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I.C.2.1. In silico Analyse von RibM

Das Protein RibM aus dem Gram-positiven Bakterium C. glutamicum besteht aus 230 Aminosäuren und besitzt, der Analyse durch TMHMM zufolge, sieben putative Transmembranspannen. Die Verbindungen der einzelnen Transmembrandomänen (TMD) sind relativ kurz, mit Ausnahme eines längeren, vermutlich intrazellulären Loops zwischen TMD3 und TMD4, der zwar in allen homologen Proteinen zu finden, aber nicht stark konserviert ist. Die Primärstruktur enthält nahezu in ihrer ganzen Länge eine konservierte Domäne der PnuC Familie, deren Mitglieder bakterielle Transporter für Nicotinamidribosid repräsentieren (Abb. 1.20, (222)).

Abb. 1.20. Sequenzanalyse von RibM.

(A) Vergleich der Aminosäuresequenz von RibM (C. glutamicum, Cg_RibM), PnuC (Salmonella typhimurium, St_PnuC, 20,1% Identität), und den RibM-Homologen aus Janibacter (Jb, gi:84496637, 53%), Pseudomonas aeruginosa (Pa, gi:84321416, 25%), Strepomyces davawensis (Sd, gi: 82791820, 40%), Vibrio cholerae (Vc, gi: 153830426, 24%) und Yersinia pestis (Yp, gi: 16121428, 27%).

(B) Hydropathieanalyse von RibM mit TMHMM.

I.C.2.2. RibM transportiert Riboflavin und vermittelt Sensitivität gegenüber Roseoflavin

Die Fähigkeit von RibM aus C. glutamicum (NCgl0063), Riboflavin zu transportieren, wurde durch Expression in B. subtilis ΔribB ΔypaA nachgewiesen. Wie auch sein Orthologes RibM (in dieser

Arbeit als SdRibM bezeichnet) aus Streptomyces davawensis (ABB90841, (71)) komplementierte RibM den Wachstumsdefekt des Doppelknockouts sehr gut und erlaubte Wachstum bis zu einer Konzentration von 0,05 µM Riboflavin, während der Ausgangsstamm 50 µM Riboflavin benötigte (Abb. 1.21 A). Da E. coli kein Transportsystem für Riboflavin besitzt, ist das Bakterium auf seine Biosynthese angewiesen (Abb. 1.22 C, (4)). Riboflavinauxotrophe E. coli Mutanten, wie BSV11, benötigen mindestens 5 µM Riboflavin im Medium für optimales Wachstum und haben damit einen sehr viel niedrigeren Bedarf an Riboflavin wie B. subtilis. RibM wurde auch in BSV11 Zellen funktionell exprimiert und vermittelte eine optimale Versorgung der Zellen mit Riboflavin (Abb. 1.21 B).

Abb. 1.21. Die heterologe Expression von ribM oder SdribM in riboflavinauxotrophen B. subtilis und E. coli Stämmen erlaubt Wachstum auf niedrigen Riboflavinkonzentrationen. (A) Das Wachstum von B. subtilis ΔribB::Emr ΔypaA::Kmr, transfomiert mit leerem pDG148-Stu (Kontrolle), pDG148-Stu-ribM-6His (ribM) oder pIX12-SdribM (SdribM), wurde auf CSEG Platten mit (von links nach rechts) 54 µM, 5,4 µM, 540 nM, 54 nM, 5,4 nM oder ohne Riboflavin getestet. (B) Wachstumstest mit E. coli BSV11 Zellen, die entweder ein leeres pDG148 Plasmid (Kontrolle) oder pDG148-ribM-6His (ribM) enthielten, auf M9 Platten mit 54 µM, 5,4 µM oder 540 nM Riboflavin. (C) Wachstum von E. coli DH5α mit leerem pDG148 (Kontrolle) oder pDG148-ribM-6His (ribM) auf M9 Platten mit (von links nach rechts) 10, 5, 1, 0,5 oder 0 µM Roseoflavin. (D) E. coli BSV11, transformiert mit pET21a(+)-ribM-3HA, wurden auf M9 Platten ausgebracht, auf die Filterplättchen mit 20 µl einer Riboflavin-, FMN- oder FAD-Lösung (540 µM) aufgelegt wurden. Die Durchmesser der Wachstumszonen betrugen 53 mm (Riboflavin) und 18 mm (FMN). Im Fall von FAD war selbst nach einem weiteren Tag Inkubation kein Wachstum zu beobachten. Alle in dieser Abbildung verwendeten Platten enthielten 0,5 mM IPTG und wurden 24 Std. bei 37°C inkubiert.

Bei beiden Organismen – B. subtilis und E. coli – fiel jedoch ein schlechteres Wachstum bei hohen Riboflavinkonzentrationen auf, dessen Ursache nicht geklärt werden konnte. Aufgrund der Überexpression von ribM und des Riboflavinmangels in der biosynthesedefizienten Mutanten, wird Riboflavin wahrscheinlich in hohem Maße in die Zellen aufgenommen. Da die Inkubation der Platten nicht vollständig im Dunkeln stattfand, könnten durch Photolyse von Riboflavin vermehrt cytotoxische Abbauprodukte, entstanden sein (58). Der Wachstumsphänotyp von BSV11 konnte nur durch Riboflavin und nicht durch FMN oder FAD komplementiert werden (Abb. 1.21 D). Wegen

eines fehlenden Riboflavintransporters besitzt E. coli eine natürliche Resistenz gegenüber dem toxischen Riboflavinanalogon Roseoflavin, die aber durch die Expression von ribM verloren ging (Abb. 1.21 C).

I.C.2.3. RibM ist ein Facilitator und spezifisch für Riboflavin

Alle nachfolgenden Tests zur Bestimmung der Kinetik und der Transporteigenschaften wurden mit dem Stamm E. coli BL21(DE3) durchgeführt, der eine 3HA-markierte Version von ribM exprimierte.

Im Vergleich zu einer Kontrolle mit leerem Vektor, die keinerlei Aufnahmeaktivität besaß, erlaubte die Überexpression von ribM den Zellen, Riboflavin aus der Umgebung aufzunehmen (Abb. 1.22 A).

Der Transport war sättigbar und zeigte eine Michaelis-Menten-Kinetik mit einem Km-Wert von 11 ± 6 µM (Abb. 1.22 B).

Um eine Aussage über den Transportmechanismus treffen zu können, wurden die Tests mit de-energetisierten Zellen durchgeführt. Weder die Abwesenheit von Glukose noch die Zugabe von Natriumazid (1 mM) führten zu einer Erniedrigung der Aufnahmeaktivität, die somit unabhängig vom Stoffwechsel und der Energetisierung der Zellen zu sein schien. Ebenso hatten die Protonophoren CCCP oder FCCP (je 130 µM) keinen Effekt auf die Riboflavinaufnahme, d.h. der Transportprozess war nicht vom Membranpotential oder dem pH-Gradienten der Plasmamembran abhängig (Abb. 1.22 C). Die Substratspezifität von RibM wurde in Aufnahmetests mit Flavinen und Flavinanaloga als Kompetitoren untersucht, die in einem 10fach molaren Überschuss zugegeben wurden. Neben Riboflavin war nur Roseoflavin in der Lage, die Transportaktivität herabzusetzen.

Allerdings ging diese nur um 40% zurück und nicht, wie theoretisch erwartet, um 90%. Die Erklärung dafür ist, dass die Konzentration des markierten Substrats [14C]Riboflavin während des Tests 2,2 µM betrug und damit unterhalb des Km-Wertes lag. Das zugegebene (nicht-markierte) Substrat wirkte daher nicht nur als Kompetitor, sondern es erhöhte die Gesamt-Substratkonzentration auf rund 25 µM und damit 2xKm, wodurch die Aufnahmegeschwindigkeit generell gesteigert wurde. Die Flavine FMN und FAD sowie die Isoalloxazine Acriflavin und Lumichrom hatten keinen Einfluss auf die Riboflavinaufnahme und bestätigten damit den Wachstumstest mit BSV11 (Abb. 1.22 D).

Die Ergebnisse charakterisieren RibM aus C. glutamicum als hoch-affinen und spezifischen Riboflavintransporter. Er katalysiert einen Prozess, der unabhängig von der energetischen Aktivierung der Zellen ist und neben Riboflavin auch Roseoflavin durch erleichterte Diffusion entlang des Konzentrationsgradienten transportiert.

Abb. 1.22. Charakterisierung der Aktivität, Energieabhängigkeit und Spezifität von RibM als Riboflavintransporter. Alle Aufnahmetests wurden mit E. coli BL21(DE3) durchgeführt, die mit pET21a(+)-ribM-3HA transformiert waren. Die Zellen wurden dazu in M9 Minimal Medium angezogen, bei einer OD600 = 0,5 mit 0,5 mM IPTG induziert und weitere 3 Std. geschüttelt. Die Anfangskonzentration von [14C]Riboflavin im Aufnahmetest betrug 2,2 µM.

(A) Aufnahme von [14C]Riboflavin in Zellen, die ribM überexprimierten (ribM-OE) oder ein leeres pET21a(+) Plasmid (Kontrolle) enthielten. (B) Lineweaver-Burk Darstellung eines Aufnahmetests mit verschiedener Substratkonzentration.

Daraus ließ sich ein Km-Wert von 11 µM berechnen. Zwei unabhängige Wiederholungen des Experiments ergaben Km-Werte von 5 bzw. 17 µM. (C) Standardaufnahmetest ohne weitere Zugabe (ribM) oder in Gegenwart von CCCP, FCCP (je 130 µM) oder NaN3 (1 mM). Der Einfluss von Glukose wurde mit Zellen ermittelt, die für 2 Std. in Transportpuffer auf Eis inkubiert und im anschließenden Aufnahmetest nicht energetisiert wurden. (D) Die Aufnahme von [14C]Riboflavin wurde in Anwesenheit eines 10fach molaren Überschusses (22 µM) an Strukturanaloga bestimmt. Die Aufnahmeaktivität ohne Kompetitor bertug 5,76 pmol OD-1 min-1 (100%). In (C) und (D) sind die Messwerte von drei unabhängigen Experimenten als Mittelwerte mit ihren Standardabweichungen (Fehlerbalken) dargestellt.