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3.  Das neue Leistungsprüfsystem (LPS‐neu)

3.1  Die Subtests des revidierten Leistungsprüfsystems

Das neue LPS besteht, wie bereits in Tabelle 2.32 dargestellt, aus elf Subtests. Subtest 1 ist aus den Items der Subtests 1 und 2 des alten LPS zusammengestellt. Die Trennung in zwei Subtests wurde inhaltlich von Horn (1962; 1983) nicht begründet und hatte zur Folge, dass die Ergebnis‐

se der beiden Untertests in der Regel immer gemittelt interpretiert wurden. Die hohe Korrelati‐

on der beiden Subtests belegt ihre Übereinstimmung. Der messtheoretische Gewinn an Genauig‐

keit der Messung durch die doppelte Testung soll durch die Erhöhung der Itemzahl aufgrund von Zusammenlegung und erster Aussortierung von als ungeeignet erscheinenden Items erhal‐

ten bleiben. Mit Subtest 1 soll Allgemeinbildung gemessen werden. In den vorgegebenen Wör‐

tern wird jeweils ein Buchstabe verändert. Die Aufgabe des Probanden besteht darin, diesen falschen Buchstaben zu identifizieren. Die Idee dieser Testung ist, dass Probanden mit einer hö‐

heren Allgemeinbildung zum einen die Worte mit einer höheren Wahrscheinlichkeit kennen und zum anderen deren Orthographie wissen, so dass es ihnen eher möglich ist, den Fehler zu finden.

In Abbildung 3.1 wird der Teil der Instruktionsseite abgebildet, der sich auf die Subtests 1 und 2 beziehen. Die ausführliche Instruktion wird durch den Versuchsleiter vorgelesen oder auswen‐

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dig vorgetragen. Sie basiert im Wesentlichen auf der ursprünglichen Form, wurde jedoch den aktuellen Gegebenheiten angepasst (siehe Anhang 15.2).

Abbildung 3.1: Instruktionen der Subtests 1 und 2 aus dem Aufgabenbogen des LPS‐neu

Subtest 2 des LPS‐neu stellt eine Kombination aus den Subtests 5 (Anagramme) und 12 (Ver‐

stümmelung der Darstellung der Wörter) der alten Version dar. Wie in Kapitel 2.2 und insbe‐

sondere in Tabelle 2.23 deutlich wird, hängen beide Subtests besonders mit der Allgemeinbil‐

dung, die über die sprachliche Kompetenz abgebildet wird, zusammen. Auch hierbei wird davon ausgegangen, dass ein erhöhtes allgemeines Wissen dazu führt, dass die Wörter, diesmal als ver‐

stümmelte Anagramme dargestellt, eher erkannt werden. Aus den Vorgaben des alten LPS wur‐

de die relativ geringe Veränderung der Buchstabenreihenfolge der einzelnen Items übernom‐

men. Falls sich die Items dadurch als zu leicht lösbar erweisen sollten, besteht für weitere Fas‐

sungen die Möglichkeit, die Reihenfolge der Buchstaben stärker zu mischen.

Subtest 3 wurde vollkommen identisch aus dem alten LPS übernommen. Gemeinsam mit den Subtests 4 und 5 soll damit Reasoning im Sinne der Primary Mental Abilities (Thurstone, 1938) erhoben werden (vgl. Abbildung 3.2). Basierend auf den Erkenntnissen der Revision des PSB (Horn, 2003) wurden in den Subtests 4 und 5 Items mit Zahlen und Items mit Buchstaben ge‐

trennt. In allen drei Aufgabetypen ist es die Aufgabe des Probanden, die Regel, die der Systema‐

tik der acht bzw. neun Symbole zugrunde liegt, zu identifizieren und dasjenige Symbol zu mar‐

kieren, das dieser Regel zuwider läuft. Anastasi (1976) definiert (General) Reasoning bzw. „In‐

duction“, also deduktives und induktives Denken, wie folgt:

Induction (or General Reasoning): The identification of this factor was least clear. Thur‐

stone originally proposed an inductive and a deductive factor. The latter was best measured by tests of syllogistic reasoning and the former by tests requiring the subject to find a rule, as in a number series completion test. Evidence for the deductive factor however, was much weaker than for the inductive. Moreover, other investigators suggested a general reasoning factor, best measured by arithmetic reasoning tests. (Anastasi, 1976, S. 373)

Durch die Aufgabengestaltung wird versucht, beiden Arten des Schließens gerecht zu werden.

Die erste Aufgabe des Probanden ist es, die zugrunde liegende Regel zu identifizieren. Dies ent‐

spricht dem induktiven Faktor. Unter der Bedingung der Gültigkeit der entdeckten Regel muss dann das Symbol gefunden werden, das nicht zur Regel passt. Hierbei können deduktive Prozes‐

se angenommen werden. Insgesamt soll also der Gedanke des General Reasoning Faktors aufge‐

Das neue Leistungsprüfsystem (LPS‐neu) · 35 griffen und abgebildet werden. Aufgrund der Darstellungen im Manual des alten LPS wird davon ausgegangen, dass dies im Sinne Horns ist.

Abbildung 3.2: Instruktionen der Subtests 3, 4 und 5 aus dem Aufgabenbogen des neuen LPS Die Items der Subtests 6 bis 10 wurden ebenfalls aus dem alten LPS übernommen (vgl. Abbil‐

dung 3.3 und Abbildung 3.4). Für die Subtests 7 und 8 wurde die Antwortmodalität ein wenig verändert. Für Subtest 11 wurden die ersten 80 Items übernommen. Subtest 6 (7 in der alten Version) dient zur Ermittlung des Faktors Space. Eine Zahl oder ein Buchstabe pro Zeile ist spie‐

gelverkehrt abgebildet. Zudem sind alle Zeichen um den Mittelpunkt rotiert. Die Aufgabe besteht nun darin, durch eine mentale Rotation und den Vergleich der Symbole das spiegelverkehrte Zeichen zu identifizieren. Somit müssen die beiden Faktoren, die Space definieren, genutzt und können so erhoben werden:

Space: This factor may represent two distinct factors, one covering perception of fixed spa‐

tial or geometric relations, the other manipulatory visualizations, in which changed positions or transformations must visualized. (Anastasi, 1976, S. 372)

Ebenso müssen die geometrischen Figuren in Subtest 7 (9 in der alten Version) bei der Aufga‐

benlösung, die Anzahl der Flächen zu bestimmen, nun im dreidimensionalen Raum visualisiert werden. Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass insbesondere bei komplexeren Figu‐

ren als den Beispielen, zur Visualisierung auch Rotationen durchgeführt werden, um die Zahl der Flächen zu bestimmen. Im Unterschied zum alten LPS werden für jede Figur die Zahlen 2 bis 10 als Antwort vorgegeben, so dass das Antwortformat bei allen Items gleich ist und somit die Ob‐

jektivität erhöht wird.

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Abbildung 3.3: Instruktionen der Subtests 6, 7 und 8 aus dem Aufgabenbogen des LPS‐neu

In Subtest 8 (10 im alten LPS) wird keine mentale Rotation von den Probanden gefordert. Die Aufgabe besteht darin, einen der fünf Umrisse, die neben jedem Muster abgebildet sind, in die‐

sem zu erkennen. Hierfür müssen die Umrisse mental etwas vergrößert und anschließend über das Muster projiziert werden. Es ist auch vorstellbar, dass Repräsentationen der Umrisse – schließlich stellen sie bekannte Formen dar – durch mentales Nachzeichnen zu bestätigen ver‐

sucht werden.

Abbildung 3.4: Instruktionen der Subtests 9, 10 und 11 aus dem Aufgabenbogen des LPS‐neu Wie im alten LPS wird Subtest 10 (alt: 14) vor Subtest 9 (alt: 13) durchgeführt. Die Spalte der Items von Subtest 10 stellt eine Kopie der Spalte von Subtest 9 dar, wobei bei 40 der 60 Zeilen mindestens ein Zeichen verändert wurde. Die Aufgabe des Probanden ist es, diese veränderten Zeichen zu identifizieren. Ab der 31. Zeile bestehen sie aus je acht und nicht mehr aus nur sechs Zeichen. Während der Testung wurde deutlich, dass Linkshänder eine gewisse Benachteiligung aufgrund der Anordnung haben, da sie sich teilweise mit der Schreibhand über die zu verglei‐

chenden Zeichen bewegten. Durch den Hinweis, eine für den Vergleich vorteilhaftere Haltung einzunehmen, wurde versucht, diesen Nachteil auszugleichen. Inwiefern dies eine relevante Störgröße darstellt, wird nicht beurteilt werden können, da die Händigkeit nicht erhoben wurde.

Diese Entscheidung muss auf spätere Untersuchungen verschoben werden. Die Subtests 9 und 10 erheben „Perceptual Speed”:

Das neue Leistungsprüfsystem (LPS‐neu) · 37 Perceptual Speed: Quick and accurate grasping of visual details, similarities, and differ‐

ences. This factor may be the same as the speed factor identified by Kelley and other early in‐

vestigators. This is one of several factors subsequently identified in perceptual tasks (Thur‐

stone, 1944). (Anastasi, 1976, S. 372)

In Subtest 10 geht es also darum, den zeilenweisen Vergleich so schnell wie möglich durchzu‐

führen. Die Gefahr von Fehlern, insbesondere von falsch‐positiven, also der Identifikation von Unterschieden, wo keine sind, ist relativ gering und zudem im Vergleich zu Subtest 9 mit relativ geringen Konsequenzen bezüglich der Rohwertsumme verbunden. In Subtest 9 besteht die Auf‐

gabe des Probanden darin, im ersten Durchgang jede achte „0“ zu markieren. Am Ende der Spal‐

te angelangt soll der Proband wieder von vorne beginnen und jede achte „1“ markieren usw. Es wird deutlich, dass ein früherer Fehler (z. B. wenn die 15. anstatt der 16. „0“ markiert wird) die Konsequenz haben kann, dass alle folgenden „0“, auch wenn sie acht „0“ von der vorhergehend markierten entfernt sind, als falsch gewertet werden. In Subtest 9 ist somit die Sorgfältigkeit neben der Schnelligkeit ein wesentliches Merkmal, das zu einer hohen Punktzahl führt.

Subtest 11, der als Subtest 15 im alten LPS nur als Zusatz geführt wurde, dient der Erhebung der Konzentrationsleistungsfähigkeit. Es wird davon ausgegangen, dass die Fähigkeit, Ziffern zu addieren, bei allen Probanden gegeben ist, so dass die Aufgabe, zehn einziffrige Zahlen zu sum‐

mieren, von jedem erfüllt werden kann. Den leistungsbeeinflussenden Faktor stellt dann die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit dar: Wie schnell kann diese basale Fähigkeit, zu ei‐

ner Zahl eine Ziffer zu addieren, fehlerfrei ausgeführt werden.