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Das Austrian Centre for Digital Humanities ACDH

Im Dokument Digital Humanities in Österreich (Seite 38-41)

Das ACDH an der ÖAW wurde im Jahr 2015 formal als 29. Institut der ÖAW gegründet. In seiner Funktionsbeschreibung bezeichnet es sich als Kompetenzzentrum, das Expertise und Ressourcen der digitalen Geisteswissenschaften bündeln und das lokale Netzwerk stärken soll. Neben einer auf fünf Jahre angelegten Anschubfinanzierung für das ACDH durch die Nationalstiftung (1,6 Mio. Euro), wurde das spezifische ACDH Budget ergänzt durch diverse kompetitiv eingeworbene Drittmittelprojekte (PARTHENOS, #dariahTeach, Humanities-at-Scale etc.).

An der ÖAW standen für den Zeitraum 2014-2017 somit insgesamt 6,2 Mio. Euro generell für die Digitalen Geisteswissenschaften zur Verfügung, davon 4 Mio. Euro (2014) für das

Programm Digital Humanities: Langzeitprojekte zum kulturellen Erbe, sowie go!digital mit 600.000 Euro , beide ebenfalls von der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (Rat FTE, 2013, 2014; ÖAW 2016, 2017, 2018). Des Weiteren kamen Mittel der Nationalstiftung für Forschungsinfrastrukturen (4 Mio. Euro 2015), sowie die Mittel zur Koordination und internationalen Repräsentation des CLARIAH-AT Konsortiums den Digitalen Geisteswissenschaften zugute. Für 2020 wird von der Nationalstiftung das Projekt Cultural Heritage Data and Sciences/CHDS (4,5 Mio. Euro) gefördert (Rat FTE, 2019).

Die Koordination von CLARIAH-AT zählt zu den Kernaufgaben des ACDH. Als

Nachfolgeinstitution des Instituts für Korpuslinguistik und Texttechnologie agiert das ACDH

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als Zentrum in Partnerschaft mit den Universitäten Wien und Graz in den Bereichen

Forschung und Infrastruktur, aber auch Ausbildung. Bei der Gründung wurde gleichzeitig eine enge Kooperation mit den beiden Universitäten angestoßen: In einem durch einen Vertrag von 2017 geregelten Verbund wurde die ÖAW an der Einrichtung der Professuren für Digital Humanities beteiligt, im Gegenzug wurden die Professoren und Professorinnen auch in die Direktion des ACDH-ÖAW eingebunden um dieses kollektiv zu leiten.

Weitere Institutionen, die bei der Gründung als Partner gelistet wurden, sind: das Phonogrammarchiv (ÖAW), das Institut für Orientalistik (Uni Wien), das Österreichische Archäologische Institut (ÖAW), das Institut für Sprachwissenschaft (Uni Graz), das Institut für Germanistik (Uni Innsbruck), und das Institut für Softwaretechnik und Interaktive Systeme (TU Wien). Auch die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) wurde damals als

Partnerorganisation gelistetvii und scheint 2019 als Partner im CLARIAH-AT-Konsortium auf.

Die Leitung des ACDH an der ÖAW obliegt seit 2018 einem Dreier-Direktorium: Tara

Andrews (Universität Wien) und Georg Vogeler (Universität Graz) waren bis 2020 gemeinsam mit Karlheinz Mörth (ÖAW) für die strategische Entwicklung des Zentrums verantwortlich.

Anfang 2020 wurde die Leitung im Rahmen einer akademieinternen Erweiterung des Instituts um eine vierte Direktorin (Alexandra Lenz) erweitert. Diese Konstellation soll auch die

Kooperation zwischen den Partnerorganisationen und Disziplinen fördern. Mit der

Übernahme dieser Funktion vereinbarten die Universität Graz, die Universität Wien und die ÖAW die Einrichtung eines österreichischen ACDH, das aus den drei Einrichtungen bestehen und durch nicht näher bestimmte Beiträge der drei Partner ausgestattet werden sollte.

Inzwischen zeichnet sich CLARIAH-AT als logische Weiterentwicklung des ursprünglich aus drei Partnern bestehenden erweiterten ACDH ab.

Im Entwicklungsplan der ÖAW für 2018-2020 wurden für das ACDH-ÖAW folgende Ziele festgelegt (ÖAW 2017, p18):

„Das Austrian Centre for Digital Humanities an der ÖAW (ACDH-ÖAW) bildet gemeinsam mit den Universitäten Wien und Graz das Austrian Centre for Digital Humanities, um den

digitalen Wandel in den Geisteswissenschaften – auch im Sinne der von der ÖAW 2015 vorgelegten „Digital-Humanities-Austria-Strategie“ – voranzutreiben und das digitale Paradigma zu einem integralen Bestandteil des geisteswissenschaftlichen

Methodeninventars zu machen.“

Geplant sind u. a. die folgenden Maßnahmen zur Weiterentwicklung des ACDH-ÖAW, wie im Entwicklungsplan und in den Leistungsvereinbarungen für 2018-2020 beschrieben (ÖAW, 2017b, 2017c):

• „Optimierung des Servicecharakters des ACDH-ÖAW

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• Schwerpunktsetzungen in den Bereichen Erschließung des kulturellen Erbes und quellennahe Forschung

• Einrichtung eines inter- und transdisziplinären Raumes (Humanities Laboratory) zur Stärkung der Kommunikation in den Digital Humanities an der ÖAW

• Erschließen neuer Forschungsfelder wie z. B. Geohumanities

• Auslotung möglicher Schnittstellen mit Synergiepotenzialen zwischen dem ÖAW-Verlag und dem ACDH-ÖAW“

Die DH-Aktivitäten der ÖAW beschränkten sich nicht nur auf den Aufbau des ACDH. Einen für die gesamte DH-Landschaft wichtigen Impuls stellten auch jene Förderprogramme dar, die von der ÖAW konzipiert und mit Geldern der Österreichischen Nationalstiftung

durchgeführt wurden. Über Digital Humanities: Langzeitprojekte zum kulturellen Erbe wurden insgesamt €4 Mio und über die drei go!digital Calls €5.6 Mio an kompetitiv ausgeschriebene Projekte ausgeschüttet. Die Vergabe erfolgte jeweils durch unabhängige international besetzte Jurys.

Thematisch hat sich das ACDH-ÖAW seit seinen Anfängen mit den

Forschungsschwerpunkten Early Modern Digital Humanities, Digital Publishing und eLexicography beschäftigt (ÖAW, 2017a). Text- und sprachbezogene Fragestellungen, digitale Editionen, offene Standards und Technologien (Open Source, Open Access etc.) sowie nachhaltige Infrastrukturen für die Weiternutzung von Forschungsdaten stehen im Zentrum des Interesses. Hierbei sind neue Schwerpunkte in laufenden Projekten

beispielsweise digitale Prosopographie, Geo-Information, Visualisierung, Open Science und Linked Open Data. Weiters wird mehr Gewicht auf Transdisziplinarität gelegt, auch Citizen-Science-Projekte finden sich nun im Portfolio. So konnte beispielsweise das

Digital-Humanities-Projekt food.history@explore.at 2019 den Citizen Science Award für sich beanspruchen (ÖAW - News, 2019).

Im Jahr 2019 zählte das ACDH-ÖAW 55 Vollzeitstellen (inkl. Projekten und Stipendien). Es betreibt neben Forschung im engeren Sinne zahlreiche Aktivitäten rund um den Auf- und Ausbau von Forschungsinfrastrukturen, wie z.B. ein Digitalisierungszentrum, das

Repositorium ARCHE, sowie einen Helpdesk. Die Infrastrukturen stehen für die Community auch außerhalb der ÖAW zur Verfügung. Das Digitalisierungszentrum versteht sich als Servicezentrum und stellt Hard- und Software für die Digitalisierung von 2D-Objekten zur Verfügung, bietet Unterstützung bei Fragen zu Metadaten, Standards und Datenformaten, und agiert als Vermittler zu weiteren Akteuren im Bereich des digitalen Kulturerbes. ARCHE – A Resource Centre for the Humanities – bietet Langzeitarchivierung und Publikation von Forschungsdaten und Consulting zu Forschungsdatenmanagement, Repositorien und Forschungsinfrastruktur. ARCHE ging direkt aus den Aktivitäten von CLARIAH-AT hervor –

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CLARIN Centre Vienna / Language Resources Portal (CCV/LRP) – und ist ein zertifiziertes Datenzentrum von CLARIN. Zum Vergleich: Das Zentrum für Informationsmodellierung ZIM der Uni Graz zählt etwa 18 Vollzeitäquivalente (Umfrage) und betreibt neben Forschung und Entwicklung auch GAMS, ein Asset Management System zur Verwaltung, Publikation und Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen aus allen geisteswissenschaftlichen Fächern – u. a.

auch als digitale Editionen. „Es bietet MitarbeiterInnen aus Forschung und Lehre, aber auch Studierenden in Projekten die Möglichkeit, diese Ressourcen zitabel und mit Metadaten versehen zu verwalten und zu veröffentlichen.“ (ZIM, 2019).

Das ACDH-ÖAW strebt an, zum Allround-Technologie- und Infrastrukturanbieter zu werden, dessen Spektrum von Digitalisierung und Datenmodellierung über Datenmanagement und Hosting, Webdevelopment und Datenanalyse, bis hin zu Consulting reicht. Zu den Kosten bzw. der Vergütung der Services ist auf der Website des Helpdesks angegeben, dass nach einer ersten freien Konsultation die Kosten in Personenmonaten nach dem ÖAW

Gehaltsschema berechnet werden, die Kosten für die Nutzung existierender Infrastrukturen werden nicht separat verrechnet. Jedenfalls scheinen die wichtigsten Schritte in Richtung ACDH-ÖAW als Full-Service-Provider bis 2019 gesetzt worden zu sein. Im Kapitel 4.4 zur Auswertung der Interviews gehen wir näher auf die Herausforderungen dabei ein. Die beiden anderen Säulen Nachwuchsförderung und Forschung werden in den nun nachfolgenden Sektionen in Zusammenschau mit anderen Institutionen und deren Aktivitäten behandelt.

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