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20.1 Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen (sogenannte Dashcams)

(Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich am 25./26. Februar 2014)

Mittlerweile nimmt der Einsatz sogenannter Dashcams auch in Deutschland immer mehr zu, um, so die standardmäßige Begründung, im Falle eines Unfalls den Hergang nachvollziehen und das Video gegebenenfalls als Nachweis bei der Regulierung von Schadensfällen und der Klärung von Haftungsfragen heranziehen zu können.

Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich machen darauf aufmerksam, dass der Einsatz solcher Kameras – jedenfalls sofern dieser nicht ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt – datenschutzrechtlich unzulässig ist.

Soweit mit den Dashcams in öffentlich zugänglichen Bereichen gefilmt wird und als Hauptzweck der Aufnahmen die Weitergabe von Filmaufnahmen zur Dokumentation eines Unfallhergangs angegeben wird, ist der Einsatz – auch wenn die Kameras von Privatpersonen eingesetzt werden – an den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu messen. Gemäß § 6b Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist eine Beobachtung und Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Diese Voraussetzungen sind in aller Regel nicht erfüllt, da die schutzwürdigen Interessen der Verkehrsteilnehmer überwiegen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht des Einzelnen, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden.

Dashcams zeichnen den Verkehr sowie Personen, die sich in der Nähe einer Straße aufhalten, ohne Anlass und permanent auf, sodass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen ist, die sämtlich unter einen Generalverdacht gestellt werden, ohne dass sie von der Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können. Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall eines Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als

Beweismittel zur Hand zu haben, kann diesen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen.

Da selbst die Polizei Videokameras zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nur auf der Grundlage spezifischer Regelungen und ausschließlich dann einsetzen darf, wenn gegen die betroffene Person ein entsprechender Anfangsverdacht besteht, können erst recht sonstige Stellen nicht für sich beanspruchen, den öffentlichen Verkehrsraum anlasslos und schrankenlos mittels Kameras zu überwachen.

20.2 Modelle zur Vergabe von Prüfzertifikaten, die im Wege der Selbstregulierung entwickelt und durchgeführt werden

(Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich am 25./26. Februar 2014)

I. Ausgangslage

Freiwillige Audits leisten einen bedeutenden Beitrag für den Datenschutz, weil sie als aus eigenem Antrieb veranlasste Maßnahme die Chance in sich bergen, zu mehr Datenschutz in der Fläche zu gelangen.

Datenschutz sollte ein Wettbewerbsvorteil sein. Unternehmen, die sich um einen hohen Datenschutzstandard bemühen, möchten dies auch anerkannt sehen. Ein Datenschutzzertifikat ist ein wichtiges Signal an diese Unternehmen.

Zugleich trägt ein Zertifikat dazu bei, das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern, Verbraucherinnen und Verbraucher in den achtsamen Umgang mit ihren Daten zu fördern.

Eigenverantwortung ist eine wichtige Säule für einen funktionierenden Datenschutz.

Der Ruf nach einem Audit hat im Zuge der Diskussion um den europäischen Rechtsrahmen weiteren Auftrieb erhalten. Initiativen auf Landesebene und nunmehr auch auf Bundesebene haben dieses Anliegen aufgegriffen.

II. Erprobung von Modellen, Anforderungen

Die Gesetzgeber haben bisher lediglich einzelne Teilregelungen zu Zertifizierungen getroffen.

Der Düsseldorfer Kreis unterstützt weitergehende Bemühungen, Erfahrungen mit Zertifizierungen zu sammeln, die in eigener Verantwortung im Wege der Selbstregulierung auf der Grundlage von Standards erfolgen, die die Aufsichtsbehörden befürworten.

Verlässliche Aussagen für Bürgerinnen und Bürger, für Verbraucherinnen und Verbraucher erfordern, dass Zertifizierungsdienste anbietende Stellen (Zertifizierungsdienste) geeignete inhaltliche und organisatorische Vorkehrungen für derartige Verfahren mit dem Ziel treffen, eine sachgerechte und unabhängige Bewertung zu gewährleisten.

Dazu gehören im Kern folgende, von Zertifizierungsdiensten zu bearbeitende Strukturelemente:

- Prüffähige Standards, die von den Aufsichtsbehörden befürwortet werden, zu entwickeln, zu veröffentlichen und zur Nutzung für Dritte freizugeben,

- beim Zertifizierungsprozess zwischen verschiedenen Ebenen zu unterscheiden (Prüfung, Zertifizierung, Akkreditierung),

- für verschiedene auf Ebenen und/oder in Verfahrensabschnitten anfallende Aufgaben voneinander abzugrenzende Rollen der jeweils Mitwirkenden vorzusehen,

- Regelungen zur Vermeidung von Interessenkollisionen der an einem Zertifizierungsprozess Beteiligten zu treffen,

- Anforderungen an die Eignung als Prüferin und Prüfer festzulegen und diesen Personenkreis für Zertifizierungen zu qualifizieren,

- den geprüften Sachbereich so zu umschreiben, dass Bürgerinnen und Bürger, Kundinnen und Kunden die Reichweite der Prüfaussage ohne weiteres dem Zertifikat entnehmen können,

- Bedingungen für Erteilung, Geltungsdauer und Entzug von Zertifikaten zu bestimmen, - Zertifikate zusammen mit den wesentlichen Ergebnissen der Prüfberichte zu

veröffentlichen.

III. Abstimmung im Düsseldorfer Kreis

Der Düsseldorfer Kreis verfolgt die Entwicklung von sowohl auf Landesebene mit dieser Zielrichtung begleiteten Initiativen als auch auf Bundesebene begonnenen weiteren Initiativen. Er beteiligt sich an einer ergebnisoffenen Diskussion, um zu optimalen Verfahrensgestaltungen zu gelangen.

Die im Düsseldorfer Kreis zusammenwirkenden Aufsichtsbehörden sehen daher als gemeinsame Aufgabe, sich auf inhaltliche und verfahrensmäßige Anforderungen für Zertifizierungsverfahren zu verständigen und zu Beratungsersuchen im Interesse einer bundesweit einheitlichen Aufsichtspraxis auf im Düsseldorfer Kreis abgestimmter Grundlage Stellung zu nehmen.

20.3 Datenschutz im Kraftfahrzeug – Automobilindustrie ist gefordert

(Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich am 23./24. September 2014)

Der Düsseldorfer Kreis weist auf die datenschutzrechtlichen Risiken hin, die mit der zunehmenden Datenverarbeitung in Kraftfahrzeugen und ihrer Vernetzung untereinander, mit ihrer Umgebung und mit dem Internet entstehen. Die Datenverarbeitung in modernen

Fahrzeugen schafft Begehrlichkeiten, die dort anfallenden Daten für die verschiedensten Zwecke nutzen zu wollen – etwa bei Arbeitgebern und Versicherungen. Dabei besteht die Gefährdungslage bereits im Zeitpunkt des Erfassens von Daten in den im Auto integrierten Steuergeräten und nicht erst mit deren Auslesen oder Übermitteln. Bereits diese personenbezogenen Daten geben Auskunft über Fahrverhalten und Aufenthaltsorte und können zur Informationsgewinnung über den Fahrer beziehungsweise den Halter bis hin zur Bildung von Persönlichkeitsprofilen herangezogen werden.

Um eine selbstbestimmte Fahrzeugnutzung frei von Furcht vor Überwachung zu gewährleisten, sind Automobilhersteller, Händler, Verkäufer, Werkstätten ebenso wie Anbieter von Kommunikationsdiensten und Telediensten rund um das Kraftfahrzeug im Rahmen ihres Wirkungskreises in der Pflicht, informationelle Selbstbestimmung im und um das Kraftfahrzeug zu gewährleisten.

Dazu gehört:

- Bereits in der Konzeptionsphase sind bei der Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle und neuer auf Fahrzeuge zugeschnittene Angebote für Kommunikationsdienste und Teledienste die Datenschutzgrundsätze von Privacy by Design beziehungsweise Privacy by Default zu verwirklichen.

- Datenverarbeitungsvorgängen im und um das Fahrzeug muss das Prinzip der Datenvermeidung und Datensparsamkeit zu Grunde liegen. Daten sind in möglichst geringem Umfang zu erheben und umgehend zu löschen, nachdem sie nicht mehr benötigt werden.

- Die Datenverarbeitungen müssen entweder vertraglich vereinbart sein oder sich auf eine ausdrückliche Einwilligung stützen.

- Für Fahrer, Halter und Nutzer von Fahrzeugen muss vollständige Transparenz gewährleistet sein. Dazu gehört, dass sie umfassend und verständlich darüber zu informieren sind, welche Daten beim Betrieb des Fahrzeugs erfasst und verarbeitet sowie welche Daten über welche Schnittstellen an wen und zu welchen Zwecken übermittelt werden. Änderungen sind rechtzeitig anzuzeigen. Die Betroffenen müssen in die Lage versetzt werden, weitere Nutzer ebenfalls zu informieren.

- Auch bei einer vertraglich vereinbarten oder von einer Einwilligung getragenen Datenübermittlung an den Hersteller oder sonstige Diensteanbieter sind Fahrer, Halter und Nutzer technisch und rechtlich in die Lage zu versetzen, Datenübermittlungen zu erkennen, zu kontrollieren und gegebenenfalls zu unterbinden. Zudem muss Wahlfreiheit für datenschutzfreundliche Systemeinstellungen und die umfangreiche Möglichkeit zum Löschen eingeräumt werden.

- Schließlich muss durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen Datensicherheit und Datenintegrität gewährleistet sein. Dies gilt insbesondere für die Datenkommunikation aus Fahrzeugen heraus.

Auf dieser Grundlage wirken die Datenschutzaufsichtsbehörden darauf hin, dass Automobilhersteller, Zulieferer und ihre Verbände bundesweit einheitliche Datenschutzstandards auf hohem Niveau setzen, die dazu beitragen, dass Innovation auch mit gesellschaftlicher Akzeptanz einhergeht.