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5.2 Diskussion der Datengrundlage und Ernährungsmusteranalyse

5.2.1 Diskussion der Datengrundlage

Die vorliegende Arbeit basiert auf der ersten für Deutschland repräsentativen Erhebung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS Basis). Durch das Querschnittsdesign des Surveys ist eine aktuelle Bestandsaufnahme des Gesundheitszustands und –verhaltens in dieser Bevölkerungsgruppe möglich. KiGGS Basis bildet damit eine wichtige Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen sowie zur Bewertung und Planung von Präventionsmaßnahmen. Die Daten können außerdem zur Generierung von Hypothesen als Ausgangspunkt für weitere Studien verwendet werden (Kurth et al., 2008). Nachteile eines Surveys sind die gleichzeitige Erfassung von Exposition und Erkrankung, obwohl lange Zeiträume zwischen Ursache und Wirkung liegen können. Durch eine erneute Befragung (KiGGS 1: 2009-2012) und Untersuchung und Befragung (KiGGS 2: 2014-2016) wird es in Zukunft möglich sein, längsschnittliche Auswertungen bezüglich der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland vorzunehmen.

Verzehrserhebung

FFQs stellen ein geeignetes Erhebungsinstrument für den Einsatz in großen epidemiologischen Studien dar (Cade et al., 2004; Hu et al., 1999; Ortiz-Andrellucchi et al., 2009; Tabacchi et al., 2014). Der Zeitaufwand für die Studienteilnehmer zum Ausfüllen ist gering, was eine höhere Responserate begünstig. Da der FFQ von den Studienteilnehmern selbst ausgefüllt wurde war außerdem kein Interviewer notwendig, was zu geringeren Kosten führte, einen möglichen Interviewerbias verhinderte und folglich zu einer höheren Standardisierung beitrug (Mensink et al., 2004; Willett, 1998b). Der KiGGS-FFQ wurde innerhalb dieser Arbeit gegenüber DISHES validiert und zeigte ausreichende bis moderate Validität für die meisten Lebensmittel-Items (Truthmann et al., 2011).

Ein Nachteil des FFQs ist, dass nur eine begrenzte und vordefinierte Lebensmittelauswahl erfragt wird. Dadurch ist es möglich, dass wichtige Lebensmittel, beispielsweise bedingt durch regionale Verzehrsgewohnheiten oder Ernährungsweisen anderer Kulturkreise, in den Fragebogen nicht mit einbezogen wurden (Thompson et al., 2013). DISHES ist dagegen ein offenes Interview.

Teilweise wird in FFQs auf die Erhebung von Portionsgrößen verzichtet (Thompson et al., 2013). Der eingesetzt FFQ in KiGGS Basis erfragte für jede Lebensmittelgruppe die übliche Portionsgröße in fünf Portionsgrößen. Aus Verzehrshäufigkeit und Portionsgröße konnte somit durchschnittliche, tägliche Verzehrsmengen abgeschätzt werden.

FFQs wurden sehr häufig zur Ermittlung von Ernährungsmustern verwendet (Tab. 1, Tab. 2 und Tab. 3) und wurden dafür als geeignet bewertet (Fung et al., 2001a; Hu et al., 1999). Dabei gibt es eine große Spannbreite bei den erfragten Lebensmittel-Items. Es wurden zwischen 11 (de Moraes et al., 2012) und 212 Items (Ambrosini et al., 2010a) erfragt und zu einer unterschiedlichen Anzahl von Lebensmittelgruppen zusammen gefasst (zwischen 11 und 152). Nur wenige Studien basieren auf 24-h Recalls (Aranceta et al., 2003; Lozada et al., 2007; Mikkilä et al., 2007) oder Verzehrsprotokollen (Hearty et al., 2013; Shin et al., 2013). Sowohl 24-h Recalls (Aranceta et al., 2003; Lozada et al., 2007; Mikkilä et al., 2007) als auch Verzehrsprotokolle (Hearty et al., 2013; Shin et al., 2013) haben jedoch den Nachteil, dass nur wenige Tage erfasst werden. Da Ernährungsmuster das übliche Ernährungsverhalten widerspiegeln sollen, sind zu deren Bestimmung Verzehrsdaten notwendig die möglichst einen längeren Zeitraum abbilden. Im Hinblick auf Auswirkungen der Ernährung auf die Gesundheit ist die längerfristige Ernährungsweise entscheidender als einzelne Tage, die durch die Variation von Tag zu Tag nicht zwangsläufig die übliche Ernährung widerspiegeln. Sowohl FFQ als auch DISHES erfassen die längerfristige Ernährung.

DISHES wurde für Erwachsene validiert (Mensink et al., 2001). In einem Pretest wurde die Machbarkeit bezüglich des Einsatzes bei Jugendlichen getestet und es wurde als geeignet bewertet. Die detaillierte Erfassung der verzehrten Lebensmittel über vier Wochen mit DISHES ermöglichte es, die Energie- und Nährstoffzufuhr der Studienteilnehmer zu ermitteln. Mit FFQ-Daten wird dies oftmals auch praktiziert (Aounallah-Skhiri et al., 2011) (Ambrosini et al., 2010a; Romero-Polvo et al., 2012;

Tabacchi et al., 2014). Je nach Anzahl der erfragten Lebensmittel-Items und je nach der individuellen Passgenauigkeit dieser Items für die Ernährungsweise können dabei jedoch wichtige Lebensmittel als Quelle für einen Nährstoff fehlen. Jedoch wurden in der vorliegenden Arbeit die FFQ-Daten verwendet, um die Energiezufuhr abzuschätzen. Dazu wurde der mittlere Kaloriengehalt jedes Lebensmittel-Items im FFQ auf der Grundlage der DISHES-Daten bestimmt. Diese ermöglichen es den Anteil einzelner Lebensmittel innerhalb des Lebensmittel-Items für diese Altersgruppe zu bestimmen (siehe dazu 3.4.7). Infolge der begrenzten Anzahl an Lebensmittel-Items des verwendeten FFQs, stellt die ermittelte Kalorienzufuhr dennoch nur eine grobe Schätzung der Gesamtkalorienzufuhr dar, die lediglich für die Energieadjustierung genutzt wurde.

Nachteile beider eingesetzter Ernährungserhebungsmethoden (DISHES und FFQ) sind, dass der Verzehr auf Eigenangaben beruht. Diese können durch sozial erwünschtes Antwortverhalten bezüglich bestimmter Lebensmittel beeinflusst sein.

Sozial erwünschtes Antwortverhalten kann zudem unterschiedlich stark zwischen den Geschlechtern oder je nach dem Ausmaß von vorhandenem Übergewicht, je nach Einkommen oder je nach Bildung der befragten Personen auftreten (Gemming et al., 2014; Kant, 2004; Pryer et al., 1997; Subar et al., 2001; Thompson et al., 2013). Dadurch können potenzielle Verzerrungen auch unterschiedlich stark innerhalb der Ernährungsmuster ausgeprägt sein. Darüber hinaus wird sowohl mit dem FFQ als auch mit DISHES die Ernährung retrospektiv erfasst. Das bedeutet, dass die Methoden vom Erinnerungsvermögen der Befragten abhängig sind.

Beide Methoden zur Erhebung des Lebensmittelverzehrs haben sehr ähnliche Ergebnisse bezüglich der Ernährungsmuster ergeben. Es scheinen daher beide Instrumente gleich gut geeignet, um Ernährungsmuster bei Jugendlichen in Deutschland zu bestimmen. Unterschiede zwischen den Ernährungsmustern ergeben sich u. a. durch im FFQ im Vergleich zu DISHES nicht erhobene Lebensmitteln (z. B. Pizza, alkoholische Getränke, Pflanzenöl) sowie durch unterschiedliche Lebensmittelgruppierung (z. B. wurden in DISHES Nudeln und Reis unterschiedlichen Mustern zugeordnet, während sie im FFQ als gemeinsame Lebensmittelgruppe erfragt wurden, wodurch keine getrennte Analyse möglich war) (siehe Anlage 4). Wenige Lebensmittelgruppen wurden, je nach Erhebungs-instrument, unterschiedlichen Mustern zugeordnet, z. B. Softdrinks, Fleisch und Eier

(westlich/traditionell), Nüsse (westlich/gesund), Geflügelfleisch (traditionell/gesund) oder Suppe (westlich/gesund).

Sowohl die FFQ-Validierung als auch die Ernährungsmusteranalysen, bei denen Nudeln und Reis zu unterschiedlichen Mustern zugeordnet wurden (DISHES-Daten), legten eine Trennung dieser Lebensmittelitems im FFQ nahe. Dies wurde in einer Neufassung des FFQs umgesetzt. Außerdem werden jetzt Obst und Gemüse weniger differenziert nach ihrem Zustand beim Einkauf erfragt, indem nur noch eine Unterscheidung nach roh und gegart beim Verzehr erfolgt. Pizza und alkoholische Getränke wurden ergänzt. Für die Ernährungsmuster von Bedeutung, aber weiterhin nicht im FFQ enthalten, sind die Getreideprodukte (Bulgur, Popcorn, Reiswaffel), vegetarische Gerichte (Soja, Tofu und Tofuerzeugnisse, vegetarische Brotaufstriche, Bratlinge) sowie Pflanzenöl. Suppe wurde dagegen aus dem FFQ entfernt, da diese wegen ihrer sehr unterschiedlichen Zusammensetzung kaum eine Aussage zur Ernährungsqualität ermöglicht. Bei den Musteranalysen gehörte diese einmal zum

„westlichen“ Muster (FFQ-Daten) und einmal zum „gesunden“ Muster der Jungen (DISHES-Daten).

Biomarker

Für die Analysen bezüglich kardiovaskulärer Biomarker wäre die Blutentnahme bei nüchternen Surveyteilnehmern wünschenswert. Dies war jedoch aufgrund der Untersuchungstermine, die über den gesamten Tag verteilt bis in die Abendstunden hinein vergeben wurden, nicht für alle Teilnehmer realisierbar. Serumfolat gilt als geeigneter Parameter zur Bewertung der Folatversorgung auf Bevölkerungsebene (Green, 2011). Ein noch besseres Maß für die längerfristige Versorgung mit Folat wäre die Konzentration in den Erythrozyten (Green, 2011), die für KiGGS Basis jedoch wegen methodischer Probleme für die Analysen nicht zur Verfügung stand.