• Keine Ergebnisse gefunden

Diskussion der Clearanceuntersuchungen zur Beurteilung der glomerulären Filtration

3. Eigene Untersuchungen 1 Probandengut

5.1 Diskussion der Clearanceuntersuchungen zur Beurteilung der glomerulären Filtration

Von den verschiedenen Methoden zur Beurteilung der glomerulären Filtrationsrate gilt die Bestimmung der renalen Clearance des Inulins als der "goldene Standard" (SCHUSTER u. SELDIN 1991).

Die größte Fehlerquelle bei der Bestimmung einer renalen Clearance beim Menschen (COCKCROFT u. GAULT 1976, GUDER 1987), bei Schafen (BICKHARDT u. DÜNGELHOEF 1994) und beim Pferd

(KNUDSEN 1959) stellt die exakte Bestimmung des Harnzeitvolumens dar. Gravierende Fehler können durch unvollständige Entleerung der Harnblase oder unvollständiges Auffangen des abgesetzten Harnes entstehen.

Zur Bestimmung des Harnzeitvolumens bei Stuten hat sich die Katheteri-sierung der Harnblase mit einem Ballonkatheter (Foley-Katheter) bewährt (KETZ et al. 1956, KNUDSEN 1959, VOGEL 1962, RAWLINGS u.

BISGARD 1975, TRAVER et al. 1977, GELSA 1979, ZATZMANN et al.

1982, LANE u. MERRITT 1983, MORRIS et al. 1984, FINCO u. GROVES 1985, GRONWALL 1985, KOHN u. STRASSER 1986, GASTHUYS et al.

1988, BREWER et al. 1990, MEYER et al. 1990, WALSH u. ROYAL 1992).

Die Brauchbarkeit dieser Methode konnte auch in den eigenen Unter-suchungen bestätigt werden. Einige Stuten duldeten die Harnblasen-katheterisierung jedoch nicht. Dies zeigte sich in dieser Studie bei sechs Stuten sehr deutlich durch das Einnehmen der typischen Miktionshaltung und starkes Pressen. Der Blasenkatheter wurde in jedem Fall unverzüg-lich wieder entfernt und die Stuten wurden aus der Studie ausgeschlos-sen. Dennoch kam es bei zwei Stuten zu einem habituellen Scheiden-vorfall, der sich noch nach Entfernen des Katheters einstellte. Zur Be-ruhigung der Stuten wurde eine epidurale Anästhesie erforderlich.

KNUDSEN (1959) bringt eine niedrige Diurese in ursächlichen Zusam-menhang mit den Tenesmen und empfiehlt eine Verabreichung von 25 bis 30 Liter Wasser per Nasenschlundsonde zwei Stunden vor der

Untersuchung. Vielleicht könnten die Tenesmen durch die vermehrte Harnblasenfüllung bei verstärkter Diurese vermieden werden, durch die erzeugte Diurese wird jedoch die Nierenfunktion beeinflußt und die Interpretation einer Nierenfunktionsprüfung erschwert.

Bei den eigenen Untersuchungen an Stuten unterblieb deshalb eine orale oder intravenöse Hydratation.

Methoden zur quantitaven Harnsammlung für Hengste und Wallache sind von TASKER (1966a) und HARRIS (1988) beschrieben.

Ein entsprechendes Urinal für Pferde (Firma Ludwig Bertram MedVet, Hannover) erwies sich in den eigenen Untersuchungen als nützlich zur Gewinnung einer einfachen Harnprobe. Für die exakte quantitative Harn-sammlung war es jedoch nicht geeignet.

Aus diesen Gründen sind Clearanceverfahren ohne quantitative Harn-sammlung für Hengste und Wallache die einzige Möglichkeit zur routine-mäßigen Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate. Bei Stuten sind diese Verfahren den Methoden mit Blasenkatheterisierung vorzuziehen.

Darüberhinaus sind Bestimmungen der GFR mit Harnsammlung in Zuständen wie Harnwegsobstruktion oder Oligurie unzuverlässig oder unmöglich (APERIA u. FREYSCHUSS 1984, SCHUSTER u. SELDIN 1992).

Die einfachste Methode zur Beurteilung der GFR ohne die Notwendigkeit der quantitativen Harnsammlung ist die Schätzung der renalen Creatinin-clearance aus der Creatininplasmakonzentration und der körpermasse-abhängigen Creatininexkretion.

Frühere Nierenfunktionsuntersuchungen auf der Basis des Creatinins waren durch systematische Fehler der klassischen Creatininbestimmung nach Jaffe´ belastet. Da die mit der Jaffe´-Methode erfaßten Pseudo-creatinine vor allem im Plasma erhöhte Werte vortäuschen (LANDWEHR 1986), wird die Creatininclearance mit dieser Methode meist unterschätzt.

Mit der Einführung der enzymatischen Creatinin-Messung (PAP-Methode) steht eine hochspezifische und ausreichend präzise Methode zur

Verfügung (GUDER et al. 1986).

Die Einschränkungen der Creatininclearance-Schätzmethode liegen in der Eignung des Creatinins als Marker der GFR. In der vorliegenden

Studie konnte mit der enzymatischen Creatinin-Messung bei allen simultanen Bestimmungen der renalen Inulin- und Creatininclearance eine tubuläre Creatininsekretion festgestellt werden. Die Creatininex-kretion übertraf die Creatininfiltration deutlich (vgl. Abbildung 6).

Durch die Creatininbestimmung mit der Jaffe´-Methode sind die Angaben über die tubuläre Creatininsekretion beim Pferd in den Untersuchungen von KNUDSEN (1959), VOGEL (1962), GELSA (1979) und FINCO u.

GROVES (1985) verfälscht.

Eine bedeutende tubuläre Creatininsekretion wurde auch in allen von GIOVANNETTI u. BARSOTTI (1991) ausgewerteten Untersuchungen beim Menschen festgestellt.

In welchem Ausmaß gleichzeitig entgegengesetzte resorptive Vorgänge stattfinden, kann durch Clearanceuntersuchungen nicht geklärt werden (SCHUSTER u. SELDIN 1992).

Bei Störung der glomerulären Filtration und erhöhten Creatininkonzen-trationen im Plasma muß jedoch wie beim Menschen mit noch höherer tubulärer Sekretion gerechnet werden, so daß das Ausmaß der Störung unterschätzt wird (SHEMESH et al. 1984).

Trotz der Einschränkungen des Creatinins als Marker zur Bestimmung der GFR ist in der klinischen Praxis der Humanmedizin wegen der Schwierigkeiten bei der Untersuchung der Inulinclearance die Messung oder die Schätzung der Creatininclearance die am häufigsten

angewandte Methode (CARLSON u. HARRINGTON 1993).

Die Schätzung der Creatininexkretion aus der Körpermasse hat sich beim Menschen (COCKCROFT u. GAULT 1976, WALLER et al. 1991), beim Schwein (WALDMANN et al. 1991) und bei Schafen (BICKHARDT u.

DÜNGELHOEF 1994) als Grundlage zur Bestimmung der Creatinin-clearance ohne quantitative Harnsammlung durchaus bewährt.

Auch beim Pferd ist die Creatininexkretion im wesentlichen körpermasse-abhängig (vgl. Abbildungen 7a und 7b). Eine Verbesserung der

Schätzung durch Berücksichtigung des Alters oder des body condition scores nach LEIGHTON-HARDMAN (1980) gelang in den eigenen Unter-suchungen beim Pferd nicht.

Für die routinemäßige Erfassung einer eingeschränkten GFR, für die Verlaufs- und Nachkontrolle von Patienten mit Nierenerkrankungen und

für die Medikation nierengängiger Pharmaka dürfte die Schätzung der Creatininclearance auch beim Pferd ausreichend genau sein.

Für die klinische Diagnostik von Nierenerkrankungen in der Human-medizin hat die Bestimmung der renalen Inulinclearance keine Bedeu-tung, da einfachere, für den Patienten weniger belastende Methoden entwickelt sind. Wird in der Humanmedizin bei einem Patienten mit einer Plasmacreatininkonzentration im Grenzbereich ein genaues Maß der GFR benötigt, kann dieses Problem durch die Bestimmung der totalen Clearance radioaktiver Marker oder von Inulin gelöst werden (CARLSON u. HARRINGTON 1993).

Der Einsatz der in der Humanmedizin weitverbreiteten radioaktiven Marker ist schon allein wegen der erforderlichen Strahlenschutzmaß-nahmen für Untersuchungen am Pferd ungeeignet.

Als wertvolle Alternative zur renalen Inulinclearance erwies sich in den eigenen Untersuchungen die Bestimmung der totalen Inulinclearance nach dem 2-Kompartiment-Modell. Die Bestimmung kann als Bolus-Injektion ebenso wie als Dauerinfusion durchgeführt werden.

Bei Inulindauerinfusion lieferte die mathematische Beschreibung der Clearance des Inulins aus dem ganzen Körper anhand des 2-Komparti-ment-Modells ähnliche Ergebnisse wie die Bestimmung der renalen Inulinclearance. Als Ursache abweichender Ergebnisse sind

Harnsammelfehler bei der renalen Inulinclearance wahrscheinlich (vgl.

Abbildung 4).

Die Berechnung der totalen Inulinclearance bei Inulindauerinfusion aus der Infusionsrate des Inulins und der Inulinplasmakonzentration im Fließgleichgewicht zwischen Infusionsrate und renaler Exkretion ist dagegen sehr problematisch. Bei der Inulin-Dauerinfusion wird eine unvollständige Verteilung des Inulins in alle Körperkompartimente nicht durch eine sich ändernde Inulinplasmakonzentration angezeigt, wenn die Infusionsrate gleich der renalen Ausscheidung plus der Penetrationsrate in weniger permeable Gewebe ist (HELLERSTEIN et al. 1993). Die

langsame Phase der Inulin-Distribution ist jedoch quantitativ bedeutend, da über die Hälfte der Extrazellulärflüssigkeit des Körpers in Geweben mit langsamer Verteilung in signifikante Anteile ihres

Extrazellulärvolumens [z.B. Skelettmuskulatur, lockeres Bindegewebe (subkutanes Gewebe) und dichtes Bindegewebe (Sehnen)] enthalten ist (COTLOVE 1954). Anders als bei der Bestimmung der renalen

Inulinclearance, bei der lediglich ein konstanter Inulinplasmaspiegel erforderlich ist, muß also zur korrekten Bestimmung der totalen

Inulinclearance aus der Infusionsrate solange infundiert werden, bis die Infusionsrate gleich der renalen Exkretion ist. Die benötigte

Infusionsdauer beträgt mindestens das fünffache der Inulinhalbwertszeit des betreffenden Patienten (COULTHARD 1983). Unter praktischen Gesichtspunkten ist diese Methode wegen der Notwendigkeit einer mehrstündigen Dauerinfusion für Untersuchungen am Pferd ungeeignet.

Für die Untersuchung der glomerulären Filtrationsleistung des Pferdes kann somit die Berechnung der totalen Inulinclearance anhand des 2-Kompartiment-Modells nach Inulin-Bolusinjektion empfohlen werden.

Das Ausmaß von Nierenschäden wird jedoch prinzipiell von allen Ver-fahren der Beurteilung der GFR unterschätzt, da intakte Nephrone ihre Filtrationsleistung in kurzer Zeit kompensatorisch um mehr als 50%

steigern können (ENGLISH et al. 1977) so daß erst bei Parenchymver-lusten von über 50% der Kompensationsbereich unterschritten wird.

Die Ergebnisse der Inulinclearanceuntersuchungen von KNUDSEN (1959), GELSA (1979), ZATZMANN (1982), FINCO u. GROVES (1985), RAPP (1985), BREWER (1988, 1990) und WALSH u. ROYAL (1992) befinden sich innerhalb des 95%-Bereiches der eigenen Untersuchungen an gesunden Pferden. VOGEL (1962) ermittelte deutlich niedrigere

Werte.

5.2 Diskussion der Untersuchungen zur Erfassung der renalen