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Diskussion: Bemerkungen und Zusammenfassung

Im Dokument II. Empirische Forschung (Seite 124-128)

I. Theoretischer Teil

5 Leseforschung Nr. 2: Erstlesebücher im DaF-Unterricht (in Tschechien)

5.4 Detaillierte Beschreibung des Experiments

5.4.4 Diskussion: Bemerkungen und Zusammenfassung

An dieser Stelle sollen die wichtigsten Ergebnisse der empirischen Forschung zusammengefasst und die Forschung noch durch einige Bemerkungen ergänzt werden.

5.4.4.1 Kommentare zur Entscheidungen der Probanden

Zwischen den Achtklässlern und Neuntklässlern gab es keine klaren Unterschiede, was die Lesefertigkeit und das Leseverständnis betrifft. Die Leseleistungen sowie das Textverständnis variierten sehr stark, was mich überraschte.

Währendder dritten Phase der Forschung überraschte mich auch die Tatsache, dass bis auf einen Probanden alle Schüler die Erstlesebücher nicht von vorne durchblätterten, sondern

Macht, was ihr gerne

macht 44%

Ich will eine Schlange

44%

Saft für Wespen

12%

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die Bücher zufälligerweise aufschlugen und dann hin und her blätterten. Einige Schüler suchten zuerst nach den Klappentexten. Als sehr positiv empfand ich, dass alle Probanden die Bücher in die Hand nahmen und sich mit dem Buch als Medium beschäftigten. Einige versuchten in den Büchern zu lesen, bevor sie sich für eins entschieden.

Da ich eine entspannte Atmosphäre schaffen wollte, damit die Probanden bei der Interaktion mit den Büchern nicht unter Zeitdruck standen, dauerte diese Phase der Forschung recht lang.

Interessanterweise zeigten alle Probanden, bos auf einen, eine große Offenheit für die Arbeit mit den Büchern, obwohl klar war, dass sie nicht die Adressaten dieser Bücher waren.

Diese Tatsache kann damit erklärt werden, dass sich die Schüler dessen bewusst waren, dass sie die Bücher als Lernmaterial bewerten sollten.

Zusammenfassung der empirischen Forschung

An dieser Stelle formuliere ich die wichtigsten Aussagen, die sich aus der empirischen Forschung ergeben.

Was die Lesbarkeitskriterien und ihren Einfluss auf den Leser anbelangt, lässt sich behaupten, dass die deutschlernenden Probanden (aus der achten und neunten Grundschulklasse) den deutschsprachigen Zweitklässlern ähneln und daher stark von der Lesbarkeit des Texts beeinflusst sind. Das Textverständnis wird daher erheblich von der allgemeinen Lesekompetenz, von Leseerfahrungen und vom Leseinteresse beeinflusst.

Selbst wenn ein Schüler also in der Muttersprache ein guter Leser ist und gern liest, sind die Lesbarkeitskriterien für ihn genauso wichtig wie für ein lesenlernendes Kind. Die Leseerfahrung hat erst beim Textverständnis einen Effekt.

Die Motivation für die Arbeit mit einem Erstlesebuch oder einem Erstleseheft hängt vom Zugang des Probanden zum Text und seiner Funktion ab. Man kann zwischen zwei Typen des Zugangs unterscheiden, nämlich dem:

a) literarischen Zugang und b) pragmatischen Zugang.

Beim literarischen Zugang überwiegen bei der Auswahl des Erstlesebuchs/-hefts als Lernmaterial die Argumente wie: ich will mit einem echten Buch arbeiten, ich will echte Literatur lesen. Beim pragmatischen Zugang sind die folgenden Argumente präsent: Ich will die Geschichte verstehen und im Stande sein, sie problemlos zu Ende zu lesen. Ich will die

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Geschichte als Anlass zum Sprechen nutzen. Ich will in das Heft Notizen machen. Zuerst möchte ich mit einem Erstleseheft arbeiten, später, wenn ich mir in der Fremdsprache sicherer bin, mit einem Buch.

Auf Grundlage der empirischen Forschung lässt sich die folgende These formulieren: In den ersten Phasen des Deutschunterrichts wäre es bereichernd entweder mit Erstlesebüchern/-heften für den DaF-Unterricht, oder mit ausgewählten Textabschnitten aus Erstlesebüchern für lesenlernende Kinder zu arbeiten. Später ist es, je nach Zielgruppe (und ihrer allgemeinen Lesekompetenz) möglich, nach einem Erstlesebuch zu greifen. Je nach Rahmenbedingungen durch die Sprachinstitution oder die Lehrkraft könnte die Lesefertigkeit innerhalb einer Lerngruppe auch differenziert gelernt werden; zum Beispiel kann eine Bibliothek eingerichtet werden, in der die Erstlesebücher/-hefte nach Schwierigkeitsgrad geordnet sind.

Weiterhin lässt sich auch behaupten, dass es keine erheblichen Unterschiede zwischen Deutsch lernenden Mädchen und Jungen in der achten/neunten Grundschulklasse gibt, was das Interesse am Thema des Erstlesebuchs betrifft, denn die Schüler akzeptieren ein Erstlesebuch/-heft als Lernmaterial und nicht als primär an sie adressiertes Medium. Das Hauptproblem könnte dann entstehen, wenn sie das konkrete Buch/Heft als zu kindlich und/oder von niedriger Qualität empfänden.

Es gibt eine Korrelation zwischen den anhand der Lesbarkeitskriterien als leicht lesbar eingestuften Erstlesebüchern und den Ergebnissen der empirischen Forschung: Die Erstlesebücher, die wir dem Niveau A1-A2 des Referenzrahmens zuordneten (Käthe Recheis – Kleiner Bruder Watomi, Saskia Hula – Romeo und Juliane), wurden von der Mehrheit der Probanden als die leichtesten zum Lesen empfunden. Zum Buch von Christiane Nöstlinger Opageschichten vom Franz kristallisierte sich eine interessante Tatsache heraus, nämlich, dass mehrere Probanden den Schreibstil der Autorin auch im Vergleich mit den Büchern über Watomi und über Romeo und Juliane am leichtesten verständlich fanden, obwohl der Text viele langen Sätze enthält. Diese Tatsache kann damit erklärt werden, dass sich die syntaktischen Muster häufig wiederholen, wodurch leichte Lesbarkeit unterstützt wird.

An dem Buch Kleiner Bruder Watomi schätzten die Probanden nicht nur die einfache Sprache, sondern auch die Gestaltung des Buchs (inkl. Illustrationen und das Verhältnis zwischen dem Text und den Illustrationen) sowie das Thema. Dadurch, dass die Auswahl dieses Buchs von den Probanden nicht nur durch das Kriterium der Lesbarkeit begründet wurde, erweist sich dieses Buch als sehr empfehlenswert für den DaF-Unterricht. Als

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weiteren Vorteil dieses Buchs lässt sich einführen, dass der Textumfang sehr gering ist und das Buch dadurch leicht in den Unterricht integrierbar.

Zum Buch Romeo und Juliane gaben viele Probanden an, dass die Sprache leicht ist und sie den Text verstehen. Es war auch zu merken, dass es ihnen das Buch an sich gefällt.

Einige Probanden lobten die Illustrationen. Dieses Buch ist zwar länger als die Indianergeschichte über Watomi, ist aber in Kapitel aufgeteilt, mit denen man im DaF-Unterricht isoliert arbeiten kann, da jedes Kapitel ein geschlossenes Thema mitbringt.

Für das Buch Opageschichten vom Franz entschieden sich diejenigen, die die Arbeit mit einem Text der Fremdsprache als Möglichkeit zum Gewinn neuer Sprachkenntnisse verstehen. Aus dieser Perspektive ergibt sich ein längerer Text als der bessere. Hinzu kommt die Tatsache, dass diesen Text manche Probanden als leicht lesbar empfanden und dass ihnen der Schreibstil gefiel. Anzunehmen ist, dass dies vor allem dank der sich wiederholenden syntaktischen Mustern der Fall ist und weil die literarische Sprache humoristisch wirkt. Aus diesem Grund eignet sich dieses Buch für die Arbeit am Syntax sowie für literarästhetisch produktive Schreibaktivitäten (zum Beispiel können Schüler den Stil nachahmen). Aufgrund des Textumfangs scheint es für den DaF-Unterricht angeraten, mit ausgewählten Textabschnitten zu arbeiten.

Für das Buch von Paul Maar Das Sams und die Wunschmaschine entschieden sich nur zwei Probanden und zwar aus dem Grund, dass sie den Text als leicht zum Lesen empfanden.

Das eher geringe Interesse an diesem Buch kann unter anderem damit erklärt werden, dass das Buch viele unbekannte Wörter umfasst, dass den Deutschlernenden das Thema auf den ersten Blick nicht klar ist und dass das enthaltene Sprachmaterial sehr umfassend ist.

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6 Möglichkeiten der Umsetzung der Erstlesebücher in den DaF-Unterricht

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