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Die Klimarahmenkonvention – Berlin und danach

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1.1

Die Berliner Vertragsstaatenkonferenz – Ergebnisse und Wertung

1.1.1

Klimapolitik zwischen ökologischen

Notwendigkeiten und politischen Restriktionen Die Unterzeichnung der Klimarahmenkonven-tion auf der UN-Konferenz für Umwelt und Ent-wicklung 1992 in Rio de Janeiro und das spätere Inkrafttreten waren ein erster großer Schritt in Richtung einer globalen Klimapolitik. Mit diesem Abkommen erklärte die Staatengemeinschaft ihren Willen, Klimaschutz mit Nachdruck zu betreiben:

„Die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentratio-nen in der Atmosphäre soll auf einem Niveau erfol-gen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau sollte innerhalb eines Zeitraums erreicht werden, der ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nach-haltige Weise fortgeführt werden kann“ (BMU, 1992a).

Die Übereinkunft zum Schutz des globalen Kli-mas wird inzwischen von 120 Staaten getragen (An-zahl der abstimmungsberechtigten Vertragsstaaten der Berliner Konferenz).

Allerdings ist dieses explizit als Rahmenkonven-tion bezeichnete Abkommen notwendigerweise noch unbestimmt (WBGU, 1994; Enquete-Kommis-sion, 1995), sowohl im Bereich der Zielbestimmung als auch bei der Festlegung der Instrumente zur Durchsetzung und Überprüfung. Die Bedeutung der Konvention liegt jedoch in der Institutionalisierung des klimapolitischen Prozesses, der Einigung auf ei-nen rechtlichen Rahmen und gewisse Prinzipien des Vorgehens; weitere Schritte, insbesondere verbindli-che Ziel- und Zeitvorgaben zur Reduktion von

Treibhausgasen, werden auf den Folgekonferenzen zu verabschieden sein.

Vor diesem Hintergrund ist die 1.Vertragsstaaten-konferenz in Berlin zu werten, die vom 28. März bis zum 7.April 1995 stattfand. Eine Einigung über Maß-nahmen zur Minderung der CO2-Emissionen kam auf dieser Konferenz nicht zustande, obwohl sie auf-grund der alarmierenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zur anthropogenen Klimadestabilisie-rung (IPCC, 1994a; Hegerl et al., 1994; Enquete-Kommission, 1995; WBGU, 1995) dringend notwen-dig ist. Ungeachtet der besorgniserregenden Hinwei-se von wisHinwei-senschaftlicher Seite steigen der weltweite Einsatz fossiler Energieträger und damit die CO2 -Emissionen weiterhin von Jahr zu Jahr an (IEA, 1994a). Änderungen dieses Trends sind empirisch weder feststellbar noch zu erwarten, u.a. wegen einer wachsenden Weltbevölkerung und einer expandie-renden Weltwirtschaft.

Der notwendige Reduktionsprozeß für die klima-relevanten Treibhausgase kann nach Berechnungen des Beirats zwar zunächst mit relativ kleinen Schrit-ten erfolgen, muß aber anschließend über viele Jahr-zehnte auf hohem Niveau durchgehalten werden (siehe Kap. C 1.3). Weil diese Berechnungen eben-falls zeigen, daß für einen Einstieg in den Reduk-tionsprozeß nur noch eine extrem kurze Zeitspanne verbleibt, ist das Ausbleiben entsprechender Reduk-tionsvereinbarungen auf der Berliner Konferenz als sehr enttäuschend zu bezeichnen.

Nach den manchmal ernüchternden Verhand-lungsrunden im Rahmen der Zwischenstaatlichen Vorverhandlungen (Intergovernmental Negotiation Committee for a Framework Concvention on Climate Change, INC) waren die Erwartungen an die 1. Ver-tragsstaatenkonferenz schon im Vorfeld gedämpft.

Von einigen Staaten wurde sogar die Auffassung vertreten, die bisherigen unverbindlichen und vagen Verpflichtungen des Art. 4 Abs. 2(a) und (b) der Klimarahmenkonvention seien ausreichend. Diese Einschätzung hätte weitere Schritte in Richtung einer aktiven Klimaschutzpolitik obsolet werden lassen. Aus der Klimarahmenkonvention selbst und den INC-Runden I bis XI ergaben sich folgende

1

Anforderungen an die Konferenz (Estrada Oyuela, 1995; Merkel, 1995):

– Es ist die Angemessenheit der bisher beschlosse-nen Verpflichtungen zu prüfen. Wird Unangemes-senheit festgestellt, sind weitere Schritte festzule-gen und ein Protokoll vorzubereiten, das die Ver-pflichtungen verbindlich ausweist.

– Ein substantielles Mandat für die Ausarbeitung ei-nes Reduktionsprotokolls soll beschlossen wer-den.

– Man muß sich über das Ob und Wie der in der Rahmenkonvention vorgesehenen Gemeinsamen Umsetzung (joint implementation) einigen.

– Es ist ein Beschluß über den Finanzierungsmecha-nismus herbeizuführen, und die Berichte der In-dustrieländer über ihre nationale Klimaschutzpo-litik sind zu überprüfen.

– Es ist eine Einigung über den Abstimmungsmo-dus für die Vertragsstaatenkonferenzen herbeizu-führen.

– Eine Infrastruktur (z.B. Sekretariat) für die Durchführung der Klimarahmenkonvention ist einzurichten.

1.1.2

Die Ergebnisse der 1. Vertragsstaatenkonferenz im Überblick

Art. 4 der Klimarahmenkonvention formuliert die Verpflichtung zur Stabilisierung der CO2-Emissionen auf dem Niveau von 1990 wenig verbindlich. Das Zieljahr 2000 ist explizit nur in einem anderen Zu-sammenhang genannt, so daß insgesamt keine harte Konventionsverpflichtung, die etwa mit der des Mont-realer Protokolls vergleichbar wäre, vorliegt. Vor al-lem werden keine Aussagen zu den dringend erfor-derlichen Reduktionen der Treibhausgasemissionen für die Zeit nach der Jahrhundertwende (post-2000-aim) gemacht. Daher ist von grundsätzlicher Bedeu-tung, daß die Konferenz die Nichtangemessenheit der bisherigen Verpflichtungen feststellte. Durch die-sen Beschluß wurde überhaupt erst der Weg für das Mandat frei, einen Protokollentwurf zur weiteren Reduzierung von Treibhausgasen zu erarbeiten.

1 Die Vertragsparteien haben das sogenannte Ber-lin-Mandat (UN-Dokument FCCC/CP/1995/

L.14) beschlossen. Es sieht die Einrichtung eines Verhandlungsprozesses vor, an dessen Ende zur 3.

Vertragsstaatenkonferenz im Jahr 1997 die Be-schlußvorlage für ein Protokoll oder eines ande-ren Rechtsinstruments mit folgenden inhaltlichen Vorgaben stehen soll:

- über die bisher beschlossenene Rückführung-der Treibhausgasemissionen auf das Niveau von 1990 hinaus muß eine Reduktion erfolgen,

- als zeitliche Vorgaben werden beispielhaft die Jahre 2005, 2010 und 2020 genannt,

- ein konsensfähiges Konzept über konkrete Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion ist vorzulegen,

- die Industrieländer verpflichten sich entspre-chend ihrer historischen wie gegenwärtigen Verantwortung als Hauptverursacher zur Emissionsreduktion,

- für die Entwicklungsländer sind keine Ver-pflichtungen vorgesehen, sondern ihnen wird das Recht auf nachhaltige Entwicklung und da-mit auf einen maßvollen Anstieg des Ausstoßes von Treibhausgasen zugestanden.

Auch wenn viele Wünsche offenblieben, ist mit diesen inhaltlichen Vorgaben das Berlin-Mandat als ein wichtiger Teilerfolg der 1. Vertragsstaaten-konferenz anzusehen.

2 Eine Pilotphase zur Erprobung der Gemeinsamen Umsetzung (joint implementation) von Klima-schutzprojekten wird eingeleitet (UN-Dokument FCCC/CP/1995/L.13). Sie soll dazu dienen, ge-meinsame Erfahrungen zu sammeln, auf deren Basis dann schrittweise verbindliche Kriterien für den langfristigen Einsatz dieses Instruments zur CO2-Reduktion entwickelt werden können. Bis zur Einigung auf die Anwendungsmaßstäbe fin-den in der Pilotphase Gemeinsame Aktivitäten (joint activities) unter offenen Bedingungen statt.

Als Projektträger können staatliche Einrichtun-gen, Privatunternehmen und Nichtregierungsor-ganisationen auftreten. Teilnehmen können so-wohl die in Annex I der Klimarahmenkonvention genannten Staaten (Industrie- und Transformati-onsländer) als auch Entwicklungsländer auf frei-williger Basis. Da international abgestimmte Re-geln noch nicht existieren und um den insbeson-dere von Entwicklungsländern geäußerten Be-fürchtungen entgegenzutreten, Reduktionen in den Industrieländern würden zugunsten von joint implementation vernachlässigt, findet in der Pilot-phase keine Anrechnung der im Ausland erzielten CO2-Reduktionen auf die nationalen Reduktions-ziele statt. Der Beirat begrüßt ausdrücklich, daß ein – wenn auch eingeschränkter – Konsens in die-sem sehr umstrittenen Bereich gefunden wurde, da eine Gemeinsame Umsetzung von Klima-schutzprojekten ein erhebliches Potential sowohl für zusätzlichen Klimaschutz als auch für zusätzli-che Entwicklungsimpulse bietet (siehe Kap. C 1.4.4).

3 Die Vertragsparteien einigten sich in Berlin nicht auf eine Geschäftsordnung. Ursache war die Un-einigkeit über den zu wählenden Abstimmungs-mechanismus. Eine Abkehr vom praktizierten

„Konsensverfahren” (Einstimmigkeitsverfahren)

105 Die Ergebnisse der 1. Vertragsstaatenkonferenz im Überblick C 1.1.2

erscheint aber angesichts der zu erwartenden Konfliktsituationen notwendig. Dabei stehen ein einfaches 3/4-Mehrheits-Verfahren zur Annahme von Beschlüssen sowie der Modus einer doppel-ten, gewichteten Mehrheit zur Diskussion. Dieser letztgenannte Entscheidungsmechanismus ent-spräche dem der GEF; er gewährleistet, daß keine Entscheidung zustande kommt, die nicht sowohl von der Mehrheit der Industrie- als auch der Ent-wicklungsländer unterstützt wird. Da in der Kli-marahmenkonvention bereits die 3/4-Mehrheit zur Änderung der Konvention insgesamt vorgese-hen ist, ist die Einigung auf eine Mehrheitsregel in der Geschäftsordnung für die laufende Tätigkeit nur folgerichtig.

4 Die Globale Umweltfazilität (Global Environ-mental Facility, GEF) wurde für weitere vier Jahre als Finanzierungsmechanismus verabschiedet (UN-Dokument FCCC/CP/1995/L.1; UN-Doku-ment FCCC/CP/1995/4). Ihr Finanzvolumen reicht mit den neuen Verpflichtungen nun erst recht nicht mehr aus (WBGU, 1994), und sie ist nach Auffassung des Beirats wegen der zu erwar-tenden erheblichen strukturellen Anpassungen dringend aufzustocken.

5 Ein wichtiges Instrument des internationalen Kli-maschutzes ist gemäß der Klimarahmenkonventi-on der Technologietransfer (Art. 4.1, 4.5, 4.7, 4.9,

9.2 und 11.1, Klimakonvention; siehe auch Kap. B 2). Hierbei haben die Industrieländer eine beson-dere Verpflichtung, an der Weitergabe von Tech-nologie und Wissen in die Entwicklungsländer mitzuwirken, wie sie bereits in der AGENDA 21 (Kap. 34) gefordert wurde. Um auf diesem Feld weiter voranzukommen, wird das Sekretariat der Konvention bis zur 2. Vertragsstaatenkonferenz im Jahre 1996 über den Stand des Technologie-transfers berichten. Außerdem sollen Vorausset-zungen und Bedingungen für einen erfolgreichen Technologietransfer im Sinne der formulierten Klimaschutzziele erarbeitet und als Ergebnis dort vorgelegt werden (UN-Dokument FCCC/CP/

1995/L.10) (siehe auch Kap. B 2).

6 Wesentlich für das Funktionieren internationaler Übereinkommen ist die Kontrolle darüber, ob die vereinbarte Reduzierung der Emissionen auch wirklich erfolgt (Verifikation). Eine Standardisie-rung der bislang oft in Teilbereichen wenig brauchbaren Länderberichte ist notwendig, um ihre Aussagefähigkeit und Vergleichbarkeit zu er-höhen. Daher war die Einigung auf eine gemein-sam akzeptierte Methodik zur Erstellung der Län-derberichte über Quellen und Senken von CO2 ebenfalls eine wichtige Aufgabe für die Berliner Konferenz. Die Konferenz hat diese Einigung er-zielt und vom IPCC (Intergovernmental Panel on

KASTEN 22

European Business Council for a Sustainable Energy Future

Das Ziel dieser in Berlin gegründeten Vereini-gung ist es, in einer Allianz von Industrievertre-tern mit Umweltverbänden, Verwaltung und Poli-tik eine klimaverträgliche Wirtschaftsweise und eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Klimapoli-tik zu stärken. Der Business Council will zeigen, daß Klimaschutzanforderungen von den Unter-nehmen mit modernsten, international wettbe-werbsfähigen Technologien beantwortet werden können, so daß der Umweltschutzgedanke den wirtschaftlichen Erfolg verbessern kann. Je früh-zeitiger Unternehmen den Trend zu umweltscho-nenden Technologien erkennen, desto besser kön-nen sie im internationalen Wettbewerb um Ener-gieeffizienz bestehen.

Der Business Council for a Sustainable Energy Future hat sich in den USA schon 1992 als Zusam-menschluß von Unternehmen und Verbänden aus

den Bereichen Strom, Gas, erneuerbare Energien und Energieeffizienz gegründet. Es setzt sich für die schnelle Markteinführung von CO2-armen und CO2-freien (regenerativen) Energieträgern sowie für die Steigerung der Energieeffizienz in Industrie- und Entwicklungsländern ein. Dazu gehören Technologien und Maßnahmen, wie z.B.

Automobilantriebe, die nicht auf Mineralöl basie-ren, regenerative Energieträger in der Stromer-zeugung, der verstärkte Einsatz der Kraft-Wär-me-Kopplung und Fernwärmenetze und nicht zuletzt eine Erneuerung der Forschungsprioritä-ten im Energiebereich.

Auf der Berliner Konferenz hat der Business Council darauf hingewiesen, daß Maßnahmen zum Klimaschutz nicht nur als Kostenfaktor ange-sehen werden dürfen, sondern langfristig wirt-schaftliche Vorteile versprechen. Der Council setzt sich daher für die Einführung von Energie-steuern, die stärkere Förderung regenerativer Energien und die Abkehr von umweltschädlichen Subventionen ein.

Climate Change) eingereichte Vorschläge über gemeinsame Meß- und Bewertungsfragen aufge-griffen. Vereinbart wurde weiterhin, daß alle An-nex-I-Staaten über ihre jährliche Berichtspflicht hinaus 1997 ein zweites ausführliches Länderin-ventar vorlegen, in dem die zum Klimaschutz er-griffenen Maßnahmen einschließlich der jeweils zu erwartenden Reduktionsbeiträge detailliert aufgeführt sind.

7 Die Wahl von Bonn als Sitz des Ständigen Sekreta-riats der Konvention ist sicherlich auch mit einer Erwartungshaltung gegenüber der deutschen Kli-maschutzpolitik verbunden. Vor diesem Hinter-grund ist die nationale Selbstverpflichtung zu se-hen, die der Bundeskanzler anläßlich der Berliner Konferenz ausgesprochen hat. Diese Zielvorgabe ist so anspruchsvoll, daß nun in noch stärkerem Maße die instrumentelle Umsetzbarkeit einzufor-dern ist.

8 In ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen sind die auf Klimaschutz ausgerichteten Aktivitäten, die im Umfeld der Konferenz in Berlin stattfanden.

Von ihnen seien zwei hervorgehoben: die Einrich-tung eines European Business Council for a Sus-tainable Energy Future (Kasten 22), mit der die Eigeninitiative der Wirtschaft, die zuvor schon national artikuliert worden war, gestärkt werden soll, und die Bündelung kommunaler Klimaschutz-bemühungen durch das International Council for Local Environmental Initiatives (Kasten 23).

Zusammenfassend stellt der Beirat fest, daß die Berliner Konferenz die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt hat: Erstens ist noch kein Protokoll be-schlossen worden, und zweitens läßt die Formulie-rung des Berliner Mandats befürchten, daß das in zwei Jahren zu verabschiedende Protokoll auch in der Substanz den ursprünglichen Erwartungen nicht gerecht werden könnte. Andererseits darf nicht ver-kannt werden, daß die 1. Vertragsstaatenkonferenz mit der Feststellung der Nichtangemessenheit der Verpflichtungen und der Verabschiedung des Man-dats für die Vorlage eines „Reduktionsprotokolls“

bis 1997 die nächsten Schritte für eine effektive Kli-maschutzpolitik eingeleitet hat. Jetzt ist es wichtig, daß die bestehenden Verpflichtungen und Vorgaben eingehalten und ihre Weiterentwicklung konsequent vorangetrieben werden, damit die Klimarahmenkon-vention zu einem scharfen Instrument der internatio-nalen Klimapolitik wird.

1.2

Der Mensch als Klimafaktor

Im Zusammenhang mit der Berliner Konferenz wurde eine Reihe neuer wissenschaftlicher Erkennt-nisse präsentiert, welche die Dringlichkeit politischer Maßnahmen für den Klimaschutz unterstreichen.

Hervorzuheben sind die Modellrechnungen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie, Hamburg

KASTEN 23

ICLEI - International Council for Local Environmental Initiatives

Dieser Zusammenschluß kommunaler Um-weltschutzinitiativen hat parallel zur Berliner Konferenz mit der Welt-Bürgermeister-Konfe-renz gezeigt, daß es neben den nur zögerlichen Fortschritten bei internationalen Klimaschutzbe-mühungen weltweit bereits zahlreiche erfolgrei-che lokale Aktivitäten gibt. So haben sich bereits 20 Städte zu einer 20%igen Reduktion der CO2 -Emissionen bis 2005 verpflichtet.

Die anwesenden Repräsentanten von 160 Städten aus 65 Ländern (Vertreter von über 250 Mio. Menschen) haben auf der Welt-Bürgermei-ster-Konferenz eine Vielzahl lokaler Maßnahmen zum Klimaschutz vorgestellt. Dazu gehört die ver-stärkte Förderung regenerativer Energien und der Wohnungsbau nach ökologischen Kriterien

ebenso wie die verbesserte Energieeffizienz öffentlicher Einrichtungen und Gebäude sowie der verstärkte Einsatz umweltschonender Trans-portmittel in den Städten. Da die Teilnehmer als lokale Entscheidungsträger den individuellen Entscheidungen über klimaverträgliches Handeln näherstehen als Politiker auf nationaler oder internationaler Ebene, fordern sie, stärker an Ent-scheidungen im Energiesektor beteiligt zu wer-den sowie geeignete staatliche Rahmenbedingun-gen zu schaffen.

In ihrer Abschlußerklärung schlossen sich die Teilnehmer der Welt-Bürgermeister-Konferenz der AOSIS-Forderung nach einer 20%igen Emis-sionsreduktion in den Industrieländern an. Die nicht industrialisierten Länder werden aufgefor-dert, nicht dem Entwicklungspfad der Industrie-länder zu folgen, sondern durch den Einsatz erneuerbarer Energien und die Erhöhung der Energieeffizienz ökonomisches Wachstum und Energieverbrauch zu entkoppeln.

107 Nachweis des anthropogenen Treibhauseffekts C 1.2.1

und des Hadley Centre for Climate Prediction and Research, Bracknell, UK, sowie der Zwischenbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change, der für die Berlin Konferenz vom Internationalen Vhandlungskomitee der Klimarahmenkonvention er-beten worden war. Die wichtigsten Ergebnisse sind im folgenden zusammengefaßt.

1.2.1

Nachweis des anthropogenen Treibhauseffekts Durch neue Modellrechnungen und statistische Analysen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg wurde ermittelt, daß die Temperaturän-derungen der letzten 30 Jahre mit einer Wahrschein-lichkeit von 95% nicht durch natürliche Klima-schwankungen zu erklären sind. Obwohl der Begriff

„Nachweis” in dieser Diskussion bewußt vermieden wurde (Göpfert, 1995), geht der Beirat davon aus, daß bei einer so hohen Wahrscheinlichkeit der Mensch als Verursacher der globalen Erwärmung an-zusehen ist: Nur der anthropogene Eintrag von Spu-rengasen in die Atmosphäre vermag das Ausmaß der beobachteten Störung zu erklären.

In der Studie von Hegerl et al. (1994) werden die beobachteten Trends der bodennahen Mitteltempe-ratur im Zeitraum seit 1860 mit Hilfe der sog. „opti-malen Fingerprint-Methode” daraufhin getestet, ob sie durch natürliche Klimavariabilität erklärt werden können. Bei dieser Methode werden räumliche Mu-ster verwendet, wobei Beobachtungen von Regionen mit relativ zur natürlichen Temperaturvariabilität kleinen Treibhaussignalen geringer gewichtet wer-den als jene Regionen mit relativ zur natürlichen Temperaturvariabilität größeren Treibhaussignalen.

Zu deren Quantifizierung liegen jedoch nicht genü-gend Langzeitbeobachtungen vor. Das räumliche

Muster der globalen natürlichen Klimavariabilität wurde deshalb mit Klimamodelläufen simuliert (glo-bal gekoppeltes Ozean-Atmosphäre-Zirkulations-modell, Simulation ohne anthropogene Störung).

Abb. 12 zeigt, wie bei der Analyse der seit 1935 über jeweils 20 Jahre gemittelten Trends die zur Er-kennung des anthropogenen Klimasignals gewählte Variable im Jahr 1990 (dieser Wert entspricht dem Trend des Zeitraums von 1971-1990) den Grenzwert überschreitet, der einer statistischen Entscheidungs-sicherheit für die Detektion des anthropogenen Kli-masignals von 95% gleichkommt. Die Detektionsva-riable repräsentiert hierbei das räumliche Muster der beobachteten Temperaturtrends. Die Regionen der Erde, die aufgrund ungenügender Messungen in den Beobachtungsdaten nicht hinreichend repräsentiert sind, wurden bei dem Verfahren ausgeblendet. Die Entwicklung der Detektionsvariable, dargestellt als Funktion der natürlichen Klimavariabilität, wird sta-tistisch gegen zwei die Klimavariabilität beschrei-bende Datensätze getestet, nämlich die um die an-thropogene Störung bereinigten Beobachtungen und die von Klimamodellen (ohne anthropogene Störung) vorhergesagten Temperaturverläufe. Die zur Bereinigung der Beobachtungsdaten um die an-thropogene Störung verwendeten Daten werden von Klimamodelläufen mit und ohne anthropogene Treibhausgaskonzentrationen simuliert (Beobach-tungen 1935-1985, business-as-usual-Emissionsszen-ario ab 1985; IPCC, 1990).

95% Vertrauensgrenze der Beobachtungen

95% Vertrauensgrenze für die ECHAM2/OPYC Simulation Jahr

beobachtet simuliert

1880 1900 1940 1980 2020 2060 2100

1,6 1,2 0,8 0,4 0 -0,4 -0,8

Detektionsvariable

Abb. 12 Entwicklung der

Detektionsvariable für die Beobachtungen und für die mit der anthropogenen Klimastörung

angetriebene Modellvorhersage (beobachtet 1935-1985, prognostiziert aufgrund eines Business-as-Usual-Emissionsszenarios nach 1985; globales gekoppeltes Atmosphäre-Ozean-Zirkulationsmodell ECHAM/LSG).

Quelle: Hegerl et al., 1994

108 C 1 Die Klimarahmenkonvention – Berlin und danach

1.2.2

Die Berücksichtigung von anthropogenen Sulfataerosolen in globalen

Zirkulationsmodellen

Die anthropogene Klimastörung aufgrund von Treibhausgasemissionen wird durch die vermehrte Freisetzung von Aerosolen teilkompensiert, wenn auch regional stark unterschiedlich (WBGU, 1993).

Aerosole greifen in den Strahlungshaushalt ein. Ihre stärksten anthropogenen Quellen befinden sich in den industrialisierten Regionen der Nordhalbkugel.

Diese bislang in Klimamodellen nicht berücksichtig-te Teilkompensation der Erwärmung wird als eine der Ursachen dafür angesehen, daß bisher Modell-rechnungen eine Temperaturerhöhung seit Beginn der Industrialisierung um 0,95 ± 0,35°C ergaben, die tatsächlich beobachtete Temperaturerhöhung aber nur bei 0,45 ± 0,15°C liegt.

Derzeit wird begonnen, die komplexe Klimawir-kung des Aerosols in Modelläufen gekoppelter Oze-an-Atmosphäre-Zirkulationsmodelle zu untersu-chen. Allerdings ist die direkte Klimawirksamkeit anthropogener Aerosole noch unsicher: Abschätzun-gen für den global gemittelten Effekt ergeben ge-genüber vorindustrieller Zeit eine Strahlungsbilanz-störung zwischen -0,25 und -1 W m-2(Abb. 14; Charl-son et al., 1992; Kaufman und Chou, 1993; Kiehl und Briegleb, 1993). Der indirekte Aerosoleffekt ist bis-her kaum quantifizierbar, eine erste Abschätzung liegt für das globale Mittel bei -1,3 W m-2(Jones et al., 1994).

Trotz der Vielzahl noch nicht modellierter klima-wirksamer Effekte der Aerosole ist es gelungen, die Übereinstimmung der Modellergebnisse mit der be-obachteten Entwicklung der globalen bodennahen Mitteltemperatur zu verbessern (Abb. 13; Hadley Centre, 1995). In diesem Modell wird das anthropo-gene Aerosol allein durch Sulfataerosole beschrie-ben und deren Strahlungswirksamkeit ausschließlich als Erhöhung der Albedo. Damit fehlen weitere Ef-fekte des Aerosols, z.B. der Einfluß auf die Wolken-bildung. Anthropogene Sulfataerosole entstammen Verbrennungsprozessen, bei denen SO2 emittiert wird. Unter Annahme ungebremster Emissionsfort-schreibung (business-as-usual; IPCC, 1992) werden für die Dekaden bis 2050 gegenüber früheren Mo-dellvorhersagen abgeschwächte Temperaturer-höhungen, nämlich ca. 0,2°C/Dekade erwartet (glo-bale Mitteltemperatur). Ohne Aerosoleffekt werden von diesem Modell etwa 0,3°C/Dekade vorherge-sagt.

Die Prognose für die räumliche Verteilung der Temperaturänderungen ist noch ungenau. Maximale Abschwächungen der Erwärmung durch den

Die Prognose für die räumliche Verteilung der Temperaturänderungen ist noch ungenau. Maximale Abschwächungen der Erwärmung durch den

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