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Bauplanungskommission Hamburg

5.5 Die frühe Mieterschaft des Hauses Seefahrt

Bereits im Fertigstellungsjahr des „Hauses Seefahrt“ firmierte Schuchmann, wie das Adress-buch Cuxhavens für 1924 ausweist, als „W Schuchmann, Geestemünde, Zweigniederlas-sung Cuxhaven, Reederei- und Bergungsunternehmen“77 im gerade fertiggestellten Gebäu-de Hinzu kommt als Neumieter die Firma Peter Hein, Schiffs- und Assekuranzmakler, mit der die Reederei bereits über viele Jahre zusammen gearbeitet hatte, also ihrem langjährigen Vertreter vor Ort, der bisher seine Geschäftsniederlassung in der Deichstraße gehabt hatte Auch der Amtsgehilfe O  Kroos war neben W  Schuchmann persönlich im Haus Seefahrt ge-meldet Hinzu kam Ferdinand Hein als Kapitäne und Inspektor der Reederei W  Schuch-mann, der kurz nach Fertigstellung des Hauses, also bereits am 9 April 1924 zusammen mit seiner Familie in die Inspektorenwohnung einzog 78 Inspektor Hein sollte hier dann bis zum 3 Juli 1939 gemeldet bleiben, bevor er und seine Familie in das eigenes Haus am Seedeich 16 übersiedelte

Nachdem W  Schuchmann 1926 die Bugsier Reederei und damit auch deren beide Gebäude in Cuxhaven übernommen hatte, findet in den Folgejahren zum Teil ein Wechsel der Mie-terschaft aus dem „Haus Seefahrt“ in das „Bugsier-“ bzw „Lotsenhaus“ statt Allerdings soll-te es bis 1931 dauern, bis auch die Firma Pesoll-ter Hein in ihrer Funktion als Schiffs- und As-sekuranzmakler, Havarie-Kommissar, Schiffs- und Passageier-Agentur, sowie als Finnisches Vize-Konsulat ihren Firmensitz nach Auszug der Firma Thode & Dieck vom Haus Seefahrt in die Büroräume des Hochparterres des Lotsenhauses verlegt und dort bis 2005 ihren Fir-mensitz hatte Sowohl an der Nordseite, als auch an der Südseite des Gebäudes prangte fort-an weithin sichtbar in großen Holzlettern der Schriftzug „Schiffsmakler Hein“ (vgl Abb 83 und Abb 84)

77 Zit : Adressbuch für Cuxhaven und das Amt Ritzebüttel für 1925, S 46

78 Nach: Melderegister Cuxhaven Für die Überlassung der Unterlage danke ich dem Stadtarchiv Cuxhaven, z H Frau Güldner

Abbildung 83: Lotsenhaus mit Firmenschriftzug „Schiffsmakler Hein“ an der Nordseite des Hauses79

Abbildung 84: Lotsenhaus Südseite80 mit Firmensignet „Schiffsmakler Hein“

79 Quelle: Stadtarchiv Cuxhaven, Bildarchiv Sig 13g1-05259 80 Quelle: ebenda, Sig 13g1-05259

Demgegenüber waren an der Eingangsstirnseite des Lotsenhauses nicht nur der in großen Metallettern ausgeführte Schriftzug „Cuxhavener Lotsenschaft“ angebracht, sondern zudem im unteren Gebäudebereich links und rechts der Eingangstür vier in Bronze gegossenen Ta-feln mit den Firmenangaben zur Maklerfirma Hein montiert Auch fand sich an der Ein-gangsstirnseite eine amtlich hoheitliche Beschilderung, die auswies, dass in diesem Haus das Isländische Konsulat residierte, und zwar vertreten durch die Inhaber der Schiffsmaklerfirma Hein, also zunächst durch Konsul Ernst Stabel und dann durch Konsul Wolf-Rüdiger Dick

Vordeichbereich maßgeblich

Abbildung 85: Das neue Erscheinungsbild des Hafenbereichs nahe der Alten Liebe nach Errichtung des Bugsier- und Lotsenhauses, sowie des Hauses Seefahrt1

Hinter dem etwa bildmittig im Vordergrund zu erkennenden markanten Leuchtturm, sind rechts die Neu errichteten Gebäude platziert Im Hafenbereich dahinter findet sich der Slip-pen der Werft H  Sanftleben & Co und links davon Bereiche des Alte Hafen sowie des Fischereihafens

1 Bildquelle: Cekade Luftbild aus den späten 1920er Jahren

Es handelt sich um mehrgeschossige Gebäude, die von der Hamburger Bugsier Reederei- und Bergungs-AG und der Bremerhavener Reederei W  Schuchmann errichtet werden, und zwar mit dem Ziel, in Cuxhaven dauerhaft eine Zweigniederlassung ihrer Bergungs- und Schleppunternehmen zu etablieren Diese Investition ist wohl bedacht, denn Cuxhaven ist zu dieser Zeit nicht nur ein aufstrebender Hafen, sondern empfiehlt sich auch als Standort an der Unterelbe, der im besonderen Maße geeignet scheint, den Firmeninteressen im Ber-gungs- und Schleppgeschäft besonders förderlich zu sein Unter derartigen Rahmenbedin-gungen verwundert es wenig, wenn gleich mehrere konkurrierende Reedereien bemüht sind, sich mit eigenen Zweigniederlassungen in Cuxhaven zu etablieren Als zentrale Gegenspie-ler agieren hierbei die Hamburger Bugsier-AG und die Geestemünder / Bremerhavener Ree-derei W  Schuchmann Während es der Bugsier AG nach komplexen Verhandlungen mit der Hamburger Finanzdeputation noch im Jahre 1923 gelingt, in der Elbstraße zu Cuxha-ven nicht nur ein eigenes Wohn- und Geschäftshaus zu bauen, sondern auch für das in pu-blic-privat-partnership 1924 errichtete „Lotsenhaus“ verantwortlich zu zeichnen, so stellt auch die Reederei W  Schuchmann ihr Geschäfts- und Wohnhaus wenig später, d h im Jah-re 1924, in unmittelbaJah-rer Nähe dieser Neubauten fertig

Vom Schwerpunkt ihrer Nutzungskonzeption her kann man die drei Gebäude dahingehend charakterisieren, dass es sich beim Bugsierhaus vorrangig um ein Wohn- und erst in zweiter Linie um ein Geschäftshaus handelte Ursprünglich war nur ein Wohnhaus für die eigenen Mitarbeiter der Firma vorgesehen gewesen, um diesen schnellstmöglichen Zugang zu den im Hafen für Notfalleinsätze bereitliegende Schleppdampfer zu ermöglichen Dann aber fand, entgegen des bestehenden Pachtvertrages mit der Finanzdeputation Hamburg, dahingehend eine Weitung der Nutzungsabsicht statt, dass nunmehr auch ein Kontor als Zweigniederlas-sung der Bugsier Reederei mit im Gebäude untergebracht werden sollte Im Haus Seefahrt dominiert demgegenüber eher der Charakter des Geschäfts- und dann erst des Wohnhauses, war doch die Belletage mit Büroräumen und nicht mehr mit der Wohnung des Reedereiin-spektors belegt Dies allerdings war bereits im Bauantrag so formuliert worden Das Lotsen-haus hingegen ist als reines GeschäftsLotsen-haus anzusehen

Wenn man sich die ökonomisch wie politisch allgemein höchst schwierige Situation der Weimarer Republik in den 1920er Jahre vor Augen führt, dann ist es umso erstaunlicher, dass von den vorgenannten Reedereien gerade in dieser Zeit Investitionen getätigt wurden, die dessen ungeachtet ausgesprochen zukunftsorientiert ausgerichtet waren Man setzte mit-hin, zumindest was den eigenen Geschäftsbereich betraf, auf zukünftige Prosperität, und dies sollte sich dann tatsächlich auch bestätigen Die Basis hierfür konnte für die Reede-rei W  Schuchmann nur Expansion sein, und diese würde den ökonomischen Erfolg garan-tieren Noch während ihr Konkurrent, die Hamburger Bugsier Reederei, damit beschäftigt

Busier Reederei zu übernehmen und zu einer 100%igen Tochter der nun Bremerhavener W  Schuchmann Reederei zu machen Grundlage der Kreditgewährung durch Bremer Fi-nanziers war u a , dass Schuchmann seinen Firmensitz vom Preußischen Geesthacht auf die direkt gegenüberliegende Weserseite nach Bremerhaven verlegte Und dieser Rahmenbedin-gung war man reedereiseits selbstverständlich nachgekommen

Mit der endgültigen 100prozentigen Übernahme des vormaligen Konkurrenten Bugsier im Jahre 1926 ergab sich für Schuchmann in Cuxhaven allerdings die unvorhergesehene Situa-tion, dass man nun nicht nur über zwei gerad neu errichtete und dicht beieinander liegen-de Reeliegen-dereigebäuliegen-de als Zweignieliegen-derlassung verfügte, sonliegen-dern zuliegen-dem noch für das ebenfalls auf eigene Kosten gerade fertiggestellte, kostenintensive Lotsenhaus verantwortlich war Ver-tragsbedingt war es zudem unmöglich, sich aus dieser Konstellation, etwa durch Verkauf ei-nes der Gebäude, zu löse Die mit der Hamburger Finanzdeputation über 25 Jahre, also auf langfristige Zeiträume hin, abgeschlossenen Pachtverträge boten hierzu keinerlei Spiel-raum Von daher blieb der Reederei W  Schuchmann nichts anderes übrig, als die Gegeben-heiten zu akzeptieren und auf eine Gelegenheit zu warten, gegebenenfalls eines ihrer Gebäu-de veräußern zu können, falls Gebäu-der Hamburger Staat als Grundstückeigentümer und seine Finanzdeputation, bzw dessen zuständiges Amt Ritzebüttel mit seinem Hafenamt als Ver-tragspartner zustimmen würden Bis sich eine derartige Konstellation ergeben würde, sollten allerdings etwa fünfzehn Jahre verstreichen

zeichnet hatte, in Cuxhaven über Räumlichkeiten zur Unterbringung ihrer Wehrkreisver-waltung verfügen zu können Das Gebäude der Reederei W  Schuchmann bot sich hierzu ge-radezu an, denn es verfügte über die notwendigen Räumlichkeiten, war, im Unterschied zu möglichen Alternativen, im direkten Einflussbereich der öffentlichen Hand, besaß ebenso sämtliche Infrastruktur eines Bürogebäudes, und auch vom Hauseigentümer war eine wohl-wollende Reaktion auf ein Übernahmeangebot durch die öffentliche Hand zu erwarten Im offenkundig beiderseitigem Interesse gelang es der Reederei W  Schuchmann so, ihr für eige-ne Zwecke längst entbehrlich gewordeeige-nes Bürogebäude „Haus Seefahrt“ an den Reichsfiskus Heer für den stattlichen Betrag von 82 550 Reichsmark zum 1 1 1939 zu veräußern Durch diese Transaktion erlangte die „öffentliche Hand“ das Eigentum an einem Gebäude, wel-ches auf staatlichem Pachtland erbaut worden war, und zunächst über den Reichsfiskus Heer dann nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 an das Finanzamt Cuxhaven überging, um schließ-lich 1957 von der Oberfinanzdirektion Hannover, Bundesvermögensstelle, übernommen zu werden Bis zum heutigen Tage blieb die Bundesvermögensverwaltung nun Eigentümer die-ser Immobilie