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Digitale Vorlesungen und elektronische Prüfungen

Ausgangssituation an der Justus-Liebig-Universität Gießen Mit rund 26.800 Studierenden sind im Wintersemester 2013/14 an der Jus-tus-Liebig-Universität Gießen (JLU) deutlich mehr Studierende eingeschrie-ben als noch vor drei Jahren. Auf die-sen Zuwachs an Studienanfängerinnen und -anfängern hat sich die JLU bereits früh vorbereitet. Das Ziel war, weiter-hin bestmögliche Bedingungen für den erfolgreichen Start ins Studium zu bie-ten. Hierzu wurden neben zusätzlichen Studienplätzen, einer Aufstockung des Lehrpersonals und einer Erweiterung der Lehrflächen durch Anmietungen und Neubauten unter anderem auch die E-Learning-Maßnahmen ausgebaut und auf den Anstieg der Studienanfängerzah-len hin ausgerichtet.

Zunächst wurde mit Hilfe der HSP2020 Mittel die E-Learning-Infrastruktur für den erwarteten Aufwuchs optimiert. Dies geschah durch einen technischen Aus-bau der Speicher- und Serversysteme und durch eine intensivere Betreuung der Anwender der Lernplattformen der JLU bezüglich der Umsetzung von Lehr- und Lernszenarien.

Blended-Learning-Prinzip

Eine Mischung aus Präsenzphasen und Online-Lernphasen kennzeichnet Blen-ded-Learning-Szenarien. In Abhängig- keit von Inhalten, Lernzielen, Zielgrup-pen und Methodik können z. B. Dis-kussionsforen, Wikis oder Aufgaben- module genutzt werden, um bestimmte aber bewusst auch nicht alle Arbeitspha-sen von der PräArbeitspha-senz in Online-Sitzun-gen zu verlagern. So können innovative Lehr- und Lernmethoden umgesetzt und auch größere Veranstaltungen effektiv gestaltet und gut betreut werden.

An der JLU werden die Lernplattformen Stud.IP und ILIAS ein- gesetzt, die die Prä-senzphasen sinnvoll unterstützen. Stud.IP stellt dabei den zent-ralen Einstieg dar und bietet eine Schnitt-stelle bei fortgeschrit-tenen E-Learning-An-geboten zu ILIAS.

reine Videoaufzeichnungen der Leh-renden und des Tafelanschriebs produ-ziert. Dort, wo ein zweiter Hörsaal zur Verfügung steht, werden auch zusätzli-che Live-Übertragungen der Vorlesun-gen angeboten. Daneben gibt es Audio-mitschnitte bzw. Audiopodcasts, die sich insbesondere für das Anhören „unter-wegs“ per MP3-Player eignen.

Die Anzahl der neu produzierten digita-len Vorlesungen konnte unter anderem mit Hilfe der HSP2020-Förderung deut-lich gesteigert werden. In den vergan-genen Semestern wurden pro Semester zwischen zehn und zwölf Vorlesungsrei-hen produziert. Im aktuellen Winterse-mester 2013/14 sind es 21 Produktionen.

Flankierend zu den digitalen Vorlesun-gen werden weitere aktivierende Ele-mente eingesetzt. So können beispiels-weise Wissensfragen zu den Themen der Vorlesung den Lernenden helfen, den Wissensstand selbst zu überprüfen.

An der JLU werden die digitalen Vorle-sungen in der Regel noch am gleichen Tag der Präsenzsitzung online gestellt und können auch in Folgesemestern wiederverwendet werden. Sie stellen ein hoch akzeptiertes und effektives Lernan-gebot dar, wie beispielhafte Aussagen der Studierenden aus unseren Evaluati-onen belegen.

An der JLU finden über alle Fächer hin-weg viele E-Learning-Aktivitäten statt, um bei wachsenden Studierendenzahlen hochwertige Lehre anbieten und gleich-zeitig didaktische Innovationen umset-zen zu können. Zwei spezifische E-Lear-ning-Maßnahmen werden im Folgenden im Detail vorgestellt.

Digitale Vorlesungen

Die Vorlesungen stellen bei der Zunahme der Studierendenzahlen eine beson-dere Herausforderung dar, da sie in der Regel von einem großen Personenkreis besucht werden und es insbesondere für große Gruppen nur wenige Hörsäle gibt.

An der JLU hat sich die „digitale Vorle-sung“ gut etabliert. Sie stellt ein sehr innovatives Lernangebot dar und bie-tet die Möglichkeit, auch auf unerwar-tet große Gruppen flexibel reagieren zu können. Bei der digitalen Vorlesung wer-den die einzelnen Sitzungen digital auf-gezeichnet oder live übertragen. Drei Formen der Aufzeichnung werden dabei unterschieden:

E-Lectures

Videoaufzeichnungen mit Tafelan-schrieb

Audiomitschnitte

E-Lectures sind Veranstaltungsaufzeich-nungen in Form von Videos oder Audi-omitschnitten mit synchron präsentierten Vortragsfolien.

Ein Inhaltsverzeichnis erlaubt den geziel-ten Zugriff auf einzelne Passagen der Vorlesung, so dass sich die E-Lectures insbesondere auch für die Prüfungsvor-bereitung sehr gut eignen. In den Fäl-len, in denen die Tafel eine große Rolle

Prof. Dr. Siegfried Schindler, Anorganische Chemie, JLU Gießen

„Die E-Lectures ein-zurichten war eigent-lich eine Art Notwehr-situation vor einigen Jahren, um mit uner-warteten 1.000 Ne-benfachstudierenden in einem Hörsaal, der nur 550 Studierende fasst, umzugehen. Da die Studierenden das Angebot sehr positiv angenommen haben, wurden meine an-fänglichen Bedenken schnell zerstreut. Die Studierenden begrü-ßen es sehr, dass man die Möglichkeit hat, sich eine Ver-anstaltung, die man verpasst hat (aus wel-chen Gründen auch immer) nochmal kom-plett anzuschauen.“

„Ich habe die E-Lectures-Variante der Vorlesung vorgezogen, da diese mit etwa 400 Teilnehmern immer extrem unruhig ablief. Zu Hause konnte ich mehr wichtige Notizen machen, da man die Vorlesung stoppen und ggf. ein-zelne Passagen nochmal ansehen konnte.“

„… habe ich zunächst die Präsenz-Veranstaltungen besucht, dann aber gemerkt, dass mir die Online-Vorlesungen mehr bringen, weil ich bei nicht verstandenem Sachverhalt gleich wiederholen und vertiefen kann.“

„E-Lectures für die meisten Fächer wäre ein Traum. Als Pendlerin von Frank-furt nach Gießen und Mutter einer 2-jährigen Tochter ist diese Hilfe einfach spitze.“

Justus-Liebig Universität Gießen

Weitere innovative Prüfungsvarianten werden erprobt, deren Umsetzungen durch E-Learning-Instrumente unter-stützt werden. Diese Prüfungsformen sehen, anders als bei einer klassischen Klausur, keine Wissenstests am Ende des Semesters vor, sondern sind veran-staltungsbegleitend und prozessorien-tiert ausgerichtet:

Peer-Feedback-Verfahren: Studie-rende bewerten nach vorgegebenen Kriterien die Leistungen ihrer Kom-militonen. Die Gesamtbewertung kann sich aus den Bewertungen der

„Peers“ und der Bewertung des Leh-renden zusammensetzen.

E-Portfolio-Arbeit: Eine Sammlung von durch den Studierenden erstell-ten Materialien (z. B. Hausarbeit, Poster, Webseite), die durch den Studierenden präsentiert und häufig auch selbst bewertet wird.

Durch den Einsatz solcher Prüfungs-formen werden bei den Studierenden und Prüfenden sowohl die geballte Prü-fungsbelastung am Ende des Semesters vermieden als auch die reflexiven und kooperativen Kompetenzen der Studie-renden gefördert.

Sämtliche Erfahrungen und Umset-zungen werden an der JLU im E-Lear-ning-Wegweiser dokumentiert, der im Internet öffentlich zu finden ist.

http://ilias.uni-giessen.de/wegweiser E-Prüfungen

Bei Prüfungen können E-Learning-Maß-nahmen ansetzen, um sowohl die didak-tische Qualität des Prüfverfahrens (bei-spielsweise durch Integration von Medien oder kompetenzorientierten Fra-getypen) zu erhöhen als auch die Kor-rektur der Prüfungen zu beschleunigen.

Schnelle Ergebnisrückmeldungen haben unter anderem auf das Wiederlernen im Misserfolgsfall einen positiven Effekt.

Die Prüferinnen und Prüfer schätzen sehr, dass bei dem zunehmenden Prü-fungsaufkommen der Korrekturaufwand durch die E-Prüfungen geringer wird, und sie sind in vielen Fällen auch bereit, neue Wege bei der Wissensüberprüfung zu gehen.

Die klassischen Klausuren werden an der JLU mittlerweile an vielen Stellen durch elektronisch unterstützte Klausu-ren aufgewertet. Hierbei kommen fol-gende Instrumente zum Einsatz:

E-Klausuren: Klausuren, die direkt im Notebook in Klausurräumen geschrieben werden.

Scanner-Klausuren: Klausuren, die klassisch auf Papier geschrieben werden und anschließend einge-scannt werden.

Beide Klausurformen haben gemein-sam, dass sich viele Frageformen auto-matisch auswerten lassen. Aber auch die Korrektur von nicht automatisch aus-wertbaren Fragen wird hierdurch deutlich erleichtert. Einmal elektronisch angelegt, lassen sich die Fragen auch gut für ver-anstaltungsbegleitende Wissensüber-prüfungen (Online-Übungsklausuren) einsetzen.

Durch die HSP2020-Förderung können erstmalig Erfahrungen mit einem mobi-len Notebookpool an der JLU gesam-melt werden. Ferner konnten Scan-ner-Klausuren eingeführt und in der Breite umgesetzt werden. Hierdurch kön-nen nun auch große Prüflingsgruppen bedient werden.

Prof. Dr. Annette Becker,

Institut für Botanik, JLU Gießen

„Unsere erste E-Klau-sur in diesem Semes- ter war ein voller Er-folg! Nicht nur, dass die hohe Anzahl der Prüfungsfälle durch die elektronische Um-setzung wesentlich ef- fizienter abgewickelt werden konnte, es ergaben sich auch durch die wesentlich schnellere Ergebnis-rückmeldung und die vielfältigeren Frage-formen klare Vorteile auch für die Studie-renden.“

Luisa Langsdorf, Lehramts- studierende im 5.

Semester nach einer E-Klausur im Fach Anglistik

„Die Form der E-Klau-sur fand ich sehr gut.

Das Schreiben mit der Tastatur geht schnel-ler und wahrschein-lich ist es auch besser lesbar. Gut fand ich, Fragen zurückstellen zu können. So wird nichts vergessen und es erleichtert den Überblick.“

Technische Hochschule Mittelhessen

in der Vergangenheit immer zu zweck- orientierten und damit in ihrer Nutz-barkeit eingeschränkten Rechnerräu-men geführt. So gibt es das klassische CAD-Labor oder das Multimediala-bor, wobei die Räume für andere Zwe-cke wegen fehlender Softwareausstat-tung nicht verwendet werden können.

Die notwendige Softwareausstattung für das Lehren und Lernen ist nur in dedi-zierten Räumen verfügbar. Die Studie-renden können viele Aufgaben nur in diesen, in ihrer zeitlichen Nutzung, aber auch durch die jeweils installierte Soft-ware, eingeschränkten Räumen bearbei-ten. Die Nutzung der Software im Selbst-studium vom heimischen Arbeitsplatz ist wegen der Kosten der benötigten Lizen-zen meist nicht möglich.

Diese Problematik war Ausgangspunkt für das im Rahmen des Hochschulpakts 2020 durchgeführte Projekt „Virtual Desktop Infrastructure (VDI)“. Dessen Ziel war es, eine Flexibilisierung der räumlichen und zeitlichen Auslastung vorhandener Rechnerlaborräume mittels Desktopvirtualisierung zu schaffen.

Nur wenn die Nutzung dieser Ressour-cen in zeitlicher und räumlicher Dimen-sion flexibilisiert wird, verlieren sie ihren heute limitierenden Charakter. Diese Fle-xibilisierung ist damit unabdingbare Vor-aussetzung zur Bewältigung des „Stu-dentenberges“ bei weitgehend gleich bleibender Raumausstattung.