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Digital Humanities in der Lehre und Weiterbildung

Im Dokument Digital Humanities in Österreich (Seite 72-79)

Die Verankerung der Digital Humanities in einer Forschungs- und Institutionenlandschaft zeigt sich auch an deren Etablierung in Lehre und Ausbildung. Dabei stehen die Digital

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Humanities an vorderster Front der digitalen Transformation von Hochschulen, des tertiären Bildungssektors generell, und der Schnittstellen zu Forschung und Anwendung. Die

Schaffung digitaler Wissensräume, die kritische Kompetenz im Umgang mit digitalen Ressourcen und mit deren Nachhaltigkeit, und die Verbesserung der Zugänglichkeit zu und Partizipationsmöglichkeit an zeitgenössischem Wissen und kulturellem Erbe sind zentrale Anliegen der Digital Humanities, die nur über die Ausbildung und Förderung des

Nachwuchses gewährleistet werden können.

Wie sich die Digitalen Geisteswissenschaften in Lehre und Weiterbildung in Österreich etablieren bzw. wie sie angenommen werden, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. Es gibt nur in Graz – aufgrund des dort laufenden Masterstudienganges – präzise

Studierendenzahlen (44 MA-Studierende -Stand Nov 2019). Doch der Blick in die

Vorlesungsverzeichnisse bestätigt, dass Studien- und Ausbildungsangebote laufend und unter Teilnahme der fachwissenschaftlichen Gemeinschaften weiterentwickelt werden. Diese finden sich in Form von Erweiterungscurricula, Qualifizierungsmodulen, Summer Schools, Workshops etc. Denn mit den digitalen Geisteswissenschaften kommen Studierende in Österreich im Regelfall durch die traditionellen Fächer und hierbei durch die

Methodenausbildung in Berührung. In der Informatik wiederum bieten die digitalen Geisteswissenschaften interessante Fallbeispiele und Datenquellen, was auch in einigen wenigen Lehrveranstaltungen an den technischen Universitäten aufgegriffen wurde – die TU Wien veranstaltete eine Summer School zu Digital Humanities (TU Wien, 2015), an der TU Graz finden geisteswissenschaftliche Projekte z.B. an digitalen Editionen unter dem

Gesichtspunkt der Signalverarbeitung und Sprachtechnologie auch in der Lehre Anwendung (TU Graz, 2017). Digital-Humanities-relevante Fragestellungen finden sich auch in Kursen zu Texttechnologie, Linguistic and Literary Computing, Kulturinformatik, Digital History, Computational Archaeology, Digital Art, Computer Vision etc. Es ist also weiterhin sehr schwierig einzugrenzen sowie abzuschätzen, mit welchen Angeboten und Nachfragen wir zurzeit rechnen sollten.

Lehrstühle oder Professuren bilden die institutionelle Verankerung eines Fachgebietes ebenso ab und schaffen den Ort zur Ausbildung nachfolgender Lehrtätiger. In der Liste von Sahle (2019) zu neuen Professuren in den digitalen Geisteswissenschaften im

deutschsprachigen Raum finden sich 5 relevante Einträge.

Jahr der

Ausschreibung Stufe Denomination Zuordnung Institution

2019 A1 Computerlinguistik mit

Schwerpunkt Digital Humanities

Humans in the Digital Age

Research Center Uni Klagenfurt

74 2018 A1 Digitale Textwissenschaften

Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät und Fakultät für Informatik (Data Science)

Uni Wien

2017 TT Digital Humanities mit

Schwerpunkt Museologie

Zentrum für

Informationsmodellierung ACDH

Uni Graz

2015 A1 Digital Humanities Institut für Geschichte

ACDH Uni Wien

2015 A1 Digital Humanities Zentrum für

Informationsmodellierung ACDH

Uni Graz

Tabelle 10: Liste der ausgeschriebenen Professuren für Digital Humanities im deutschsprachigen Bereich – Österreich (Sahle, 2019)

Diese Liste weist die Textlastigkeit der neuen österreichischen digitalen

Geisteswissenschaften aus. Doch einmal mehr wird deutlich: Auf Basis der vorangegangenen Analyse der Fachbereiche könnten wohl noch einige weitere Professuren zu den Digital Humanities gezählt werden, auch wenn diese nur einen Schwerpunkt unter vielen dieser Lehrstühle ausmachen: Zeitgeschichte, Orientalistik, Computerlinguistik, Ethnologie, Germanistik, vergleichende Literaturwissenschaften, Kunstgeschichte, und viele mehr.

Das Grazer Masterstudium Digitale Geisteswissenschaften startete 2017 und setzt bei den geistes- und kulturwissenschaftlichen Herkunftsfächern der Studierenden an. Diese werden in einem Wahlfach vertieft, während in vier Semestern „Basiskenntnisse der Informatik, fachspezifische Methoden, Datenformate, Beschreibungsstandards, Webtechnologien, Datenbanken, Programmiersprachen und Visualisierung“ (Uni Graz, 2017) vermittelt werden.

In Graz ist auch ein weiterführendes Doktoratsstudium mit Schwerpunkt Digitale

Geisteswissenschaften möglich. Hier werden folgende Fächer als prüfungsrelevant genannt:

Datenstrukturen und Programmierung, Digitale Tiefenerschließung, Nachhaltigkeit und (Forschungs-)Daten, und Theorien und Anwendungen der Digitalen Geisteswissenschaften (Uni Graz, 2019a).

An der Universität Wien wird – bis Ende 2019 noch nicht abgeschlossen – gerade ein interdisziplinäres Masterprogramm entwickelt. Am Forschungsschwerpunkt Digital Humanities sollen Entwicklung und Anwendung von rechenbetonten Methoden und

Techniken auf Fragen und Probleme der historischen und der Kulturwissenschaften abzielen.

„Dazu zählen u.a. die Generierung von Daten durch Digitalisierung oder Messung, die

Rechenanalyse der generierten Daten, die Erstellung und Bearbeitung formeller Modelle und

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investigativer Methoden in den Geisteswissenschaften, sowie die Archivierung und Open-Access-Verbreitung unserer wissenschaftlichen Ergebnisse und die Diskussion darüber, welche Infrastruktur dies am besten unterstützt. Der FSP umfasst die beiden Bereiche, Computational Humanities und Digital Cultural Heritage" (Uni Wien, 2019b). An der Uni Wien wird allerdings bereits ein Erweiterungscurriculum zu Digital Humanities angeboten (Uni Wien, 2019a). In zwei Modulen werden die Grundlagen der Digital Humanities und die digitalen Praktiken der Kulturwissenschaften vermittelt. Es besteht eine Beschränkung der Kursplätze auf 25 Personen. Doch es liegen mit Ende 2019 noch keine Zahlen vor, die die Nachfrage dokumentieren. Auch in Graz gibt es ein vergleichbares Angebot im Format eines Ergänzungsfaches, das im Rahmen fast aller geisteswissenschaftlichen Studien der Uni Graz belegt werden kannxix. Nach Abschluss dieses Moduls im Umfang von 24 ECTS können Studierenden ein durch den Studiendekan der geisteswissenschaftlichen Fakultät

ausgestelltes Zertifikat „Informationsmodellierung“ erhalten – ein Angebot von dem im Jahr 2019 16 Studierende Gebrauch gemacht habenxx.

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Infrastrukturen bei CLARIN und DARIAH hat ein Online-Portal zur Registration DH-relevanter Kurse angelegt, welches jedoch nur einen sehr

überblickshaften und nicht ganz aktuellen Blick auf die Situation in Österreich erlaubt (ACDH, 2019). Aus der Liste, wie sie Ende 2019 (siehe Anhang 8) auf der Website ausgegeben wird, sticht vor allem die Vielzahl an Kursen im Bereich der digitalen Archäologie hervor. Weiters sind auch Weiterbildungsformate berücksichtigt, wie das Modul zu Digital Collection Management der Donau-Universität Krems, oder die ACDH Tool Gallery.

Die Vorlesungsverzeichnisse des Studienjahres 2019 der Institutionen, in deren

Leistungsvereinbarungen die Digital Humanities verankert sind, bringen eine Vielzahl an Kursen zum Vorschein. Hier ist nun eine Auswahl wiedergegeben:

Titel Fachbereich Institution Jahr

Medieninformatik Informatik TU Wien 2018

Specialized Topics in Anglophone Literary Studies (Literary Studies Today)

Amerikanistik Uni Graz 2019

Media, Culture, Society (Aging in a Digital World) Zentrum für Inter- Amerikanische Studien

Uni Graz 2019

Grundlagen der Programmierung ZIM Uni Graz 2019

Projektmanagement (Planung, Umsetzung, Evaluierung von DH-Projekten)

ZIM Uni Graz 2019

Projektseminar ZIM Uni Graz 2020

Social media research in the arts and humanities ZIM Uni Graz 2020

76 Fachspezifische digitale Methoden (Text Mining für Digital

Humanities) ZIM Uni Graz 2019

Global Cultures (Aging and Communication Technologies) Zentrum für Inter- Amerikanische Studien

Uni Graz 2018/201 9 Praktikum zur Vermittlung mediävistischer Forschung

(Kulinarhistorische Texte: Datenverarbeitung im Kontext einer Digitalen Edition)

ZIM Uni Graz 2018

Grundlagen der Programmierung ZIM Uni Graz 2018

Projektmanagement ZIM Uni Graz 2018

Projektseminar ZIM Uni Graz 2019

Methoden des digitalen Enrichment (Virtuelle

Sammlungen: Erschließung und Präsentation) Geschichte Uni Graz 2019 Angewandte Linguistik (Vertiefung): Digital Humanities

anhand des Fachgebietes Onomastik Sprachen und Literaturen Uni

Innsbruck 2020 Ausgewählte Themen der Germanistik: Zwischen Codex

und xml-Code - Mediävistische Editionsphilologie heute

Germanistik Uni

Innsbruck

2020

Einführung in die Digital Humanities Germanistik Uni

Innsbruck

2019

Ausgewählte Bereiche der Slawischen

Sprachwissenschaft: Philologie im digitalen Zeitalter

Slawistik Uni

Innsbruck

2019

Advanced Topics in Literature and Culture Studies:

Interrogating the Public and Digital Humanities

Anglistik und Amerikanistik

Uni Klagenfurt

2018

Einführung in die Digital Humanities Musikwissenschaft und

Sprachwissenschaft Uni Wien 2019

Introduction to Digital Humanities Geschichte Uni Wien 2019

Digital Medievalisms: Game Design and Digital

Humanities Geschichte Uni Wien 2019

Tools and Techniques for Digital Humanities Geschichte Uni Wien 2019 Theory and Concepts in the Digital Humanities Geschichte Uni Wien 2019 Wissenschaftliches Arbeiten - Digital Humanism Informatik Uni Wien 2019

Digitale Kompetenzen Ägyptologie, Judaistik,

Urgeschichte und Historische Archäologie

Uni Wien 2019

Data analysis in the Digital Age

Philologisch-Kulturwissenschaftliches Doktoratsstudium

Uni Wien 2019

Digitale Annotation im geschichtswissenschaftlichen Kontext

Geschichte Uni Wien 2019

Die Genese des digitalen Handlungsraums - Medientheoretische Ansätze

Theater, Film- und Medienwissenschaft

Uni Wien 2019

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Global Human Resources

Wirtschafts-wissenschaften Uni Wien 2019 Educating posthumanity? Contemporary provocations for

theory, practice, and research in education

Bildungswissenschaften Uni Wien 2019

Soziale Gruppen, Netzwerke und Zugehörigkeiten in mittelalterlichen Städten. Methodische Zugänge

Geschichte Uni Wien 2019

Literature Course - American/North American & Cultural Studies

Anglistik Uni Wien 2019

Musikwissenschaftliche Arbeitstechniken Musikwissenschaft und

Sprachwissenschaft Uni Wien 2019 Grundlagen - Aktuelle Themen und Theorien der

Sprachwissenschaft Finno-Ugristik,

Nederlandistik,

Skandinavistik und Vergl.

Literaturw.

Uni Wien 2019

Einführung in die Bioarchäologie Biologie Uni Wien 2019

Game Design Informatik Uni Wien 2019

Methodological Workshop - DH Methods: Advanced

Historical Mapping and Spatial Analysis (2019W) Geschichte Uni Wien 2019

Tabelle 11: Auswahl österreichischer Lehrformate zu Digital Humanities. Quellen: Recherche in den Online-Vorlesungsverzeichnissen der Unis Wien, Graz, Klagenfurt, Innsbruck,

Salzburg, TU Graz und TU Wien sowie die Ergebnisse der Website DH Course Registry (ACDH-ÖAW, 2019).

Die Uni Salzburg setzt, wie auch im Entwicklungsplan und in den Leistungsvereinbarungen angegeben, einen Digital-Humanities-Schwerpunkt rund um den Auf- und Ausbau eines digitalen Repositoriums dhplus. Weiters will man fakultätsübergreifende Initiativen auch durch und mit Digital Humanities stärken. Es ist daher anzunehmen, dass auch in der Lehre zukünftig Schwerpunkte gesetzt werden.

Das Forschungszentrum Digital Humanities an der Uni Innsbruck ist auch Impulsgeber für eine verstärkte Ausrichtung der Lehre mit Digital Humanities. Allerdings bestehen noch Hürden, beispielsweise wurde 2019 ein Erweiterungsstudium Informatik beschlossen, das die Geisteswissenschaften nicht mit einbezog, obwohl dies wiederholt gefordert wurde und der Bedarf gegeben scheint (Pfanzelter, Mühlberger).

Klagenfurt setzt mit dem Potentialbereich Humans in the Digital Age und der Ausschreibung einer Professur klar ein Zeichen Richtung Digital Humanities. Auch hier ist es noch zu früh, um Angebot und Nachfrage einschätzen zu können. Durch an einigen Instituten in Klagenfurt

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bereits etablierte Aktivitäten zu digitalen Editionen und historischen, sprach- und

literaturwissenschaftlichen digitalen Methoden wird der Fokus aber sicherlich auch in der Lehre an Bedeutung gewinnen.

An der Donau-Uni Krems werden Digital-Humanities-bezogene Weiterbildungsmaßnahmen vor allem in den Departments für Bildwissenschaften, Sammlungswissenschaft und

Museologie angeboten. Es existieren diverse Master-Angebote, wie etwa Bildwissenschaften, Media Arts Cultures, Game Studies, oder Collection Studies and Management. Am Institut für Bildwissenschaften ist auch ein Digital Humanities Lab angesiedelt, doch hierzu waren aus der Distanz keine weiteren Informationen auffindbar, daher kann nicht eingeschätzt werden, inwieweit Forschung und Lehre hier zusammenfließen.

Ein Bereich, der in der Studie ebenfalls nur ungenügend abgedeckt werden konnte, waren die Fachhochschulen. Es finden sich zweifelsohne auch hier sehr wichtige und gut etablierte Ausbildungsformate mit Bezug zu den Digital Humanities. Zum Beispiel Ausstellungsdesign an der FH Joanneum oder auch Digital Arts oder Medientechnik an der FH St. Pölten haben durch ihre Aktivitäten bereits einen expliziten Bezug zu den digitalen Geisteswissenschaften hergestellt. Aber auch andere Bereiche könnten vermehrt Schnittstellen zu den Digital Humanities aufbauen, wie folgende Auswahl einer Liste an Fachhochschulstudien zeigt:

Ausbildungen an Fachhochschulen mit möglichen Digital-Humanities-Bezügen Ausstellungsdesign Kommunikation, Medien & Design FH JOANNEUM Steiermark Teilzeit Master Studiengang Abschluss: MA

Creative Computing Technik, Kommunikation, Medien & Design FH St. Pölten Niederösterreich Vollzeit Bachelor Studiengang Abschluss: BSc

Film-, TV- und Medienproduktion (Fokus Medienrecht und Gaming), Fachhochschule des BFI Wien Wien, Bachelor, Abschluss: Bachelor of Arts in Business

MultiMediaArt Kommunikation, Medien & Design FH Salzburg Salzburg Vollzeit Bachelor Studiengang Abschluss: BA

Digital Arts Kommunikation, Medien & Design FH Oberösterreich Oberösterreich Vollzeit Master Studiengang Abschluss: MA

Master Digitale / Soziale Medien, Persuasive Kommunikation, User-Centered Design, FH Kufstein Tirol, Master Studiengang, Abschluss: MA

Informationsdesign Kommunikation, Medien & Design FH JOANNEUM Steiermark Vollzeit Bachelor Studiengang Abschluss: BA

In Vorbereitung: Interactive Media & Games Business, Fachhochschule des BFI Wien Wien, Bachelor, Abschluss: Bachelor of Arts in Business

Interactive Media Kommunikation, Medien & Design, Technik FH Oberösterreich Oberösterreich Vollzeit Master Studiengang Abschluss: MSc

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Niederösterreich Vollzeit Bachelor Studiengang Abschluss: MA Digital Design FH St. Pölten

Niederösterreich Vollzeit Bachelor Studiengang Abschluss: MA Digital Media Technologies FH St. Pölten

Niederösterreich Vollzeit Bachelor Studiengang Abschluss: MA

Content-Produktion & Digitales Medienmanagement Kommunikation, Medien & Design, Wirtschaft FHWien der WKW

Wien berufsbegleitend Bachelor Studiengang Abschluss: BA

Data and Information Science Technik, Kommunikation, Medien & Design FH JOANNEUM Steiermark Teilzeit Master Studiengang Abschluss: MSc

Communication, Media, Sound and Interaction Design Kommunikation, Medien & Design FH JOANNEUM Steiermark Teilzeit Master Studiengang Abschluss: MA

Medienkompetenz und Digital Literacy Kommunikation, Medien & Design FH JOANNEUM Steiermark berufsbegleitend Master Lehrgang Abschluss: MA

Visuelle Kommunikation und Bildmanagement Kommunikation, Medien & Design FH JOANNEUM Steiermark berufsbegleitend Lehrgang Abschluss: MA

Tabelle 12: Auswahl der Ergebnisliste zu „digital“ und „Geisteswissenschaften“ der Suchmaschine für Fachhochschulstudien in Österreich. Quelle:

https://www.fachhochschulen.ac.at/ (Dezember 2019)

Im Dokument Digital Humanities in Österreich (Seite 72-79)