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Deutschland steuert um

Im Dokument Mediales Jakobinertum (Seite 25-58)

Von MARTIN RENNER (AfD-MdB) | Am heutigen Mittwoch gegen 13 Uhr wird Angela Merkel im Deutschen Bundestag ihre Regierungserklärung abgeben. Sie wird, aller Voraussicht und aller Erwartung nach, nichts wirklich Neues und nichts wirklich Grundstürzendes erklären. Obwohl doch die Verfassung, der Zustand unseres Landes, dieses so dringend notwendig erscheinen lässt. Reform, Umkehr, Neufassung sind Schlagworte des nunmehr Notwendigen. Da Merkel dieses nicht wird leisten können, vielmehr nicht wird leisten wollen, haben wir uns daran gemacht, eine „ALTERNATIVE REGIERUNGSERKLÄRUNG“ zu verfassen. Sie ist – naturgemäß – etwas lang, dafür aber in den vielen Politikfeldern, die angesprochen werden, zielführend.

Alternative Regierungserklärung: Deutschland steuert um Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

die Welt um uns herum hat sich in den vergangenen Jahren

schneller und dramatischer verwandelt, als wir es für möglich gehalten hätten. Auch unser Land selbst hat sich sehr verändert. Lange haben wir uns in Illusionen gewiegt, wirkliche Probleme gäbe es nur fern unserer Grenzen. Wir haben Entwicklungen in unserem Land selbst schöngeredet und die heraufziehenden wirklichen Gefahren nicht wahr haben wollen.

Noch immer geht es uns besser als vielen anderen Ländern, selbst in unserer näheren Umgebung. Unser Land hat noch immer Kraft und die Bereitschaft zu handeln, wenn es nottut. Deshalb ist Schwarzseherei für unsere Zukunft nicht angebracht. Im Vertrauen auf unsere Stärken und unsere Tugenden, die wir in vielen Krisen in unserer Geschichte bewiesen haben, können wir eine gute Zukunft für unsere Kinder gewinnen. Dazu aber müssen wir heute richtig handeln. Denn nur, wenn wir heute das Richtige tun, können wir unseren Lebensstil und unseren Lebensstandard auch unter schwierigeren Bedingungen, die kommen werden, bewahren.

Diese Erklärung will daher Zuversicht vermitteln: Wir können die vor uns liegenden Gefährdungen meistern, wenn wir heute entschlossen umsteuern.

Richtig zu handeln beginnt mit der klaren Erkenntnis der Realitäten in unserem Land und in der Welt. Daran hat es zuletzt sehr gemangelt. Zu oft hindern uns Täuschung und Selbsttäuschung über die Tatsachen und unsere wahre Lage. Das gehört leider zu den Schwächen unseres ansonsten sehr reichen kulturellen Erbes. Falsche Wahrnehmungen der Realität und Selbsttäuschungen haben uns mehrfach in unserer Geschichte bittere Erfahrungen beschert. Zu spät haben wir die Dinge bemerkt, die doch bei nüchterner Betrachtung hätten klar erkannt werden müssen. Wir haben gehofft, bis uns jähe Hoffnungslosigkeit die falschen Wege weitergehen ließ.

Darum aber sind wir heute aufgerufen, wachen und kritischen Geistes zu sein. Das gilt insbesondere für die großen politischen Fragen. Besinnung tut not:

Verschwenden wir unsere Ressourcen für die falschen politischen Ziele? Trüben uns irrationale Ängste vor vermeintlichen Gefahren den Blick für die tatsächlichen Bedrohungen? Geben wir uns einem gefährlichen Wunschdenken hin, was unsere und die Zukunft Europas anbetrifft?

I.

Am Anfang der Erkenntnis unserer Lage muss ein nüchterner Blick in die Welt wie sie ist und die Einsicht stehen: Wir können nicht alle Probleme dieser Welt lösen! Bei aller momentanen wirtschaftlichen Stärke, unsere Bedeutung in der Welt schrumpft kontinuierlich. Das liegt schon am nach wie vor ungeheuren Wachstum der Weltbevölkerung: Jedes Jahr wächst die Zahl der Menschen auf der Erde um fast die gesamte Bevölkerungsgröße Deutschlands. In jeweils 12 Jahren steigt die Weltbevölkerung um eine weitere Milliarde Menschen. Bei uns dagegen stagnieren die Zahlen oder sind rückläufig. Schon dadurch werden wir international gesehen an Bedeutung v e r l i e r e n . W i r d ü r f e n u n s n i c h t s v o r m a c h e n : A u c h wirtschaftlich wird unsere Bedeutung sinken. In dem Maße, in dem China und Indien sowie weitere Akteure Weltmarktanteile dazugewinnen, wird unsere Wichtigkeit abnehmen.

Diese Entwicklung ist unvermeidlich. Sie ist aber keineswegs per se schlecht oder gar gefährlich für uns. Unser Einfluss wird zurückgehen. Diese Erkenntnis sollte uns vor Selbst-überschätzung bewahren. Sie sollte uns in Zukunft die Demut lehren, dass wir uns nicht mehr alle großen Menschheits-probleme auf die Schultern laden können. Wir müssen Abschied nehmen vom großen Pathos der Welterrettung! Das heißt beileibe n i c h t , d a s s w i r u n s z u r ü c k z i e h e n w o l l e n a u s d e r internationalen Politik oder unsere Rolle darin selbst kleinreden. Es heißt aber eben einzusehen, dass unsere Möglichkeiten abnehmen, globale Entwicklungen zu beeinflussen oder gar zu steuern.

Wir müssen darum auch nicht verzagt sein. Im Gegenteil! Die

Menschheit wird den Problemen findungsreich begegnen. Sie wird mit ihrem wachen Erfindungsgeist, mit Vernunft, Phantasie, mit großartigen technischen Lösungen aufwarten. Dafür werden die vielen jungen Menschen auf der Welt sorgen, wenn ihnen genügend Freiheit dazu gegeben wird.

Darum wird es gehen.

Denn Freiheit ist nicht nur ein, sondern das Menschheitsthema!

Alle großen Ideen, welche die Menschheit vorangebracht haben, fußten auf der Freiheit des Geistes.

Aber Freiheit existiert nicht aus sich heraus. Sie muss erkämpft, gewahrt und gefördert werden. Zur „Conditio humana“

gehört neben der Freiheit auch ihre Bedrohung. Ja, Freiheit birgt Risiken. Aber die Unterdrückung der Freiheit birgt immer noch viel größere Risiken. Darum ist der Kampf um die Freiheit des Geistes die große Menschheitsaufgabe. Er ist auch der zentrale Auftrag einer Bundesregierung für Deutschland.

Bedrohungen der Freiheit gibt es vielfältige. Ein Blick in die Welt, wie sie sich heute darstellt, genügt. Doch es gibt sie auch hier, in unserem Land. Manche sind nicht so augenfällig wie der Terror. Sie kommen schleichend daher, verstecken sich gar hinter wohlmeinenden Zielen. In ihren Konsequenzen aber und in ihrer Häufung bedrohen sie die Freiheit, so wie wir sie zuletzt in der friedlichen Revolution für unser ganzes Heimatland errungen haben und so wie wir sie bisher gewohnt waren. Darauf muss noch näher eingegangen werden.

Zunächst aber: Kein Leben ist ohne Risiko.

Wer nie etwas riskiert, wird auch nie etwas gewinnen. Freiheit und ein Maß an Risikobereitschaft gehören zusammen. Wenn wir die Freiheit im Inneren bewahren wollen, müssen wir Angst und Risikoscheu – besonders was den technologischen Wandel und Fortschritt angeht – dringend ablegen. Viel zu sehr und viel zu lange haben wir uns hier mit vermeintlichen Gefahren befasst, deren reale Risiken in keinem vertretbaren Verhältnis

zur Aufmerksamkeit stehen, die sie in unserer politischen Diskussion genießen. Auch in diesem Feld muss und wird Deutschland jetzt umsteuern:

Es gilt das „Land der Ideen“ wiederzuentdecken und wiederzubeleben.

Gerade angesichts unserer unweigerlich schrumpfenden Bedeutung in der Welt müssen wir das Volk der Tüftler und Bastler bleiben, was stets die andere Seite des Volks der Denker und Grübler war. Dazu bedarf es der Ermutigung. Und eines besonderen freiheitlichen geistigen Klimas. Darum werden wir jetzt entschieden gegensteuern gegen alle Formen des geistigen Paternalismus, die sich in der vergangenen Dekade breit gemacht haben. Dazu gehören auch Mainstreaming und scheinbar wohlmeinende Formen wie „political correctness“ oder

„affirmativ action“.

Denn mit ihnen betreten wir den Weg in gesellschaftliche Manipulation und geistige Unfreiheit. Der Staat darf nicht vorschreiben, was und wie die Bürger zu denken und zu sprechen haben.

Freilich, die geistige Freiheit in unserem Land wird auch aus einer anderen Richtung bedroht, die wir lange nicht zur Kenntnis und nicht ernst nehmen wollten. Sie schien uns nicht zu betreffen oder allenfalls Randmilieus unserer Gesellschaft.

Doch sie dringt immer tiefer ein in die gesellschaftliche Wirklichkeit unseres Landes. Und sie beginnt das Denken selbst zu verändern. Es ist der massive Einfluss, den der fundament-alistische Islam auf die Menschen in unserem Land ausübt. Es sind beileibe nicht mehr nur die migrantischen Teile der Gesellschaft, die einem Druck zur Anpassung an Vorstellungen ausgesetzt sind, die in krassem Widerspruch zu unserem kulturellen Grundverständnis von Freiheit stehen.

Wir dürfen hiervor nicht länger die Augen verschließen. Selbst an unseren Schulen dringen Ansichten vor, die freiheitliches

Denken und Handeln negieren. Staat und Gesellschaft weichen hier seit Jahren aus falscher Rücksichtnahme auf archaische Verhaltensnormen zurück, die sich den Anstrich des Religiösen geben.

Wir haben verkannt, dass der Islam ein vollkommen anderes Verständnis von Religion in sich trägt als andere Religionen.

Islamische Religiosität manifestiert sich nicht allein in innerer Glaubensüberzeugung, sondern zuerst in innerweltlichen Haltungen und Handlungen. Darum ist der fundamentalistische Islam eine normative weltliche Lebensordnung mit rigorosem Machtanspruch über Gläubige und Ungläubige.

In ihr ist kein Platz für geistige Freiheit.

Dieses Verständnis stellt unsere Überzeugungen, unser Rechtsverständnis, unseren Lebensstil und unsere Lebens-o r d n u n g g r u n d s ä t z l i c h i n F r a g e . S Lebens-o l a n g e d i e s e r Fundamentalismus auf kleine Gruppen beschränkt war, stellte er kein Problem für unsere Gesellschaft dar. Aber zwei Entwicklungen verändern die Lage in Besorgnis erregender Weise:

D a s i s t z u m e i n e n d i e r a s c h e A u s b r e i t u n g d e s fundamentalistischen Islams in unseren westlichen Gesellschaften selbst. Er nutzt die Freiheit unserer offenen und toleranten Gesellschaften aus, Intoleranz, Abgrenzung und Verachtung Anders- oder Nicht-Gläubiger zu verkünden. Er übt zunehmend offener sozialen Druck auf migrantische Milieus in unseren Ländern aus, die vermeintlich religiösen Kleidungs-und Verhaltensvorschriften der Abgrenzung zu praktizieren.

Er fordert immer unverhohlener unsere gesellschaftlichen Institutionen auf, diese zu übernehmen und anzuwenden.

Es ist aber nicht mehr zu übersehen, dass die Radikalisierung j u n g e r M e n s c h e n h i e r z u l a n d e i n g e n a u d i e s e m fundamentalislamischen Weltbild ihren ideologischen Ausgang nimmt.

Die zweite Entwicklung vollzieht sich in der muslimischen Welt: Auch dort breitet sich der Fundamentalismus aus.

Insbesondere der einst verheißungsvolle Arabische Frühling hat sich in einen Alptraum – in einen arabischen Winter – verwandelt. Die Errichtung des sogenannten „Islamischen Staats“ hat dies in erschreckender Weise verdeutlicht. Auch wenn dieser heute besiegt scheint, bleibt für Hoffnung wenig Raum. Der Großteil der sogenannten „Failing States“ – gescheiterten Staaten – wird von fundamental-islamischen Milizen tyrannisiert. Ethnisch-religiöse Säuberungen und Vertreibungen im Namen des Islam sind dort alltägliches Schicksal. Wir schauen aber auch mit großer Besorgnis auf die Entwicklungen in bis vor kurzem mit uns eng verbündeten Staaten wie Saudi-Arabien und die Türkei. Die offenkundige Abwendung der Türkei vom westlichen Konzept des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats und ihre immer raschere Hinwendung zu einem fundamentalreligiösen autoritären Politik- und Gesellschaftsmodell wird auf lange Sicht schwerwiegende Folgen auch für uns haben.

Es ist an dieser Stelle notwendig, den Blick auf die gescheiterten Staaten ein wenig schärfer zu stellen. Denn, was sich in diesen Ländern zuträgt, hat inzwischen direkte A u s w i r k u n g e n a u f u n s . E i n G r o ß t e i l d e r w e l t w e i t e n Migrationsströme stammt aus solchen gescheiterten Staaten. Die Menschen dort fliehen vor Bürgerkriegen. So heißt es zumeist lapidar. Wenn zu den Hintergründen gefragt wird, ergehen meist die üblichen Hinweise auf Dürrekatastrophen oder koloniale Erblasten. Viel zu wenig Beachtung finden dagegen solche gewichtigen Faktoren wie der anhaltend hohe Bevölkerungsdruck d u r c h h o h e G e b u r t e n r a t e n , m i t d e m d a s l o k a l e Wirtschaftswachstum nicht mehr Schritt halten kann. Auch das Versagen staatlicher Institutionen; Raubbau und Übernutzung der natürlichen Ressourcen, nicht zuletzt kulturelle Vorbehalte und Vorurteile sowie vor allem die allgegenwärtige Korruption bilden entscheidende Ursachen für das Scheitern von Staaten.

Mit den Hinweisen auf Klimaänderungen und koloniale Erblasten wird die Verantwortung zumeist schnell auf die westliche Welt gelenkt.

So werden fortlaufend neue Geldforderungen legitimiert. Viel zu selten wird jedoch die negative Seite der beständigen Geldzuwendungen von außen beachtet: Indem die politische Macht in diesen Ländern mit dem Zugang zu finanziellen Ressourcen von außerhalb verbunden bleibt, wird ihr Besitz so kostbar, dass der Kampf darum schließlich jedes Mittel rechtfertigen kann. Sicherlich darf dieser Mechanismus nicht als monokausale Erklärung für Bürgerkriege in scheiternden Staaten herangezogen werden. Aber wir müssen uns ernsthaft fragen, warum das Modell der Entwicklung in etlichen Ländern dieser Erde wieder und wieder nicht greifen will? Stattdessen aber Korruption, Unrecht, Unterdrückung, Gewalt und Gegengewalt sich in scheinbar endlosen Spiralen fortbewegen. So führt kein W e g m e h r a n d e r E i n s i c h t v o r b e i , d a s s a u c h u n s e r e Entwicklungspolitik einer grundsätzlichen Evaluation bedarf.

Eine verantwortungsvolle Bundesregierung kann nicht länger in naiver Weise meinen, sie könne weltweit Fluchtursachen bekämpfen, indem sie unentwegt Geld in die zerfallenden Staaten pumpt.

W i r m ü s s e n s t a t t d e s s e n e r k e n n e n , d a s s u n s e r e Einflussmöglichkeiten begrenzt sind. Ja, gut gemeinte Hilfen können möglicherweise Bürgerkriegssituationen indirekt noch anheizen und Fluchtursachen zusätzlich mit herbeiführen.

Selbstverständlich sind damit nicht humanitäre Hilfen gemeint.

Sie bleiben notwendig und unverzichtbar. Gescheiterte Staaten bilden tatsächlich eines der wichtigsten Probleme der Weltpolitik. Als Exporteure des Terrors indes können sie nur insoweit wirksam werden, als Terroristen von dort aus in andere und schließlich unsere westlichen Länder gelangen. Das lenkt unseren Blick auf die weltweiten Migrationsströme.

Es ist an der Zeit, eine illusionslose, realistische

Sichtweise einzunehmen:

Kein einziges der Probleme der scheiternden Staaten wird dadurch gelöst, dass wir Hunderttausende oder Millionen von Menschen aus diesen Ländern bei uns aufnehmen.

Das gilt ganz besonders für Afrika. Wir werden die Armut dort nicht bekämpfen, wenn wir diesen Ländern die arbeitsfähigen jungen Männer nehmen. Wir zerstören die Ansätze lokaler Ökonomien, wenn die wenigen finanziellen Ressourcen dortiger Familien für Kosten langer Reisen durch den Kontinent und für Schleuserbanden vergeudet werden. Wir erzeugen und erhalten vielmehr kriminelle Infrastrukturen, die sich zum Krebsschaden der Gesellschaften dort auswachsen. Sie aber werden am Leben gehalten durch jede gelungene „Flucht“ nach Europa. Wir leisten so keine humanitären Dienste. Wir schaffen oder prolongieren Zustände, die jeden Ansatz zur Stabilisierung des Kontinents wieder zunichtemachen werden. Je eher und je klarer wir die Botschaft in die Welt tragen, dass es keine Migration nach Europa – auf welchen Wegen auch immer – mehr geben kann, desto besser ist es für alle Teile der Welt!

Es ist dies auch das richtige Signal an alle diejenigen in der Welt, die glauben, sie könnten ihre Probleme durch ethnische oder religiöse Säuberungen und Vertreibungen lösen; die meinen, sie könnten das Aufbegehren junger Menschen gegen ökonomische und soziale Perspektivlosigkeit, gegen archaische, f r e i h e i t s - f e i n d l i c h e G e s e l l s c h a f t s - u n d Herrschaftsverhältnisse dadurch abwehren, dass dieser überschüssige und gefährliche „youth-bulge“ nach Europa abgelenkt wird!

Unsere Botschaft ist darum unmissverständlich:

Deutschland steuert auch in der Migrationspolitik jetzt entschieden um!

Wir tun dies aus einem klaren Eigeninteresse an der Stabilität und Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Wir tun es aber auch in

Verantwortung vor der Welt. Wir sind überzeugt, Probleme müssen dort gelöst werden, wo sie auftreten. Jede Verlagerung von Problemen in andere Länder schafft nur neue, größere Probleme. Am Beispiel Syriens ist mit aller Deutlichkeit abzulesen, wohin Interventionen fremder Mächte führen. Die Befreiung von diktatorischen Regimen – so wünschenswert sie auch immer sei – muss die ureigene innere Angelegenheit der Nationen bleiben, die es betrifft. Eine solche Politik ergibt sich schon aus den obersten Prinzipien der Vereinten Nationen, d e m S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t d e r V ö l k e r u n d d e m Nichteinmischungsgebot. In diesem Sinne werden wir künftig eine striktere und prinzipientreuere Außenpolitik verfolgen.

Wir können dies mit gutem Gewissen tun. Zum einen, weil wir zu Einmischungen fremder Nationen in souveräne Staaten nicht schweigen werden. Zum anderen, weil wir an unserer eingangs geäußerten prinzipiell optimistischen Sicht für die Zukunft der Welt festhalten: Wir glauben, dass die Menschheit mit ihrer Erfindungsgabe, ihrer Begeisterungsfähigkeit für neue technische Lösungen und ihrem Freiheitsdrang auch die menschlichen Tragödien überwinden wird, die sich aus Unwissenheit, Ignoranz, aus ideologischem oder religiösem Hass und Missachtung ergeben. Im Vertrauen auf diese positiven Energien, die uns Menschen aus allen Erdteilen verbinden, sehen wir – allen Rückschlägen, die das Bild der Erde am Beginn des 21. Jahrhunderts bietet, zum Trotz – einen guten Weg voraus.

Unseren Beitrag dafür sehen wir nicht in der Missionierung, wohl aber in der Selbstbehauptung unserer Kultur der Freiheit in unserem eigenen Land.

Und darin werden wir unsere neue bescheidenere Rolle in der Welt finden. Wir können als eine Insel der Stabilität und der Freiheit ein stilles Beispiel geben dafür, wie es auch sein kann. Je besser es uns gelingen wird, desto mehr Inseln der Stabilität und Freiheit werden sich anderswo bilden. Es ist dies eine globale Strategie der Zurückhaltung und neuen

Bescheidenheit. Aber es ist zugleich auch eine Strategie der entschiedenen Selbstbehauptung.

Wir dienen der Welt nicht, indem wir uns bis zur Selbstaufgabe ü b e r h e b e n u n d ü b e r n e h m e n , i n d e m w i r u n s b i s z u r Selbstverleugnung öffnen und die kulturellen Grundbedingungen einer freien Gesellschaft zerstören!

II.

Diese Grundbedingungen sind wichtig. Wir haben sie in jüngster Zeit zu sehr aus den Augen verloren. Eine freiheitliche Gesellschaft existiert nicht voraussetzungslos. Sie kann auch nicht durch eine Verfassung erzwungen werden, weil diese selbst von Voraussetzungen lebt, die sie nicht aus sich heraus schaffen kann. In Wahrheit ist eine freiheitliche Verfassung selbst Ausdruck des kulturellen Grundverständnisses einer Nation. Sie wurzelt in den historisch gewachsenen Mentalitäten eines Staatsvolks. Daher kann es auch keinen bloßen Verfassungspatriotismus als alleinigen gesellschaftlichen G r u n d k o n s e n s g e b e n . W i r s t e l l e n h i e r m i t i n a l l e r Unmissverständlichkeit klar:

Die Bundesrepublik Deutschland bleibt der Nationalstaat der historisch über ein Jahrtausend gewachsenen Kulturnation der Deutschen! Wir, die Bundesregierung wird alles tun, was zum Erhalt und zur Weiterentwicklung dieser deutschen Kulturnation beiträgt.

Wir vertreten dabei durchaus ein modernes Verständnis von Nation: Die Zugehörigkeit zu ihr kann erworben werden. Sie ist damit heute mehr denn je ein Akt der Willensentscheidung als ein bloßes Faktum der Herkunft. Die Zugehörigkeit zur Nation als bewusste Willensentscheidung setzt aber die Bereitschaft zur Integration, zur Übernahme ihrer kulturellen Werte und Traditionen voraus. Dieser Leitgedanke wird künftig unsere Z u w a n d e r u n g s p o l i t i k b e s t i m m e n : D i e d e u t s c h e Staatsangehörigkeit kann nur an diejenigen vergeben werden,

die sich selbst zur deutschen Nation bekennen.

Es ist dies eine bewusste Abkehr von der laxen Politik der

„Einbürgerung“ vergangener Jahrzehnte. Auch hier steuert Deutschland nun um. Wir haben einsehen müssen, dass die bloße Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft die Integration in unsere Gesellschaft keineswegs befördert hat. Wir sehen uns heute Parallelgesellschaften in unserem Land gegenüber, deren Angehörige mehrfache Staatsangehörigkeiten besitzen. Wenn aber der „Doppelpass“ die Regel und nicht mehr die Ausnahme bildet, verliert das Konzept des Staatsbürgers seinen tiefen Sinn. Auf diesem Konzept aber fußt unsere Demokratie. In der Demokratie ist die Staatsbürgerschaft kein reines Privileg, sondern zugleich Verpflichtung. Als Gegenleistung für den Schutz, den die Staatsbürgerschaft gewährt, setzt sich der Staatsbürger für sein Staatswesen ein. Im Interesse der Zukunft unserer Demokratie können wir deshalb nicht zulassen, dass Millionen M i t b ü r g e r – d i e ü b e r d i e G e s c h i c k e u n s e r e r N a t i o n mitentscheiden – Loyalitäten zu anderen Staaten unterhalten.

Wir können das umso weniger, wenn es sich dabei um Staaten handelt, deren Verfassungsverständnis nicht dem unseren entspricht. Wir können nicht hinnehmen, dass Hunderttausende hier Staatsbürgerrechte genießen, deren ganze oder auch nur eingeschränkte Loyalität einer fremden Diktatur gehört. Die Bundesregierung wird sich daher für eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsrechts einsetzen, die doppelte Staatsbürgerschaften nur in Ausnahmefällen akzeptiert;

beschränkt auf solche Staaten, die zweifelsfrei demokratisch verfasste Rechtsstaaten sind.

An dieser Stelle ist eine weitere Klarstellung nötig:

Selbstverständlich wird es möglich bleiben, mit einer fremden Staatsangehörigkeit auch dauerhaft in Deutschland zu leben.

Diese Mitmenschen müssen sich nicht zur deutschen Nation bekennen. Wir können ihnen aber keine Staatsbürgerrechte g e w ä h r e n . D i e s e U n t e r s c h e i d u n g i s t a u c h a u s e i n e r grundsätzlichen Erwägung zur Staatsform der Demokratie

wichtig:

Die Zusammensetzung eines Staatsvolks zu bestimmen, darf nicht in das Belieben einer Regierung gelegt werden. Denn das hieße, die demokratische Ordnung auf den Kopf zu stellen.

In der Demokratie ist das Volk der Souverän. Wenn sich eine Regierung ein anderes Volk wünscht und diesen Wunsch durch

In der Demokratie ist das Volk der Souverän. Wenn sich eine Regierung ein anderes Volk wünscht und diesen Wunsch durch

Im Dokument Mediales Jakobinertum (Seite 25-58)