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3.1 Kristallographische Grundlagen

3.1.2 Dichtemodifikation

Für jedes Atompaar wird aus den Kreuzvektoren die Patterson minimum function PMF berechnet. Der Mittelwert von PMF liefert als PATFOM (Patterson figure-of-merit) ein weiteres Gütekriterium, nach dem korrekte Lösungen erkannt werden können. Anders als der Korrelationskoeffizient CC liefert der PATFOM nur relative Werte; für die besten Lösungen sind aber auch CC und PATFOM fast immer die höchsten eines Satzes von möglichen Lösungen.

Wurden die richtigen Schweratompositionen gefunden, können daraus die Strukturfaktoren FHN und die Phasen berechnet werden und mit Hilfe einer Harkerkonstruktion die Phasen für die Proteinstruktur bestimmt werden.

3.1.2 Dichtemodifikation

Die nach der Strukturlösung vorliegende Elektronendichtekarte ist häufig von schlechter Qualität, was eine eindeutige Modellierung der Polypeptidkette erschwert oder verhindert.

Zudem sind die Phasen oft nur für einen begrenzten Auflösungsbereich bekannt. Um die Qualität der Phasen zu verbessern und den Auflösungsbereich zu erweitern, kann man sich allgemein der für die Elektronendichte von Makromolekülkristallen geltenden Eigenschaften bedienen. Diese Eigenschaften resultieren zum einen aus der unterschiedlichen Verteilung und Höhe der Elektronendichte in Protein- bzw. Lösemittelbereichen. Zum anderen sind sie Folge von nicht-kristallographischer Symmetrie, welche die Abhängigkeit der Elektronendichten unterschiedlicher Bereiche der asymmetrischen Einheit voneinander bedingt. Diese allgemeinen Eigenschaften sind unabhängig von der genauen Anordnung der Atome im Kristall. Sie werden zur sogenannten Dichtemodifikation im Rahmen von solvent flattening, histogram matching und ncs-averaging berücksichtigt und führen zur Restriktion der Phasenwinkel auf bestimmte

Werte. Bei der Dichtemodifikation wird für einen kleinen Auflösungsbereich aus den Startphasen eine Elektronendichtekarte berechnet und entsprechend dieser constraints verändert. Aus der modifizierten Elektronendichte werden die resultierenden Phasen und Amplituden berechnet, letztere mit den gemessenen Amplituden verglichen, die Übereinstimmung als Kriterium zur Gewichtung der Phasen verwendet und die verbesserten Phasen zur Berechnung einer neuen Elektronendichtekarte verwendet. Die Dichtemodifikation wird so lange wiederholt, bis keine weitere Verbessung der Elektronendichtekarte mehr erreicht wird. In den weiteren Schritten kann die Auflösung stufenweise ausgedehnt werden. Außerdem ist es möglich, im Laufe des Modellaufbaus eine Dichtemodifikation durchzuführen. Mit der Kenntnis eines Teils des Modells kann man den schon bekannten Phasen die sich aus dem Modell berechnenden hinzufügen und dadurch den Startsatz von Phasen für die Dichtemodifikation erhöhen.

3.1.2.1 Solvent Flattening

Ein Proteinkristall besteht zu 30-70% aus Wasser. Neben geordneten Wassermolekülen, die an das Protein koordinieren, liegt der größte Teil dieses Wassers ungeordnet in Lösemittelkanälen zwischen den Proteinmolekülen vor. Damit unterscheidet sich die Elektronendichteverteilung der Lösemittelregion grundsätzlich von der der Proteinregion. Die Unordnung der Wassermoleküle resultiert in einer niedrigen und gleichmäßigen Elektronendichte. Im Proteinbereich treten hingegen diskrete Maxima auf und die mittlere Elektronendichte ist hier höher als die im Lösemittelbereich. Legt man ein dreidimensionales Gitter über die Elektronendichtekarte und bestimmt die Höhe der Elektronendichte an den Gitterpunkten, so ist die Variation zwischen zwei Punkten im Proteinbereich hoch, im Bereich der ungeordneten Wassermoleküle niedrig (WANG, 1985). Auf diese Weise kann man die Elementarzelle in Protein- und Lösemittelbereich aufteilen und die Höhe der Elektronendichte im Lösemittelbereich auf ein konstant niedriges Niveau bringen.

Solvent flattening trägt vor allem zur Verbesserung der Phasen bei niedriger Auslösung und beim Vorliegen eines hohem Lösemittelanteils bei.

3.1.2.2 Histogram Matching

Da sich die Konnektivität der Atome von Protein zu Protein nicht unterscheidet, treten unabhängig von der Konformation und der genauen Sequenz eines Proteins Gemeinsamkeiten zwischen seiner und der Elektronendichteverteilung anderer Proteine auf. Die Häufigkeitsverteilung von Elektronendichtemaxima (Dichtehistogramm) ist unabhängig von der genauen räumlichen Struktur und, wie systematische Untersuchungen gezeigt haben, nur durch die Auflösung, den Gesamttemperaturfaktor Boverall und den Phasenfehler bestimmt. Setzt man

daher Boverall auf einen bestimmten Wert und vergleicht die Histogramme von Strukturen gleicher Auflösung, kann man daraus den Phasenfehler abschätzen und damit die Elektronendichtekarte verbessern (LUNIN, 1988). Histogram matching kann, einbezogen in einen iterativen Prozess, bei der Erweiterung von Phasen von niedriger zu hoher Auflösung angewandt werden, da es vor allem im Bereich hoher Auflösung zur Verbesserung der Phasen beiträgt (ZHANG, 1997), aber auch bei einer Dichtemodifikation ohne Phasenerweiterung trägt histogram matching zur Verbesserung der Elektronendichtekarte bei (Cowtan, 1994).

3.1.2.3 ncs Averaging

Man spricht von nicht-kristallographischer Symmetrie (ncs), wenn in der asymmetrischen Einheit mehrere Kopien eines Moleküls vorliegen. Sie wird als proper ncs bezeichnet, wenn es sich bei den die Kopien ineinander überführenden Symmetrieoperatoren um eine geschlossene Gruppe handelt und diese also einer Punktgruppe angehören. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich zwei Moleküle über eine zweizählige Achse ineinander überführen lassen. Der umgekehrte Fall, dass die Symmetrieoperatoren nicht zu einer Punktgruppe zusammengefasst werden können, wird improper ncs genannt. Sind die Moleküle beispielsweise in einer Helix angeordnet, werden die Moleküle durch eine Schraubenachse ineinander überführt, die keine Punktgruppe bildet. Ob nicht-kristallographische Symmetrie im Kristall auftritt, kann aus der self rotation function abgeleitet werden. Die Pattersonfunktionen der unterschiedlichen Kopien unterscheiden sich nicht in der Vektorverteilung sondern nur in der Orientierung. Daher wird die Pattersonfunktion berechnet und mit einer zweiten, rotierten Pattersonfunktion in Deckung gebracht. Entspricht beim Vorliegen von zwei Molekülen in der asymmetrischen Einheit der Drehwinkel zwischen den beiden Pattersonfunktionen dem, der die über die ncs verwandten Moleküle ineinander überführt, kommt es zur maximalen Überlagerung der Vektoren.

Kennt man die Symmetrieoperation zwischen den N Kopien eines Moleküls in der asymmetrischen Einheit, erhält man redundante Information, die systematische Fehler korrigiert und das Signal/Rauschen-Verhältnis um N1/2 verbessert. Das ncs-averaging wird im realen Raum durchgeführt. Es dürfen nur die Bereiche der Elektronendichtekarte, die von den einzelnen Molekülen eingenommen werden und auf die sich sie nicht-kristallographische Symmetrie anwenden lässt, gemittelt werden (VELLIEUX UND READ, 1997; ZHANG, 2001). Man grenzt diese Bereiche mit Hilfe einer Maske ein. Die Maske kann nach der Strukturlösung mittels molekularem Ersatz schon bekannt sein oder aus den Lagen der Schweratompositionen oder einer ersten Elektronendichte bestimmt werden. Die Mittelung über nicht-kristallographische Symmetrie trägt um so stärker zur Verbesserung der Phasen vor allem in niedrigen Auflösungsbereich bei, je größer die Zahl der miteinander verwandten Moleküle ist.