2009; JAKAB et al.

2010b; JAKAB et al. 2011a). Die Genexpression der Claudine in Geweben und daraus entstehenden Tumoren ist jedoch beim Hund noch nicht untersucht. Die Expression von Genen kann mittels unterschiedlicher Methoden analysiert werden.

PCR und qPCR sind dafür sehr sensitive Methoden. Für eine Charakterisierung der caninen Claudin Genexpression mittels PCR und qPCR standen bisher jedoch keine Primer-Assays zur Verfügung.

In der vorliegenden Untersuchung sollten daher zunächst spezifische PCR / qPCR Primer-Assays für die caninen Claudin-1, -3, -4 und -7 Gene etabliert werden.

Basierend auf den mRNA-Sequenzen des National Center for Biotechnology Information wurden die Primer designt und an verschiedenen caninen von Prostatatumoren- und Mammagewebe sowie -tumoren abgeleiteten Zelllinien getestet (HAMMER et al. 2016b). Sequenzierungen der amplifizierten Sequenzen bestätigten die Spezifität der Assays für die caninen Claudin-1, -3, -4 und -7 Gene (HAMMER et al. 2016b). Diese Primer-Assays ermöglichen nun qualitative und quantitative Expressionsanalysen der caninen Claudin-1, -3, -4 und -7 Gene an verschiedenen caninen Geweben und Tumorentitäten, um das diagnostische und prognostische Potential der Claudine für canine Tumoren untersuchen zu können.

Die Untersuchung der Claudin Genexpression von einer Zelllinie der gesunden caninen Gesäugeleiste und von zwei Zelllinien von Mammatumoren (Adenom und Karzinom) des Hundes zeigte, dass die Adenom-Zelllinie eins der untersuchten Claudine (Claudin-1) exprimiert, während die Zelllinien der gesunden Gesäugeleiste

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und die Karzinom-Zelllinie negativ für die Claudine waren (HAMMER et al. 2016b).

Zusätzlich wurden drei Zelllinien caniner Prostatatumoren (ein Übergangszellkarzinom, zwei Adenokarzinome) untersucht. In der Zelllinie des Übergangszellkarzinoms der Prostata des Hundes (DT08/40) lag eine Expression der interessierenden Claudine vor (HAMMER et al. 2016b). Von den zwei Adenokarzinomen-Zelllinien zeigte eine Zelllinie (DT08/46) Aktivität der interessierenden Claudin-1, -3, -4 und -7 Gene, die andere Zelllinie (CT1258) jedoch nicht (HAMMER et al. 2016b). Zur Gen- oder Proteinexpression caniner Claudine in Gewebe von gesunder Prostata, Prostatatumoren oder daraus abgeleiteten Zelllinien liegen bisher keine Studien vor. In Adenokarzinomen der Prostata des Menschen wurde, wie in der hier untersuchten Zelllinie eines caninen Adenokarzinoms, das Claudin-3 nachgewiesen (LONG et al. 2001). In einer Zelllinie einer Lymphknoten-Metastase eines humanen Prostatakarzinoms und in einer anderen Zelllinie einer Knochen-Metastase eines Prostataadenokarzinoms des Menschen waren Claudin-3 und -4 dagegen nicht nachweisbar (LONG et al. 2001). Dies könnte in Verbindung mit einer reduzierten Expression von Claudin-3 und -7 bei der Metastasierung von humanen kolorektalen Tumoren in die Leber (OSHIMA et al. 2008) und einer reduzierten Expression von Claudin-4 für kolorektale Tumoren mit Invasion und Infiltration der Blut- und Lymphgefäße stehen (UEDA et al. 2007). Ein Zusammenhang von reduzierter Claudin-3 und -7 Expression und Metastasierung kolorektaler Tumoren in Lymphknoten konnte jedoch nicht bestätigt werden (OSHIMA et al. 2008). Die in der vorliegenden Studie untersuchte Claudin-negative Zelllinie eines Prostataadenokarzinoms stammte nicht von einer Metastase, sondern von einem hochgradig malignem Tumor ab (WINKLER et al. 2005). Somit wäre es möglich, dass im Laufe der Kultivierung Zellen selektiert wurden, die kurz vor der Metastasierung standen, oder die Genexpression änderte sich im Verlauf der Kultivierung, so wie es für kultivierte humane Zellen der Brust beschrieben ist (NACHT et al. 1999; KOMINSKY et al. 2003). Die schwache bis nicht existente Genexpression der Claudine in den drei selbst untersuchten Zelllinien der caninen Gesäugeleiste (HAMMER et al. 2016b) steht im Widerspruch zu dem Nachweis der Claudin Proteine aus caninen Gesäugeleisten und benignen und malignen Tumoren

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der Mamma (JAKAB et al. 2008a; JAKAB et al. 2008b). Nach den Ergebnissen der eigenen Studie ist davon auszugehen, dass in den hier untersuchten Zelllinien eine Veränderung der Claudin Genexpression stattgefunden hat. Da das Originalgewebe der Zelllinien der eigenen Studie nicht mehr verfügbar war, konnte deren Genexpression leider nicht analysiert und mit der Genexpressionen der daraus abgeleiteten Zelllinien verglichen werden.

Einige der Claudin Proteine fungieren als Rezeptor für das CPE (SONODA et al.

1999; FUJITA et al. 2000). Claudin-exprimierende Tumorzellen konnten mithilfe des CPEs und seinen Derivaten angesteuert und abgetötet werden (LONG et al. 2001;

MICHL et al. 2001; KOMINSKY et al. 2004; SANTIN et al. 2005; YUAN et al. 2009;

GAO et al. 2011; KONO et al. 2015). Um allerdings solche Ansätze für Claudin-exprimierende Tumoren des Hundes entwickeln zu können, braucht es stabil Claudin-exprimierende Zelllinien caniner Tumoren. Die eigenen Ergebnisse (HAMMER et al. 2016b), die analog zu anderen Studien (NACHT et al. 1999;

KOMINSKY et al. 2003) auf einen Verlust der Genexpression in Zelllinien hinweisen, bedeutet, dass geeignete Zelllinien zur Entwicklung Claudin-basierter Tumortherapien identifiziert werden müssen. Daher wurde in der eigenen Untersuchung die Expression von Claudin-1, -3, -4 und -7 in Primärkulturen und neuen Zelllinien aus Mammagewebe des Hundes über einen Zeitraum von 30 Passagen longitudinal überprüft. Aus siebzehn frisch gewonnenen Gewebeproben nicht-neoplastischer und neoplastischer Gesäugeanteile von Hündinnen wurden dazu Primärkulturen zur Anzüchtung von Zelllinien angesetzt. War eine Primärkultur über die 19. Passage hinweg kultivierbar, wurde sie als Zelllinie bezeichnet. In diesen Primärkulturen und den sich daraus entwickelnden Zelllinien wurden die Claudin-1, -3, -4 und -7 Gene und Proteine analysiert. Diese wurden jeweils mit im Rahmen dieser Studie etablierten Primer-Assays, einem branched DNA Assay, IZC und IF überprüft. Auf diese Weise gelang es sechs Primärkulturen und elf neue Zelllinien anzuzüchten. Von elf Gewebeproben war genug Material vorhanden, um auch das Ausgangsgewebe zu charakterisieren. Die Analyse bezog sich nicht auf verschiedene Subtypen von Mammatumoren. Eine Untersuchung der Claudin Expression verschiedener Tumorsubtypen im Vergleich zu Normalgewebe befindet

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sich momentan in der Auswertung. Die Veränderungen der Claudin Expression von der originalen Gewebeprobe zu daraus kultivierten Zellen wurde longitudinal in Abständen von 10 Passagen bis zum Erreichen der 30. Passage bei Zelllinien, bei Primärkulturen bis zur letzten vitalen Passage gemessen. Der angewendete branched DNA Assay ermöglichte es, die Claudin-1, -3, -4 und -7 Genexpression von unterschiedlichen Passagen aller Primärkulturen und Zelllinien sowie die originalen Gewebeproben in einem Durchgang simultan zu messen. Der Immunfluoreszenz-Test bestätigte Ergebnisse der Genexpressionsanalysen auf Protein-Ebene.

Die hier durchgeführten Claudin Expressionsanalysen an caninen Primärkulturen und Zelllinien nicht-neoplastischer und neoplastischer Mamma- sowie caniner Prostatakarzinom-Zelllinien sind die ersten Claudin Genexpressionsanalysen für den Hund (HAMMER et al. 2016a; HAMMER et al. 2016b). Die Mehrheit der hier neu gewonnenen Zelllinien und alle Primärkulturen wiesen während der gesamten Kultivierung eine kaum nachweisbare Expression der untersuchten Claudine auf (HAMMER et al. 2016a). Dies steht, wie die Ergebnisse der Genexpressionsanalysen an den bereits etablierten caninen Gesäugeleisten-Zelllinien (HAMMER et al. 2016b), im Widerspruch zum Nachweis der Claudin-Protein aus Gewebe der caninen gesunden Gesäugeleiste (JAKAB et al. 2008a;

JAKAB et al. 2008b). Obwohl das Gewebe aus dem gesunden Gesäuge bei JAKAB et al. (2008a) eine starke Expression der Claudin-1, -3, -4 und -7 Proteine aufwies (JAKAB et al. 2008a), wurde in den Zelllinien und Primärkulturen der eigenen Studie, die auch von Gewebe gesunder Gesäugeleisten abgeleitet wurden, keine oder nur eine schwache Claudin Genexpression nachgewiesen (HAMMER et al. 2016a;

HAMMER et al. 2016b). In der vorliegenden Studie wurden auch aus zwei Gewebeproben verschiedener hyperplastischer Gesäuge Primärkulturen angesetzt.

Daraus entwickelte sich eine zu einer Zelllinie, die andere nicht (HAMMER et al.

2016a). Interessanter Weise exprimierte die Zelllinie der hyperplastischen Mamma die Claudin-1, -3, -4 und -7 Gene, in der Primärkultur fehlte die Expression (HAMMER et al. 2016a).

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Nach JAKAB et al. (2008b) war in Adenomen und Karzinomen immunhistochemisch eine Expression der Claudin-1, -3, -4 und -7 Proteine nachweisbar (JAKAB et al.

2008b), im Vergleich zu dem gesunden Gewebe zwar abgeschwächt, aber dennoch vorhanden (JAKAB et al. 2008b). Auf Gen-Ebene war im Rahmen der vorliegenden Untersuchung in den Zelllinien und Primärkulturen, die sich ebenfalls von Adenomen oder Karzinomen ableiteten, die Claudin Expression kaum vorhanden.

In drei Zelllinien (eine von gesundem Gewebe, zwei von Karzinomen) und drei Primärkulturen (eine von einer lobulären Hyperplasie, zwei von Karzinomen) wurde die Veränderung der Genexpression der zuerst kultivierten Zellen einer Zelllinie bzw.

einer Primärkultur im Vergleich zum jeweiligen Ursprungsgewebe untersucht. Die Claudin Expression dieser zuerst kultivierten Zellen lag unter der des Originalgewebes. Weiterhin ergab sich, dass die Claudin Expression der Zelllinien und Primärkulturen, die in der letzten untersuchten Passage keine Expression aufwiesen, direkt zu Beginn der Kultivierung sehr gering war und dies auch im weiteren Verlauf der Kultivierung blieb. Die Verminderung der Claudin Expression geschieht demnach zu Beginn der Kultivierung. Solche Untersuchungen an humanen oder caninen Zelllinien über einen Zeitraum von 30 Passagen sind in der zugänglichen Literatur noch nicht beschrieben. Lediglich aus zwei Studien geht hervor, dass die herabgesetzte Expression von Claudin-7 bis zur neunten Passage erfolgte (NACHT et al. 1999; KOMINSKY et al. 2003). Der Mechanismus, der zu diesem Effekt führt, ist jedoch unbekannt und dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Zellen aus dem Gewebeverband herausgelöst wurden und als Monolayer wachsen.

Diese allenfalls geringe oder sogar fehlende Claudin Genexpression muss bei der Verwendung von Zelllinien, die sich von Claudin-exprimierenden Tumoren ableiten und in der Entwicklung Claudin-basierter Tumor-therapeutischer Verfahren angewendet werden sollen, bedacht werden. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der eigenen Studien am Hund (HAMMER et al. 2016a; HAMMER et al. 2016b) und Berichten anderer, die das Absinken der Genaktivität in humanen Zelllinien feststellten (NACHT et al. 1999; KOMINSKY et al. 2003), berichten jedoch einige

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Studien von humanen Zelllinien, die eine Claudin Expression beibehielten (MICHL et al. 2001; KOMINSKY et al. 2004; TODD et al. 2015). Im Rahmen der vorliegenden Studie konservierten zwei canine Prostatatumor-Zelllinien die Expression aller untersuchten Claudine (HAMMER et al. 2016b), die damit für in vitro Therapiestudien nutzbar sind. In einer neu etablierten Zelllinie eines einfachen Adenoms der Mamma war ebenfalls die longitudinale Expression von Claudin-1, -4 und -7 messbar (HAMMER et al. 2016a). Bei zwei weiteren selbst angezüchteten neuen Zelllinien, abgeleitet von einer Hyperplasie und einem komplexen Karzinom, blieb sogar die Expression der Claudine-1, -3, -4 und -7 erhalten (HAMMER et al. 2016a). Diese Zelllinien des Hundes eignen sich damit als Kandidaten für die Entwicklung einer Claudin-gerichteten Tumortherapie.